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14.02.2011

Hessisches Landesarbeitsgericht: Urteil vom 27.08.2010 – 10 Sa 2013/09

Die Montage von Hochfrequenzkabinen in Modulbauweise ist eine baugewerbliche Tätigkeit und unterfällt § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 sowie § 1 Abs. 2 Abschnitt IV Nr. 3 VTV.


Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 08. Oktober 2009 - 4 Ca 3212/08 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin Beiträge nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes zu zahlen und im Rahmen einer Widerklage über einen Beitragsrückzahlungsanspruch der Beklagten.

Die Klägerin ist die A.. Sie ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Sie nimmt die Beklagte in ursprünglich vier getrennten Verfahren, die vom Arbeitsgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden worden sind, auf der Grundlage des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) auf Zahlung von Beiträgen entsprechend den Beitragsmeldungen der Beklagten für gewerbliche Arbeitnehmer für den Zeitraum Januar 2008 bis Mai 2008 und September 2008 bis April 2009 sowie auf Zahlung von Festbeiträgen für Angestellte für den Zeitraum Februar 2008 bis Mai 2008 sowie September 2008 bis April 2009 in Anspruch.

Die Beklagte betreibt als Einzelunternehmerin mit Sitz in B. einen Gewerbebetrieb, welcher im Gewerberegister der Gemeinde B. bis März 2008 mit der Tätigkeit "Einbau von genormten Baufertigteilen, Bodenleger" eingetragen war (Blatt 34/35 d. A.). Bis einschließlich November 2007 nahm die Beklagte am Sozialkassenverfahren teil und zahlte an die Klägerin für den Zeitraum Januar 2007 bis November 2007 abzüglich eines Erstattungsbetrages Beiträge in der Gesamthöhe von Euro 5.808,16. Mit Schreiben vom 21. Februar 2008 teilte die Beklagte der Klägerin unter anderem mit, dass der Betrieb im Installations- und Montagebereich von Kernspintomographen und Röntgengeräten tätig und deshalb das Mitgliedskonto zu schließen sei (Blatt 31 d. A.). Mit Schreiben vom 22. April 2008 erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin, dass der Betrieb seit Januar 2007 nur noch auf Installationen von medizinischen Geräten (MRT, CT, OP) und Industriemontagen für den Forschungsbereich spezialisiert sei (Blatt 33 d. A.). Im März 2008 meldete die Beklagte ihre Tätigkeit beim Gewerberegister um mit "Installation von medizinischen Geräten (Einbau)" (Blatt 34 d. A.).

Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass im Betrieb der Beklagten im Klagezeitraum arbeitszeitlich überwiegend Abschirmkabinen für die Firma C. montiert wurden, in denen Kernspintomographen aufgestellt werden. Im Kalenderjahr 2007 entfielen von insgesamt 640 Montagetagen 480 Montagetage und im Kalenderjahr 2008 von 830 Montagetagen 450 Montagetage auf die Montage dieser Kabinen. Tomograph und Kabine werden immer zusammen bestellt und verkauft. Im Rahmen der Diagnostik mit Kernspintomographen muss der Magnet vor sämtlichen Störfaktoren sicher abgeschirmt werden. Neben den Störungen durch Radio- und Funkwellen sowie elektromagnetische Verbraucher können auch bewegte Massen wie etwa Fahrzeuge oder Aufzüge im weiteren Umfeld des Installationsortes das Magnetfeld beeinflussen. Durch den Einsatz von Hochfrequenzkabinen können diese Störquellen ausgeschlossen werden. Alle Bauteile der Hochfrequenzkabinen wie Wände, Decken und Böden werden komplett vorgefertigt. Sie bestehen aus Aluminium, verzinktem Stahlblech oder Kupfer. Die Einbringung und Montage dieser Bauteile erfolgt durch die Arbeitnehmer der Beklagten in einem Zeitraum von 10 bis 12 Tagen nahezu schmutzfrei, wobei die Montage von zwei qualifizierten Monteuren durchgeführt wird. Die Bauteile werden vor Ort so miteinander verbunden, dass eine Verbindung zwischen ihnen entsteht, die bewirkt, dass sämtliche Teile untereinander leiten und ein Faradayischer Käfig entsteht. In diesem Faradayischen Käfig befindet sich der Kernspintomograph. Die Kabine ist freitragend und wird auf Teichfolie installiert, damit keine Verbindung zum Gebäude entsteht. Sie ist an einem Punkt geerdet. Die Verkabelung der Kabine und die Tests mit dem Kernspintomographen wird von den Arbeitnehmern der Beklagten ausgeführt. Ohne abschirmende Kabine würde der Tomograph gegebenenfalls fehlerhafte Ergebnisse liefern.

