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11.05.2011

Hessisches Landesarbeitsgericht: Beschluss vom 16.12.2010 – 9 TaBV 55/10

Für den Verlauf von Betriebsratssitzungen gilt nicht generell eine Geheimhaltungspflicht.


Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 17. Dezember 2009 - 11 BV 396/09 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Unterlassung von Behauptungen.

Der Beteiligte zu 1) ist Mitglied des bei der zu 4) beteiligten Arbeitgeberin gebildeten Betriebsrats in A, dem Beteiligten zu 3), dessen Vorsitzende die Beteiligte zu 2) ist. Die Beteiligten zu 1) und 2) hatten in der Betriebsratssitzung vom 16. Dez. 2008 eine Auseinandersetzung darüber, weshalb der Beteiligte zu 1) oder eines der anderen Mitglieder des Betriebsrats, die über die Liste "e.v.a." in den Betriebsrat gewählt worden sind, nicht für die Besetzung der auf Konzernebene gebildeten im Zusammenhang mit der Integration der B stehenden zwölf Arbeitskreise vorgeschlagen worden ist. Die Beteiligte zu 2) entgegnete dem Beteiligten zu 1) u.a., dies sei eine Frage des Vertrauens, der Beteiligte zu 1) hätte mehr als einmal bewiesen, dass er nicht vertrauenswürdig sei. Jedes Mal wenn sie ihn beteiligt hätte, hätte er die Geheimhaltung verletzt. Sie hätte einen Ordner mit Beweisen.

Am 26. März 2008 fand eine sog. Bonus-Beratungsrunde statt, in der die Höhe der anstehenden Bonuszahlungen an Mitarbeiter beraten worden ist. Der Beteiligte zu 1) hat in der Folge ein Gespräch mit dem betroffenen Mitarbeiter C geführt. In der Betriebsversammlung vom 16. Sept. 2008 hat der Beteiligte zu 1) dem Betriebsrat vorgehalten, dieser würde trotz Personalabbaus Mehrarbeitsanträge durchwinken und hat dabei zumindest für einige Bereiche Umfang und Häufigkeit der Mehrarbeitsanträge wiedergegeben. Am 17. Okt. 2008 wurde der Beteiligte zu 1) nach einer Betriebsausschusssitzung am Kopierer gesehen. In einem Rundmail vom 27. April 2007, das u.a. die Gestaltung künftiger Betriebsversammlungen zum Gegenstand hatte, hat der Beteiligte zu 1) seinen diesbezüglichen Antrag auf der Betriebsratssitzung und die ablehnende Begründung des Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit zitiert. Am 30. Okt. 2008 leitete der Beteiligte zu 1) ein mit dem Vermerk "confidential" versehenes Mail des Bereichsvorstandes an einige Mitarbeiter weiter.

Der Beteiligte zu 1) hat vorgetragen, die Behauptungen der Beteiligten zu 2), er habe wiederholt gegen die Geheimhaltungspflicht verstoßen, seien unwahr. Er hat behauptet, bei den Informationen aus der Bonus-Beratungsrunde habe es sich nicht um Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse oder geheimnisfähige Fakten gehandelt. Er habe lediglich mit dem Zeugen C über Vergütungsfragen gesprochen. In der Betriebsversammlung hätte er keine konkreten Mehrarbeitsanträge verlesen, sondern nur exemplarisch Abteilungen und Arbeitsstunden benannt. Die Präsentationsunterlage habe er lediglich für seine eigene Verwendung kopiert. Hinsichtlich seiner E-Mails vom 30. Okt. 2008 habe er schließlich darum gebeten, diese nicht an Dritte weiter zu leiten.

Der Beteiligte zu 1) hat beantragt,

der Beteiligten zu 2) zu untersagen, wörtlich oder sinngemäß die Behauptungen aufzustellen und / oder zu verbreiten,

a) der Beteiligte zu 1) habe "nicht die Geheimhaltung gewahrt",

b) der Beteiligte zu 1) habe "die Geheimhaltung verletzt",

c) der Beteiligte zu 1) habe "gegen die Geheimhaltungspflicht verstoßen",

d) der Beteiligte zu 1) habe in der Vergangenheit seine Pflicht zur Verschwiegenheit verletzt;

2. der Beteiligten zu 2) für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung nach Ziff. 1 ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anzudrohen.

