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23.02.2012

Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 12.12.2011 – 6 K 140/10

1. Die für die Annahme einer gewerbesteuerlichen Organschaft bis einschließlich 2001 erforderliche wirtschaftliche Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger liegt nicht vor, wenn der vermeintliche Organträger ein Einzelunternehmer ist, der ein Hotel betreibt, und die vermeintliche Organgesellschaft sich als Bauträgerin und Architektur- und Ingenieurbüro betätigt und neben den Umbauarbeiten an dem Hotel auch andere und wirtschaftlich gewichtige Objekte an anderen Orten bauleitend begleitet.

2. Hat sich die Kapitalgesellschaft verpflichtet, ihrem beherrschenden Gesellschafter als Gegenleistung für die Führung der Geschäfte ein monatliches Gehalt zu zahlen, setzt die tatsächliche Durchführung dieser Vereinbarung grundsätzlich voraus, dass der fällige Gehaltsanspruch zeitnah erfüllt wird. Der Gehaltsanspruch kann auch dadurch erfüllt werden, dass er aufgrund einer gesonderten Vereinbarung in einen Darlehensanspruch gegen die Gesellschaft umgewandelt wird. Die Feststellungslast dafür, dass eine derartige klare und eindeutige und einem Fremdvergleich standhaltende Vereinbarung im Voraus getroffen wurde, trägt die Kapitalgesellschaft.


Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist zum einen streitig, ob in den Streitjahren eine gewerbesteuerliche Organschaft zwischen der Klägerin und dem Einzelunternehmen des Gesellschafter-Geschäftsführers bestand, und zum anderen, ob die Gehälter des Gesellschafter-Geschäftsführers wegen verzögerter Auszahlung als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu qualifizieren sind.

Die Klägerin wurde am ... 1996 mit Sitz in A gegründet. Gemäß § 2 des Gesellschaftsvertrages (Akte Allgemeines Bl. 40 ff.) ist ihr Geschäftszweck die Entwicklung unbebauter und bebauter Grundstücksflächen, die kaufmännische Beratung anlässlich der Vermarktung fremder Grundstücksflächen sowie die Projektierung. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin war der Beigeladene, Herr ... B. Herr B war außerdem seit 1993 Eigentümer des Hotels C in A, das er als Einzelunternehmer betrieb. Die Geschäftsanteile an der Klägerin hielt Herr B im Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens. Daneben war Herr B seit 1995 zur Hälfte an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt, die das Hotel-1 in A betrieb, sowie an weiteren Gesellschaften im Bereich der Hotellerie und Touristik. In den Streitjahren betätigte die Klägerin sich als Bauträgerin und sanierte zwei Appartementhäuser in A, zum einen das Haus „D” mit ... Wohn- und ... Gewerbeeinheiten, das sich in ca. ... m Entfernung vom Hotel C befindet, und zum anderen das Haus „E”, das gegenüber vom Hotel liegt und ... Wohn- und ... Gewerbeeinheiten umfasst. Dort befand sich das Büro der Klägerin. Einige der entstandenen Einheiten wurden in den Streitjahren an unterschiedliche Erwerber veräußert. Einen Teil der veräußerten Wohnungen mietete die Klägerin von den Erwerbern an und vermietete sie weiter oder vermittelte für die Eigentümer die Vermietung an Feriengäste. Die nicht veräußerten Einheiten vermietete die Klägerin ebenfalls. Daneben leitete die Klägerin die in den Jahren 2000 und 2001 durchgeführten Umbauarbeiten an dem Hotel C. Darüber hinaus übernahm die Klägerin auch die Planung und Bauleitung für Objekte an anderen Standorten, so in den Streitjahren für das Hotel F G und das Hotel H in I, die dann von anderen Gesellschaften, an denen Herr B bzw. die Klägerin beteiligt waren, betrieben wurden. Die Klägerin beschäftigte im Streitzeitraum sechs bis sieben Angestellte, darunter einen Architekten.

Die Klägerin schloss mit ihrem Geschäftsführer am ... 1998 einen Anstellungsvertrag (Betriebsprüfungsarbeitsakten -BpAA- Bd. II Bl. 4 ff.), in dem u. a. Folgendes vereinbart war:

㤠2

Umfang der Dienstpflicht

(1) Der Geschäftsführer ist verpflichtet, seine Arbeitskraft und seine Fähigkeiten in dem für die Erfüllung der ihm als Geschäftsführer obliegenden Aufgaben erforderlichen Umfang einzusetzen.

(2) Es ist dem Geschäftsführer gestattet, neben seiner Geschäftsführertätigkeit auch anderen auf Entgelt gerichteten Tätigkeiten nachzugehen, soweit dadurch die Belange der Gesellschaft nicht beeinträchtigt werden. (...)

§ 4 Gehalt

(1) Der Geschäftsführer erhält ein monatliches Gehalt in Höhe von DM ... (...), das jeweils zum Ende eines Kalendermonats nach Abzug von Steuern auszuzahlen ist. (...)”

