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24.01.2012

Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 21.12.2011 – 4 K 1114/07

1. Die Lieferung von Äpfeln durch private Obsterzeuger an eine Kelterei gegen Preisnachlass beim Bezug von Mischsäften mit Apfelanteil sowie von Drittsäften ohne Apfelanteil ist keine Materialbeistellung. Vielmehr liegt ein Tausch mit Baraufgabe vor.

2. Die Saftherstellung ist eine Werkleistung, in deren Bewertung neben der Barleistung bei der Lieferung von Säften ohne Apfelanteil (z. B. Orangensaft) der Wert aller angelieferten Äpfel, bei der Lieferung von Mischgetränken hingegen der Wert der angelieferten Äpfel anteilig insoweit einzubeziehen ist, als diese entsprechend dem Mischverhältnis nicht für die Herstellung des eingetauschten Getränks verwendet wurden.


Im Namen des Volkes

URTEIL

In dem Finanzrechtsstreit

hat der 4. Senat … ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 21.12.2011

für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand

Der Kläger betreibt eine Kelterei. Regelmäßig zur Erntezeit liefern Privatpersonen ihre eigenen Äpfel an. Sie erhalten dafür kein Bargeld vom Kläger. Vielmehr können sie vom Kläger Obstsaft billiger beziehen als jene Kunden, die kein Obst anliefern. Soweit der Kunde Äpfel anliefert und ausschließlich Apfelsaft bezieht, ist dieser Sachverhalt nach übereinstimmender Auffassung des Klägers und des Finanzamtes als Materialbeistellung zu behandeln, die nicht Gegenstand eines Leistungsaustausches ist. Streitig ist hingegen die Behandlung der Fälle, in denen der Kunde Äpfel anliefert und Mischgetränke mit Apfelanteil (z.B. Apfel-Orangensaft) oder Drittsäfte ohne Apfelanteil (z.B. reiner Orangensaft) abnimmt. In diesen Fällen ist nach Auffassung des Beklagten bei der Ermittlung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage für die Lieferung an den Kunden der Wert der gelieferten Äpfel, die nicht für die Herstellung des eingetauschten Getränks verwendet werden, zu dem vom Kunden bezahlten – verbilligten – Betrag hinzuzuaddieren (Tausch mit Baraufgabe). Der Beklagte folgt insoweit der Rechtsauffassung des Prüfers im Rahmen einer beim Kläger stattgefundenen Außenprüfung für den (nicht streitgegenständlichen) Zeitraum 1998 bis 2000. Nach Ermittlungen des Prüfers erhielt der Obsterzeuger die Keltereiprodukte durchschnittlich 30 % günstiger gegenüber dem normalen Handelspreis. Von dem durchschnittlichen Preisnachlass entfielen nach Berechnung des Prüfers 65 % auf einen sog. Treuerabatt und 35 % auf die angelieferten Äpfel. Den Wert von je 100 kg angelieferter Äpfel bezifferte der Prüfer auf 20,00 DM. Für 100 kg angelieferte Äpfel wurden 88 Flaschen verbilligt abgegeben, was einem Wertanteil der angelieferten Äpfel von 0,227 DM je Flasche entsprach. Auf Anlage 9 zum Prüfungsbericht des FA Bautzen vom 10.04.2003 für den Prüfungszeitraum 1998 bis 2000 wird Bezug genommen. Über das Ergebnis der Schlussbesprechung vom 10.04.2003 hat der Klägervertreter einen Aktenvermerk angefertigt, auf den verwiesen wird (Anlage K2, Bl. 6f. dA).

Am 01.07.2005 reichte der Kläger die Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2004 beim Beklagten ein, die zu einer Umsatzsteuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO i.H. von 54.686,56 EUR führte (Abschlusszahlung 977,34 EUR). Auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Prüfers wurden angelieferte Äpfel mit einem Wert von 7.840,30 EUR in die Bemessungsgrundlage einbezogen und eine hieraus resultierende Umsatzsteuer i.H. von 1.254,42 EUR erklärt:

