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27.01.2011 · IWW-Abrufnummer 110972

Landesarbeitsgericht Köln: Urteil vom 20.09.2010 – 5 Sa 772/10

Ist ein Arbeitsverhältnis bereits beendet und geht es nur noch um Vergütungsdifferenzen, ist eine Eingruppierungsfeststellungsklage nicht zulässig; es ist der Vorrang der bezifferten Leistungsklage zu beachten.


Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21.04.2010 - 9 Ca 7318/09 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Anschlussberufung des Beklagten wird ebenfalls zurückgewiesen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin und daraus resultierende Vergütungsdifferenzansprüche.

Die im Jahre 1949 geborene Klägerin begann ihre Tätigkeit bei der beklagten Rundfunkanstalt im Jahre 1983 auf der Basis des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 01.12.1983 (Bl. 74 ff. d. A.).

Durch Änderungsvertrag vom 22.02.2002 (Bl. 78 d. A.) wurde die Klägerin mit Wirkung vom 01.02.2002 als Produktionsleiterin beschäftigt und ausweislich des Änderungsvertrages in Vergütungsgruppe III Stufe 4 eingruppiert.

Arbeitsvertraglich war zudem bereits in § 13 des Arbeitsvertrages vom 30.11.1993 festgelegt, dass sich die Rechte und Pflichten der Klägerin neben den arbeitsvertraglichen Bestimmungen ergänzend nach den jeweils bei dem Beklagten geltenden tariflichen Vereinbarungen richteten.

Die Vergütungsgruppen werden in dem bei dem Beklagten gültigen Vergütungstarifvertrag beschrieben. In § 11 des Manteltarifvertrages des Beklagten vom 08.08.1979 (MTV) heißt es unter der Überschrift:

"Grundsätze der Eingruppierung"

Die Arbeitnehmer werden entsprechend ihrer im Arbeitsvertrag bezeichneten Tätigkeit in Vergütungsgruppen eingruppiert. Die im Arbeitsvertrag festgelegte Tätigkeit hat der tatsächlich auszuübenden Tätigkeit zu entsprechen.

Die Vergütung für die Arbeitnehmer des W wird in einem Vergütungs-Tarifvertrag geregelt.

Der Arbeitnehmer hat ohne besondere Vergütung in angemessenen Grenzen zumutbare Vertretungen für Tätigkeiten zu übernehmen, die sonst von anderen, auch in höheren Vergütungsgruppen eingruppierten Arbeitnehmern ausgeübt werden."

Regelungen zur Altersteilzeit finden sich im Tarifvertrag zur Beschäftigungsförderung beim W durch gleitenden Übergang in den Ruhestand vom 30.12.1998 (TV Ruhestand).

Die im Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag genannte Vergütungsgruppe III erfasst die Tätigkeit als Produktionsleiter/-leiterin und sieht als Tätigkeitsmerkmale die selbstständige und verantwortliche organisatorische, administrative und dispositionelle Vorbereitung, Durchführung und Abwicklung von Fernsehproduktionen unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte mit einem Schwierigkeitsgrad, wie er sich aus den im Einzelnen aufgezählten Produktionsformen ergibt (siehe Auszug aus dem Vergütungstarifvertrag zur Vergütungsgruppe III, Bl. 81 f. d. A.).

Dem gegenüber erfasst die Vergütungsgruppe II die Tätigkeit einer 1. Produktionsleiter/-leiterin, die neben langjähriger Berufserfahrung als Produktionsleiter/-leiterin die Wahrnehmung von Produktionsleitungen mit einem Schwierigkeitsgrad, der sich ergibt bei mittleren und großen szenischen Produktionen, mittleren und großen Unterhaltungssendungen, mittleren und großen Musikproduktionen, großen Sportsendungen, großen aktuellen Produktionen im In- und Ausland und Reihenproduktionen (siehe Auszug aus dem Vergütungstarifvertrag zur Vergütungsgruppe II, Bl. 83 d. A.).