§ 12 Schlussbestimmungen

(1) Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Gesellschaft.

(2) Derartige Änderungen sind schriftlich niederzulegen.

Mit Darlehensvertrag vom ... 1998 (BpAA Bd. II Bl. 101) gewährte Herr B der Klägerin ein Darlehen in Höhe von DM ..., das mit 5 % zu verzinsen sein sollte. Erhöhungen und Ermäßigungen des Darlehens sollten den gleichen Bedingungen unterliegen. Die Klägerin zahlte Herrn B das Geschäftsführergehalt ab März 2000 nicht mehr aus. Zum 31.12.2000 buchte die Klägerin den Betrag von DM ... von dem Buchhaltungskonto „Verbindlichkeiten aus Lohn und Gehalt” auf das Konto „Darlehen ... B” um und wies diesen Betrag im Jahresabschluss auf den 31.12.2000 zusammen mit dem im Jahr 1998 gewährten Darlehen unter der Position „Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschafter” aus mit dem Hinweis „Die Gelder werden gemäß Darlehensvereinbarung jeweils mit 5 % verzinst” (Bilanzakten -BilA- Bd. I Bl. 171). Am 15.10.2001 zahlte die „J” ein von der Klägerin aufgenommenes Darlehen in Höhe von ... Mio. DM aus. Die Klägerin leistete hieraus eine Zahlung in Höhe von DM ... an Herrn B. Hierdurch wandelte sich das Gesellschafterdarlehenskonto in ein Forderungskonto um („Ausleihungen an Gesellschafter”). Am 31.12.2001 wurde auf diesem Konto eine Umbuchung vom Gehaltskonto in Höhe von DM ... ausgewiesen („Tilg. Gf-Gehalt durch Aufrechng.”; laufende Gehaltszahlungen in Höhe von DM ... zzgl. einer Tantieme in Höhe von DM ...; BpAA Bd. II Bl. 69). Da die Klägerin zunächst keine Körperschaft- und Gewerbesteuererklärungen einreichte, erließ das Finanzamt K für die Körperschaftsteuer für 2000 und 2001 sowie für den Gewerbesteuermessbetrag 1999 Schätzungsbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Am 01.09.2003 reichte die Klägerin die Steuererklärungen ein. In den Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre gab sie an, Organgesellschaft des Organträgers „Hotel C” in A zu sein.

Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 12.09.2003 führte das Finanzamt L bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Dabei es zu dem Ergebnis, dass eine gewerbesteuerliche Organschaft zwischen der Klägerin und dem Einzelunternehmen des Herrn B nicht anzuerkennen sei, weil es an einer wirtschaftlichen Eingliederung der Klägerin in das Einzelunternehmen fehle. Die Klägerin sei eine Projektierungsgesellschaft im Bereich Immobilien, so dass kein sachlicher Zusammenhang ihrer Tätigkeit mit dem Hotelbetrieb bestehe. Im Übrigen berühre ein Großteil der Umsätze der Klägerin den Hotelbetrieb nicht. Ferner halte die Stundung der Gehaltsforderungen durch den Geschäftsführer einem Drittvergleich nicht stand, da ein fremder Dritter einer pauschalen Stundung auf unbestimmte Zeit und ohne Sicherheiten nicht zugestimmt hätte, sodass die nicht gezahlten Gehälter dem Gewinn als vGA hinzuzurechnen seien. Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 03.01.2005 verwiesen (Betriebsprüfungsakten -BpA- Bl. 44. ff.). Das Finanzamt K erließ am 02.05.2005 entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüfung geänderte Körperschaftsteuerbescheide für 2000 und 2001, in denen es vGA in Höhe von DM ... für 2000 und in Höhe von DM ... für 2001 außerbilanziell hinzurechnete, und einen geänderten Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 1999. Ferner erließ es unter demselben Datum Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2000 und auf den 31.12.2001.

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 06.06.2005 Einspruch gegen die Änderungsbescheide ein und führte zur Begründung hinsichtlich der gewerbesteuerlichen Organschaft aus, die hierfür erforderliche wirtschaftliche Eingliederung in das Einzelunternehmen liege vor. Sie, die Klägerin, habe in den Jahren 1997 bis 2000 im Wesentlichen zwei Bauträgerobjekte realisiert, nämlich die Immobilien „D” und „E” in A, die nahe dem Hotel C lägen; eine harmonische Gestaltung der umliegenden Gebäude habe in ihrem, der Klägerin, Interesse gelegen. Zudem habe durch die Gäste dieser Ferienappartements die Auslastung des Wellnessbereichs im Hotel gesteigert werden sollen. Schließlich habe sie, die Klägerin, den Umbau des Hotels geplant und durchgeführt. Bzgl. der Nichtauszahlung der Gehälter führte die Klägerin aus, sie habe ihre Immobilien nicht wie geplant zu einem akzeptablen Preis veräußern können und daher beschlossen, sie neu zu beleihen. Ihr Geschäftsführer habe sich bereit erklärt, zur Überbrückung des bis zur Auszahlung des neuen Darlehens bestehenden Liquiditätsengpasses sein Gehalt als Darlehen zur Verfügung zu stellen. Das bestehende und verzinsliche Gesellschafterdarlehen sei entsprechend aufgestockt worden. Die Gehälter seien in den Lohnsteuervoranmeldungen nur deshalb nicht erfasst worden, weil auf den Lohnsteuerkarten des Herrn B für dessen Verlustvortrag entsprechende Freibeträge eingetragen gewesen seien.

