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10.03.2011

Hessisches Landesarbeitsgericht: Urteil vom 10.11.2010 – 8 Sa 336/10

Für die Annahme einer Niederlassung genügt, wenn ein "Stammhaus" zurechenbar den Rechtsschein erweckt, eine Geschäftseinrichtung werde von ihr unterhalten und in seinem Namen und auf seine Rechnung betrieben (Anschluss an EuGH v. 09.12.1987-218/86; BGH NJW 1987, 3081).


Tenor:

Die Klage ist zulässig.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der am 2. November 1944 geborene Kläger verlangt betriebliche Altersversorgung von der Beklagten.

Die Beklagte ist die Konzernobergesellschaft der A-Gruppe und hat ihren Sitz in Princeton, USA. Über eine Reihe von ausländischen Gesellschaften betreibt sie weltweit Sprachschulen unter dem Markenzeichen "A". Der am 02. November 1944 geborene Kläger trat Anfang 1984 in die Dienste der A Sprachschulen GmbH, deren Anteile die Beklagte hielt. Nach dem Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der A Sprachschulen GmbH sollte der Kläger "Managing Director" dieser sowie 4 weiterer Tochtergesellschaften der Beklagten im deutschen Sprachraum sein, unter anderem der A Übersetzungsdienst GmbH .

Im Jahr 1989 firmierte die A Übersetzungsdienst GmbH, die der A Investment Corporation gehörte, um in A International GmbH. Ende des Jahres 1997 wurden die A Sprachschulen GmbH und die A Schools of Languages GmbH auf die A International GmbH verschmolzen und diese sodann in A Deutschland GmbH umfirmiert mit Sitz in Eschborn, jetzt Frankfurt am Main. Sie ist die in Deutschland operativ tätige nationale Konzerngesellschaft. Ihre Anteile hält die A Investment Corporation, die eine 100% Tochter der Beklagten ist.

Im Jahre 1992 zeigte die Beklagte ihrem Management an, das eine A Division "Central/Eastern Europe" gegründet sei und dem Kläger dieser Bereich sowie der Titel Vice President übertragen worden sei.

Der Kläger war dann später "Division Vice President Europe". Die sog. "European Division" ist die regionale Organisation des Geschäftsfeldes "A Language Services" der Beklagten und umfasst die überwiegend rechtlich selbstständigen Organisationen des Konzerns der Beklagten in 20 Staaten Europas und angrenzenden Gebieten. Der Kläger leitete als Vice President das damals in Eschborn und jetzt in Frankfurt am Main in den Räumlichkeiten der A Deutschland GmbH gelegene "European Division Headquarter", das für die Beklagte die Aktivitäten europaweit steuert und Koordinations- und Unterstützungsaufgaben wahrnimmt. Die beim "European Division Headquarter" Beschäftigten sind bei der A Deutschland GmbH angestellt. Die Mitarbeiter der nationalen Gesellschaften berichteten u. a. dem Kläger. Der Kläger hatte ein Büro in Eschborn und unternahm Reisen zu den ihm zugeordneten nationalen Organisationen der Beklagten. Sein Gehalt erhielt er von der A Deutschland GmbH.

Die Beklagte sagte dem Kläger Altersversorgung zu u. a. nach einem "Supplemental Executive Retirement Plan" (im Folgenden: Pensionsplan SERP). Danach war der Kläger wie andere Führungskräfte zur Teilnahme ab 01. Januar 1996 ausgewählt. Bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses an oder nach dem normalen Ruhestandsdatum - aus jedem Grund außer Tod, Arbeitsunfähigkeit oder Entlassung aus gegebenem Grund - sollten Zahlungen in Höhe eines anzuwendenden Prozentsatzes des durchschnittlichen Endgehaltes geleistet werden (Art. III. 1.1). Nach Art. I. 10. ist "normales Ruhestandsdatum": "Was als Letzteres eintritt: (a) das Datum, an dem der Teilnehmer das Alter von 60 (60) Jahren erreicht und (b) das Datum, an dem der Teilnehmer 5 (5) Jahre ununterbrochener Beschäftigung beendet." Als ununterbrochene Beschäftigung wird nach I. 7. die unterunterbrochene Beschäftigung bei der Beklagten oder ihrer Tochtergesellschaft definiert.

Nach Art. VII. 6. (anzuwendendes Recht) soll der Plan verwaltet und ausgelegt werden in Übereinstimmung mit den Gesetzen des Staates New York.

