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01.03.2011 · IWW-Abrufnummer 110719

Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 12.12.2008 – 24 U 14/08

1. Eine Bindung des Architekten an die vereinbarte (unzulässige) Mindestsatzunterschreitung kommt in Betracht, wenn - kumulativ -

- der Architekt sich widersprüchlich verhalten hat;

- der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Preisvereinbarung tatsächlich vertraut hat;

- der Auftraggeber auf die an sich unwirksame Preisvereinbarung vertrauen durfte und

- der Auftraggeber sich auf die Preisvereinbarung derart eingerichtet hat, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem vereinbarten Honorar und dem Honorar nach Mindestsätzen billigerweise nicht zuzumuten ist.


2. Kündigt der Architekt, so kann er für seine erbrachten Leistungen das anteilig geschuldete Honorar verlangen. Hat er die Kündigung zu vertreten, so steht ihm für die nicht erbrachten Leistungen ein Honorar nicht zu.


3. Hat nicht der Architekt, sondern der Besteller die Kündigung zu vertreten, so besitzt der Architekt einen auf § 280 Abs. 1 BGB gestützten Schadensersatzanspruch, der ihm in Anlehnung an § 649 Satz 2 BGB das volle Honorar abzüglich ersparter Aufwendungen erhält.


4. Der Begriff des "Vertretenmüssens" ist hierbei nicht gemäß § 276 BGB zu verstehen. Vielmehr ist zu berücksichtigen, in welcher Risikosphäre die kündigungsbedingenden Umstände eingetreten sind.


5. Verbale Entgleisungen und Beleidigungen seitens des Bestelles sind auch bei Vorliegen etwaiger Leistungsmängel des Architekten nicht hinnehmbar und berechtigen diesen zur Kündigung aus wichtigem Grund.


Gründe

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten restliches Architektenhonorar. Außerdem nimmt er sie nach Kündigung des Architektenvertrages auf Schadensersatz in Anspruch. Die Beklagte macht Gegenansprüche wegen Planungsfehlern und Mängeln geltend.

Die Beklagte errichtete in O1 das aus fünf Häusern nebst Tiefgarage bestehende Wohnensemble "X". Das Projekt hatte sie zunächst mit einem Architekten A konzipiert. Im März 1997 traten die jetzigen Prozessparteien miteinander in Kontakt. Am 26. März/4. April 1997 schlossen die Parteien eine Vereinbarung über die Erbringung von Architektenleistungen seitens des Klägers für die Leistungsphasen 5 bis 8. Die Parteien vereinbarten ein Pauschalhonorar in Höhe von DM 300.000,00 (inklusive Mehrwertsteuer). Das Honorar war seitens der Beklagten zahlbar in monatlichen Raten von jeweils DM 7.500,00, beginnend ab dem 1. Mai 1997. Die Beklagte hat die monatlichen Zahlungen erbracht; dem Kläger flossen unstreitig insgesamt DM 203.543,52 zu.

Ende 1998/Anfang 1999 gerieten die Parteien in Streit. Der Streit entzündete sich an der Baustellenorganisation, der Wohnungspräsentation und den Fertigstellungsterminen. Die Auseinandersetzungen gipfelten in verbalen Entgleisungen des Geschäftsführers der Beklagten, wie sie im Einzelnen in der Klageschrift vom 2. Oktober 2002 (Seiten 5 und 6) wiedergegeben sind. Abmahnungen seitens des damaligen anwaltlichen Vertreters des Klägers vom 13. und 21. Juli 1999 blieben ohne Erfolg.

Am 12. August 1999 erklärte der Kläger durch seinen anwaltlichen Bevollmächtigten die fristlose Kündigung des Architektenvertrages aus wichtigem Grunde.

Die Beklagte wies die Kündigung des Klägers zurück und kündigte ihrerseits am 23. August 1999 fristlos aus wichtigem Grunde. Zur Begründung berief sich die Beklagte darauf, der Kläger habe mit Ausspruch seiner Kündigung vom 12. August 1999 seine Leistungspflichten verweigert. Zudem weise seine Werkleistung erhebliche Mängel auf; auch habe er seine Bauleiterpflichten verletzt.

Unter dem 28. September 1999 stellte der Kläger auf der Grundlage des vereinbarten Pauschalhonorars eine erste Schlussrechnung über DM 82.112,61.

Die auf diese Schlussrechnung gestützte Zahlungsklage gegen die Beklagte wies das Landgericht Darmstadt mit rechtskräftigem Urteil vom 26. Januar 2001 als zurzeit nicht begründet ab, da die Schlussrechnung nicht prüffähig sei (3 O 598/99).

Im September 2002 fertigte der Kläger eine zweite Schlussrechnung , die auf den Mindestsätzen der HOAI beruhte und, unterteilt nach erbrachten und nicht erbrachten Leistungen, auf insgesamt DM 156.466,40 lautete (= Euro 80.000,00). Diese Schlussrechnung war Grundlage der diesen Rechtsstreit einleitenden Klage vom 2. Oktober 2002.

Nach einem rechtlichen Hinweis des Landgerichts vom 8. Oktober 2003, dass der Kläger möglicherweise an das vereinbarte Pauschalhonorar gebunden sei, erstellte der Kläger im Oktober 2003 eine dritte Schlussrechnung , die auf der Grundlage der Pauschalvereinbarung nunmehr über Euro 49.167,83 lautete. Diese Schlussrechnung war Gegenstand der Klageerweiterung vom 27. Oktober 2003 und des fortan gestellten Hilfsantrags.

Wegen des weiteren Sachstandes, sowie wegen der jeweiligen Streitstände und der Anträge der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Ferner wird Bezug genommen auf das vom Landgericht eingeholte Sachverständigengutachten der Sachverständigen SV1 vom 22. Mai 2006.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Hinsichtlich der erbrachten Leistungen hat das Landgericht einen Vergütungsanspruch des Klägers auf der Grundlage der getroffenen Pauschalvereinbarung angenommen, der aber durch die von der Beklagten erbrachten Zahlungen erloschen sei. Die getroffene Pauschalvereinbarung sei zwar nach den Regeln der HOAI unwirksam. Sie entfalte aber gleichwohl Bindungswirkung, da die Beklagte auf die Gültigkeit der Vereinbarung habe vertrauen dürfen.