Während des Einspruchsverfahrens ergingen am 26.10.2005 geänderte Bescheide bzgl. Körperschaftsteuer 2001 und Gewerbesteuermessbetrag 1999 sowie am 22.11.2005 bzgl. der Feststellungen des Gewerbeverlustes für 2000 und 2001, in denen das Finanzamt K den Einsprüchen wegen hier nicht streitiger Punkte zum Teil abhalf.

Da die Klägerin ihren Sitz durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 12.10.2007 von A nach M verlegte, wechselte die örtliche Zuständigkeit auf den Beklagten.

Mit Einspruchsentscheidung vom 31.05.2010 half der Beklagte den Einsprüchen in anderen Punkten wiederum zum Teil ab (Körperschaftsteuer 2000: ./. DM ...; 2001: DM ...; Gewerbesteuermessbetrag 1999: DM ...; Gewerbeverlust 2000: DM ...; 2001: DM ...), wies sie aber im Hinblick auf die vGA und die Anerkennung der gewerbesteuerlichen Organschaft als unbegründet zurück. Eine gewerbesteuerliche Organschaft liege nicht vor, da zwischen der Klägerin und dem Einzelunternehmen des Geschäftsführers keine enge wirtschaftliche Verflechtung bestehe. Die aus der Bauleitung für den Hotelumbau von der Klägerin erzielten Umsätze seien vergleichsweise gering gewesen. Die Häuser „D” und „E” lägen nicht unmittelbar neben dem Hotel C, sodass deren Sanierung keine wesentliche Bedeutung für die Schaffung eines optisch abgestimmten Gesamtensembles habe. Werde das Geschäftsführergehalt abweichend vom Arbeitsvertrag nicht ausgezahlt, bedürfe es hierfür einer schriftlichen Vereinbarung, die nicht vorgelegt worden sei.

Die Klägerin hat am 01.07.2010 Klage erhoben, die sich zunächst auch gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 1999, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2000, die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG zum 31.12.1999 und zum 31.12.2000 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 Körperschaftsteuergesetz (KStG) sowie den Bescheid zum 31.12.2001 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG gerichtet hat. Nachdem die Klägerin die Klage insoweit zurückgenommen hatte, hat der Senat das Verfahren diesbezüglich abgetrennt und mit Beschluss vom 12.12.2011 eingestellt.