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben behauptet, nicht der Beteiligte zu 3) hätte die Kompetenz gehabt, Vertreter in die Ausschüsse zu entsenden, sondern der Konzernbetriebsrat (in dem die Beteiligte zu 2) Mitglied ist). Im Übrigen sei es zutreffend, dass der Beteiligte zu 1) bei der Entsendung in die Ausschüsse wegen mangelnder Vertrauenswürdigkeit nicht berücksichtigt worden sei. Der Beteiligte zu 1) habe vertrauliche Informationen, die er im Rahmen der Bonusberatungsrunde erhalten habe, im Frühjahr 2008 an Mitarbeiter, u.a. den Zeugen C, weitergegeben, obwohl die Personalabteilung zunächst um Stillschweigen über die geplanten Zahlungen gebeten hätte. In der Betriebsversammlung vom 16. Sept. 2008 habe er aus vertraulichen Betriebsratsprotokollen von Juli / August 2008 zitiert und Auszüge aus Mehrarbeitsanträgen vorgelesen. Er habe exakte Zahlen vorgelesen und die Teams benannt. Am 13. Juli 2007 habe der Betriebsausschuss davon Kenntnis erhalten, dass der Beteiligte zu 1) vertrauliche Präsentationsunterlagen kopiert und verteilt hätte, obwohl die Geschäftsleitung zunächst um Stillschweigen gebeten hätte. Ferner hätte er in einem Rundbrief vom 27. April 2007 (Bl. 47 ff. d. A.) aus einem vertraulichen Betriebsratsprotokoll zitiert. Am 30. Okt. 2008 habe er vertrauliche Informationen aus einem E-Mail an Teile der Belegschaft weitergeleitet (Bl. 49 d. A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf die Sachdarstellung des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Anträge des Beteiligten zu 1) durch Beschluss vom 17. Dez. 2009 - 11 BV 396/09 - zurückgewiesen, weil der Beteiligte zu 1) in der Vergangenheit seine Geheimhaltungspflicht nicht immer gewahrt habe. In seinem elektronischen Rundbrief vom 27. April 2007 habe er vertrauliche Informationen aus der Betriebsratstätigkeit in die Öffentlichkeit getragen. Er sei zu detaillierten Schilderungen des Ablaufs von Betriebsratssitzungen nicht berechtigt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die arbeitsgerichtlichen Beschlussgründe verwiesen.

Gegen den ihm am 1. März 2010 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 1) am 9. März 2010 Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Der Beteiligte zu 1) rügt, das Arbeitsgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass er in seinem elektronischen Rundbrief vom 27. April 2007 (Bl. 116, 117 d. A.) aus einem Protokoll einer Betriebsratssitzung zitiert hätte. Es habe sich stattdessen um die Sitzung des Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit vom 19. März 2007 (Protokoll Bl. 118 ff. d. A.) gehandelt, dessen Mitglied er sei. Er ist der Auffassung, hinsichtlich des Inhalts und Ablaufs von Betriebsratssitzungen habe der Gesetzgeber keine Geheimhaltungspflicht normiert.

Der Beteiligte zu 1) beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 17. Dez. 2009 abzuändern und der Beteiligten zu 2) zu untersagen, wörtlich oder sinngemäß die Behauptungen aufzustellen und / oder zu verbreiten,

a. der Beteiligte zu 1) habe "nicht die Geheimhaltung gewahrt",

b. der Beteiligte zu 1) habe "die Geheimhaltung verletzt",

c. der Beteiligte zu 1) habe "gegen die Geheimhaltungspflicht verstoßen",

d. der Beteiligte zu 1) habe in der Vergangenheit seine Pflicht zur Verschwiegenheit verletzt;

2. der Beteiligten zu 2) für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung nach Ziff. 1 ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anzudrohen.

Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 4) stellt keinen Antrag.

Die Beteiligten zu 2) und 3) verteidigen den angefochtenen Beschluss und meinen, Informationen aus Ausschusssitzungen unterlägen ebenso der Geheimhaltung wie Betriebsratssitzungen. Es sei der Beteiligten zu 2) bei ihren Äußerungen in der Betriebsratssitzung vom 16. Dez. 2008 um die Wahrung der Funktionsfähigkeit des Betriebsrats gegangen. Die vom Beteiligten zu 1) kopierte vertrauliche Präsentationsunterlage hätte, jedenfalls sinngemäß, den Aufdruck enthalten "Nur für Betriebsausschussmitglieder".

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdeschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 9. Sept. und 13. Dez. 2010 verwiesen. Das Beschwerdegericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen und Zeuginnen D und E, C, F und G sowie durch Einholung einer schriftlichen Auskunft bei der Zeugin H. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 13. Dez. 2010 und die schriftliche Auskunft der Zeugin H vom 1. Dez. 2010 (Bl. 171 d. A.) verwiesen.