Wegen der nicht erbrachten Leistungen hat das Landgericht einen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung dem Grunde nach angenommen, weil die vom Kläger am 12.August 1999 ausgesprochene fristlose Kündigung gerechtfertigt sei. Gleichwohl hat das Landgericht auch insoweit die Klage im Ergebnis abgewiesen, weil der Kläger eine Mitverantwortung an dem zwischen den Parteien entstandenen Streit trage, da er die Bauaufsicht nur unzureichend geführt und Planungsfehler verursacht habe, sodass ihn ein erhebliches Mitverschulden treffe.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Der Kläger hält das zwischen den Parteien pauschal vereinbarte Architektenhonorar wegen Unterschreitung der Mindestsätze für unwirksam. Zur Begründung seines Klagebegehrens bezieht er sich auf die zweite Schlussrechnung vom September 2002. Der Kläger ist der Ansicht, dass die pauschal getroffene Vergütungsvereinbarung ihn nicht bindet und die Beklagte auf die Gültigkeit der Vereinbarung auch nicht vertrauen durfte. Wegen der nicht erbrachten Leistungen begehrt der Kläger Schadensersatz. Er ist der Ansicht, die von ihm am 12. August 1999 ausgesprochene fristlose Kündigung sei gerechtfertigt. Eigene Pflichtverletzungen stellt er in Abrede.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 12.12.2007 verkündeten Urteils des Landgerichts Darmstadt - Az.: 10 O 514/02 - die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 80.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte macht sich die Begründung des angefochtenen landgerichtlichen Urteils zu Eigen. Sie ist der Ansicht, dass die getroffene Pauschalvergütungsvereinbarung Bindungswirkung entfalte. Die vom Kläger am 12. August 1999 ausgesprochene fristlose Kündigung hält sie für nicht gerechtfertigt, da die beanstandeten Äußerungen ihres Geschäftsführers mit sachlichem Grund erfolgt seien. Jedenfalls wendet sie ein Mitverschulden des Klägers ein. Wegen vorhandener Mängel beruft sich die Beklagte auf eine Reihe von Gegenansprüchen, mit denen sie hilfsweise aufrechnet. Der Einzelheiten wegen wird auf die Darstellung im Rahmen der Entscheidungsgründe verwiesen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags im Berufungsrechtszug wird auf die in dieser Instanz gewechselten anwaltlichen Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Berufung des Klägers ist begründet. Das landgerichtliche Urteil beruht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

1.Für die erbrachten Leistungen steht dem Kläger ein restlicher Honoraranspruch in Höhe von Euro 6.647,68 zu.

a) Das von den Parteien im Vertrag vom 26. März/4. April 1997 vereinbarte Pauschalhonorar liegt unter den Mindestsätzen der HOAI. Die Vereinbarung ist daher unwirksam.

b) Die in der HOAI festgesetzten Mindestsätze dürfen nur in Ausnahmefällen durch schriftliche Vereinbarung unterschritten werden (§ 4 Abs. 2 HOAI). Liegt ein derartiger Ausnahmefall nicht vor oder kann er vom Besteller (hier: der Beklagten) nicht bewiesen werden, so gelten nach § 4 Abs. 4 HOAI die jeweiligen Mindestsätze als vereinbart.

Gleiches gilt bei einer Pauschalpreisvereinbarung, wenn das Honorar unter den Mindestsätzen der HOAI liegt (Werner/Pastor, Der Bauprozess - 12. Aufl. -, Rn. 716 und 915). Der Architektenvertrag als solcher bleibt trotz Unwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung wirksam (OLG Hamm, NJW-RR 1990, 522).

c) Ob ein Ausnahmefall im Sinne des § 4 Abs. 2 HOAI anzunehmen ist, richtet sich nach dem Normzweck und den berechtigten Interessen der Beteiligten (BGH, NJW 1997, 2329, 2330). Da die Mindestsatzregelung der HOAI einen ruinösen Wettbewerb unter Architekten verhindern will, ist ein Ausnahmefall nur in engen Grenzen denkbar. Angemessen ist die Mindestsatzunterschreitung regelmäßig nur dann, wenn entweder die Architektenleistung nur einen gegenüber dem Leistungsbild des § 15 HOAI besonders geringen Aufwand erfordert, oder wenn zwischen den Vertragsparteien enge Beziehungen in rechtlicher, wirtschaftlicher, sozialer oder persönlicher Weise bestehen, oder wenn sonstige ganz besondere Umstände im Einzelfall ein verringertes Honorar als angemessen erscheinen lassen (BGH, a. a. O.; Werner/Pastor, Rn 718 m. w. N.).

Keine dieser Voraussetzungen ist vorliegend gegeben.

So reklamiert die Beklagte für sich auch nicht einen "Ausnahmefall". Sie beruft sich vielmehr darauf, der Kläger müsse sich aus Gründen der Billigkeit an der (unwirksamen) Pauschalpreisabrede festhalten lassen.

d) In besonderen Fallgestaltungen kann sich bei einer Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens und der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) für den Architekten trotz § 4 Abs. 4 HOAI gleichwohl die Notwendigkeit ergeben, nach der (an sich unwirksamen) Parteivereinbarung abzurechnen. Eine Bindung des Architekten an die vereinbarte (unzulässige) Mindestsatzunterschreitung kommt in Betracht, wenn - kumulativ -

- der Architekt sich widersprüchlich verhalten hat;
- der Auftraggeber (hier: die Beklagte) auf die Wirksamkeit der Preisvereinbarung tatsächlich vertraut hat;
- der Auftraggeber auf die an sich unwirksame Preisvereinbarung vertrauen durfte und
- der Auftraggeber sich auf die Preisvereinbarung derart eingerichtet hat, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem vereinbarten Honorar und dem Honorar nach Mindestsätzen billigerweise nicht zuzumuten ist.