Wegen der Regelungen des Pensionsplans im Einzelnen wird auf die beglaubigte deutsche Übersetzung (Bl. 105 - 131 d. A.) verwiesen.

Im Januar 2000 schloss die A Deutschland GmbH und der Kläger eine Altersteilzeitvereinbarung, wonach in einem ersten Block in den Jahren 2000 bis 2004 volle Arbeit geleistet werden sollte und in den Jahren 2005 bis 2009 Freizeit gewährt werden sollte bei einer Auszahlung eines Bruttogehalts von jeweils 50%.

Die A Deutschland GmbH kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 11. September 2001 zum 31. März 2002. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Klägers war in beiden Instanzen erfolgreich. Ebenfalls mit Schreiben vom 11. September 2001, das dem Kläger am 30. September 2001 zuging, kündigte die Beklagte ein Beschäftigungsverhältnis des Klägers zur Beklagten als Vice President Europe Language Services zum 14. September 2001. Sie behauptete, der Kläger sei ihr Arbeitnehmer gewesen und habe nur in untergeordneten Umfang für die A Deutschland GmbH gearbeitet. Die gegen die Kündigung der Beklagten gerichtete Klage des Klägers ist rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen worden (10 Sa 1904/03).

Mit Schreiben vom 12. Februar 2005 hat der Kläger gegen die Beklagte Leistungen nach dem Pensionsplan nach Vollendung seines 60. Lebensjahres ab Dezember 2004 in einer jährlichen Gesamthöhe von US $ 100.735,00 geltend gemacht. Die Beklagte hat sich für nicht verpflichtet gehalten im Hinblick auf ihre Kündigung und darauf, dass der Kläger seit den Kündigungen weder für sie noch für die A Deutschland GmbH tätig geworden sei.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stünden Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung gegen die Beklagte zu, nachdem er 5 Jahre in einem Unternehmen des Konzerns der Beklagten zurückgelegt habe und das 60. Lebensjahr vollendet hat. Für den Rechtsstreit darüber sei die deutsche Arbeitsgerichtsbarkeit international zuständig. Sie sei örtlich zuständig. Die Beklagte habe in Eschborn bei Frankfurt am Main eine Niederlassung unterhalten. Sie habe in dem Bürogebäude ihrer Tochter A Deutschland GmbH ein Büro gehabt, von der aus der Kläger seine Aufgaben als Vice President mit Zuständigkeit für Europa auf Veranlassung und nach Weisung der Beklagten wahrgenommen habe. Die Beklagte verweise in ihrem Internetauftritt ausdrücklich auf die nationalen Gesellschaften, darunter die A Deutschland GmbH mit der die Beklagte eine Niederlassung in Eschborn betreibe. Die örtliche Zuständigkeit ergebe sich auch daraus, dass Eschborn der Erfüllungsort für seine Arbeitsleistungen gewesen sei. Von dort habe er alle Tätigkeiten aus seinem Arbeitsverhältnis wahrgenommen. Die Beklagte habe als herrschende Muttergesellschaft dem Kläger Anweisungen erteilt. Erfüllungsort auch für die Pensionsverpflichtungen sei sein Wohnort. Eine Zuständigkeit ergebe sich auch aus dem Rechtsgedanken des § 36 ZPO.

Der Kläger hat beantragt,

Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger beginnend ab dem erstem November 2009 monatlich Euro 7.179,33 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit sei nicht gegeben. Weder gebe es einen Sitz noch eine Niederlassung der Beklagten in Deutschland. Das "European Division Headquarter" sei keine Niederlassung der Beklagten, da diese kein Recht habe aus eigener Entscheidung Geschäfte abzuschließen. Auch die A Deutschland GmbH habe als rechtlich selbständige Ländergesellschaft des A Konzerns ihre eigenen Geschäfte betrieben und zu keinem Zeitpunkt auf Namen und auf Rechnung der Beklagte Geschäftseinrichtungen unterhalten oder Geschäfte abgeschlossen. Erfüllungsort für die Leistungen aus dem Pensionsplan sei New Jersey, USA, der Ort, wo der Vertrag über den Pensionsplan SERP geschlossen worden sei. Die Beklagte hat dazu auf ein Gutachten amerikanischer Rechtsanwälte vom 17. Januar 2006 (Bl. 102 - 106 u. 131 - 137 d. A.) verwiesen. Jedenfalls sei die Voraussetzung für die Gewährung von Versorgungsleistungen, nämlich dass das Beschäftigungsverhältnis an oder nach seinem normalen Ruhestandsdatum, also mit Vollendung des 60. Lebensjahres endet, nicht erfüllt. Das Beschäftigungsverhältnis mit der Beklagten sei aufgrund deren Kündigung vom 11. September 2001 mit Ablauf des 14. September 2001 beendet worden. Auch ein Beschäftigungsverhältnis zur A Deutschland GmbH habe jedenfalls vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Klägers geendet.