II. Die Beschwerde ist statthaft, §§ 87 Abs. 1 ArbGG, und zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist, §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

1. Die Anträge sind unbegründet. Ein Unterlassungsanspruch des Beteiligten zu 1) gemäß § 78 BetrVG in Verbindung mit §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB und § 186 StGB besteht nicht. Bei den streitgegenständlichen Äußerungen der Beteiligten zu 2), der Beteiligte zu 1) hätte die Pflicht zur Geheimhaltung nicht gewahrt und seine Pflicht zur Verschwiegenheit verletzt, handelt es sich nicht um ein Werturteil und damit eine Meinungsäußerung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 GG, sondern um eine Tatsachenbehauptung, die von dem Unterlassungsanspruch des Beteiligten zu 1) aus den §§ 78 BetrVG, 1004, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB erfasst wird. Für die Einstufung einer Äußerung als Tatsachenbehauptung kommt es darauf an, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist. Das ist bezüglich der genannten Äußerungen zu bejahen, da die Beteiligte zu 2) in der Betriebsratssitzung vom 16. Dez. 2008 zum Beweis auf ihren DIN-A-Ordner mit gesammelten Beweisen verwiesen hat (so schon Kammerbeschluss vom 4. Juni 2009 - 9 TaBVGa 49/09 - n.v.).

2. Die Vorwürfe der Beteiligten zu 2) in der Betriebsratssitzung vom 16. Dez. 2008 sind nicht bereits dadurch gerechtfertigt, dass der Beteiligte zu 1) das Rundmail vom 27. April 2007 versandt hat, in dem sein Antrag im Betriebsrat auf die Gestaltung künftiger Betriebsversammlungen und der ablehnende Beschluss des Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit wiedergegeben ist. Diese Thematik und ihre Behandlung im Betriebsrat waren weder vertraulich noch geheimhaltungsbedürftig.

a) Das Bundesarbeitsgericht hat bereits 1967 entschieden (Urteil vom 5. Sept. 1967 - 1 ABR 1/67 - AP § 23 BetrVG Nr. 8; ebenso etwa GK-BetrVG/Raab § 30 Rz. 27; ErfK/Koch § 30 BetrVG Rz. 3; Fitting § 30 Rz. 21; Richardi/Thüsing § 30 Rz. 16:), dass im Allgemeinen keine Pflicht der Betriebsratsmitglieder besteht, über den Verlauf von Betriebsratssitzungen (bzw. Ausschusssitzungen) Stillschweigen zu bewahren. Eine solche Schweigepflicht ist vielmehr nur zu bejahen, wenn die Verschwiegenheitspflicht des § 79 BetrVG greift oder bei Vorliegen besonderer Umstände. Eine Schweigepflicht der Betriebsratsmitglieder kann jedoch nicht aus der Vorschrift des § 30 BetrVG über die Nichtöffentlichkeit der Betriebsratssitzungen gefolgert werden. Diese soll eine freie Diskussion erleichtern (BAG aaO.). Auch aus der Vorschrift des § 41 Satz 2 BetrVG über die Nichtöffentlichkeit von Betriebsversammlungen leitet niemand eine Geheimhaltungspflicht für die gesamte Belegschaft ab. Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 BetrVG muss der Betriebsrat in der Betriebsversammlung über seine Tätigkeit berichten. Diese Tätigkeit spielt sich in der Hauptsache in den Betriebsratssitzungen ab. Wenn die Betriebsratsmitglieder über den Verlauf dieser Sitzungen zur Verschwiegenheit verpflichtet wären, ließe sich dies mit der oben genannten Vorschrift nicht vereinbaren (BAG aaO.). Etwas anderes kann für Gegenstände gelten, die ihrer Natur nach geheim zu halten sind oder die den Persönlichkeitsschutz der Arbeitnehmer gefährden, etwa vertrauliche Mitteilungen von Belegschaftsmitgliedern gegenüber Betriebsratsmitgliedern, durch deren vom Betriebsrat zu vertretendes Bekanntwerden zudem das in ihn gesetzte und für seine Arbeit unerlässliche Vertrauen gestört wird (BAG aaO.; ferner etwa GK-BetrVG/Raab, § 30 Rz. 27; ErfK/Koch § 30 BetrVG Rz. 3; DKK/Wedde § 30 Rz. 14). Zu denken ist z. B. an noch im Stadium des Entstehens befindliche Betriebsratsbeschlüsse, deren Zustandekommen durch ein zu frühzeitiges Bekanntwerden gefährdet würde (BAG aaO.). Darüber hinaus ist das im Betriebsratsgremium gesprochene Wort nicht per se geheimhaltungsbedürftig und muss das Licht der Betriebsöffentlichkeit nicht scheuen. Der Betriebsrat ist kein geheimer Zirkel, der die Aufgabe hat, die Arbeitnehmer durch die Geheimhaltung von Informationen über unternehmerische Planungen und Entscheidungen vor unnötiger Aufregung und Unruhe zu bewahren. Er ist auch nicht berechtigt, den Betriebsratsmitgliedern eine über § 79 BetrVG hinausgehende Verschwiegenheitspflicht über vertrauliche Angelegenheiten aufzuerlegen (wie hier GK-BetrVG/Raab § 30 Rz. 27; DKK/Wedde § 30 Rz. 13; Fitting § 30 Rz. 21; Richardi/Thüsing § 30 Rz. 16).