Die Klägerin trägt vor, zwischen ihr und dem Einzelunternehmen des Herrn B bestehe eine gewerbesteuerliche Organschaft. Neben der unstreitig bestehenden finanziellen und organisatorischen Eingliederung liege auch eine wirtschaftliche Eingliederung in das Einzelunternehmen als Organträger vor. Hierfür genüge es, wenn sich Organträger und Organgesellschaft wirtschaftlich ergänzten. Eine Tätigkeit in derselben Branche sei nicht erforderlich. Die von ihr, der Klägerin, veräußerten und im Anschluss wieder angemieteten Wohnungen in den Appartementhäusern „D” und „E” seien durch Vermittlung der Mitarbeiter des Hotels an Feriengäste vermietet worden, wobei den Gästen die Nutzung des Restaurants und des Wellnessbereichs des Hotels C oder des Hotel-1 mit angeboten worden sei. Dies habe zu einer besseren Auslastung dieser Hoteleinrichtungen und damit zu einer Kostendegression geführt. Durch die Vermittlungen der Appartements hätten sich Synergien für den Hotelbetrieb und zusätzliche potentielle Gäste für das Hotel ergeben. Ferner sei sie, die Klägerin, Eigentümerin eines Parkplatzgrundstücks mit 40 Parkplätzen, die sie in den Streitjahren dem Einzelunternehmen vermietet habe und die ca. zur Hälfte von Hotelgästen und zur Hälfte von Appartementmietern oder -eigentümern genutzt worden seien. Die Sanierung der beiden Appartementhäuser habe auch dem Zweck gedient, für potentielle Gäste ein optisch abgestimmtes Hotel- und Appartementkonzept des gehobenen Bereichs zu schaffen; eine für den hohen Qualitätsanspruch des Hotels nachteilige bauliche Entwicklung sei dadurch vermieden worden. Sie, die Klägerin, betätige sich auch weiterhin als Architektur- und Ingenieurbüro auf dem Gebiet der Planung und Entwicklung von Hotelanlagen an unterschiedlichen Standorten und betreue daneben laufend die Umbau- und Erweiterungsarbeiten im Hotel C. Das bei der Planung anderer Hotelanlagen erworbene Know-How könne Herr B für eine Weiterentwicklung des Hotels in A nutzen. Der Bereich der Hotel- und Projektentwicklung werde aus Haftungsgründen in der Rechtsform einer GmbH wahrgenommen und nicht als unselbständiger Geschäftsbereich des Einzelunternehmens. Ihre, der Klägerin, Firma beinhalte die Initialen des Einzelunternehmers. Schließlich sei als ursprünglicher Sitz bewusst A als der Standort des Hotels gewählt worden.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 02.03.2011 eine Kopie einer auf den 06.03.2000 datierten Vereinbarung zwischen ihr und ihrem Geschäftsführer eingereicht (Finanzgerichtsakten -FGA- Anlagenband), auf deren Inhalt Bezug genommen wird, und trägt hierzu vor: Die Geschäftsführergehälter seien nicht als verdeckte Gewinnausschüttungen zu behandeln. Sie, die Klägerin, habe verschiedene Projekte entwickelt, die grundsätzlich zum Verkauf an fremde Dritte bestimmt gewesen seien. Da die Marktpreise Anfang 2000 vorübergehend zurückgegangen seien, habe sie beschlossen, von einem Verkauf weiterer Wohnungen zunächst abzusehen. Um die deshalb zu erwartende Liquiditätslücke zu schließen, habe sie Verhandlungen mit einer Bank zwecks Abschusses eines Darlehensvertrages aufgenommen, die aber nicht in wenigen Wochen oder Monaten hätten abgeschlossen werden können. Für die Dauer dieser Verhandlungen habe der Geschäftsführer ihr, der Klägerin, sein Gehalt mit der Vereinbarung vom 06.03.2000 als Darlehen zur Verfügung gestellt, um den anstehenden Liquiditätsbedarf zu decken. Sicherheiten hätten nicht gestellt werden können, da diese für den Bankkredit hätten vorgehalten werden müssen. Wären die Verhandlungen mit der Bank gescheitert, hätte sich der Geschäftsführer Sicherheiten bestellen lassen können, da sie, die Klägerin, über ausreichendes Vermögen verfügt habe. Dessen ungeachtet sei die Besicherung eines Gesellschafterdarlehens im Rahmen des Fremdvergleichs nur alternativ zu einer Verzinsung erforderlich. Von März 2000 bis zur Tilgung des Gesellschafterdarlehens im Dezember 2001 seien immer dann Zahlungen an den Gesellschafter erfolgt, wenn die Liquiditätslage dies zugelassen habe. Zwar könne die Vereinbarung vom 06.03.2000 nicht im Original vorgelegt werden, doch da alle Vorgänge korrekt verbucht worden seien, sei davon auszugehen, dass diese Vereinbarung den damaligen steuerlichen Beratern vorgelegen habe. Herr B habe seine Arbeitszeit nur zu ungefähr einem Fünftel auf das Einzelunternehmen verwendet und sei im Übrigen für sie, die Klägerin, tätig geworden. Er sei in der Lage gewesen, auf die Auszahlung des Gehaltes vorübergehend zu verzichten, weil er Entnahmen aus dem Einzelunternehmen habe tätigen können.

Die Klägerin beantragt,

1. den Körperschaftsteuerbescheid für 2000 vom 02.05.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.05.2010 dahingehend zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen um die verdeckten Gewinnausschüttungen in Höhe von DM ... gemindert wird;

2. den Körperschaftsteuerbescheid für 2001 vom 26.10.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.05.2010 dahingehend zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen um die verdeckten Gewinnausschüttungen in Höhe von DM ... gemindert wird;

3. den Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 1999 vom 19.12.2001, zuletzt geändert durch Bescheid vom 26.10.2005, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.05.2010 aufzuheben;

4. den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2000 vom 02.05.2005, geändert durch Bescheid vom 22.11.2006, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.05.2010 aufzuheben, hilfsweise, ihn dahingehend zu ändern, dass der Gewerbeverlust um DM ... höher festgestellt wird;

5. den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2001 vom 02.05.2005, zuletzt geändert durch Bescheid vom 22.11.2006, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.05.2010 aufzuheben, hilfsweise, ihn dahingehend zu ändern, dass der Verlustabzug im Jahr 2001 um DM ... verringert wird.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass die Klägerin nicht wirtschaftlich in das Einzelunternehmen des Herrn B eingegliedert gewesen sei. Zwischen beiden Unternehmen bestehe kein betriebswirtschaftlich vernünftiger Zusammenhang dergestalt, dass sie als Teile einer wirtschaftlichen Einheit anzusehen seien. Die Tätigkeitsfelder seien wesensfremd und ergänzten sich nicht in zwingender Weise im täglichen Ablauf. Von der Schaffung eines abgestimmten Hotel- und Appartementkonzepts durch die Sanierung der beiden Appartementhäuser könne schon deshalb nicht die Rede sein, weil sich das Appartementhaus „D” überhaupt nicht in Sichtweite des Hotels befinde. Die von der Klägerin angeführten Synergieeffekte stünden, gemessen an der gesamten wirtschaftlichen Ausrichtung der Klägerin, im Hintergrund. Im Übrigen fördere der „Organträger” durch die Vermittlung von Ferienwohnungen den Betrieb der „Organgesellschaft” und nicht umgekehrt. Ein Großteil der von der Klägerin in den Streitjahren erzielten Umsätze berühre nicht den Betrieb des Hotels. Schließlich fehle es an einer einheitlichen, nach außen erkennbaren Leitung der beiden Betriebe.