In den Jahren 2005 und 2006 bewarb sich die Klägerin jeweils bei Stellenausschreibungen auf eine 1. Produktionsleiterstelle. Die Bewerbungen waren jeweils nicht erfolgreich.

Die Parteien vereinbarten ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis, welches mit der Arbeitsphase vom 01.07.2007 bis zum 31.12.2009 begann und anschließend mit der Freistellungsphase, die vom 01.01.2010 bis zum 30.06.2013 dauert, fortgesetzt wird.

Mit Schreiben vom 20.04.2009 (Bl. 79 d. A.) teilte die Beklagte der Klägerin Folgendes mit:

"auf Vorschlag des Fachbereichs werden Sie - befristet für die Zeit vom 1. April 2009 bis 31. Dezember 2009 - mit den höherwertigen Aufgaben einer 1. Produktionsleiterin nach Vergütungsgruppe II betraut.

Es ist vorgesehen, Ihnen hierfür eine Zulage gemäß § 11, 3 MTV/ zu zahlen. Wir werden diesbezüglich zu gegebener Zeit wieder auf Sie zukommen.

Für die Übernahme der höherwertigen Tätigkeit wünschen wir Ihnen viel Erfolg."

Mit Schreiben vom 29.05.2009 (Bl. 176 d. A.) teilte der Beklagte unter Bezugnahme auf das vorangegangene Schreiben vom 20.04.2009 mit, dass die Klägerin eine Zulage bis spätestens zum 31.12.2009 in Höhe des jeweiligen Differenzbetrages zwischen den Vergütungsgruppen III Stufe 4 zuzüglich des besonderen Steigerungsbetrages und Vergütungsgruppe II Stufe 6 in Höhe von zurzeit 564,50 - erhalten werde.

Mit Schreiben vom 09.06.2009 (Bl. 15 d. A.) begehrte die Klägerin ihre Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe II und die rückwirkende Bezahlung gemäß dieser Vergütungsgruppe. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Klägerin die Kriterien der Vergütungsgruppe II schon seit Jahren erfülle und vor Jahren schon eine entsprechende Einstufung gefordert habe. Beispielhaft sei auf das A mit ca. 22.000 Sendeminuten pro Jahr zu verweisen mit zum Teil höchsten organisatorischen Anforderungen, die auch durch vielfältige Außenübertragungen bedingt gewesen seien. Unter Berücksichtigung der Vergabekriterien hätte die Klägerin auch bei den Stellenausschreibungen für eine 1. Produktionsleiterstelle in den Jahren 2005 und 2006 berücksichtigt werden müssen.

Die Beklagte trat dem Höhergruppierungsbegehren der Klägerin mit Schreiben vom 09.07.2009 (Bl. 18 f. d. A.) entgegen und begründete dies damit, dass die Produktionsleitung der Sendung "A " eine klassische nach Vergütungsgruppe III zu bewertende Aufgabe darstelle. Zu den von der Klägerin angeführten höherwertigen Produktionen sei anzumerken, dass es sich dabei zu einem wesentlichen Teil lediglich um die Randberichterstattung über bestimmte Großereignisse im Rahmen der Regelsendung "A " gehandelt habe, nicht aber die Organisation der Fernsehproduktionen über das jeweilige Ereignis selbst wahrgenommen worden seien. Insofern mache es einen deutlichen Unterschied, ob beispielsweise das gesamte Event "Fußball-WM", eine "Olympiade" oder der "Weltjugendtag" organisiert und als Fernsehproduktion im Verbund und in Absprache mit allen in- und ausländischen Fernsehanstalten gesamtverantwortlich umgesetzt werde, oder ob, wie im Fall der Klägerin, Randberichterstattungsteile als Einspielung in das "A " organisiert würden.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab 01.07.2009 nach der Vergütungsgruppe II, Stufe 6, einschließlich Steigerungsbetrag, des Vergütungstarifvertrag des Beklagten einzustufen und zu vergüten;