Mit Schreiben vom 22. August 2008 teilt die Beklagte der Klägerin mit, dass die von ihr montierten Kabinen beim Statistischen Bundesamt als "Vorgefertigtes Gebäude, das keine Verbindung zum Hauptgebäude hat" geführt werden und die von den Arbeitnehmern der Beklagten auszuführende Leistung vor Ort in der Verschraubung der einzelnen Aluminiummodule bestehe (vgl. Blatt 38 d. A.).

Wegen der im Zusammenhang mit der Lieferung und der Montage der Kabinen von der Beklagten zur Akte gereichten Fotos wird auf Blatt 42 bis 47, Blatt 78 bis 80 und Blatt 170 bis 176 d. A. Bezug genommen.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagte zur Teilnahme am Sozialkassenverfahren verpflichtet sei. Bei den im Betrieb der Beklagten ausgeführten Arbeiten handele es sich um Trocken- und Montagebauarbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 VTV. Es herrsche der Grundsatz der Materialneutralität. Die Kabine sei auch nicht als Teil des medizinischen Geräts anzusehen. Maßgeblich sei, dass durch die Montagebautätigkeit der erstellte Raum seinem bestimmungsgemäßen Zweck zugeführt werde.

Die Klägerin hat zuletzt, nach Verrechnung einer Erstattungsleistung der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse (ULAK) in Höhe von Euro 806,69 beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie Euro 24.378,16 zu zahlen;

2. festzustellen, dass sich die Hauptsache in Höhe von Euro 806,69 erledigt hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

und im Wege der der Klägerin am 16. Januar 2009 zugestellten Widerklage die Klägerin zu verurteilen,

an die Beklagte Euro 5.808,16 zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Erhebung der Widerklage zu zahlen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass sie nicht verpflichtet sei, am Sozialkassenverfahren der Bauwirtschaft teilzunehmen, da die von ihr arbeitszeitlich überwiegend verrichteten Tätigkeiten nicht als solche des Trocken- und Montagebaus zu werten seien. Ihre Tätigkeit sei vielmehr als Teiltätigkeit im Rahmen der Herstellung medizinischer Geräte zu qualifizieren. Der Tomograph könne nicht ohne die ihn abschirmende Kabine funktionieren, weshalb Tomograph und Kabine als Einheit anzusehen seien. Die Kabine werde zudem "freitragend" aufgestellt. Die Erstellung der Hochfrequenzkabinen sei keine bauliche Tätigkeit, da etwa mit Trocken- und Montagebauarbeiten üblicherweise Wirkungen erzielt würden, die mit denjenigen der Erstellung von Hochfrequenzkabinen nicht vergleichbar seien. Die vom Trockenbaumonteur eingebauten Elemente dienten typischerweise dem Schutz gegen Wärme, Schall und Feuer. Bei den Hochfrequenzkabinen ginge es demgegenüber vor allem um die Abschirmung des Tomographen vor Strahlen von außerhalb des Gehäuses, um die Funktionsfähigkeit des Geräts sicherzustellen. Es fehle insgesamt der notwendige unmittelbare Bauwerksbezug, da die Hochfrequenzkabinen Bestandteil des Tomographen seien. Die Räumlichkeiten seien vor dem Einbau der Hochfrequenzkabinen baulich bereits vollkommen fertig gestellt und ausgestattet. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass sie die für das Jahr 2007 gezahlten Beiträge zurückverlangen könne, da sie bereits im Kalenderjahr 2007 die nunmehr verrichteten Tätigkeiten arbeitszeitlich überwiegend ausgeführt habe.