(BGH, NJW 1997, 2329, 2340 f.; BGH, NJW-RR 1998, 952, 953; OLG Oldenburg, BauR 2004, 526; OLG Frankfurt, BauR 2007, 1906, 1907; OLG Köln, NJW-RR 2007, 455; OLG Braunschweig, BauR 2007, 903, 905; KG, Urteil vom 7. Juli 2005 - 4 U 113/04 - unter II. 2; Werner/Pastor, Rn 721).

e) Bei der Abrechnung seiner Leistungen hat sich der Kläger - im Gegensatz zur Rechtsansicht des Landgerichts (Urteil Seite 8) - nicht widersprüchlich verhalten.

Immerhin hat die Beklagte im Vorprozess der Parteien (3 O 598/99), in dem der Kläger sein Honorar auf der Grundlage der getroffenen Pauschalpreisabrede geltend gemacht hat, eingewandt, die Abrechnung sei nicht prüffähig und der Kläger müsse sowohl die nach § 10 Abs. 2 HOAI anrechenbaren Kosten darlegen als auch die anwendbare Honorarzone begründen (Klageerwiderung vom 6. April 2000, Seite 27 f.). Mit diesem Vorbringen hat die Beklagte auch die Pauschalpreisabrede in Frage gestellt. Denn bei Verabredung einer Pauschale bedarf es weder der Darlegung anrechenbarer Kosten noch der Angabe der Honorarzone.

Der Kläger hat sich auch nicht dadurch widersprüchlich verhalten, dass er im vorliegenden Rechtsstreit gemäß nunmehr vorhandener besserer Erkenntnis seinen Honoraranspruch auf die zweite Schlussrechnung vom September 2002 gestützt hat. Die vom Kläger erstellte dritte Schlussrechnung vom Oktober 2003, die wieder auf der Grundlage des vereinbarten Pauschalhonorars beruht, wurde durch den gerichtlichen Hinweis vom 8. Oktober 2003 veranlasst. Sie weist aus diesem Grunde nicht auf ein widersprüchliches Verhalten des Klägers hin.

f) Insbesondere durfte die Beklagte auf die Wirksamkeit der Pauschalpreisabrede nicht vertrauen. Es kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob die Beklagte tatsächlich hierauf vertraut hat.

Nach eigenen Angaben der Beklagten ist ihr Geschäftsführer seit 1962 im Bauträgergeschäft tätig. Über 18 Jahre war er geschäftsführender Mitgesellschafter in einem Gemeinschaftsunternehmen mit einem der großen deutschen Baukonzerne (Y) (Schriftsatz der Beklagten vom 6. Juni 2003, Seite 2 f.). Aufgrund seiner einschlägigen beruflichen Erfahrung musste der Geschäftsführer der Beklagten die Mindestsätze der HOAI kennen. Als sachkundiger Auftraggeber ist er nicht schutzwürdig (KG, Urteil vom 7. Juli 2005 - 4 U 113/04 - unter II. 2 b; OLG Braunschweig, BauR 2007, 903, 905; OLG Köln, NJW-RR 2007, 455, 456; OLG Frankfurt, BauR 2007, 1906, 1907; OLG Koblenz, BauR 2006, 551, 552; Werner/Pastor, Rn 721 m. w. N.). Denn der Auftraggeber verhält sich seinerseits rechtsmissbräuchlich, wenn er den Architekten mithilfe der Rechtsordnung am Inhalt der gesetzeswidrigen Vereinbarung festhalten will. Ob der Auftraggeber darauf vertraut hat, der Auftragnehmer werde sich an die (unwirksame) Honorarvereinbarung halten, ist nicht relevant.

g) Es kann für die Entscheidung des Rechtsstreits offen bleiben, ob sich die Beklagte auf die Wirksamkeit der getroffenen Preisvereinbarung eingerichtet hat. Immerhin ist der Kläger für die Verkäuflichkeit der errichteten Eigentumswohnungen nicht verantwortlich. Das Marktrisiko trägt allein die Beklagte.

Auch hat die Beklagte von Anfang an versucht, die Baukosten zu drücken. Während der Kläger am 7. März 1997 noch von Baukosten in Höhe von DM 7,5 Mio. ausging, teilte die Beklagte unter dem 18. März 1997 dem Kläger mit, man müsse mit insgesamt DM 6,5 Mio. "auskommen". Für eine zu knappe Kalkulation ist wiederum die Beklagte verantwortlich. Dies führt aber nicht dazu, der Beklagten die Zahlung des Differenzbetrages zwischen vereinbartem Honorar und Mindestsatzhonorar als nicht mehr zumutbar zu erlassen.

h) Die Sachverständige SV1 hat in ihrem Gutachten vom 22. Mai 2006 - unter Zugrundelegung einer Abrechnung nach Mindestsätzen - für die vom Kläger erbrachten Leistungen ein Honorar in Höhe von DM 186.676,94 (netto) ermittelt (Gutachten Seite 66). Einschließlich der damals gültigen gesetzlichen Umsatzsteuer von 16 % ergibt sich ein Bruttohonorar in Höhe von DM 216.545,25. Nach Abzug der von der Beklagten unstreitig erbrachten Zahlungen in Höhe von insgesamt DM 203.543,52 verbleibt für den Kläger ein Resthonorar in Höhe von DM 13.001,73, was der ausgeurteilten Summe von Euro 6.647,68 entspricht.

i) Zu den einzelnen Leistungsphasen bedarf es keiner Ausführungen. Die Sachverständige hat sich im Gutachten vom 22. Mai 2006 zu den hier beauftragten Leistungen des Klägers im Einzelnen geäußert. Das Ergebnis der Sachverständigen haben beide Parteien ausdrücklich gebilligt (Schriftsatz des Klägers vom 25. August 2006). In ihrem Schriftsatz vom 26. Juli 2006 (Seite 1) führt die Beklagte wörtlich aus: "Die Beklagte macht sich den Inhalt des gerichtlichen Sachverständigengutachtens zu Eigen". Die in den einzelnen Leistungsphasen abzurechnenden Leistungen des Klägers sind damit unstreitig.