An anliefernde Obsterzeuger abgegebenBemessungsgrundlage16 % USt
68.103 Flaschen Drittsaft × 0,10 EUR6.810,30 EUR1.089,64 EUR
20.600 Flaschen Mischsaft × 0,05 EUR1.030,00 EUR164,78 EUR
Summe7.840,30 EUR1.254,42 EUR
Dem zugrunde liegt der Wertansatz des Betriebsprüfers für angelieferte Äpfel (20 DM bzw. 10,23 EUR für 100 kg). Hieraus resultierte eine Gutschrift für den rabattierten Bezug von 88 Flaschen i.H. von 0,116 EUR brutto pro Flasche (20 DM: 88 Flaschen = 0,227 DM bzw. 0,116 EUR). Daraus errechnete der Klägervertreter für eine Flasche reinen Drittsaft ohne Apfelanteil (100 % Orange) einen – im Zusammenhang mit den angelieferten Äpfeln stehenden – steuerpflichtigen Rabatt von 0,116 EUR brutto/0,10 EUR netto. Bei Mischsäften reduzierte sich der steuerpflichtige Rabatt in Abhängigkeit vom Mischungsverhältnis, z.B. bei Apfel-Orangesaft mit einem Mischungsverhältnis von 50/50 auf 0,05 EUR netto. Wegen der Einzelheiten wird auf den Aktenvermerk des Prozessbevollmächtigten über das Ergebnis der Schlussbesprechung Bezug genommen (Bl. 6/7 dA).

Mit Schreiben vom 29.06.2005 begehrte der Prozessbevollmächtigte gemäß § 164 Abs. 2 AO eine Änderung der auf der Umsatzsteuererklärung beruhenden Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr dahingehend, dass angelieferte Äpfel nicht in die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer einbezogen werden. Der Beklagte lehnte den Änderungsantrag mit Verwaltungsakt vom 17.08.2005 ab (Umsatzsteuerakte Bl. 8). Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 08.05.2007).

Der Kläger meint, der Wert der angelieferten und nicht für die Herstellung der eingetauschten Getränke verwendeten Äpfel sei nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Es handle sich nicht um einen Tausch mit Baraufgabe, sondern um eine Materialbeistellung. Der Kunde stelle Früchte bei und erhalte dafür Fruchtsaft. Die beigestellten Gegenstände seien nicht Teil des Leistungsaustausches. Die Gleichartigkeit des hingegebenen und ausgetauschten Stoffes, von der die Zulässigkeit einer Materialbeistellung abhänge, sei zu bejahen, wenn wie im Streitfall Äpfel hingegeben und Orangensaft geliefert werde. Bei beidem handle es sich um Früchte bzw. Fruchtsaft, lediglich die Sorte innerhalb der gleichen Art sei eine andere. Sowohl Äpfel als auch Orangen fielen unter den übergeordneten Begriff „Obst”, der im Brockhaus (12. Aufl. 2006) definiert werde als „schmackhafte Früchte und Samen, meist von Natur aus saftig und süß …”.

Zudem verkenne der Beklagte, dass der BFH in dem sog. „Schrotturteil” (BFH-Urteil vom 03.12.1970 V R 122/67, BStBl II 1971, 355) erstmals auch das Erfordernis der Gleichartigkeit von gestelltem Stoff und Austauschstoff aufgegeben habe. Der Austauschstoff könne vom Werkunternehmer zu Gegenständen verarbeitet werden, die im Verhältnis zu dem bestellten Gegenstand nicht gleichartig, sondern andersartig seien.

Der hier vorgenommene Stoffaustausch sei wirtschaftlich begründet. Das wirtschaftliche Interesse des Auftraggebers sei entscheidend für die Zulässigkeit des Austausches. Schädlich sei der Stoffaustausch dann, wenn der Auftraggeber dem Werkunternehmer neben der Verfügungsmacht wirtschaftlich auch Substanz, Wert und Ertrag der beigestellten Stoffe liefern wolle. Daran sei aber demjenigen, der Äpfel beistelle, nicht gelegen.

Auch seien die streitbefangenen Umsätze des Klägers nach § 3 Abs. 10 UStG als Werkleistungen zu qualifizieren mit der Folge, dass nur das dem Kläger zustehende Entgelt in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sei, das hier nach Art eines Werklohnes berechnet werde, nämlich unabhängig von Marktpreisschwankungen der vom Kunden hingegebenen Äpfel.