Das Arbeitsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen mit Urteil vom 18. Januar 2010 auf das insbesondere hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird. Das Arbeitsgericht hat seine internationale Zuständigkeit verneint.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Wegen der für die Zulässigkeit der Berufung erheblichen Daten wird auf das Protokoll vom 28. Juli 2010 (Bl.263) verwiesen.

Er vertritt weiter die Auffassung, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für Arbeitssachen sei gegeben, da das Arbeitsgericht Frankfurt am Main örtlich zuständig sei. Die Beklagte habe zunächst in Eschborn jetzt in Frankfurt am Main eine Niederlassung. Die tatsächlichen Verhältnisse hinsichtlich der Organisation hätten sich gegenüber früher nicht verändert mit der Ausnahme, dass der Sitz der A Deutschland GmbH von Eschborn nach Frankfurt am Main verlagert worden sei. Die Beklagte unterhalte dort ihr "European Division Headquarter", das der Kläger leitete. Es sei auch die örtliche Zuständigkeit des Vermögens gegeben.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main - 20 Ca 5633/09 - vom 28. Januar 2010 abzuändern und nach den erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und hält die Klage für unzulässig. Insbesondere bestreitet sie, dass sie eine Niederlassung oder Vermögen in Deutschland habe. Das European Division Headquarter sei die Einheit, die für die zu der European Division gehörenden Ländergesellschaften bestimmte Koordinations- und Supportaufgaben erledigt habe. Ihr habe allerdings keine rechtliche Einfluss - oder Weisungsrechte zugestanden. Sie habe weder das Recht noch die Möglichkeit gehabt, aus eigener Entscheidung Geschäfte abzuschließen. Die A Deutschland GmbH habe zu keinem Zeitpunkt auf Namen und auf Rechnung der Beklagten für diese Geschäftseinrichtungen unterhalten oder Geschäfte abgeschlossen. Sie schließe Geschäfte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ab.

Die Kammer hat nach Anhörung der Parteien beschlossen, zunächst abgesondert über die Zulässigkeit der Klage zu verhandeln.

Wegen des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung vom 28. 9. März 2010 (Bl. 187 ff. d. A.), die Berufungserwiderung vom 18. Mai 2010 (Bl. 203 ff. d. A.) sowie die weiteren Schriftsätze des Klägers vom 21. Juli 2010 (Bl. 224 ff. d. A.) 30. August 2010 (Bl. 271ff d.A.) und 8. November 2010 (Bl. 289d.A.) sowie die Schriftsätze der Beklagten vom 26. Juli 2010 (Bl. 252 ff. d. A.) und vom 29. Oktober 2010 (Bl.184 d.A.) verwiesen.

Das Gericht hat die Akten des Hessischen Landesarbeitsgerichts 8 Sa 1273/06 und 8 Sa 239/06 sowie die Urteile zwischen den Parteien vom 8. November 2004 - 10 SA 1904/03 - und vom 7. November 2003 - 17/10 Sa 251/03 - beigezogen.

Entscheidungsgründe

I. Die internationale Zuständigkeit der hessischen Arbeitsgerichtsbarkeit ist gegeben. Diese richtet sich nach der EuGVVO (EGV 44/2001)

1. Die EuGVVO ist seit ihrem Inkrafttreten am 1. März 2002 in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat der EU (Art. 249 Abs. 2 EG). Die Verordnung geht nationalem Recht im Rang vor. Soweit ihr nationale Bestimmungen widersprechen, werden sie durch die EuGVVO verdrängt (BAG 23. Januar 2008 - 5 AZR 60/07 - Rn. 12, AP ZPO § 38 Internationale Zuständigkeit Nr. 22 = EzA EG-Vertrag 1999 Verordnung44/2001 Nr. 1; Geimer/Schütze EuZVR 2. Aufl. A.1 Einl. Rn. 49 ff.; Musielak/Stadler ZPO 7. Aufl. EG-Verordnungen Vorbemerkung Rn. 5; Rauscher/Staudinger EuZPR 2. Aufl. Bd. 1 Einl. Brüssel I-VO Rn. 27 ff.).