2. Für die aufgrund der Beendigung der Vertragsbeziehung nicht mehr erbrachten Leistungen steht dem Kläger ein Schadensersatzanspruch in Höhe von Euro 73.623,64 zu.

a) Die vom Kläger am 12. August 1999 ausgesprochene fristlose Kündigung war wirksam.

Dem Kläger stand zwar kein Kündigungsrecht aus § 649 Satz 1 BGB zu. Denn er war nicht "Besteller" der Architektenleistungen, sondern Auftragnehmer. Der Architektenvertrag kann aber von beiden Seiten aus wichtigem Grunde außerordentlich gekündigt werden (Werner/Pastor, Rn 945 ff.).

b) Kündigt der Architekt (hier: der Kläger), so kann er für seine erbrachten Leistungen das anteilig geschuldete Honorar verlangen. Hat er die Kündigung zu vertreten, so steht ihm für die nicht erbrachten Leistungen ein Honorar nicht zu (vgl. BGH, NJW 1993, 1972, 1973; NJW 1999, 418, 419; Werner/Pastor, Rn 948). Hat nicht er, sondern der Besteller (hier: die Beklagte) die Kündigung zu vertreten, so besitzt der Architekt einen auf § 280 Abs. 1 BGB gestützten Schadensersatzanspruch, der ihm in Anlehnung an § 649 Satz 2 BGB das volle Honorar abzüglich ersparter Aufwendungen erhält (vgl. BGH, NJW-RR 1990, 1109; OLG Düsseldorf BauR 2002, 510, 513; Werner/Pastor, Rn 949).

Der Begriff des "Vertretenmüssens" ist hierbei nicht gemäß § 276 BGB zu verstehen. Vielmehr ist zu berücksichtigen, in welcher Risikosphäre die kündigungsbedingenden Umstände eingetreten sind (BGH, NJW 1999, 418, 419 f.).

c) Die in der Klageschrift vom 2. Oktober 2002 im Einzelnen aufgeführten (Seiten 5 und 6) - und in den Anlagen zur Klageschrift näher belegten - verbalen Entgleisungen des Geschäftsführers der Beklagten stellen Beleidigungen des Klägers dar und sind ehrverletzend. Sie können nicht mehr durch ein auf Baustellen möglicherweise anzutreffendes "raues Klima" im Umgangston gerechtfertigt werden. Denn sie zielen auf eine persönliche Diffamierung des Klägers ab und sind daher nicht hinnehmbar.

Die vom Kläger am 12. August 1999 ausgesprochene fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses war angesichts des Verhaltens des Geschäftsführers der Beklagten gerechtfertigt.

Eine vorherige Abmahnung der Beklagten war nicht erforderlich (Werner/Pastor, Rn 946). § 314 BGB ist nicht anwendbar. Der Vertrag der Parteien begründete kein Dauerschuldverhältnis. Denn der Kläger war nicht ständig zur Erbringung neuer Leistungen verpflichtet; auch schuldete er keine wiederkehrenden Leistungen (hierin liegt der Unterschied zur Entscheidung BGH X ZR 70/06). Die Leistungspflichten des Klägers waren anfangs festgelegt, einzeln zu erbringen und nach Abschluss und Rechnungsstellung zu vergüten. Im Übrigen war eine vorherige Abmahnung der Beklagten auch deshalb entbehrlich, weil die erfolgten Beleidigungen nicht mehr rückgängig zu machen waren (§ 323 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 BGB).

d) Ein Mitverschulden kann auf Seiten des Klägers nicht berücksichtigt werden.

Die Begründung des angefochtenen landgerichtlichen Urteils (Urteil Seite 11) ist in sich widersprüchlich. Wenn nämlich ein "erhebliches Mitverschulden" des Klägers vorgelegen hätte, hätte das Landgericht nicht andererseits einen "wichtigen Grund" zur fristlosen Kündigung annehmen dürfen. Wenn aber der wichtige Grund vorlag, dann lag die Beendigung der Vertragsbeziehung im Risikobereich der Beklagten. Die vom Geschäftsführer der Beklagten getätigten ehrenrührigen Behauptungen über den Kläger, die den Kündigungsgrund abgaben, sind allein von der Beklagten zu verantworten.

Ob dem Kläger Planungsmängel und Fehler in der Bauaufsicht vorzuwerfen sind, kann an dieser Stelle dahinstehen. Selbst wenn derartige Verfehlungen des Klägers vorgelegen haben, rechtfertigten diese nicht die unflätigen Bemerkungen seitens des Geschäftsführers der Beklagten; bei Vertragsstörungen hätte die Beklagte die gesetzlich vorgesehenen Rechtsbehelfe (Nachfristsetzungen, Abmahnungen, Kündigung) einsetzen müssen. Sie hat aber trotz der behaupteten Mangelhaftigkeit der klägerischen Leistung an der Vertragsbeziehung zum Kläger festgehalten. Ihre am 23. August 1999 ausgesprochene fristlose Kündigung war einzig die Reaktion auf die klägerische Kündigung vom 12. August 1999.

Auch hat das Landgericht bei seiner Entscheidung übersehen, dass die von der Beklagten behaupteten Planungs- und Bauüberwachungsfehler des Klägers von diesem bestritten worden waren (Schriftsatz vom 2. Oktober 2002 - auch als "28. Januar 2003" bezeichnet -, Seite 11 ff.). Als "unsubstantiiert" konnte dieser Vortrag nicht angesehen werden. Die behaupteten Planungs- und Bauüberwachungsfehler durften deshalb dem Urteil nicht ohne weiteres zugrunde gelegt werden.