Weiter sei die Besteuerung der beigestellten Äpfel unter Gleichheitsgesichtspunkten (Art. 3 GG) verfassungswidrig, weil Sachsen das einzige oder jedenfalls eines von wenigen Bundesländern sei, welche den hier vorliegenden Sachverhalt umsatzsteuerlich aufgreife. Dies benachteilige den Kläger in seiner Wettbewerbsposition gegenüber Saftherstellern in benachbarten Bundesländern.

Vorsorglich werde auf § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V. mit Anlage 2 Nr. 11 zum UStG verwiesen, wonach für die Erweiterung der Bemessungsgrundlage lediglich der ermäßigte Steuersatz von 7 % anzusetzen sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des ablehnenden Verwaltungsaktes vom 17.08.2005 und der Einspruchsentscheidung vom 08.05.2007 den Beklagten zu verpflichten, die Umsatzsteuer 2004 auf 53.432,14 EUR herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der hier vorgenommene Stoffaustausch sei schädlich und stehe der Zulässigkeit einer Materialbeistellung entgegen. Denn der vom Auftraggeber zur Verfügung gestellte Stoff (Äpfel) und der Austauschstoff (Orangen) seien nicht gleichartig. § 3 Abs. 10 UStG greife nicht ein, wenn wie im Streitfall der be- oder verarbeitete Gegenstand aus andersartigem Stoff bestehe als der hingegebene.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl. Schriftsätze des Klägervertreters vom 26.07.2007 sowie des Beklagten vom 06.07.2007, Bl. 22 und 20 dA).

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Zutreffend hat der Beklagte eine Änderung der auf der Umsatzsteuerjahreserklärung beruhenden Umsatzsteuerfestsetzung für 2004 abgelehnt. Zu Recht hat er in Bezug auf die Lieferung von Apfelmischsäften und Säften ohne Apfelanteil – neben dem für die Säfte zu zahlenden (verbilligten) Preis – den Wert angelieferter Äpfel in die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer einbezogen. Die Voraussetzungen einer nicht in den Leistungsaustausch einzubeziehenden Materialbeistellung sind insoweit nicht erfüllt.

Bei den hier streitbefangenen Umsätzen des Klägers (Abgabe von Apfelmischgetränken und Drittsäften ohne Apfelanteil) handelt es sich um Werklieferungen, § 3 Abs. 4 Satz 1 UStG. Denn der Kläger hat für die Herstellung sowohl der Apfelmischgetränke (z.B. Apfel-Orangensaft) als auch der Säfte ohne Apfelanteil (z.B. reiner Orangensaft) hierfür nach der Verkehrsauffassung wesensbestimmende Hauptstoffe – z.B. Orangen bzw. Orangensaft – selbst beschafft (zur Abgrenzung von Haupt- und Nebenstoffen vgl. z.B. BFH-Urteil vom 29.04.1982 V R 132/75, Juris; für die Verwaltungsauffassung vgl. Abschn. 27 Abs. 1 UStR 2005). Die vom Kläger für die Herstellung von Mischgetränken und den Säften ohne Apfelanteil verwendeten Stoffe sind nicht nur Nebenstoffe.

Bei der Bestimmung des Entgelts für die Werklieferungen des Klägers ist zunächst zu berücksichtigen, dass hinsichtlich des in den Mischgetränken enthaltenen Apfelsaftsanteils eine Materialbeistellung der Obsterzeuger vorliegt, die nicht in den Leistungsaustausch einzubeziehen ist, was zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit steht. Im Übrigen liegt jedoch ein Tausch mit Baraufgabe vor (§ 3 Abs. 12 Satz 1 UStG), da das Entgelt für die Werklieferungen des Klägers neben der Vergütung für den gelieferten Saft in einer Gegenlieferung der Obsterzeuger besteht (die von ihnen angelieferten Äpfel, die nicht für die Herstellung des eingetauschten Getränks verwendet werden). Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage ist neben dem von den Obsterzeugern für den Saft bezahlten Betrag auch der Wert der angelieferten Äpfel zu berücksichtigen, die nicht für die Herstellung der gelieferten Getränke verwendet wurden, vgl. § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG. Dies hat zur Folge, dass bei der Lieferung von Säften ohne Apfelanteil (z.B. Orangensaft) der Wert aller angelieferten Äpfel in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist, wogegen bei der Lieferung von Mischgetränken der Wert der angelieferten Äpfel anteilig in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist, soweit diese entsprechend dem Mischverhältnis nicht für die Herstellung des eingetauschten Getränks verwendet wurden (so zutreffend Archivmitteilung der OFD Stuttgart Nr. 8/2000, Rechtsbehelfsakte Bl. 21, vgl. auch OFD Chemnitz, Verfügung vom 18.11.2003 S 7119 – 3/16 – St 23, Haufe-Index Nr. 1064349).