Zur Begründung der Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen nimmt der Beklagte auf die Einspruchsentscheidung und den Betriebsprüfungsbericht Bezug. Es frage sich, aus welchem Grund die Klägerin bzw. ihr damaliger steuerlicher Berater die erst im Klagverfahren eingereichte Vereinbarung vom 06.03.2000 nicht bereits während der Betriebsprüfung vorgelegt oder zumindest erwähnt habe. Der steuerliche Berater habe seinerzeit vielmehr ausdrücklich erklärt, es gebe nur den Darlehensvertrag vom ... 1998. Deshalb werde bestritten, dass die Vereinbarung zum angegebenen Datum geschlossen wurde. Im Übrigen seien die Gehälter nicht monatsweise auf das Darlehenskonto umgebucht worden, sondern die Klägerin habe die Lohnverbindlichkeiten jeweils bis zum Jahresende auflaufen lassen und dann in einer Summe umgebucht.

Auf Antrag des Beklagten hat der Senat Herrn B mit Beschluss vom 12.12.2011 gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2 Abgabenordnung (AO) beigeladen.

Auf die Sitzungsniederschriften der Erörterungstermine vom 07.04.2011 und vom 08.09.2011 (FGA Bl. 68 ff., 92 ff.) sowie der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2011 (FGA Bl. 121 ff.) wird Bezug genommen.

Dem Gericht haben Band I der Akten Allgemeines, Bände I und II der Körperschaftsteuerakten, Band I der Akten Feststellungen gem. §§ 27, 28, 36, 37 u. 38 KStG, Bände I und II der Gewerbesteuer- und der Bilanz- und Bilanzberichtsakten, Band I der Betriebsprüfungsakten, Bände I und II der Betriebsprüfungsarbeitsakten sowie Bände I und II der Rechtsbehelfsakten (St.-Nr. .../.../...) vorgelegen.

Gründe

I.

Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die Gewerbeerträge der Klägerin zu Recht nicht aufgrund einer gewerbesteuerlichen Organschaft dem Einzelunternehmen des Herrn B zugerechnet (1.), sodass der Klagantrag zu 3. und die Hauptanträge zu 4. und 5. keinen Erfolg haben. Die in den Streitjahren nicht fristgerecht ausgezahlten Gehälter hat der Beklagte ebenfalls zu Recht als vGA den Gewinnen hinzugerechnet (2.), sodass auch die Klaganträge zu 1. und 2. und die Hilfsanträge zu 4. und 5. unbegründet sind.

1. Der Gewerbesteuer unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Gewerbesteuergesetz -GewStG-). Ist eine Kapitalgesellschaft in der Weise in ein anderes inländisches gewerbliches Unternehmen eingegliedert, dass die Voraussetzungen des § 14 Nr. 1 bis 3 KStG i. d. F. vor Änderung durch das Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000 (a.F.) erfüllt sind, so gilt sie als Betriebsstätte des anderen Unternehmens mit der Folge, dass ihre Gewerbeerträge mit denen des Organträgers zusammengefasst werden und in den gegen den Organträger gerichteten Gewerbesteuermessbetragsbescheid eingehen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG i. d. F. vor Änderung durch das Unternehmensteuerfortentwicklungsgesetz vom 20.12.2001 - a.F.-). Diese sog. gewerbesteuerliche Organschaft setzt voraus, dass eine Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland nach dem Gesamtbild der Verhältnisse in einen Organträger, der eine unbeschränkt steuerpflichtige, gewerblich tätige natürliche Person sein kann, finanziell, organisatorisch und wirtschaftlich eingegliedert ist.

a. Eine finanzielle Eingliederung der Klägerin in das Einzelunternehmen des Herrn B lag im Streitzeitraum unstreitig vor. Sie erfordert, dass der Organträger an der Organgesellschaft vom Beginn des Wirtschaftsjahres an ununterbrochen und unmittelbar in einem solchen Maße beteiligt ist, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht (§ 14 Nr. 1 Satz 1 KStG a.F.). Herr B war in den Streitjahren zu 100 % an der Klägerin beteiligt und hielt die Anteile im Betriebsvermögen des Einzelunternehmens.