Soweit der außergerichtliche Vergleich der Baubeteiligten vom August/September 2003 auf Mängel in der klägerischen Werkleistung hindeutet - auch der Kläger hat Zahlungsverpflichtungen übernommen -, rechtfertigt dies nicht den vom Geschäftsführer des Beklagten angeschlagenen rüden Umgangston und steht der fristlosen Kündigung seitens des Klägers vom 12. August 1999 nicht entgegen.

e) Für die vom Kläger nicht erbrachten Leistungen hat die Sachverständige SV1 in ihrem Gutachten vom 22. Mai 2006 ein Honorar in Höhe von DM 145.053,67 (netto) ermittelt (Gutachten Seite 67). Dies entspricht einem Betrag von Euro 74.164,76. Die Umsatzsteuer entfällt nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 18. Juli 2007 (C-277/05).

f) Die infolge der Kündigung vom 12. August 1999 ersparten Aufwendungen des Klägers sind anhand des Sachverständigengutachtens (Gutachten Seite 69) mit DM 1.058,33 = Euro 541,12 anzunehmen. Die Sachverständige bezeichnet die diesbezüglichen Angaben des Klägers als "plausibel"; das Gutachten ist seitens der Parteien unbeanstandet geblieben.

g) Abzüglich der ersparten Aufwendungen beläuft sich der Schadensersatzanspruch des Klägers auf Euro 73.623,64.

3. Insgesamt addieren sich das restlicher Honorar für erbrachte Leistungen in Höhe von Euro 6.647,68 und der Schadensersatzanspruch für nicht erbrachte Leistungen in Höhe von Euro 73.623,64 auf zusammen Euro 80.271,32.

Da der Kläger (lediglich) Euro 80.000,00 beansprucht, kann ihm auch nur dieser Betrag zuerkannt werden.

III.

Aufrechenbare Gegenansprüche stehen der Beklagten nicht zu.

1. Das Landgericht hat sich mit den schon im ersten Rechtszug geltend gemachten Gegenansprüchen der Beklagten (Klageerwiderung unter IV.) - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht beschäftigt. Die Berufung des Klägers geht - aus seiner Sicht ohnehin verständlich - auf die Gegenforderungen der Beklagten nicht ein, da sie nicht Gegenstand des landgerichtlichen Urteils sind.

Auch wenn die Berufungserwiderung der Beklagten die Gegenansprüche nur kurz streift (Seite 16), ist für die vorliegende Entscheidung der Vortrag der Parteien aus erster Instanz heranzuziehen.

Entgeltansprüche des Auftragnehmers und Schadensersatzansprüche des Auftraggebers aus ein und demselben Bauvorhaben stehen zueinander in einem Aufrechnungsverhältnis, nicht in einem Verrechnungsverhältnis (BGH, NJW 2005, 2771, 2772).

2. Die aufrechnungsweise geltend gemachten Gegenansprüche der Beklagten sind nicht begründet.

a) Schadensersatz wegen verspäteter Wohnungsübergabe (an die Käufer gewährte Nachlässe) - Euro 25.079,11:

aa) Die Beklagte beruft sich darauf, der Kläger habe zugesagte Fertigstellungstermine für die Eigentumswohnungen nicht eingehalten.

ab) Der Kläger seinerseits macht geltend, er habe feste Fertigstellungstermine nicht zugesichert; er hält das Vorbringen der Beklagten für unsubstantiiert; auch sei keine Mahnung seitens der Beklagten erfolgt. Ein Verschulden seinerseits stellt er in Abrede. Des Weiteren beruft sich der Kläger darauf, die Schadensposition sei schon in einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Mannheim Streitgegenstand gewesen. Auch seien sämtliche Häuser am 25. September 1999 fertig gestellt gewesen.

ac) Der Einwand der doppelten Rechtshängigkeit ist unbegründet. In dem vor dem Landgericht Mannheim anhängigen Rechtsstreit (3 O 41/06) ist zwar auch die Eigentumswohnung Nr. 25 betroffen. Die Aufrechnung führt aber als rechtsvernichtende Einwendung nicht selbst zur Rechtshängigkeit. Sie ist auch mit anderweit bereits rechtshängigen Forderungen möglich (BGH, NJW 1999, 1179, 1180).

Der Vortrag der Beklagten zu etwaigen Fertigstellungszusicherungen des Klägers ist unschlüssig. Zum einen soll die Gesamtfertigstellung für "Frühjahr 2000" vereinbart worden sein (Klageerwiderung Seite 3); dies entspricht den Vorstellungen der Parteien aus Anlass des Vertragsabschlusses im Frühjahr 1997; in seinem Schreiben vom 7. März 1997 ist der Kläger von einer Bauzeit von 30 Monaten ausgegangen. Zum anderen soll der Kläger von einer Bezugsfertigkeit "im Herbst 1998" ausgegangen sein (Klageerwiderung Seite 4) und die Fertigstellung zum "1. März 1999" zugesichert haben, für fünf Eigentumswohnungen sogar schon zum 1. Oktober bzw. 1. Dezember 1998 (Klageerwiderung Seite 4). Die Rohbauarbeiten begannen - dies ist unstreitig - im März 1998, ausweislich des vom Kläger geführten Bautagebuchs am 16. März 1998. Nachdem es - dem Vortrag der Beklagten nach - zu vom Kläger zu vertretenden Verzögerungen gekommen sein soll, soll dann - also nach (!!) Baubeginn - die Fertigstellung zum 1. März 1999, sogar teilweise schon zum Herbst 1998 vereinbart worden sein.

