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15.07.2011 · IWW-Abrufnummer 112371

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 11.03.2011 – 13 Sa 2707/10

1. Der Arbeitgeber hat gesetzliche Feiertage grundsätzlich zu vergüten, wenn diese in einen genehmigten Urlaub fallen.



2. Fallen hingegen Freischichten oder sonstige Freistellungen und gesetzliche Feiertage zusammen, entfällt eine Feiertagslohnzahlungspflicht nach dem EFZG.


In Sachen

pp

hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 13. Kammer,

auf die mündliche Verhandlung vom 11. März 2011

durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. F. als Vorsitzender

sowie den ehrenamtlichen Richter C. und die ehrenamtliche Richterin K.

für Recht erkannt:

Tenor:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 4. November 2010 - 42 Ca 8456/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand
Die Parteien streiten um die Bezahlung von Feiertagen innerhalb eines Urlaubszeitraums (25. und 26.12.2009 sowie 02.04. und 05.04.2010) sowie um die Feststellung, dass die Beklagte dem Kläger gesetzliche Feiertage zu vergüten hat, wenn diese in einen genehmigten Urlaub fallen.

Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 04.11.2010 sowohl die Zahlungs- als auch die Feststellungsklage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Anspruch aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) deshalb nicht bestehe, weil dafür der darlegungs- und beweisbelastete Kläger hätte vortragen müssen, dass der Feiertag alleinige Ursache für den Arbeitsausfall an dem betreffenden Tag gewesen sei. Vorliegend spreche aufgrund der unregelmäßigen Schichtzeiten des Klägers, der als Wachmann bei der Beklagten beschäftigt ist, eher viel dafür, dass der Kläger an den betreffenden Tagen ohnehin nach dem Schichtplan frei gehabt hätte, so dass seine Arbeitszeit an einem Wochenfeiertag, der nach dem Schichtplan arbeitsfrei gewesen sei, nicht infolge eines Feiertags ausgefallen sei.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch aus dem für die Parteien kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme geltenden Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe Berlin und Brandenburg vom 20.07.2009 (im Folgenden: MTV 2009), der den davor geltenden MTV 2003 abgelöst habe. § 6 MTV 2009

("Feiertagsarbeit

Soweit der Arbeitnehmer im Schichtdienst tätig ist, entfällt dessen Tätigkeit und damit eine Leistung gemäß Tarifvertrag, wenn der Arbeitnehmer gemäß Schichtrhythmus nicht zur Dienstleistung verpflichtet wäre. Wäre der Arbeitnehmer üblicherweise am Feiertag gemäß Schichtplan tätig gewesen, ist dieser zur Aufrechterhaltung seiner tariflichen Ansprüche verpflichtet, seine Arbeitskraft spätestens zwei Tage vor dem Feiertag anzubieten, so dass dieser anderweitig geplant seine Tätigkeit verrichten kann. Unterlässt der Arbeitnehmer eine Anzeige der Arbeitsfähigkeit innerhalb dieser Frist, entfällt ein Anspruch des Arbeitnehmers aus dem Tarifvertrag.")

regele die Ansprüche von Feiertagsarbeit im Sinne der obigen Ausführungen.

§ 24 Ziff. 5 MTV 2003

("5. Fallen Feiertage in einen genehmigten Urlaub, sind diese Feiertage nach dem Lohnausfallprinzip ohne Zuschläge zu vergüten.")

sei gem. § 11 Ziff. 2 MTV 2009 außer Kraft getreten.

Wegen der weiteren konkreten Begründung des Arbeitsgerichts und des Parteivortrags erster Instanz wird auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bl. 28 - 42 d. A. verwiesen.

Gegen dieses ihm am 29.11.2010 zugestellt Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 21.12.2010 im Original eingegangene und am Montag, dem 31.01.2011 begründete Berufung des Klägers. Er stützt seinen Anspruch ausdrücklich nicht mehr auf § 2 Abs. 1 EFZG wegen der "aus den Schichtdienstzeiten des Klägers" ........ "resultierenden Darlegungs- und Beweislastschwierigkeiten", meint aber, dass die Klarstellungsfunktion des § 24 Ziff. 5 MTV 2003 im Wege der Auslegung auch auf die Vorschrift des § 6 MTV 2009 Anwendung finde.

Im Übrigen komme es zu einer Ungleichbehandlung mit Arbeitnehmern, die nicht im Urlaub seien und den Feiertag bei Anzeige der Arbeitsbereitschaft vergütet erhielten.

Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass im Europäischen Ausland, beispielsweise in Irland, der Arbeitnehmer den gesetzlichen Feiertag als Urlaubstag vergütet bekomme oder einen bezahlten Urlaubstag erhalte. Allgemeinverbindliche arbeitnehmerbezogene Vorschriften müssten daher gemäß der EG-Richtlinie 88/2003 immer auch im Sinne des Gemeinschaftsrechts ausgelegt werden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 04.11.2010 - 42 Ca 8456/10 -

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Arbeitsentgelt zu zahlen für

- den 25.12.2009 (Erster Weihnachtsfeiertag) von EUR 92,40 (brutto),

- den 26.12.2009 (Zweiter Weihnachtsfeiertag) von EUR 92,40 (brutto),

- den 02.04.2010 (Karfreitag) von EUR 97,80 (brutto) und

- den 05.04.2010 (Ostermontag) von EUR 97,80 (brutto)

nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 184,80 seit 16.01.2010 und aus EUR 195,60 seit 16.05.2010.

2. festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger gesetzliche Feiertage zu vergüten hat, wenn diese in einen genehmigten Urlaub fallen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und sieht weder eine Fortwirkung des § 24 Ziff. 5 MTV 2003 noch eine Ungleichbehandlung des Klägers mit denjenigen Arbeitnehmern, die nicht im Urlaub während der Feiertage seien.

Wegen des weiteren konkreten Vortrags der Parteien in der zweiten Instanz wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 31.01.2011 (vgl. Bl. 56 ff d. A.) und der Beklagten vom 14.02.2011 (Bl. 64 ff d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe
I. Die gem. §§ 8 Abs. 2; 64 Abs. 1, Abs. 2 Buchstabe b, Abs. 6; 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG; §§ 222 Abs. 2; 519; 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO zulässige Berufung ist insbesondere formgerecht und fristgemäß eingelegt und begründet worden.

II. In der Sache hat die Berufung des Klägers jedoch keinen Erfolg.

1. Da sich der Kläger ausdrücklich nicht mehr auf den Anspruch aus § 2 EFZG stützt, da er Darlegungs- und Beweislastschwierigkeiten befürchtet, waren für den Zahlungsanspruch keine Ausführungen dazu zu machen, obwohl die Kammer erhebliche Bedenken an der von der ersten Instanz verteilten Darlegungslast hatte (vgl. zum Zusammentreffen von Urlaub und Feiertagslohn nur Schmitt, EFZG, 6. Aufl., § 2 Rz. 55; ErfK-Dörner, 11. Aufl., § 2 EFZG Rz. 9).

2. Ein über § 2 EFZG hinausgehender Anspruch auf Zahlung von 380,40 € brutto ist dem für die Parteien geltenden Tarifrecht nicht zu entnehmen:

Für die Parteien gilt kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme der MTV. Der MTV 2009 hat gem. § 11 MTV 2009 den MTV 2003 abgelöst. Eine dem früheren § 24 Ziff. 5 MTV 2003 vergleichbare Vorschrift existiert nicht (mehr). Aus § 6 MTV 2009 ist ein Anspruch auf Feiertagslohnbezahlung über die gesetzliche Zahlungspflicht nach § 2 EFZG hinaus gerade nicht zu entnehmen.

3. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist ebenfalls nicht zu ersehen. Die vom Kläger aufgeführten Beispiele sind Ausfluss der verschiedenen Konsequenzen von Freistellungen aufgrund unterschiedlicher Normen bzw. Vereinbarungen:

a) Besteht wie bei den Parteien ein Schichtplan mit unterschiedlichen Arbeits- und Freischichten und fällt eine Freischicht auf einen Feiertag, fällt die Arbeitspflicht nicht monokausal wegen des Feiertags aus, sondern wegen der (bezahlten) Freischicht. Nichts anderes regelt § 6 S. 1 MTV 2009. Fällt hingegen auf einen Feiertag eine Arbeitspflicht, so ist dieser Tag zu vergüten, wenn er wegen des Feiertags ausfallen würde. Arbeitet der Arbeitnehmer hingegen wie in der Branche der Parteien nicht unüblich auch am Feiertag, erhält er ebenfalls keine Feiertagsbezahlung, sondern Entgelt mit entsprechenden (Feiertags) Zuschlägen.

b) Ob möglicherweise § 6 S. 2 und insbesondere S. 3 MTV 2009 gegen den gem. § 12 EFZG unabdingbaren § 2 EFZG verstoßen, ist für den vorliegenden Fall irrelevant.

c) Ob in Irland oder anderen Staaten der EU wie Großbritannien oder auch Frankreich andere Regeln zur Feiertags- bzw. Urlaubsregelung bestehen, nach denen der Kläger nach seiner Behauptung Feiertagslohnzahlung erhalten hätte, löst keinen Verstoß gegen einen nicht existierenden europarechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz aus. Ein Verstoß gegen Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG vom 04.11.2003 ist ebenfalls nicht zu ersehen, da der Kläger seinen Urlaub bezahlt erhält und die freien Tage am 25. und 26.12.2009 sowie am 02. und 05.04.2010 ebenfalls, allerdings nicht als Urlaubstage, sondern als Freischichttage im Rahmen seiner monatlichen Bezahlung.

4. Endlich kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte dem Kläger gesetzliche Feiertage zu vergüten hat, wenn diese in einen genehmigten Urlaub fallen.

a) Dies folgt allerdings nicht aus den Argumenten zu 2 und 3 der Gründe. Denn grundsätzlich hat die Beklagte dem Kläger gesetzliche Feiertage zu vergüten, wenn diese in einen genehmigten Urlaub fallen (vgl. dazu bereits BAG 31.05.1988 - 1 AZR 200/87 - EzA Art. 9 GG Arbeitskampf Nr. 78; ErfK/Dörner, aaO., § 2 EFZG Rz. 9; Schmitt, aaO., § 2 Rz. 55; HWK/Schliemann, 4. Aufl. § 2 EFZG Rz. 19; Neumann/F., BurlG, 10. Aufl., § 3 Rz. 27 m. w. N.).

b) Fallen hingegen Freischichten oder sonstige Freistellungen und gesetzliche Feiertage zusammen, entfällt eine Feiertagslohnzahlungspflicht nach dem EFZG bzw. dem MTV 2009 (vgl. bereits BAG 20.06.1969 - 3 AZR 276/68 - EzA § 1 Feiertagslohnzahlungsgesetz Nr. 12).

c) Da die Feststellungsklage auch den Fall b umfasst, war sie als unbegründet abzuweisen.

III. Die Berufung des Klägers war daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

IV. Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.

Vorschriften§ 2 EFZG

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