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 32.482,80 - als Nachzahlung entsprechend der Höhergruppierung gemäß Vergütungsgruppe II des Vergütungstarifvertrages des Beklagten für den Zeitraum 01.01.2006 bis zum 30.06.2009 zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab jeweiliger Fälligkeit monatlich am Monatsende zu verzinsen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch Urteil vom 21.04.2010 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Klägerin in der Zeit vom 01.07.2009 bis zum 31.12.2009 in die Vergütungsgruppe II Stufe 6 einschließlich Steigerungsbetrag des Vergütungstarifvertrages des Beklagten einzugruppieren sei, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass der als Eingruppierungsfeststellungsantrag zu wertende Antrag zu 1. nur für den Zeitraum vom 01.07.2009 bis zum 31.12.2009 begründet sei. Denn insoweit sei der Klägerin durch die befristete Übertragung der höherwertigen Tätigkeit nach Vergütungsgruppe II ein Anspruch nur für diesen befristeten Zeitraum entstanden, höhergruppiert zu werden. Hinsichtlich des weitergehenden Feststellungsantrags sei die Klage hingegen als unbegründet abzuweisen, denn für die restliche Dauer das Altersteilzeitverhältnisses ab dem 01.01.2010 habe die Klägerin keinen Anspruch, in die Vergütungsgruppe II eingruppiert zu werden. Dies folge aus der Tarifsystematik, da sich die Vergütungsgruppe nach § 11 Abs. 1 MTV allein nach der arbeitsvertraglich festgelegten Tätigkeit richtet. Da für den Zeitraum nach dem 31.12.2009 die arbeitsvertragliche Übertragung der Tätigkeiten einer 1. Produktionsleiterin keinen Bestand mehr gehabt habe, sei die Klägerin ab dem 01.01.2010 wiederum nach § 11 Abs. 1 MTV als Produktionsleiterin einzugruppieren und damit nach Vergütungsgruppe III zu vergüten. Der Zahlungsantrag sei ebenfalls unbegründet. Einen Anspruch auf eine Vergütungsdifferenz, zumal unter Berücksichtigung der gezahlten Zulage, habe die Klägerin nicht. Bei ihrer Berechnung sei die Klägerin fälschlich von einer Differenz zwischen Vergütungsgruppe II und III in Höhe von 773,40 - ausgegangen. Dabei sei jedoch übersehen worden, dass die Klägerin nach § 5 Abs. 1 des Tarifvertrages Ruhestand aufgrund ihrer Teilzeitvereinbarung nur 50 % der Vergütung zuzüglich eines mindestens 20 %igen Aufstockungsbetrages habe beanspruchen können.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung einlegen und begründen lassen; der Beklagte hat Anschlussberufung eingelegt.

Die Klägerin bringt vor, zu Unrecht sei die Eingruppierungsfeststellung bezüglich der Vergütungsgruppe II weder für die Zeit der passiven Altersteilzeit, noch für den restlichen Zeitraum der aktiven Altersteilzeit noch für den davor liegenden Zeitraum ab 01.01.2006 gewährt bzw. die diesbezüglichen Klageanträge zurückgewiesen worden. Dabei hätte das Arbeitsgericht bei Zugrundelegung seiner diesbezüglichen eigenen arbeitsvertraglichen Bewertung zu dem Ergebnis kommen müssen, dass jedenfalls auch für den Zeitraum vom 01.09.2011 bis zum 30.06.2012 die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe II Stufe 6 einschließlich Steigerungsbetrag des Vergütungstarifvertrages des Beklagten - spiegelbildlich zur aktiven Altersteilzeit - auch zu tenorieren sei. Zudem habe das Arbeitsgericht bei konsequenter Anwendung seiner Argumentation auch für den Zeitraum vom 01.04.2010 bis zum 30.06.2010 die Zahlung des Differenzbetrages zwischen der Vergütungsgruppe II und der Vergütungsgruppe III unter Anrechnung der gezahlten Zulage tenorieren müssen. Weiterhin sei die vom Arbeitsgericht vorgenommene Berechnung falsch. Weder für den Zeitraum vom 30.11.2009 bis 30.12.2009 noch für den Zeitraum vom 22.06.2009 bis zum 03.07.2009 sei eine Zulage gezahlt worden. Unzutreffender Weise habe das Arbeitsgericht bei der Bewertung die Regelungen des Vergütungstarifvertrages des W sowie die Ausführungen in den Vorbemerkungen dieses Vergütungstarifvertages außer Acht gelassen. Da der Beklagte bestritten habe, dass die Klägerin Tätigkeiten der Vergütungsgruppe II seit vielen Jahren und auch schon vor dem Jahr 2006 ausgeübt habe, hätte Beweis erhoben werden müssen. Die Klägerin verweist insoweit auf ihre erstinstanzlichen Schriftsätze vom 04.08.2009, 09.10.2009 und 07.04.2010. Angesichts des Umstandes, dass der Beklagte keine verbindlichen Kriterien zur Einordnung von kleinen, mittleren oder großen Produktionen aufgestellt habe, dürften die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast der Klägerseite nicht überzogen werden.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 21.04.2010 - 9 Ca 7318/09 -