Dieser Vortrag der Beklagten ist unglaubwürdig und widersprüchlich, nachdem die Parteien zuvor für den ersten Bauabschnitt von einer Bauzeit von 18 Monaten ausgegangen waren (Schreiben des Klägers vom 7. März 1997). Der beantragten Beweisaufnahme (Zeuge Z1) bedarf ein widersprüchlicher und darum unschlüssiger Vortrag nicht. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 4. November 1998 ergibt sich eine zeitliche Zusicherung seitens des Klägers im Übrigen nicht. Mit der Fertigstellung des ersten Bauabschnitts konnte demnach erst im Herbst 1999 gerechnet werden (18 Monate). Wenn die Beklagte gleichwohl in den Kaufverträgen mit den betroffenen Erwerbern den 1. März 1999 als Fertigstellungstermin aufgenommen hat, handelte sie höchst fahrlässig. Sie hat die Überschreitung der mit den Erwerbern vereinbarten Fertigstellungstermine selbst zu vertreten.

Für die gezahlten Nachlässe an die Erwerber der Wohnungen haftet der Kläger nicht. Diese hat die Beklagte allein zu vertreten. Ob der Beklagten ein Verzögerungsschaden im Übrigen erwachsen ist und gegebenenfalls in welcher Höhe, führt die Beklagte im Einzelnen nicht aus.

Bezüglich der Eigentumswohnung Nr. 25 ist der Vortrag der Beklagten aus einem weiteren Grunde nicht schlüssig. Diese Wohnung wurde ausweislich des Urteils des Landgerichts Mannheim im Verfahren 3 O 41/06 (Seite 5) am 8. September 2005 verkauft. Es ist nicht verständlich, dass im Juni 1999, wie die Beklagte in ihrer Klageerwiderung behauptet (Seite 40) eine Entschädigung an den Käufer gezahlt worden sein soll.

b) Entgangener Gewinn wegen Mietausfällen infolge verspäteter Fertigstellung - Euro 43.025,21:

ba) Die Beklagte beansprucht Mietausfallschaden für die Monate März bis August 1999 und beruft sich darauf, der Kläger habe zugesicherte Fertigstellungstermine nicht eingehalten.

bb) Der Kläger bestreitet, feste Fertigstellungstermine zugesichert zu haben und hält das Vorbringen der Beklagten für unschlüssig. Wiederholend wendet er ein, alle betroffenen Eigentumswohnungen seien vor dem Landgericht Mannheim streitbefangen. Auch könne die Beklagte nicht Mietausfallschaden verlangen, wenn die Eigentumswohnungen verkauft werden sollten, weil dann eine Vermietung unrealistisch sei.

bc) Sämtliche hier betroffenen Eigentumswohnungen waren vor dem Landgericht Mannheim (3 O 41/06) streitbefangen. Die Streitgegenstände waren aber unterschiedlich; vor dem Landgericht Mannheim ging es um Kaufpreisminderungen, vorliegend beansprucht die Beklagte Mietausfallschaden. Im Übrigen wird die Aufrechnung durch die anderweitige Rechtshängigkeit nicht gehindert.

Das Vorbringen der Beklagten ist auch hier nicht schlüssig. Für die behauptete Fertigstellungszusicherung gilt das zu Litera a) Gesagte. Mit einer Fertigstellung der Wohnungen vor August 1999 war nicht zu rechnen. Im Übrigen erscheint auch dem Senat eine Vermietung der betroffenen Eigentumswohnungen trotz deren beabsichtigten Verkaufs als äußerst fragwürdig; eine vermietete Wohnung ist kaum verkäuflich.

c) Kosten des dem Kläger nachfolgenden Architekten B - Euro 29.144,66:

ca) Die Beklagte beruft sich darauf, sie habe nach der Entlassung des Klägers den Architekten B als neuen Bauleiter bestellen müssen. Dieser habe im Rahmen der Mangelbeseitigung und Sanierung des Anwesens eine umfängliche Tätigkeit entfaltet, durch die die geltend gemachten Kosten entstanden seien.

cb) Der Kläger beruft sich auf seine Kündigung vom 12. August 1999. Er ist der Ansicht, dass der Beklagten kein Schadensersatzanspruch zusteht. Im Übrigen meint er, die Kosten seien ohnedies angefallen: Wenn seine Kündigung unberechtigt sei, besäße er keinen Anspruch auf Vergütung nicht erbrachter Leistungen, sodass die Beklagte Aufwendungen bei ihm erspart habe und stattdessen seinen Nachfolger entlohnen müsse. Des Weiteren macht der Kläger geltend, der Anspruch der Beklagten sei von dem außergerichtlichen Vergleich vom August/September 2003 bereits erfasst; Euro 38.014,80 seien diesbezüglich an die Beklagte bezahlt worden. Schließlich wendet er erneut doppelte Rechtshängigkeit des Anspruchs ein.

cc) Die Rechtshängigkeit des Anspruchs vor dem Landgericht Mannheim (3 O 203/06) hindert die Aufrechnung nicht.

Die fristlose Kündigung des Klägers vom 12. August 1999 war nach vorstehenden Ausführungen berechtigt. Die Kosten für die Bestellung eines neuen Architekten sind für die Beklagte notwendige Folgekosten der Kündigung. Aus diesem Grunde steht ihr ein Gegenanspruch gegen den Kläger nicht zu.

Die Beseitigung von (bei Abnahme sichtbaren) Baumängeln hätte der Kläger als Grundleistung der ihm übertragenen Leistungsphase 8 nach § 15 Abs. 2 HOAI veranlassen und überwachen müssen. Ohne Kündigung wären der Beklagten keine zusätzlichen Aufwendungen entstanden. Zur Mangelfeststellung nach Abnahme und zur Überwachung der Mangelbeseitigung war der Kläger mangels Auftrags nicht verpflichtet; die Leistungsphase 9 war nicht vereinbart. Innerhalb dieser Leistungsphase wären der Beklagten Architektenkosten daher ohnehin entstanden. Insoweit fehlt es an einem vom Kläger veranlassten adäquaten Schaden.