2. Nach Art. 1 Abs. 1 EuGVVO ist diese sachlich anzuwenden, da die Parteien eine zivilrechtliche Streitigkeit führen, wozu auch arbeitsrechtliche Streitigkeiten gehören (Geimer/Schütze A.1 Art. 1 Rn. 34; Mankowski AR-Blattei SD 160.5.5 Internationale Zuständigkeit Rn. 43).

3. Die EuGVVO ist gem. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO auch räumlich auf die Beklagte anzuwenden. Nach dieser Vorschrift wird ein Arbeitgeber mit dem ein Arbeitnehmer einen individuellen Arbeitsvertrag geschlossen hat und der im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates der EG keinen Wohnsitz hat, aber in einem Mitgliedsstaat eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung besitzt für Streitigkeiten aus ihrem Betrieb so behandelt, wie wenn er einen Wohnsitz im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedsstaates hätte.

a. Zwischen der Beklagten und dem Kläger bestand ein Arbeitsverhältnis. Das ergibt sich aus dem Vortrag der Parteien im Kündigungsschutzprozess (Urteil des Hess. LAG vom 8.Nov. 2004, 10 Sa 1904/03) zwischen ihnen. Der dortige Vortrag der Beklagten, es habe ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden ist als unstreitig anzusehen, auch wenn der Kläger in Hinblick auf die rechtliche Einordnung seiner Beziehungen zur Beklagten sich zuweilen zumindest missverständlich ausdrückt, wenn er z.B. von der A Deutschland GmbH als seinem Vertragsarbeitgeber spricht. Auch aus dem Vortrag der Parteien im vorliegenden Verfahren ergibt sich das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten. Unstreitig hat der Kläger jahrelang nach Weisungen der Beklagten im Wesentlichen für diese gearbeitet und seine Vergütung wurde von dieser festgesetzt. Der Kläger wird in der Versorgungszusage als Beschäftigter der Beklagten bezeichnet und er arbeitete als Vice President der European Division der Beklagten für diese europaweit. Danach ist davon auszugehen, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestand. Dem steht nicht entgegen, dass daneben ein Arbeitsverhältnis mit der A Deutschland GmbH bestand.

b. Die Beklagte unterhält eine Niederlassung in Frankfurt am Main.

Mit dem Begriff der Zweigniederlassung, der Agentur oder der sonstigen Niederlassung ist ein Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit gemeint, der auf Dauer als Außenstelle eines Stammhauses hervortritt, eine Geschäftsführung hat und sachlich so ausgestattet ist, dass er in der Weise Geschäfte mit Dritten betreiben kann, dass diese, obgleich sie wissen, das möglicherweise ein Rechtsverhältnis mit dem im Ausland ansässigen Stammhaus begründet wird, sich nicht unmittelbar an dieses zu wenden braucht, sondern Geschäfte an dem Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit abschließen können, der dessen Außenstelle ist. (EuGH vom 22.11.1978 - 334/78 ;Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 21 Rz 11) . Dabei genügt, wenn das "Stammhaus" im Rechtsverkehr zurechenbar den Rechtsschein erweckt, es handele sich um von ihm unterhaltene Geschäftseinrichtungen, die in seinem Namen und auf seine Rechnung betrieben würden (EuGH vom 9.12.1987 - 218/86; BGH NJW 1987, 3.081 (3.082); Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, 8.Aufl.,Art. 5 Rz. 108; Stein/Jonas/Roth, aaO., m. w. N.) . Der Anschein einer Niederlassung genügt. Unerheblich ist, ob die Niederlassung rechtlich selbstständig ist (vgl. BGH, aaO.; Stein/Jonas/Roth, aaO., Rz 18) .

Nach diesen Grundsätzen ist die A Deutschland GmbH in Eschborn eine Niederlassung der Beklagten unabhängig davon, ob die Beklagte selbst ein Büro in Eschborn unterhält. Die A Deutschland GmbH erfüllt alle Voraussetzungen einer Niederlassung der Beklagten. Sie betreibt dauerhaft gewerbliche Tätigkeit. Von ihr aus werden selbstständig Geschäfte abgeschlossen, wie allein der Anstellungsvertrag mit dem Kläger und der Altersteilzeitvertrag sowie mit den anderen Mitarbeitern des European Division Headquarters zeigen.