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab 01.01.2006 nach der Vergütungsgruppe II, Stufe 6, einschließlich Steigerungsbetrag, des Vergütungstarifvertrag des Beklagten einzustufen;

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin entsprechend der Höhergruppierung nach der Vergütungsgruppe II des Vergütungstarifvertrages des Beklagten gemäß Ziffer 1

für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum 30.04.2009 den Differenzbetrag zwischen der Vergütungsgruppe II und der Vergütungsgruppe III nachzuzahlen

für den Zeitraum vom 01.05.2009 bis 31.12.2009 den Differenzbetrag zwischen der Vergütungsgruppe II und der Vergütungsgruppe III unter Abzug der für diesen Zeitraum gezahlten Zulagebeträge nachzuzahlen,

für den Zeitraum 01.01.2010 bis zum 30.06.2012 den Differenzbetrag zwischen der Vergütungsgruppe II und der Vergütungsgruppe III nachzuzahlen

und obige Beträge mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab jeweiliger Fälligkeit monatlich am Monatsende zu verzinsen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen;

im Wege der Anschlussberufung und unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 21.04.2010 - 9 Ca 7318/09 - die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Anschlussberufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, die Berufung der Klägerin sei teilweise unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Die Berufung sei schon mangels Urteilsbeschwer insoweit unzulässig, als die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung für den Zeitraum 01.07.2009 bis 31.12.2009 begehre. Der Antrag zu 1. sei insoweit unzulässig, als er in der Vergangenheit liegende Differenzzahlungen erfasse. Insoweit gelte der Vorrang der Leistungsklage. Es fehle darüber hinaus für den Zeitraum 01.7.2009 bis zum 31.12.2009 an einem begründeten Feststellungsinteresse, da für diesen Zeitraum das Arbeitsgericht dem klägerischen Begehren entsprochen habe.

Der Antrag zu 2. sei insoweit unzulässig, als die Klägerin Vergütungsnachzahlungen bis zum 30.06.2012 für zukünftige Zeiträume begehre. Insoweit fehle es ungeachtet der materiellen Berechtigung im Übrigen schon an einer Fälligkeit dieser zukünftigen Ansprüche.

Im Übrigen sei die Berufung insgesamt unbegründet. Die Klägerin habe weder erstinstanzlich noch zweitinstanzlich dargelegt, dass sie seit Anfang 2006 zumindest überwiegend die Tätigkeit einer 1. Produktionsleiterin ausgeübt habe. Es sei auch nicht erkennbar, dass aus der Spiegelbildlichkeit der Altersteilzeitregelung der Beklagte verpflichtet sein solle, für den Zeitraum vom 01.09.2011 bis zum 30.06.2012 der Klägerin die Vergütungsgruppe II Stufe 6 einschließlich Steigerungsbetrag zu gewähren. Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung ausführe, dass sie Tätigkeiten der Vergütungsgruppe II seit vielen Jahren ausgeübt habe, werde nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die zutreffenden Annahmen des Arbeitsgerichts auf Blatt 7 und 8 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft sein sollten. Der Beweisantritt der Klägerseite sei unzulässig, da es sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis handeln würde.