b) Die Anträge zur Gestaltung künftiger Betriebsversammlungen und die Beschlussfassung des Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit sind weit von jeder Geheimhaltungsbedürftigkeit entfernt. Die Anträge und die Beschlussfassung des Ausschusses sind in dem Rundmail in sachlicher Form wiedergegeben und werden seitens des Beteiligten zu 1) nicht einmal kommentiert.

3. Auch die Argumentation des Beteiligten zu 1) anhand der Protokolle des Arbeitszeitausschusses in der Betriebsversammlung vom 16. Sept. 2008 rechtfertigt die Vorwürfe der Beteiligten zu 2) nicht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Beteiligte zu 1) dem Betriebsrat gegenüber auf der Betriebsversammlung vom 16. Sept. 2008 Vorhaltungen gemacht hat, er würde in Zeiten des Personalabbaus Mehrarbeitsanträge durchwinken. Dies ist gemäß § 45 BetrVG ein zulässiges Thema für eine Betriebsversammlung. Es lässt sich jedoch nicht feststellen, ob aus den Vorhaltungen des Beteiligten zu 1) überhaupt auf einzelne Mitarbeiter geschlossen werden konnte. Die Zeugin F, freigestelltes Betriebsratsmitglied, hat ausgesagt, der Beteiligte zu 1) hätte auf der Betriebsversammlung vom 16. Sept. 2008 die Genehmigungspraxis bezüglich Mehrarbeitsstunden beanstandet und dem Betriebsrat vorgeworfen, er genehmige Mehrarbeit, obwohl Personalabbau stattfände. Er habe anhand der Protokolle des Arbeitszeitausschusses runtergebrochen bis zum aus 10 bis 15 Mitarbeitern bestehenden Team argumentiert. Dagegen sagte die Zeugin D aus, sie wisse nicht mehr, wann die Betriebsversammlung stattgefunden hätte und hätte es nicht mehr so genau im Kopf, aber der Beteiligte zu 1) hätte Abteilungsbezeichnungen genannt. Ob er auch Mitarbeiter benannt hat, wisse sie nicht mehr. Ebenso meinte ihr Ehemann, der Zeuge E, seinerzeit zweiter stellvertretender Vorsitzender, die Betriebsversammlung hätte 2009 stattgefunden. Der Beteiligte zu 1) hätte aus den Unterlagen, die er dabei gehabt hätte, vorgelesen. Er hätte die Abteilungen genannt, aber nicht die Namen der einzelnen Mitarbeiter. Es lässt sich mithin nicht mehr feststellen, was genau der Beteiligte zu 1) zu den Mehrarbeitsanträgen geäußert hat, ob von den Anträgen von Teams oder Abteilungen die Rede gewesen sei und inwiefern Schlussfolgerungen auf einzelne Mitarbeiter möglich waren.

4. Unbelegt ist auch der Vorwurf, der Beteiligte zu 1) hätte am 17. Okt. 2008 vertrauliche Informationen aus einer Betriebsausschusssitzung über das Thema "Disaster Recovery-Location I" weitergegeben, indem er vertrauliche Präsentationsunterlagen ca. 10fach kopiert und verteilt habe. Die Geschäftsleitung habe darauf hingewiesen, dass die Angelegenheit noch nicht offen kommuniziert werden solle. In der nächsten Betriebsausschusssitzung danach befragt, habe er gesagt, das ginge den Betriebsausschuss nichts an. Wie viele Kopien der Beteiligte zu 1) von dieser Unterlage gefertigt hat, wird von den Beteiligten zu 2) und 3) geschätzt. Ob er diese verteilt hat, ist eine bloße Schlussfolgerung aus der behaupteten Anzahl der Kopien, die möglich, aber keineswegs zwingend ist. Arbeitnehmer, die diese Unterlage vom Beteiligten zu 1) erhalten hätten, konnten von den Beteiligten zu 2) und 3) jedenfalls nicht namhaft gemacht werden. Letztendlich handelt es sich um Vermutungen, die den Vorwurf der Beteiligten zu 2) nicht tragen können.