Nach dem außergerichtlichen Vergleich vom August/September 2003 (Regelung unter II. Nr. 4) sollte der Werkunternehmer (Firma Z) 50 % der Kosten des Architekten B an die Beklagte bezahlen. Es war aber ausdrücklich weiter bestimmt, dass diese Zahlung dem Kläger nicht zugute kommen sollte. Gleichwohl steht der Beklagten eine Gegenforderung nicht zu. Sie gibt nämlich die Kosten des Architekten B mit Euro 29.144,66 (hier unter c)), sowie weiteren Euro 6.500,00 (nachfolgend unter d)) und weiteren Euro 20.000,00 (nachfolgend unter e)) an, zusammen mit Euro 55.644,66. Nachdem ihr aus dem Vergleich Euro 38.014,80 zugeflossen sind, verbleiben rein rechnerisch restliche Euro 17.629,86. Damit ist die Gegenforderung (von insgesamt Euro 29.144,66) jedenfalls in Höhe von Euro 11.514,80 (Differenzbetrag zur Zahlung) unschlüssig. Denn die Zahlung eines Gesamtschuldners befreit auch die anderen Gesamtschuldner (§ 422 Abs. 1 BGB). Die Zahlung des Werkunternehmers übersteigt die hier geltend gemachte Gegenforderung.

d) Folgekosten der Dachbalkonsanierung - Euro 16.500,00:

da) Nach dem Vorbringen der Beklagten beansprucht sie die "reinen" Mangelbeseitigungskosten wegen der erfolgreichen Vorschussklage (3 O 311/00 - LG Darmstadt) vorliegend nicht. Vielmehr werden "Folgeschäden" geltend gemacht, nämlich für die Mangelbeseitigung Euro 10.000,00 und an anteiligen Architektenkosten (weitere) Euro 6.500,00.

db) Der Kläger beruft sich auf die rechtskräftige Entscheidung im Vorschussprozess (LG Darmstadt) und meint, dort seien auch Planungs- und Bauleitungskosten inbegriffen gewesen. Des Weiteren stellt er eine "schwerwiegende" Pflichtwidrigkeit in Abrede. Schließlich macht er geltend, die Sanierung sei abgeschlossen.

dc) Das formell rechtskräftige Urteil im Vorschussprozess legt die Kosten der Mangelbeseitigung nicht abschließend fest. Über den Vorschuss ist abzurechnen. Daher können weitere Mangelbeseitigungsaufwendungen auch später geltend gemacht werden.

Die Gegenforderung der Beklagten ist aber unschlüssig. Sie wird weder nach Grund noch nach Höhe ordnungsgemäß dargelegt. Die angesetzten pauschalen Positionen sind nicht nachvollziehbar. Der Vortrag der Beklagten ist nicht einlassungsfähig. Ein Vortrag ohne Schlüssigkeit bedarf keiner Beweisaufnahme (Sachverständigengutachten); das von der Beklagten beantragte Sachverständigengutachten wäre reine Ausforschung. Nach Abschluss der Sanierungsarbeiten ist die Beklagte zu einer exakten Abrechnung ihrer Aufwendungen in der Lage.

e) Sanierung der Tiefgarage und der Eingänge - zusammen Euro 50.000,00:

ea) Die Beklagte beansprucht Architektenkosten von "mindestens Euro 20.000,00" und Schadensersatz wegen eines beim Verkauf einer Eigentumswohnung erzielten Mindererlöses von Euro 30.000,00.

eb) Der Kläger sieht die beanspruchten Architektenkosten durch den außergerichtlichen Vergleich der Baubeteiligten als abgegolten. Er bestreitet die geltend gemachten Beträge der Höhe nach. Auch macht er geltend, die Rechnung über die Sanierung sei nach erfolgter Sanierung bezahlt worden. Die Kaufpreisminderung sei bereits in einem anderen Prozess (?) streitbefangen.

ec) Auch hier hindert eine mögliche anderweitige Rechtshängigkeit die Aufrechnung nicht.

Die Gegenforderung "Architektenhonorar" ist unschlüssig. Es gilt das Gleiche wie bei Buchstabe d) Gesagte. Nach Abschluss der Nachbesserung ist die Beklagte zur exakten Abrechnung in der Lage.

Auch die behauptete Gegenforderung "Kaufpreisminderung" steht der Beklagten nicht zu. Der behauptete Nachlass beim Kaufpreis ist eher marktbedingt als schadensbedingt (vgl. Urteil des Landgerichts Mannheim vom 25. Juli 2007 - 3 O 41/06 - nebst den dortigen Feststellungen).

f) Fliesenrisse -

fa) Die Beklagte nennt keinen konkreten Aufrechnungsbetrag; die Aufrechnung wird nur "vorbehalten".

fb) Die Aufrechnungslage fehlt. Die Aufrechnung ist mangels Geltendmachung eines konkreten Betrages bereits unzulässig.

g) Schallentkopplung der Treppenläufe, Setzungsschäden - Euro 17.600,00:

ga) Die Beklagte behauptet, die Treppenläufe seien press im Mauerwerk verankert worden, wodurch es zu Schallübertragungen gekommen sei. Auf den Treppenstufen seien keine ausreichenden vertikalen Lagerungen eingebaut worden, was Setzrisse verursacht habe. Die Beklagte beansprucht "geschätzte" Reparaturkosten von "etwa" und "mindestens" Euro 17.600,00. Ein Kostenvoranschlag wird nicht vorgelegt.

gb) Der Kläger bestreitet die behaupteten Mängel. Er bestreitet ferner seine Verantwortlichkeit und beruft sich darauf, er sei für die Statik nicht zuständig gewesen.

gc) Ein Gegenanspruch steht der Beklagten nicht zu. Ihr Vortrag, der mit "Etwa"-Beträgen operiert, ist nicht schlüssig. Er kann nicht nachvollzogen werden und ist für den Kläger nicht einlassungsfähig.

h) Rückbau des fehlerhaften Entlüftungssystems - Euro 12.000,00:

ha) Die Beklagte sieht hier einen Planungs- und Bauüberwachungsfehler des Klägers. Der geltend gemachte Aufwand wird ohne nähere Begründung behauptet.

hb) Der Kläger beruft sich darauf, die streitbefangene Position sei durch Urteil des Amtsgerichts Offenbach vom 13. August 2001 (38 C 4326/00) bereits entschieden worden.

hc) Das Urteil des Amtsgerichts Offenbach, mit dem die damalige Klage der Beklagten abgewiesen worden ist, ist rechtskräftig. Es betrifft aber nur die Wohnung "C" und nur einen Betrag von DM 3.450,00. Weitere Rechtskraftwirkungen ergeben sich für den vorliegenden Rechtsstreit nicht.

