13.12.2011 · IWW-Abrufnummer 114125
Amtsgericht Landsberg/Lech: Urteil vom 10.05.2011 – 1 C 1146/10 WEG
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
1 C 1146/10 WEG
In dem Rechtsstreit ... erlässt das Amtsgericht Landsberg am Lech durch den Richter am Amtsgericht XXX auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13.04.2011 folgendes Endurteil
Tenor:
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist Bauträgerin und Miteigentümerin der verfahrensgegenständlichen WEG. In der Eigentümerversammlung vom 07.12.2010 wurde unter TOP 5 Folgendes beschlossen:
"VII. Die bisher aufgelaufenen Kosten (Sachverständiger XXX Schreiner, Dachdeckerfirma) in Höhe von rund 3.300,00 EUR werden gebilligt und genehmigt und können von gemeinschaftlichen Mitteln bezahlt werden.
VIII. Zur Finanzierung der Kosten wird eine Sonderumlage in einer gesamten Höhe von 10.000,00 EUR beschlossen. Dieser Betrag wird nach Miteigentumsanteilen auf die einzelnen Sondereigentumseinheiten verteilt, wobei auf einen Miteigentumsanteil der Betrag von 10,00 EUR entfällt. Die Sonderumlage wird durch die Hausverwaltung fällig gestellt. Diese kann den Betrag insgesamt oder in Teilbeträgen fällig stellen, wobei die jeweilige Fälligstellung im Innenverhältnis der Zustimmung des Bauausschusses bedarf."
Hintergrund der Beschlussfassung war, dass nach Mitteilung der Hausverwaltung in der Wohnungseigentümerversammlung ein Eigentümer einen Sachverständigen beauftragt hat, der ausschließlich Mängel am Gemeinschaftseigentum festgestellt hat.
Entsprechend des Vorschlags der Verwaltung sollte beschlossen werden, dass die angefallenen Kosten von der WEG übernommen werden. Von der Abstimmung über den Beschluss wurde die Klägerin als Betroffene ausgeschlossen.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass dies zu Unrecht erfolgt sei und sie hätte mit abstimmen dürfen und müssen. Sie sei als Bauträgerin zwar vorbelastet, zu den privaten Kosten eines Gutachters hätte sie aber, ebenso wie zu der Sonderumlage, mitentscheiden müssen, zumal sie an den Kosten des Rechtsanwalts gegen sich selbst beteiligt werden sollte. Die beschlossene Kostenübernahme entspreche auch nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil gegenüber der Klägerin gar keine Mängelrüge erhoben worden sei. Es stünde noch gar nicht fest, dass Kosten anfallen, weil weder eine Mängelrüge, noch ein Erfolg oder eine Verweigerung der Nachbesserung abgewartet worden sei. Die Abstimmung sei auch nicht, wie im Protokoll ausgewiesen, "einstimmig" ausgegangen, weil die Klägerin von der Abstimmung ausgeschlossen war.
Die Klägerin beantragt zu erkennen:
Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 07.12.2010 unter Tagesordnungspunkt 5, VII. und VIII. ist ungültig, hilfsweise nichtig.
Die Beklagten beantragen
Klageabweisung.
Sie sind der Auffassung, dass ein Ausschluss von der Abstimmung gem. § 25 Abs. 5 WEG zu Recht erfolgt sei. Weil die übrigen, nicht ausgeschlossenen Miteigentümer, alle zugestimmt hätten, sei der Beschluss auch einstimmig gefasst worden. Der Beschluss entspreche auch ordnungsgemäßer Verwaltung. Eine Eigentümerin habe den Sachverständigen XXX zur Überprüfung beauftragt. Die Hausverwaltung sei entsprechend informiert worden. Der Sachverständige habe an der Einheit der Miteigentümerin ausschließlich Mängel an Gemeinschaftseigentum festgestellt. Aus diesem Grunde sei die Erstattung der Kosten gebilligt und genehmigt worden. Der Sachverständige XXX sei bereits zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums beauftragt gewesen und somit mit dem Objekt vertraut.
Zur Ergänzung des Sach- u. Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll vom 13.04.2011 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin war wegen einer bestehenden Interessenkollision nicht stimmberechtigt gem. § 25 Abs. 5 WEG. Der Beschluss betrifft die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber der Klägerin als Bauträgerin. Es wurde auch bereits über die Einleitung von vorprozessualen und gerichtlichen Maßnahmen beschlossen. Überdies würde es sich nur um einen formalen Mangel handeln, der nur dann zu einer Unwirksamerklärung auf Grund einer Anfechtung führen würde, wenn sich die Stimme auf das Beschlussergebnis ausgewirkt hätte (vgl. Spielbauer/Then, WEG, § 25 Rn.33), was hier aber nicht der Fall ist.
Der Beschluss widerspricht nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Gem.§ 16 Abs. 2 WEG hat jeder Wohnungseigentümer die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums und die Kosten der Verwaltung anteilig zu tragen. Es geht vorliegend nicht um die Frage, ob der Eigentümer, der ohne vorherige Beschlussfassung einen Sachverständigen beauftragt hat, von der WEG die Übernahme der Kosten verlangen kann. Die WEG hat vielmehr (einstimmig) beschlossen, diese Kosten freiwillig zu übernehmen, weil der Sachverständige ausschließlich Mängel am Gemeinschaftseigentum festgestellt hat. Da der WEG grundsätzlich ein Ermessensspielraum zuzubilligen ist, widerspricht die übernommene Kostentragung nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.
Der Beschluss verstößt auch nicht gegen eine Rechtsvorschrift, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann oder gegen sonstige wesentliche Grundsätze des Wohnungseigentumsrechts. Eine Nichtigkeit des Beschlusses kommt deswegen auch wegen der in der mündlichen Verhandlung vom 13.04.2011 gerügten übrigen Fehler nicht in Betracht. Das Gericht würde hier, selbst wenn die materielle Anfechtungsbegründungsfrist gewahrt wäre, auch keine Gründe für eine Unwirksamkeit des Beschlusses sehen. Es ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, dass mehrere Regelungen zu einem einheitlichen Themenkomplex mit einem Beschluss zur Abstimmung gestellt wurden. Ob die Gutachterkosten letztendlich vom Bauträger übernommen werden müssen, ist für die aus freien Stücken übernommene Verpflichtung zur Übernahme der Gutachterkosten nicht relevant. Diese Frage kann abschließend nur gerichtlich geklärt werden. Maßgeblich ist allein, dass die Übernahme der Kosten aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist und nicht gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung verstößt. Die Höhe der Sonderumlage von 10.000,- EUR basiert naturgemäß auf einer Schätzung. Die Art der abzuschließenden Verträge zur Verfolgung der Gewährleistungsrechte sowie die hierbei zu vereinbarenden Stundenlöhne wurden im Beschluss geregelt. Über die Sonderumlage ist letztendlich abzurechnen. Die Höhe der Sonderumlage ist daher nicht zu beanstanden.
Prozessuale Nebenentscheidungen: §§ 91, 708 Nr.11, 711 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 3:724,00 EUR festgesetzt.
Richter am Amtsgericht
Verkündet am 10.05.2011