b. Auch eine organisatorische Eingliederung ist gegeben. Sie liegt vor, wenn gewährleistet ist, dass in der Geschäftsführung der Organgesellschaft der Wille des Organträgers tatsächlich durchgeführt wird, also z. B. bei einer Personalunion in der Geschäftsführung beider Unternehmen (Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 5. Aufl., § 2 Rz. 196). Herr B war sowohl Inhaber des Einzelunternehmens als auch alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin, sodass die Durchführung seines Willens in der Klägerin gewährleistet war.

c. Der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages zwischen dem Einzelunternehmen und der Klägerin war nach der bis einschließlich zum Erhebungszeitraum 2001 geltenden Rechtslage noch nicht erforderlich (Drüen in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 2 GewStG Rz. 129).

d. Hingegen war die Klägerin nicht wirtschaftlich in das Einzelunternehmen eingegliedert.

aa. Wirtschaftlich eingegliedert ist die Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers nach ständiger Rechtsprechung, wenn das herrschende Unternehmen (Organträger) eigene gewerbliche Zwecke verfolgt, denen sich das beherrschte Unternehmen im Sinne einer Zweckabhängigkeit unterordnen kann (BFH-Urteil vom 09.04.2008 I R 43/07, BFH/NV 2008, 1848). Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn das beherrschende Unternehmen eine eigene gewerbliche Tätigkeit entfaltet, die durch den Betrieb der Organgesellschaft gefördert wird und die im Rahmen des Organkreises nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse beurteilt werden (BFH-Urteil vom 09.02.2011 I R 54/10. BFHE 232, 476, BFH/NV 2011, 920). Die Organgesellschaft muss im Sinne einer eigenen wirtschaftlichen Unselbständigkeit die gewerblichen Zwecke des herrschenden Unternehmens fördern oder ergänzen und dabei nach Art einer unselbständigen Geschäftsabteilung des herrschenden Unternehmens auftreten (BFH-Urteil vom 24.01.2001 I R 13/00, BFH/NV 2001, 1047); beide Unternehmen müssen Teile einer wirtschaftlichen Einheit darstellen (BFH-Urteil vom 14.10.2009 X R 46/06, BFH/NV 2010, 677) und somit nach einer einheitlichen Gesamtkonzeption geführt werden; sie müssen allerdings nicht demselben Geschäftszweig angehören (BFH-Urteil vom 24.01.2001 I R 13/00, BFH/NV 2001, 1047). Dabei muss die Organgesellschaft den gewerblichen Betrieb des Organträgers fördern, nicht umgekehrt der Organträger den Betrieb der Organgesellschaft (BFH-Urteil vom 24.07.1998 I B 7/98, BFH/NV 1999, 373; Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 19.03.2008 12 K 6069/05 B, DStRE 2008, 1146: keine wirtschaftliche Eingliederung zweier Autohandelshäuser in eine Autovermietung).

bb. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ergibt, dass die Klägerin nicht wirtschaftlich in das Einzelunternehmen eingegliedert war. Zwar hat die Klägerin die gewerblichen Zwecke des Einzelunternehmens gefördert, indem sie die Umbauarbeiten am Hotel leitete, einige Stellplätze an das Hotel vermietete und für die optische Verbesserung des baulichen Umfeldes des Hotels durch die Sanierung insbesondere des gegenüber liegenden Appartementhauses „E” sorgte. Dass die Mitarbeiter des Hotels die Wohnungen der Klägerin an Feriengäste vermittelten und dabei Restaurations- und Wellnessleistungen des Hotels verkauften, ist allerdings eine Leistung, die das Einzelunternehmen zur Förderung der Klägerin - und im Übrigen auch des Hotel-1 - erbrachte, jedoch keine Förderung der Klägerin gegenüber dem Hotelbetrieb. Jedoch übte die Klägerin daneben diverse und wirtschaftlich gewichtige Tätigkeiten aus, die keinerlei Verbindung zum Betrieb des Hotels C in A aufwiesen. So betätigte sie sich als Bauträgerin und als Planungs- und Architekturbüro und betreute Objekte, die mit dem Betrieb des Einzelunternehmens nichts zu tun hatten, wie etwa das Hotel F in G und das Hotel H in I; beide Betriebe sollten nicht von dem Einzelunternehmen betrieben werden, sondern von eigenen Betriebsgesellschaften. Die für das Hotel durchgeführten Aufträge im Rahmen der Umbau- und Erweiterungsarbeiten machten nur den geringeren Teil der Geschäftstätigkeit der Klägerin aus (auf die Aufstellung des Beklagten über die jeweiligen Erlöse der Klägerin in den Streitjahren, BpA Bd. II Bl. 60 f., wird insoweit Bezug genommen). Nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse trat die Klägerin daher nicht wie eine unselbständige Geschäftsabteilung des Einzelunternehmens auf, sondern übte ihre Geschäftstätigkeit selbständig und weitgehend unabhängig von dem Betrieb des Hotels C in A aus. Ein Zusammenhang zwischen beiden Betrieben war jedenfalls bei den Tätigkeiten der Klägerin außerhalb von A nicht erkennbar. Die Zwecke der Klägerin waren denen des Hotels überwiegend nicht untergeordnet; die jeweiligen Tätigkeiten (Architektur und Baubetreuung einerseits und Hotellerie in A andererseits) ergänzten sich nicht gegenseitig im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit.