Der Gegenanspruch wird aber auch hier von der Beklagten nicht schlüssig dargelegt. Die Beklagte arbeitet erneut mit "Mindestbeträgen", die in keiner Weise erläutert werden. Ihr Vorbringen ist weder nachvollziehbar noch einlassungsfähig.

i) Abschottung der Installationsschächte - Euro 6.000,00:

ia) Die Beklagte behauptet, Öffnungen in den Deckendurchbrüchen seien nach Einbau der Installationsschächte nicht mit Beton ausgegossen worden, wodurch Geruchsübertragungen möglich seien. Hierin liege ein Bauüberwachungsfehler des Klägers. Ohne nähere Begründung beansprucht die Beklagte einen "Mindest"-Betrag.

ib) Der Kläger bestreitet eine Mangelhaftigkeit seiner Leistung. Er behauptet, die Öffnungen seien ausweislich des Bautagebuchs ausbetoniert worden. Auch bestreitet er den geltend gemachten Aufwand nach Grund und Höhe.

ic) Die vom Kläger in Bezug genommenen Eintragungen im Bautagebuch (Seite 36) betreffen nur die Häuser 3 und 5; für die weiteren Baulichkeiten fehlt es an entsprechenden Feststellungen. Der diesbezügliche Einwand des Klägers kann aber dahinstehen.

Denn die Gegenforderung der Beklagten ist erneut nicht schlüssig. Sie ist weder zum Grunde noch zur Höhe nachvollziehbar und einlassungsfähig. Ein Kostenvoranschlag fehlt. Die von der Beklagten beantragte Beweisaufnahme (Sachverständigengutachten und Zeugnis) wäre unzulässige Ausforschung.

j) Schallisolierung Wohnungstrennwände - Euro 21.000,00:

ja) Die Beklagte beruft sich auf einen Planungs- und Überwachungsfehler des Klägers. Die Wände der Dachgeschosswohnungen seien nur bis knapp über die Rigipsdecken gemauert worden, was zu Schallübertragungen geführt habe. Die Reparaturkosten und die Kosten der Bauüberwachung aus Anlass der Reparatur beliefen sich auf "mindestens" Euro 21.000,00.

jb) Der Kläger behauptet, die fraglichen Wände seien bis zum Giebel hoch gemauert worden. Sie seien nach den Vorgaben der Schallschutzberechnung des Statikers ausgeführt worden. Er bestreitet einen Mangel.

jc) Wie die Wohnungstrennwände tatsächlich ausgeführt worden sind, kann dahinstehen. Das Vorbringen der Beklagten ist auch in diesem Punkte unschlüssig. Sie trägt nur "Mindest"-Angaben vor und lässt eine konkrete Schadensdarstellung und Schadensberechnung vermissen. Ihr Vortrag ist zu Grund und Höhe nicht nachvollziehbar und nicht einlassungsfähig. Die beantragte Beweisaufnahme (Sachverständigengutachten und Zeugnis) ist entbehrlich.

IV.

Da aufrechenbare Gegenansprüche der Beklagten nicht bestehen, ist die Klageforderung in vollem Umfang begründet. Auf die Berufung des Klägers ist das landgerichtliche Urteil daher abzuändern.

Das von der Beklagten vorsorglich eingewandte Zurückbehaltungsrecht (Schriftsatz vom 15. August 2007, Seite 2) besteht nicht. Denn der Werkvertrag der Parteien wurde aufgrund der fristlosen Kündigung des Klägers vom 12. August 1999 beendet. Zwar musste der Kläger für den von ihm erbrachten Teil der Leistung gleichwohl Gewähr leisten; auch war die Abnahme der erbrachten Teilleistung Fälligkeitsvoraussetzung für seinen Werklohn (BGH, NJW 2006, 2475, 2476). Die Abnahme der erbrachten Teilleistung war vorliegend aber entbehrlich, weil die Beklagte, wie ihre fristlose Kündigung vom 23. August 1999 und die anschließende Beauftragung des Architekten B zeigen, auf eine weitere Werkleistung seitens des Klägers, auch eine Nacherfüllung, keinen Wert mehr legte. Kommt aber eine Nacherfüllung nicht mehr in Betracht, sind etwaige wechselseitige Ansprüche der Vertragspartner abzurechnen. Für eine Leistung "Zug-um-Zug" ist kein Raum mehr.

Die geltend gemachten Zinsen stehen dem Kläger als Verzugszinsen in der beanspruchten Höhe zu. Die Zinshöhe folgt aus § 288 Abs. 2 BGB. Aufgrund der Mahnung vom 14. September 2002 befindet sich die Beklagte seit dem 1. Oktober 2002 im Schuldnerverzug.

V.

Die Kostenentscheidung beruht für den ersten Rechtszug auf § 92 Abs. 1 ZPO. Hinsichtlich der im ersten Rechtszug zusätzlich beantragten Feststellung wurde die Klage durch das angefochtene landgerichtliche Urteil rechtskräftig abgewiesen. Berufung hat der Kläger insoweit nicht eingelegt. Das Berufungsgericht kann daher auch nicht darüber befinden, ob das Feststellungsbegehren durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 18. Juli 2007 (C-277/05) in der Hauptsache erledigt ist. Es hat vielmehr bei der Klageabweisung zu verbleiben.

Die Kostenentscheidung für die Berufungsinstanz beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 und 108 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) sind nicht gegeben.

RechtsgebietBGB; HOAIVorschriftenBGB §§ 280, 314, 649; HOAI 1996 §§ 4, 10, 15

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