Die Anschlussberufung sei begründet. Denn der Beklagte sei nicht verpflichtet, die Klägerin für den Zeitraum vom 01.07.2009 bis zum 31.12.2009 in die Vergütungsgruppe II einzugruppieren. Dem Schreiben vom Beklagten vom 20.04.2009 könne kein Angebot auf eine befristete Höhergruppierung entnommen werden. Das Schreiben des Beklagten vom 20.04.2009 beinhalte nach dem eindeutigen Wortlaut vielmehr nur, dass der Klägerin für die befristete Übernahme höherwertiger Aufgaben nach der Vergütungsgruppe II eine Zulage gezahlt werden solle.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung und die Anschlussberufung sind jeweils zulässig aber unbegründet.

I. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.

1. Der Antrag zu 1. der Klägerin, festzustellen, dass über das arbeitsgerichtliche Urteil hinaus ihre Eingruppierung auch für die Zeit vor dem 01.04.2009 und nach dem 01.01.2010 in die Vergütungsgruppe II berechtigt sei, konnte keinen Erfolg haben.

Der Antrag ist überwiegend unzulässig, im Übrigen unbegründet.

a) Soweit mit dem Antrag zu 1. In der Sache allein Differenzzahlungen für die Zeit vor dem 01.07.2009 geltend gemacht werden, ist er unzulässig. Denn diesbezüglich ist der Vorrang der Leistungsklage zu beachten. Denn die Eingruppierung ist kein konstitutiver Rechtsakt, sondern hat nur deklaratorische Bedeutung. Die Eingruppierung ist keine vom Arbeitgeber vorzunehmende Handlung, sondern sie ergibt sich von selbst aus der vom Arbeitnehmer auszuübenden Tätigkeit (siehe BAG Urteil vom 16.01.1991 - 4 AZR 301/90 -, NZA 1991, S. 490).

Das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt dann vor, wenn ein Angestellter, der nach einer niedrigeren tariflichen Vergütungsgruppe vergütet und auch sonst rechtlich behandelt wird, die Feststellung der Verpflichtung seines Arbeitgebers begehrt, an ihn die Vergütung nach einer anderen höheren Vergütungsgruppe zu zahlen und zugleich auch in sonstiger rechtserheblicher Beziehung wie Urlaub, Reisekosten oder Ähnliches entsprechend zu behandelt zu werden (siehe BAG Urteil vom 09.07.1980 - 4 AZR 579/78 -, AP Nr. 14 zu § 23 a BAT; BAG Urteil vom 22.01.2003 - 4 AZR 700/01 -, NZA 2003, S. 1111).

Geht es hingegen nur noch um Vergütungsdifferenzen, ist der Vorrang der Leistungsklage zu beachten. Denn wenn die Rechtsbeziehungen sich in einem Zahlungsbegehren erschöpfen, fehlt es an einem Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO für eine Eingruppierungsfeststellung, so dass die entsprechende Leistungsklage Vorrang hat (siehe BAG Urteil vom 24.04.1996 - 4 AZR 876/94 -, NZA 1997, S. 50 ff.).

Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu. Denn das aktive Arbeitsverhältnis der Parteien ist beendet. Die Klägerin befindet sich in der Freistellungsphase der Altersteilzeit. Im Streit sind allein mögliche Vergütungsdifferenzansprüche resultierend aus dem Eingruppierungsstreit. Demzufolge ist der Vorrang der Leistungsklage zu beachten (siehe Zöller/Greger, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 27. Auflage § 256 Rz. 7a).

Für den Zeitraum vor dem 01.07.2009 wird dies auch dadurch unterstrichen, dass die Klägerin erstinstanzlich für diese zurückliegenden Zeiträume einen bezifferten Antrag gestellt hat. Für den Zeitraum vom 01.07.2009 bis zum 31.12.2009 fehlt es im Übrigen schon deshalb an einem begründeten Feststellungsinteresse, da für diesen Zeitraum das Arbeitsgericht dem klägerischen Begehren entsprochen hat.

b) Soweit für den nachfolgenden Zeitraum eine Zulässigkeit des Antrags bejaht werden könnte, ist er jedenfalls unbegründet.