Im Einklang mit diesen Rechtsgrundsätzen hat der Kläger die auf die streitbefangenen Saftlieferungen entfallende Umsatzsteuer in der Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr berechnet. Er hat differenziert zwischen der Lieferung von Drittsäften ohne Apfelanteil und Mischsäften und hat hierbei, wie aus dem Aktenvermerk des Prozessbevollmächtigten über die Schlussbesprechung vom 10.04.2003 zu entnehmen ist, offenbar typisierend ein Mischverhältnis von 50/50 zugrunde gelegt. Dem Aktenvermerk ist auch zu entnehmen, dass der Wert der in die Bemessungsgrundlage einbezogenen angelieferten Äpfel auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen für Drittsäfte mit 0,10 EUR netto je Flasche und für Mischgetränke mit 0,05 EUR netto je Flasche zu Grunde gelegt wurde. Es bestehen keine Bedenken dagegen, die sachgerechte Berechnung des Klägervertreters, die vom Beklagten nicht beanstandet wurde und im Klageverfahren auch nicht im Streit steht, der Besteuerung zu Grunde zu legen.

Im Hinblick auf das Vorliegen einer Werklieferung kommt entgegen klägerischer Auffassung kein Sonderfall einer sonstigen Leistung i.S. von § 3 Abs. 10 UStG in Betracht mit der Folge, dass nur der Verkaufspreis für den Saft in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist. Diese – gemeinschaftskonforme (vgl. Vogel/Schwarz, UStG, § 3 Abs. 10 Rn. 7; Sölch/Ringleb, UStG, § 3 Rn. 700) – Vorschrift zur Abgrenzung der Lieferung von einer sonstigen Leistung, die u.a. auf § 8 UStDB 1951 basiert (BGBl I 1951, 796; vgl. Vogel/Schwarz, UStG, § 3 Abs. 10 Rn. 7 Rn. 6), ist nicht einschlägig, wenn der Unternehmer wie vorliegend eine Werklieferung erbringt, weil er Stoffe beschafft, die nicht nur Zutaten oder sonstige Nebensachen sind (vgl. Vogel/Schwarz, UStG, § 3 Abs. 10 Rn. 8; zur entsprechenden Vorläufervorschrift § 8 UStDB vgl. außerdem: BFH-Urteile vom 10.02.1966 V 105/63, BStBl III 1966, 257; vom 03.12.1970 V R 122/67, BStBl II 1971, 355).

Entgegen klägerischer Auffassung handelte es sich bei der Anlieferung der nicht für die Herstellung der eingetauschten Getränke verwendeten Äpfel nicht um eine Materialbeistellung, die außerhalb des Leistungsaustausches steht. Denn nach der insoweit maßgeblichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise steht der Annahme einer Materialbeistellung bereits der vom Kläger vorgenommene Austausch des angelieferten Materials (Äpfel gegen z.B. Orangen) entgegen. Eine Materialbeistellung kann in derartigen Fällen nur angenommen werden, wenn der vom Auftraggeber zur Verfügung gestellte Stoff gegen gleichartigen und gleichwertigen Stoff ausgetauscht wird (vgl. BFH-Urteil vom 03.12.1970 V R 122/67, BStBl II 1971, 355). Von einer derartigen Gleichartigkeit und Gleichwertigkeit von hingegebenem und ausgetauschtem Stoff kann aber keine Rede sein, wenn der Kläger wie hier angelieferte Äpfel gegen andere Obstsorten bzw. Früchte austauscht, die am Markt gesondert gehandelt bzw. bewertet werden und nach der Verkehrsauffassung offenkundig weder gleichartig noch gleichwertig sind. Dies liegt für Orangen auf der Hand, gilt aber in gleichem Maße für andere Obstsorten (etwa für Birnen). Dem Kläger ist also nicht zu folgen, soweit er, worauf seine Argumentation jedoch im Ergebnis hinausläuft, Äpfel mit Birnen (oder gar mit Orangen) vergleichen will.