Die Klägerin hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat mit Urteil vom 08. Oktober 2009 - 4 Ca 3212/08 - der Klage insgesamt stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Es hat unter anderem ausgeführt, der Beitragsanspruch der Klägerin ergebe sich aus §§ 18, 19, 22 VTV vom 20. Dezember 1999 in der jeweils gültigen Fassung. Der betriebliche Geltungsbereich des VTV sei eröffnet, da im Betrieb der Beklagten arbeitszeitlich überwiegend Trocken- und Montagebauarbeiten verrichtet würden. Jedenfalls lägen die Voraussetzungen von § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV vor. Der Begriff Montagebauarbeit besage, dass etwas zusammengebaut werde. Bei Trockenbauarbeiten würden in der Regel vorgefertigte Bauwerksteile vor Ort ohne Einsatz von Zement und/oder Wasser verschraubt oder auf andere Art zusammengebaut. Sowohl Trocken- wie auch Montagebauarbeiten seien nicht auf einen bestimmten Werkstoff beschränkt. Es spiele keine Rolle, ob eine feste Verbindung mit dem Bauwerk hergestellt werde oder nicht. Bei der Montage von Hochfrequenzkabinen handele es sich um Trocken- und Montagebauarbeiten, da die Arbeitnehmer der Beklagten die angelieferten Bestandteile vor Ort montierten. Die dabei verwendeten Materialien wie Stahl und Kupfer seien Materialien, wie sie typischerweise auch im Baubereich verwendet würden. Soweit die Beklagte davon ausgehe, dass die Hochfrequenzkabinen einen anderen Zweck verfolgten, als er üblicherweise mit Trocken- und Montagebauarbeiten verfolgt werde, sei ihr nicht zu folgen. Der Schutz vor Einwirkungen durch magnetische Störungen sei durchaus mit dem Schutz vor Verlust von Wärme und Kälte vergleichbar. Selbst wenn die Voraussetzungen von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 VTV verneint würde, lägen die Voraussetzungen von § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV vor, da die Arbeitnehmer der Beklagten mit der Herstellung der Hochfrequenzkabinen Bauwerke herstellten. Unter einem Bauwerk werde eine mit dem Erdboden verbundene oder infolge ihrer eigenen Schwere auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder Bauteilen mit baulichem Gerät hergestellte Anlage verstanden. Die Hochfrequenzkabine sei ein Bauwerk, das auch mit baulichen Mitteln montiert werde. Entgegen der Ansicht der Beklagten ginge es nicht um die Herstellung eines medizinischen Geräts. Eine derartige funktionale Betrachtungsweise komme nicht in Betracht. Unerheblich sei auch der von der Beklagten geforderte "Raumbezug". Zwar sei die Hochfrequenzkabine für den Raum bzw. das Gebäude, in dem sie aufgestellt werde, nicht notwendig, dadurch ginge aber ihr Charakter als einer baulichen Anlage nicht verloren. Das sei gegebenenfalls anders, wenn es um die Montage sehr kleiner Gehäuse ginge, was jedoch dahinstehen könne, da von der Beklagten überwiegend große Kabinen hergestellt würden. Durch die Verrechnung einer Erstattungsleistung sei Teilerledigung eingetreten. Die Widerklage sei abzuweisen, da die Beklagte im Kalenderjahr 2007 beitragspflichtig gewesen und ein Rückforderungsanspruch nicht entstanden sei.

Dieses Urteil ist der Beklagten am 03. Dezember 2009 zugestellt worden. Die Berufung der Beklagten ist am 10. Dezember 2009 und die Berufungsbegründung nach rechtzeitiger Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 03. März 2010 am selben Tag bei Gericht eingegangen.

Die Beklagte wendet sich gegen das erstinstanzliche Urteil und ist weiterhin der Ansicht, in den Kalenderjahren 2007 bis 2009 nicht beitragspflichtig gewesen zu sein. Montagebauarbeiten im Sinne des VTV erforderten einen Zusammenhang mit dem Bauwerk, was bei der Errichtung des Hochfrequenzgehäuses nicht der Fall sei, zumal dieses Gehäuse spurlos entfernt werden könne. Das Gehäuse sichere die Funktionsfähigkeit des Geräts und die Sicherheit des Personals vor elektromagnetischen Strahlungen, weshalb in den entsprechenden Abnahmeprotokollen das medizinische Gerät und nicht ein Bauwerk abgenommen werde (vgl. das Abnahmeprotokoll vom 21. September 2008, Blatt 129 d. A.). Mit der Hochfrequenzkabine werde gerade kein Schutz von Bauwerken oder Bauwerksteilen vor äußeren Einflüssen bewirkt. Das Gehäuse sei Teil des medizinischen Geräts, wie sich aus den Projektplanungsunterlagen (Anlage B 17 zum Schriftsatz der Beklagten vom 03. März 2010, Blatt 130 bis 148 d. A.) ergäbe. Das Gehäuse würde an den Tomographen angepasst und dürfe nur von zertifizierten Firmen nach entsprechenden Schulungen aufgestellt werden. Es handele sich dabei weder um Trocken- noch um Montagebauarbeiten. Es werde auch kein Bauwerk errichtet, vielmehr eine Metallkonstruktion geschweißt und verschraubt, so dass ein Faradayischer Käfig entstünde, was dem Schlosserhandwerk zuzurechnen sei. Die Hochfrequenzgehäuse seien am ehesten vergleichbar mit EMV-gerechten Schaltschränken. Das Hochfrequenzgehäuse sei auch nicht mit einem Reinraum zu vergleichen, da das Gehäuse allein abhängig sei von den Maßen des CT, nicht jedoch von der Größe des Raums. Das Gehäuse sei keine Wandverkleidung, sondern Bestandteil des medizinischen Geräts, wie sich aus den zur Akte gereichten Fotos (Blatt 170 bis 175 d. A.) ergebe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 08. Oktober 2009 - 3 Ca 3212/08 - abzuändern, die Klage abzuweisen