2. Unter einer vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 22.12.2010 I R 47/10, BFH/NV 2011, 1019; vom 08.10.2008 I R 61/07, BFHE 223, 131, BStBl II 2011, 62). Ist allerdings der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (BFH-Urteil vom 09.11.2005 I R 89/04, BFHE 211, 287, BStBl II 2008, 523). Schließlich kann eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis vorliegen, wenn das zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter abgeschlossene Rechtsgeschäft zwar für die Kapitalgesellschaft günstig ist, sich ein gesellschaftsfremder Vertragspartner aber im eigenen Interesse nicht auf sie eingelassen hätte (BFH-Urteil vom 20.10.2004 I R 4/04, BFH/NV 2005, 677).

a. Hat sich die Kapitalgesellschaft verpflichtet, ihrem beherrschenden Gesellschafter als Gegenleistung für die Führung der Geschäfte ein monatliches Gehalt zu zahlen, setzt die tatsächliche Durchführung dieser Vereinbarung grundsätzlich voraus, dass der fällige Gehaltsanspruch zeitnah erfüllt wird (BFH-Urteil vom 21.03.2001 I B 31/00, BFH/NV 2001, 1149). Der Gehaltsanspruch kann auch dadurch erfüllt werden, dass er aufgrund einer gesonderten Vereinbarung in einen Darlehensanspruch gegen die Gesellschaft umgewandelt wird (Schuldnovation, vgl. BFH-Urteil vom 13.11.1996 I R 53/95, BFH/NV 1997, 622). Ebenso wenig führt die verzögerte Auszahlung zur Annahme einer vGA, wenn zwischen dem Geschäftsführer und der Kapitalgesellschaft eine Stundungsvereinbarung geschlossen wird (BFH-Urteil vom 13.11.1996 I R 53/95, BFH/NV 1997, 622). Sowohl die Umwandlung in ein Darlehen als auch die Stundung müssen einem Drittvergleich standhalten (BFH-Urteil vom 13.11.1996 I R 53/95, BFH/NV 1997, 622; Haun/Stelzer in Ernst & Young, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen, „Geschäftsführervergütungen”, Rz. 16). Soweit eine Gehaltsvereinbarung nach der Rechtsprechung der Besteuerung trotz nicht fristgerechter Auszahlung ausnahmsweise zugrunde gelegt werden kann, weil sich die Nichtdurchführbarkeit der Vereinbarung zwangsläufig aus der Situation der Gesellschaft ergibt, diese sich insbesondere in finanziellen Schwierigkeiten befindet (BFH-Urteile vom 21.03.2001 I B 31/00, BFH/NV 2001, 1149; vom 20.07.1988 I R 136/84, BFH/NV 1990, 64; vom 05.10.1977 I R 230/75, BFHE 124, 164, BStBl II 1978, 234), so steht auch dies unter dem Vorbehalt, dass die Nichtauszahlung - ohne Stundungs- oder Darlehensvereinbarung - einem Drittvergleich standhält.

aa. Die Klägerin hat nicht im Einzelnen dargelegt, dass sie nicht über die zur fristgerechten Zahlung des Geschäftsführergehaltes erforderlichen Mittel verfügte, obwohl die Lohnforderungen der übrigen Angestellten fristgerecht erfüllt wurden. Unstreitig ist, dass sich das Eigenkapital der Klägerin zum 31.12.2000 auf DM ... belief und sie nicht zahlungsunfähig oder überschuldet war. Dass sie wegen der Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt auf eine Veräußerung ihres Immobilienbestandes zunächst verzichten wollte, beruht auf ihrer freien betriebswirtschaftlichen Entscheidung und ergibt sich nicht zwangsläufig aus ihrer finanziellen Situation. In jedem Fall aber hätte ein fremder Dritter als Geschäftsführer die Nichtauszahlung seines Gehaltes für die Dauer von beinahe zwei Jahren nicht ohne weiteres akzeptiert, sondern entweder seine Arbeit niedergelegt oder den Abschluss einer Stundungs- oder Darlehensvereinbarung mit einer Verzinsung der nicht ausgezahlten Beträge, regelmäßigen Abschlagszahlungen oder der Stellung von Sicherheiten verlangt (vgl. BFH-Urteil vom 13.11.1996 I R 53/95, BFH/NV 1997, 622; FG Hamburg, Urteil vom 09.03.2004 VI 275/02, juris). Das gilt ungeachtet des Umstandes, dass Herr B nicht verpflichtet war, seine volle Arbeitskraft der Klägerin zur Verfügung zu stellen, aufgrund anderer Einkunftsquellen finanziell nicht auf das Gehalt angewiesen war und wusste, dass die Klägerin über ausreichende Vermögenswerte verfügte. Auf einer vertraglichen Absicherung einschließlich einer Verzinsungsabrede hätte ein fremder Dritter dennoch bestanden.