Zu Unrecht macht der Kläger demgegenüber geltend, der BFH habe in dem als „Schrotturteil” apostrophierten Urteil vom 03.12.1970 (V R 122/67, BStBl II 1971, 355) erstmals das Erfordernis der Gleichartigkeit von gestelltem Stoff und Austauschstoff aufgegeben. Das ist unzutreffend. An dem genannten Erfordernis hält der BFH vielmehr ausdrücklich fest (vgl. BFH-Urteil vom 03.12.1970 a.a.O., Juris Rn. 16). Er hat lediglich das Schicksal der übergebenen Stoffe nach dem Austausch für unbeachtlich erachtet: Der Unternehmer könne, so der BFH, diese Stoffe zu Gegenständen verarbeiten, die den bestellten Gegenständen gleichartig seien (so im Fall des sog. Kokillenurteils vom 10.02.1966 V 105/63, BStBl III 1966, 257) oder andersartig (so im Fall des Urteils vom 03.12.1970 V R 122/67, BStBl II 1971, 355); er könne sie auch unbearbeitet veräußern (vgl. BFH-Urteil vom 03.12.1970 V R 122/67, BStBl II 1971, 355, Juris Rn. 20).

Ist hiernach eine Materialbeistellung abzulehnen, kann aus wirtschaftlicher Sicht auch keine Rede davon sein, dass die Obsterzeuger die angelieferten Äpfel eigentlich gar nicht „liefern” wollten (vgl. BFH-Urteil vom 10.02.1966 V 105/63, BStBl III 1966, 257, Juris Rn. 13) – in dem Sinne, dass sie dem Kläger, wie er meint, neben der Verfügungsmacht nicht auch Substanz, Wert und Ertrag der beigestellten Stoffe zukommen lassen wollten.

Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (Art. 3 GG) ist nicht ersichtlich. Ob Sachsen, wie der Kläger geltend macht, als einziges oder jedenfalls als eines von wenigen Bundesländern den hier vorliegenden Sachverhalt umsatzsteuerlich aufgreift, sei dahingestellt angesichts der bei den Akten befindlichen Archivmitteilung der OFD Stuttgart (Rechtsbehelfsakte Bl. 21), die jedenfalls für den OFD-Bezirk Stuttgart die Rechtsauffassung des Beklagten teilt. Letztlich kommt es hierauf aber nicht an: Vor dem Hintergrund, dass die Steuerverwaltung nach der Aufgabenzuweisung des Grundgesetzes grundsätzlich den Landesfinanzbehörden zugewiesen ist (vgl. Art. 108 Abs. 1 GG), ist nicht stets auszuschließen, dass vergleichbare Sachverhalte in verschiedenen Bundesländern auf jeweils unterschiedliche Weise behandelt und aufgegriffen werden. Das mag aus Sicht der betroffenen Bürger und Unternehmen gelegentlich misslich erscheinen, ist jedoch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und deshalb hinzunehmen vor dem Hintergrund, dass die Verfassung die Verwaltung der Steuern grundsätzlich den Bundesländern zugewiesen hat.

Ohne Erfolg macht der Kläger schließlich sinngemäß geltend, auf den in die Bemessungsgrundlage einbezogenen Wert der angelieferten Äpfel sei der ermäßigte Steuersatz von 7 % anzuwenden. Tatsächlich findet gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V. mit Anlage 2 Nr. 11 zum UStG der ermäßigte Steuersatz Anwendung auf die Lieferung von genießbaren Früchten und Nüssen der KN-Positionen 08.01 bis 08.13, wozu gemäß KN-Position Nr. 08.08 auch Äpfel gehören (vgl. Sölch/Ringleb, UStG, § 12 Rn. 71). Dies gilt jedoch nur für die Anlieferung von Äpfeln seitens der Obsterzeuger, soweit sie nach den oben dargestellten Grundsätzen in den Leistungsaustausch einzubeziehen sind. Abweichend hiervon unterliegen hingegen die im Tausch erfolgenden Saftlieferungen des Klägers dem vollen Steuersatz.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen gemäß § 115 Abs. 2 FGO nicht erfüllt sind.

VorschriftenUStG § 3 Abs. 4 S. 1, UStG § 3 Abs. 12 S. 1, UStG § 10 Abs. 2 S. 2

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