und im Wege der Widerklage die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte Euro 5.808,16 zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Erhebung der Widerklage zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil und ist der Ansicht, bei der zu beurteilenden Konstruktion handelt es sich nicht um den Teil einer medizinischen Anlage, sondern um die dem baulichen Bereich zuzuordnende, besondere zweckbestimmte Ausrichtung des Ausbaus des Gesamtbauwerks Krankenhaus. Die Tätigkeit der Beklagten sei vergleichbar der Tätigkeit im Zusammenhang mit der Errichtung eines Reinraums. Das Gehäuse sei ein Raumwerk, das im Gesamtbauwerk ruhe und dort erforderlich sei. Auf eine feste Verbindung komme es nicht an. Schlossertätigkeit läge nicht vor, da die Arbeitnehmer der Beklagten lediglich Montagearbeiten verrichteten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den Inhalt der Berufungsschrift sowie die Sitzungsniederschrift vom 27. August 2010 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft. Die Beklagte hat sie auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519 ZPO. Es schadet nicht, dass die Beklagte innerhalb der Berufungsbegründungsfrist keine förmlichen Berufungsanträge gestellt hat. Aus der Berufungsbegründung der Beklagten kann entnommen werden, dass sie das erstinstanzliche Urteil insgesamt angreifen will (Zöller/Gummer/Heßler ZPO, 26. Auflage 2007, § 520 ZPO, Randnummer 32).

In der Sache hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg, denn die Beklagte schuldet der Klägerin die geltend gemachten Beiträge gemäß §§ 18, 19, 22 VTV in den Kalenderjahren 2007 bis 2009, so dass auch ein entsprechender Rückzahlungsanspruch der Beklagten nicht entstanden ist. Das hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt. Das Berufungsgericht folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung und macht sie sich zu eigen, § 69 Abs. 2 ArbGG. Im Hinblick auf den ergänzenden Vortrag der Parteien im Berufungsrechtszug ist Folgendes hinzuzufügen:

Die Beklagte geht vom Ansatz her zutreffend davon aus, dass die Aufstellung eines medizinischen Geräts in einem Krankenhaus grundsätzlich keine baugewerbliche Tätigkeit darstellt. Allerdings ergibt sich aus dem Umstand, dass das Hochfrequenzgehäuse zugleich mit dem medizinischen Gerät verkauft wird, nicht, dass das Gehäuse selbst als Teil des medizinischen Geräts anzusehen ist. Aus dem von der Beklagten vorgelegten Mess- und Abnahmeprotokoll vom 21. September 2008 (Blatt 129 d. A.) ergibt sich im Übrigen, dass die dort aufgeführte "MR-Kabine" abgenommen wurde. Von daher wird ersichtlich zwischen dem Hochfrequenzgehäuse und dem medizinischen Gerät selbst unterschieden. Das Hochfrequenzgehäuse nimmt das medizinische Gerät auf, ist aber nicht Teil dieses Geräts. Dem entspricht auch, dass das Bundesamt für Statistik die Kabine als "vorgefertigtes Gebäude", mithin getrennt vom Tomographen führt.

Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Montage der Kabine in Modulbauweise von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 VTV erfasst wird. Danach unterfallen Betriebe dem Geltungsbereich des VTV, in denen Trocken- und Montagebauarbeiten (z. B. Wand- und Deckeneinbau bzw. Verkleidungen, Montage von Baufertigteilen) verrichtet werden. Dabei mag dahinstehen, ob es sich bei dem Zusammenfügen der vorgefertigten Teile aus Aluminium, verzinktem Stahlblech oder Kupfer um Trockenbauarbeiten handelt. Jedenfalls stellen diese Tätigkeiten Montagebauarbeiten dar. Zwar werden an den Wänden und Decken des Raums, in dem die Hochfrequenzkabine aufgestellt wird, anders als bei der Herstellung etwa eines Reinraums keine Veränderungen vorgenommen. Die Kabine selbst besteht jedoch aus Wänden und Decke, die von den Arbeitnehmern der Beklagten montiert werden. In § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 VTV ist zudem ausdrücklich die Montage von Baufertigteilen aufgeführt. Wie sich nicht zuletzt den von der Beklagten zur Akte gereichten Fotografien (Blatt 42 bis 47 d. A.) entnehmen lässt, montieren die Arbeitnehmer der Beklagten entsprechende Baufertigteile und bringen die Isolierungen an. Dabei handelt es sich nicht etwa nur um Montagearbeiten, sondern um Montagebauarbeiten, da in dem jeweiligen Raum ein Bauwerk, nämlich die Hochfrequenzkabine errichtet wird. Insoweit kommt es - wie vom Arbeitsgericht bereits dargelegt - nicht darauf ankommt, ob das so montierte Bauwerk anschließend wieder spurlos entfernt werden könnte. Nicht maßgeblich ist zudem, dass das Bauwerk keine feste Verbindung zu dem Gebäude aufweist, in dem es aufgestellt wird.

Soweit die Beklagte darlegt, dass nur zertifizierte Betriebe derartige Montagetätigkeiten verrichten dürfen und ihre Arbeitnehmer gesondert geschult werden, kommt es darauf nicht an, da der VTV lediglich auf eine bestimmte Tätigkeit, nicht jedoch auf die Zertifizierung des Betriebes oder die Qualifizierung der Arbeitnehmer abstellt.

Sofern gleichwohl davon ausgegangen würde, dass es sich bei der Montage der Hochfrequenzkabine nicht um Montagebauarbeiten im Sinne des VTV handeln würde, würde der Betrieb der Beklagten jedenfalls von § 1 Abs. 2 Abschnitt IV Nr. 3 VTV erfasst werden. Danach unterfallen dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV unter anderem auch Betriebe, in denen technische Dämm-(Isolier-)Arbeiten, insbesondere solche an technischen Anlagen, soweit nicht unter Abschnitt II oder III erfasst, ausgeführt werden. Das BAG hat entschieden, dass die Montage von Schallschutzkapseln, Kabinen und Schalldämpfern für Maschinen und Fertigungsanlagen technische Dämm- und Isolierarbeit darstellt, wobei es keine Rolle spielt, dass die entsprechenden Einhausungen weder mit dem Gebäude noch mit den Maschinen fest verbunden sind (BAG 19.03.2003 - 10 AZR 414/02 n. v./juris). Bei der Hochfrequenzkabine handelt es sich um eine solche Einhausung. Sie isoliert, das heißt schirmt das medizinische Gerät vor sämtlichen Störfaktoren wie Radio- und Funkwellen, elektromagnetischen Verbrauchern und bewegten Massen wie Fahrzeugen oder Aufzügen im Umfeld des Installationsortes ab. Es handelt sich dabei um "technische" Dämm-(Isolier-)Arbeiten, da dieser Begriff nicht bloß industrielle, sondern auch handwerksmäßige Arbeiten, wie von den Arbeitnehmern der Beklagten verrichtet, erfasst (BAG 19.03.2003 - 10 AZR 414/02 - aaO.). Bei den Kernspintomographen, welche durch das Hochfrequenzgehäuse isoliert werden, handelt es sich auch um technische Anlagen.

Da die Montage der Hochfrequenzkabine jedenfalls von § 1 Abs. 2 Abschnitt IV und V VTV erfasst wird, mag dahinstehen, ob auch die Voraussetzungen von § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV vorliegen.

Anhaltspunkte dafür, dass der Betrieb der Beklagten nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV aus dem Geltungsbereich des VTV ausgenommen wäre, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Gleiches gilt für eine gegebenenfalls bestehende Einschränkung der Allgemeinverbindlicherklärung entsprechend der Bekanntmachung über die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifvertragswerken für das Baugewerbe vom 24. Januar 2007.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung, da ihr Rechtsmittel keinen Erfolg hat, § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision wird gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.

Hinweise

Revision wurde eingelegt - Az. beim BAG: 10 AZR 720/10

VorschriftenTVG Tarifverträge: Bau § 1

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