Denn schon nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe II für eine 1. Produktionsleiterin erfüllt. Zutreffend hat bereits das Arbeitsgericht ausgeführt, dass aus dem erstinstanzlichen Vortrag nicht abgeleitet werden konnte, inwieweit die Klägerin für die Produktion der gesamten Fernsehberichterstattung oder nur für Teile derselben zuständig war, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie jeweils mittlere oder große Produktionen verantwortet habe. Aus der erstinstanzlichen Aufstellung der Klägerin ergibt sich zudem, dass sie für insgesamt 28.000 Sendeminuten pro Jahr als Produktionsleiterin zuständig war. Davon trafen aber rund 22.000 Sendeminuten das A . Dieses kann für sich genommen nicht als mittlere oder große Produktion im Sinne der tariflichen Eingruppierungsvorschriften angesehen werden.

Dass im A auch über bestimmte Großereignisse durch kurze Einspielungen oder Beiträge berichtet wurde, macht das A noch nicht zu einer mittleren oder großen Produktion. Der Beklagte hatte bereits im Schreiben vom 09.07.2009 (Bl. 18 f. d. A.) darauf hingewiesen, dass es einen Unterschied mache, ob beispielsweise das gesamte Event "Fußball-WM", eine "Olympiade" oder der "Weltjugendtag" produziert werde und als Fernsehproduktion im Verbund und in Absprache mit allen in- und ausländischen Fernsehanstalten gesamtverantwortlich umgesetzt werde, oder ob Einspielungen in das von der Klägerin als Produktionsleiterin verantwortete "A " organisiert worden sind. Dass die Klägerin außerhalb des A mittlere oder große Produktionen als Produktionsleiterin alleinverantwortlich verantwortet hätte, ist von ihr weder erstinstanzlich noch zweitinstanzlich vorgetragen worden. Auch aus dem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 20.09.2010 überreichten Ordner ergibt sich dies nicht. Daraus ist lediglich ersichtlich, welche Arbeitsschritte zur Durchführung der Produktionen durchgeführt worden sind. Es ergibt sich daraus auch der Umfang der Planungsarbeit und der getroffenen Dispositionen. Daraus ergibt sich aber nicht, dass es sich um mittlere oder große Produktionen gehandelt hätte.

Nach dem Wortlaut des Tarifvertrages zur Vergütungsgruppe III ist es so, dass auch die Arbeit als Produktionsleiterin in der Vergütungsgruppe III eine umfangreiche und vollverantwortliche Arbeit bei der Planung, der Budgetierung, der Disposition, der Durchführung und der Nachkontrolle voraussetzt. Aus den Unterlagen ergibt sich, dass diese umfängliche und wichtige Arbeit bei vielen Einzelproduktionen durchgeführt worden ist. Diese Verantwortung im Bereich Planung, Durchführung, Disposition und Budgetierung ist jedoch integraler Bestandteil der Vergütungsgruppe III. Folglich kann aus dem Umstand, dass diese Verantwortung wahrgenommen worden ist, nicht eine Höhergruppierung abgleitet werden.

Entscheidend ist, dass nach der ausdrücklichen Festlegung der tarifvertraglichen Regelung in Vergütungsgruppe II und in Vergütungsgruppe III beispielsweise die Produktion von Sportsendungen und damit auch die Beiträge von Sportveranstaltungen zu dem von der Klägerin verantworteten A zu Vergütungsgruppe III gehören, während nur die verantwortliche Produktion großer Sportveranstaltungen selbst in Vergütungsgruppe II gehört.

Bei der Eingruppierung kommt es zudem auf die überwiegend ausgeübte Tätigkeit an, die also mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Arbeitnehmers in Anspruch nimmt (siehe BAG Urteil vom 25.09.1991 - 4 AZR 87/91 -, NZA 1992, S. 273).

