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15.07.2011 · IWW-Abrufnummer 112340

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht: Beschluss vom 23.02.2011 – 10 WF 29/11

1. Soweit längere Zeit zwischen dem Umgangsberechtigten und dem Kind kein Kontakt stattgefunden hat und bei der Ausübung des Umgangs eine Kindeswohlgefährdung im Raum steht, ist im Rahmen des § 78 Abs. 2 FamFG von einer schwierigen Sachlage auszugehen.



2. Wenn im Rahmen eines Umgangsverfahrens die Anordnung von begleitetem Umgang ernsthaft in Betracht kommt, ist auch von einer schwierigen Rechtslage auszugehen.


Tenor:
Der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Oldenburg i. H. vom 21. Januar 2011 wird abgeändert.

Dem Antragsteller wird im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe Frau Rechtsanwältin ... beigeordnet.

Gründe
Die gemäß §§ 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. 127 ZPO statthafte, und im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Dem Antragsteller ist gemäß § 78 Abs. 2 FamFG ein Rechtsanwalt beizuordnen.

Nach § 78 Abs. 2 FamFG wird einem Beteiligten im Verfahren, in denen eine anwaltliche Vertretung nicht vorgeschrieben ist, auf seinen Antrag ein Rechtsanwalt nur dann beigeordnet, wenn dieses wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtlage erforderlich erscheint.

Da in Umgangsrechtsstreitigkeiten i. S. der §§ 111 Nr. 2, 151 Nr. 2 FamFG eine anwaltliche Vertretung nicht vorgeschrieben ist, vgl. 112, 114 Abs. 1 FamFG, kommt es darauf an, ob die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage eine Beiordnung erforderlich erscheinen lässt.

Hierbei ist entscheidend, ob ein bemittelter Rechtssuchender in der Lage eines unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Hierbei kann sich ein Verfahren für einen Beteiligten auch allein wegen der schwierigen Sachlage oder allein wegen einer schwierigen Rechtslage so kompliziert darstellen, dass auch ein bemittelter Beteiligter einen Rechtsanwalt hinzuziehen würde. Zu berücksichtigen sind hierbei auch die subjektiven Fähigkeiten des Betroffenen Beteiligten (vgl. BGH, FamRZ 2010 S. 1425 ff.).

Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für eine Anwaltsbeiordnung i. S. des § 78 Abs. 2 FamFG erfüllt. Sowohl die Sach- wie auch die Rechtslage ist als schwierig zu bezeichnen.

Einer Anwaltsbeiordnung auf Seiten des Antragstellers steht auch nicht entgegen, dass diese jedenfalls nicht ausdrücklich im Schriftsatz vom 05.08.2010 beantragt wurde. Denn bei verständiger Auslegung dieses Schriftsatzes - der anwaltlich verfasst wurde - ist davon auszugehen, dass in dem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe auch der Beiordnungsantrag mit enthalten ist (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 121, Rn. 14).

Die Schwierigkeit der Sachlage ergibt sich im vorliegenden Fall schon daraus, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung der Antragsteller seit mehr als 5 Monaten keinerlei Kontakt mehr zu seinem Sohn gehabt hat und somit ein völliger Kontaktabbruch zu befürchten ist. Insbesondere stellt sich dann die Frage, wie ein Kontakt unter Berücksichtigung des Kindeswohls wieder anzubahnen wäre. Ein weiterer Gesichtspunkt der für die Schwierigkeit der Sachlage spricht ist auch, dass die Kindesmutter bei einem Aufenthalt des Kindes im Haushalt des Vaters während des Umgangs von einer Gefährdung des Kindeswohls ausgeht (vgl. Protokoll der Anhörung vom 10.09.2010). Dies wäre im Verfahren weiter aufzuklären.

Daraus resultiert auch eine schwierige Rechtslage, da dann im Einzelnen abzuwägen wäre, ob und unter welchen Voraussetzungen gegebenenfalls nur ein begleitetes Umgangsrecht stattfinden kann. Hierbei wären auch die erheblichen einfachgesetzlichen und verfassungsrechtlichen Hürden für die Anordnung eines bloßen begleiteten Umgangs zu berücksichtigen (vgl. Palandt/Diedrichsen, BGB, 70. Auflage 2011, § 1684 Rn. 37 ff.).

Aufgrund der fehlenden juristischen Vorbildung des Antragstellers kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass er selbst in der Lage ist, bei dieser schwierigen Sach- und Rechtslage seine Rechte selbst sachgerecht wahrzunehmen.

Vorschriften§ 78 Abs. 2 FamFG § 1684 BGB

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