5. Der Beteiligte zu 1) hat allerdings vertrauliche Informationen aus der Bonus-Beratungsrunde weitergegeben. Der Zeuge E hat bekundet, er hätte an dieser Runde teilgenommen, sie seien von Anfang an darauf hingewiesen worden, dass die Zahlen noch nicht veröffentlich oder weitergereicht werden dürften. Dies stimmt mit der schriftlichen Aussage der Zeugin H vom 1. Dez. 2010 (Bl. 171 d. A.) überein, sie hätte als Leiterin Personalberatung in der Bonusberatungsrunde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Informationen von allen Teilnehmern streng vertraulich zu behandeln seien. Der Zeuge E sagte aus, es sei um die Bonuszahlungen für April gegangen. In der Folge habe er zwei oder drei Anrufe aus der Abteilung Orga bekommen. Die Anrufer hätten sich beschwert, dass die Bonuszahlungen viel zu niedrig seien, da müsste der Betriebsrat was machen. Der Zeuge hätte nachgefragt, von wem sie diese Informationen hätten. Sie hätten gesagt, das hätte ihnen Herr J gesagt. Herr C hätte sich schriftlich an den Betriebsrat gewandt. Der Zeuge hätte ihn angerufen und ihn gefragt, von wem er diese Information hätte. Herr C hätte gesagt, er hätte sie vom Beteiligten zu 1). Dies stimmt überein mit der Aussage des Zeugen C. Der Beteiligte zu 1) hätte ihm in einem Gespräch beim Mittagessen gesagt, am Wochenende zuvor sei bei einem Gespräch mit den Betriebsräten über die beabsichtigten Boni gesprochen worden. Er sagte, der Betrag für den Zeugen sei im Gegensatz zu den Beträgen für die anderen Angestellten schon relativ niedrig. Der Beteiligte zu 1) habe ihm geraten, sich an die Beteiligte zu 2) zu wenden. Ob er ihm den konkreten Betrag bis auf den Cent genannt habe, wisse er nicht mehr, er habe ihm jedenfalls "die Hausnummer" genannt und nicht die Beträge für die anderen Mitarbeiter. Mit der Weitergabe der geplanten Beträge hat der Beteiligte zu 1) gegen seine Geheimhaltungspflicht aus § 79 BetrVG verstoßen. Die Lohn- und Gehaltsdaten sind Teil der betriebswirtschaftlichen Kalkulation über Umsätze und Gewinnmöglichkeiten und können - unter Berücksichtigung der Besonderheiten des betroffenen Unternehmensbereiches - ein Geschäftsgeheimnis darstellen (vgl. BAG Beschluss 26.02.1987 - 6 ABR 46/84 - EzA § 79 BetrVG Nr. 1). Die Zahlen sind vom Arbeitgeber, d.h. von der Zeugin H, ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden.

6. Darüber hinaus hat der Beteiligte zu 1) am 30. Okt. 2008 eine vertrauliche E-Mail-Antwort des Herrn K von der Leitung ZTB M, die dieser als "confidential" bezeichnet hat, an Kollegen weitergeleitet (Bl. 49 d.A.). Seine Bitte an die Kollegen, das E-Mail nicht an Dritte weiterzuleiten, hebt er sozusagen dadurch wieder auf, dass er schreibt, die Information dürfe aber gern an Kollegen weiter gegeben werden. Es ist im Übrigen nicht Sache einzelner Betriebsratsmitglieder, Informationen von Führungskräften einzuholen, die diese dann als "confidential" erteilen, und diese dann unter einem Teil der Arbeitnehmer weiterzuverbreiten. Das wäre Sache des Gremiums gewesen, ob die von Herrn K erbetene Vertraulichkeit aufgehoben wird.

Somit ist der Vorwurf der Beteiligten zu 2) berechtigt, der Beteiligte zu 1) hätte bezüglich Betriebsratsinformationen in der Vergangenheit nicht immer seine Geheimhaltungspflicht gewahrt.

7. Eine Kostenentscheidung ergeht nach § 2 Abs. 2 GKG nicht.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht keine gesetzlich begründete Veranlassung, §§ 92 Abs. 1, 72 ArbGG.

VorschriftenBetrVG § 78, BetrVG § 79, BetrVG § 30, BGB § 823, StGB § 186

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