Da aber nach den eigenen Darlegungen der Klägerin zum Sendeminutenumfang unmittelbar ersichtlich ist, dass der eindeutige Schwerpunkt ihrer Arbeit das A war, kann schon vor diesem Hintergrund nicht angenommen werden, dass sie überwiegend mittlere oder große Produktionen als 1. Produktionsleiterin verantwortet hätte.

Schließlich spricht zumindest indiziell gegen die Annahme der Klägerin, sie habe seit dem 01.01.2006 die höherwertige Tätigkeit einer 1. Produktionsleiterin nach Vergütungsgruppe II ausgeübt, dass sich die Klägerin zweimal in den Jahren 2005 und 2006 erfolglos auf die Stelle einer 1. Produktionsleiterin beworben hat. Daran wird deutlich, dass die Klägerin selbst davon ausging, dass ihre bisherige Tätigkeit die Merkmale der Vergütungsgruppe II nicht erfüllte und es um die höherwertige Vergütung nach Vergütungsgruppe II zu erlangen, notwendig war, sich auf eine Beförderungsstelle zu bewerben.

Nach allem konnte der Antrag zu 1. keinen Erfolg haben.

2. Gleiches gilt für den Antrag zu 2.

Der Antrag ist bereits unzulässig. Es mangelt an der ausreichenden Bestimmtheit gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Ein Klageantrag muss hinreichend bestimmt sein. Er bildet die Grundlage für die später folgende Zwangsvollstreckung. Deshalb muss, wenn Zahlung begehrt wird, grundsätzlich die konkret geforderte Summe im Klageantrag angegeben werden (siehe Zöller/Greger, Kommentar zur Zivilprozessordnung 27. Auflage, § 253 ZPO Rdnr. 13 ff.).

Hinsichtlich der zukünftig erst fällig werdenden Ansprüche ist der Antrag zudem auch gemäß § 259 ZPO unzulässig. Die besonderen Voraussetzungen für einen solchen Antrag (siehe BAG Urteil vom 9.4.2008 - 4 AZR 104/07) sind nicht erfüllt.

Im Übrigen ist der Antrag unbegründet, da die Klägerin zutreffend in Vergütungsgruppe III eingruppiert war und ihr deshalb für die Vergangenheit Differenzansprüche zur Vergütungsgruppe II mit Ausnahme der Zeit der befristeten Übertragung höherwertiger Tätigkeit zustehen.

Die Berufung der Klägerin hatte daher insgesamt keinen Erfolg.

II. Die Anschlussberufung des Beklagten hatte ebenfalls keinen Erfolg.

Entgegen der Annahme des Beklagten ist dem Schreiben vom 20.04.2009 unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes des Adressanten der Willenserklärung zu entnehmen, dass eine befristete Übertragung höherwertiger Aufgaben und zwar konkret solcher einer 1. Produktionsleiterin nach Vergütungsgruppe II, gewollt war. Zu Recht hat das Arbeitsgericht in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der im weiteren Text des Schreibens genannte Hinweis auf § 11 Abs. 3 MTV WDR in der Sache unzutreffend war, weil die Voraussetzungen eines Vertretungsfalles nicht gegeben waren. Damit konnte sich der Inhalt des Schreibens, zumal auch gar kein Vertretungsfall aufgeführt war, nur auf eine befristete Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit und die damit verbundene befristete Höhergruppierung beziehen. Dies ist von der Klägerin auch angenommen worden, so dass die diesbezügliche Feststellung des Arbeitsgerichts nicht beanstandet werden kann.

III. Insgesamt hatten weder die Berufung der Klägerin noch die des Beklagten Erfolg. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr.1 ZPO, wovon bereits das Arbeitsgericht zu rech ausgegangen ist; danach hatte die Klägerin die gesamten Kosten zu tragen.

Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da die Rechtssache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung hatte, sondern ein aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu entscheidender Einzelfall war.

RechtsgebieteZPO, BGBVorschriften§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO § 256 Abs. 1 ZPO § 611 Abs. 1 BGB

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