bb. Die Klägerin hat zwar vorgetragen, zwischen ihr und ihrem Geschäftsführer sei eine Darlehensvereinbarung getroffen worden, wodurch es zu einer Erfüllung der Gehaltsansprüche durch Schuldnovation gekommen sei, und sich hierzu auf die auf den 06.03.2000 datierte und mit Schriftsatz vom 28.02.2011 eingereichte Vereinbarung berufen. Jedoch hat der Beklagte bestritten, dass diese Vereinbarung tatsächlich zu dem angegebenen Zeitpunkt abgeschlossen wurde. Da die Klägerin die Vereinbarung nicht im Original hat vorlegen können, ist es dem Senat nicht möglich gewesen, den Zeitpunkt der Erstellung dieser Urkunde durch ein Sachverständigengutachten feststellen zu lassen. Zweifel daran, dass die Vereinbarung zum angegebenen Zeitpunkt abgeschlossen wurde, ergeben sich aus dem Umstand, dass diese Vereinbarung im Betriebsprüfungs- und Rechtsbehelfsverfahren von der Klägerin nicht erwähnt, sondern die Nichtauszahlung des Gehaltes auf den Darlehensvertrag aus dem Jahr 1998 gestützt wurde. Da die nicht entsprechend dem Anstellungsvertrag durchgeführte Auszahlung der Gehälter fest steht, geht der Umstand, dass nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden konnte, dass die Gehaltsansprüche aufgrund einer gesonderten und vorab getroffenen Novationsvereinbarung dennoch fristgerecht erfüllt wurden, zulasten der Klägerin. Im Übrigen trägt die Klägerin insoweit auch deshalb die Feststellungslast, weil es ihr im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht oblegen hätte, Beweisvorsorge für den aus ihrer Sphäre stammenden Vertrag zu treffen und die Vereinbarung im Original aufzubewahren. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, ob die behauptete Darlehensvereinbarung, die eine „angemessene” Verzinsung vorsah, einem Drittvergleich standgehalten hätte und hinreichend klar war.

b. Darüber hinaus beruhen die Gehaltsansprüche des Herrn B nicht auf einer klaren und wirksamen Vereinbarung eines Anstellungsverhältnisses. Hieran fehlt es, wenn in einem mit einem beherrschenden Gesellschafter geschlossenen Arbeitsvertrag die Arbeitszeiten nicht klar und eindeutig geregelt sind und sich auch nicht aufgrund anderer Umstände bestimmen lassen (BFH-Beschluss vom 29.07.2009 I B 12/09, BFH/NV 2010, 66). In einem derartigen Fall ist der Schluss gerechtfertigt, dass die Leistung an den Gesellschafter nicht auf schuldrechtlicher Grundlage erbracht wird, sondern im Gesellschaftsverhältnis wurzelt. In § 2 des mit Herrn B geschlossenen Anstellungsvertrages ist geregelt, dass er seine Arbeitskraft und seine Fähigkeiten in dem für die Erfüllung der ihm als Geschäftsführer obliegenden Aufgaben erforderlichen Umfang einzusetzen habe; es sollte ihm allerdings gestattet sein, neben seiner Geschäftsführertätigkeit auch anderen auf Entgelt gerichteten Tätigkeiten nachzugehen, soweit dadurch die Belange der Gesellschaft nicht beeinträchtigt würden. Aus dieser Vereinbarung ergibt sich keinerlei Anhaltspunkt dafür, in welchem zeitlichen Umfang Herr B der Klägerin seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen hatte. Er konnte seine Arbeitszeit vielmehr frei zwischen der Klägerin, seinem Einzelunternehmen und den weiteren Gesellschaften, an denen er beteiligt war, aufteilen. Andere Umstände, aus denen sich eine einzuhaltende Arbeitszeit ergeben könnte, hat die Klägerin trotz eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises nicht vorgetragen. Dass Herr B nach seinen eigenen Angaben tatsächlich ca. vier Fünftel seiner Arbeitszeit für die Klägerin aufgewandt hat, beruhte auf seinem eigenen freien Entschluss und vermag eine verbindliche diesbezügliche Regelung nicht zu ersetzen.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Dem Beigeladenen waren keine Kosten aufzuerlegen (§ 135 Abs. 3 FGO). Seine außergerichtlichen Kosten sind nicht zu erstatten (§ 139 Abs. 4 FGO).

2. Gründe, die Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, liegen nicht vor.

VorschriftenGewStG a. F. § 2 Abs. 1 Satz 1, GewStG a. F. § 2 Abs. 2 Satz 2, KStG a. F. § 14 Nr. 1 bis 3, KStG a. F. § 8 Abs. 3 Satz 2

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