Die Beklagte hat jedenfalls den Rechtsschein erweckt, es handele sich bei der A Deutschland GmbH um eine Geschäftseinrichtung die in ihrem Namen und auf ihre Rechnung betrieben würden. So hat der Kläger von Eschborn aus für die Beklagte europaweite Aufgaben erledigt. Dabei kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, der Beklagte habe lediglich für die unter "European Division" zusammengefassten ausländischen Töchter gearbeitet. Die "European Division" war nach dem Vortrag der Beklagten selbst keine rechtlich selbständige Einheit. Sie war vielmehr eine Untergliederung der Beklagten, mit der sie ihre europaweiten Interessen wahrnahm und das von den Ländergesellschaften betriebene Geschäft koordinierte und unterstützte. Zum anderen ist der Rechtsschein entscheidend. Von außen betrachtet und auch für den Kläger musste der Eindruck entstehen, dass all diese Aufgaben erfüllt wurden für die Beklagte als Konzernobergesellschaft. Dementsprechend ist auch unerheblich, dass die Anteile der A Deutschland GmbH nicht unmittelbar der Beklagten gehörten, sondern einer von deren 100%igen Töchtern. Indem von der A Deutschland GmbH aus die gesamte European Division des A Language Service geleitet wurde, erscheint die A Deutschland GmbH als eine Niederlassung der Beklagten. Dieser Rechtsschein wird auch unterstützt dadurch, dass im Briefkopf des Altersteilzeitvertrages des Klägers allein "A Language Services" erscheint, die eine organisatorische Untergliederung der Beklagten ist.

Schließlich wird der Eindruck, dass es sich bei der Beklagten um eine Niederlassung der Beklagten handelt, unterstützt durch die Website der Beklagten und der A Deutschland GmbH. Eine Website, die bei Suche nach A International Inc. unter www.A.com auftaucht, verweist für Deutschland auf die Website der A Deutschland GmbH, d. h. auf eine Website, die wiederum das Copyright der A Deutschland GmbH aufweist. Die Beklagte erweckt, duldet zumindest, den Anschein, dass die A Deutschland GmbH ihre deutsche Niederlassung ist und für sie in Deutschland die Geschäfte betreibt.

c. Der Rechtsstreit der Parteien betrifft auch den Betrieb der Niederlassung. Unter den Begriff "aus dem Betrieb" fallen die Rechtsstreitigkeiten, in den es um vertragliche oder außervertragliche Rechte und Pflichten in Bezug auf die eigentliche Führung der Agentur, der Zweigniederlassung oder der sonstigen Niederlassung selbst geht, wie etwa die Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Vermietung des Grundstücks, auf dem die genannten Einheiten errichtet sind, oder mit der am Ort vorgenommenen Einstellung des dort beschäftigen Personals (EuGH v. 22.11.1978).

Der Rechtsstreit betrifft die Altersversorgung des bei der Niederlassung eingestellten Klägers. Diese ist dem Kläger allerdings nicht von dieser, sondern unmittelbar von der Beklagten zugesagt worden. Unbeschadet des Bestands auch eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten selbst war es die Niederlassung - die A Deutschland GmbH-, die dem Kläger die gesamte Vergütung gezahlt, den Arbeitsplatz zur Erfüllung seiner Aufgaben für die Beklagte zur Verfügung gestellt, den Altersteilzeitvertrag mit ihm geschlossen und somit die Abwicklung des gesamten Arbeitsverhältnisses für die Beklagte durchgeführt hat. Die Beklagte kann sich unter diesen Umständen nicht darauf berufen, dass die Verpflichtung aus der streitigen Versorgungszusage allein sie beträfe. Der mit Art. 18 EuGVVO bezweckte Schutz des Arbeitnehmers gebietet es, unter diesen Umständen die Klage hinsichtlich der Altersversorgung dort zuzulassen, wo das Arbeitsverhältnis ansonsten tatsächlich abgewickelt wurde.

4. Da die Beklagte gem. Art. 18 Abs.2 EuGVVO so zu behandeln ist, als ob sie ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaates Bundesrepublik Deutschland hätte, kann sie gem. Art. 19 Ziff.1 EuGVVO vor deren Gerichten verklagt werden.

5. Die internationale Zuständigkeit ergibt sich auch daraus, dass das Arbeitsgericht Frankfurt am Main unter den ausgeführten Gesichtspunkten als Gerichtsstand der Niederlassung gem. § 21 ZPO zuständig ist (vgl. dazu schon das Urteil zwischen den Parteien vom 5. Sept. 2007 - 8 Sa 1273/06).

II. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

VorschriftenEuGVVO Art. 1, EuGVVO Art. 18, EuGVVO Art. 19

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