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27.01.2012

Hessisches Landesarbeitsgericht: Urteil vom 05.09.2011 – 7 Sa 537/11


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wetzlar vom 15. März 2011 - 3 Ca 430/10 - wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Auslegung einer Klausel in einem gerichtlichen Vergleich sowie die sich daraus ergebende Höhe eines Zahlungsanspruchs des Klägers.

Zwischen den Parteien bestand ein Arbeitsverhältnis, das auf Grund eines Vergleichs am 31. März 2011 im gegenseitigen Einvernehmen beendet werden sollte. Das Zustandekommen dieses Vergleichs wurde im Verfahren 3 Ca 313/10 vom Arbeitsgericht Wetzlar durch Beschluss vom 27. August 2010 festgestellt, nachdem die Prozessbevollmächtigten zuvor per E-Mail und telefonisch über verschiedene Vorschläge verhandelt hatten.

Nr. 3 des gerichtlichen Vergleichs lautet:

"Das Arbeitsverhältnis kann durch den Kläger mit einer Ankündigungfrist von einer Woche früher beendet werden. In diesem Fall erhält der Kläger für jeden vollen Monat des vorzeitigen Ausscheidens vor dem 31. März 2011 80% der Bruttovergütung von monatlich 5.100 € als Abfindung. Sollte die Beendigungserklärung im Laufe des Monats zugehen, wird der Betrag von 80% für diesen Monat zeitanteilig bezahlt. Dieser Betrag wird im Austrittsmonat bezahlt."

Der Kläger beendete das Arbeitsverhältnis vorzeitig durch entsprechende Erklärung zum 04. September 2010. Die Beklagte errechnete einen Abfindungsanspruch in Höhe von 36.520,00 € brutto und zahlte den sich daraus ergebenden Nettobetrag an den Kläger aus.

Der Kläger hat die Meinung geäußert, der Vergleich sei so zu verstehen, dass die genannte Zahl von 5.100,00 € bereits 80% der monatlichen Bruttovergütung darstellen solle. Dies folge aus den Erläuterungen, die sein Prozessbevollmächtigter in einer E-Mail vom 13. August 2010 zur Berechnung der monatlichen Bruttovergütung abgegeben hat. Auf dieser Grundlage macht er die Differenz zu dem von ihm errechneten Betrag im Klagewege geltend. Wegen des Inhalts der E-Mail wird auf Bl. 12 d.A. verwiesen.

Wegen des zu Grunde liegenden Sachverhalts im Übrigen, des Vorbringens der Parteien und ihrer Anträge erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 41 - 43 d.A.) verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und dies damit begründet, dass der Wortlaut der Vereinbarung eindeutig und keiner Auslegung zugänglich sei. Es sei auch nicht erkennbar, dass die Parteien der Erklärung übereinstimmend einen anderen Inhalt zugemessen hätten, der nicht im Wortlaut zum Ausdruck kam.

Gegen dieses Urteil vom 15. März 2011, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung des Klägers.

Der Kläger äußert die Auffassung, die Formulierung in Nr. 3 des Vergleichs sei nicht eindeutig, sondern unklar. Sie könne entweder bedeuten, dass der maßgebliche Abfindungsbetrag erst mit 80% aus dem angegebenen Betrag von 5.100,00 € zu errechnen ist oder dass der maßgebliche Betrag bereits aus der hier nicht genannten Bruttovergütung errechnet und mit 5.100,00 € angegeben wurde.

Bei der Entscheidung, welcher Auslegungsmöglichkeit hier der Vorrang gegeben wird, müsse maßgeblich die Berechnung der monatlichen Bruttovergütung in der E-Mail vom 13. August 2010 herangezogen werden. Daraus folge der explizit ausgeführte Wille des Klägers, dass der ermittelte Betrag von 5.100,00 € bereits der monatliche Abfindungsbetrag darstellen sollte. Mit dieser Regelung habe sich die Beklagte telefonisch einverstanden erklärt und nur zwei Änderungen gewünscht, die diesen Teil der Vereinbarung aber nicht betrafen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 15. März 2011 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Wetzlar, Az. 3 Ca 430/10, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.610,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Oktober 2010 zu zahlen.

Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Berufung und verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung vom 02. Mai 2011 (Bl. 64 - 71 d.A.) und die Berufungsbeantwortung vom 07. Juli 2011 (Bl. 77 - 83 d.A.) sowie den weiteren Schriftsatz des Klägers vom 22. Juli 2011 (Bl. 87 - 89 d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

I. Die nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers ist zulässig.

II. Die Berufung ist jedoch in der Sache unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Das Berufungsgericht schließt sich dem angefochtenen Urteil im Ergebnis und in der Begründung an (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Der Inhalt der Berufungsbegründung gibt lediglich Anlass zu folgender Ergänzung:

Der erneute Hinweis des Klägers auf die Entstehungsgeschichte des Vergleichs ist nicht geeignet, zu einer anderen Auslegung der Abfindungsregelung zu kommen, denn bei der Auslegung einer vertraglichen Vereinbarung i.S.d. §§ 133, 157 BGB ist zunächst vom Wortlaut der Regelung auszugehen. Dieser ist tatsächlich entgegen der Annahme des Klägers eindeutig. Die Formulierung "80% der Bruttovergütung von monatlich 5.100 € als Abfindung" lässt nur die Berechnung der Abfindung in der Weise zu, dass von einem Grundbetrag in Höhe von 5.100,00 € auszugehen ist, von dem der Kläger 80% verlangen kann. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn 5.100,00 € als Abfindungsbetrag und "80% der Bruttovergütung" als Erläuterung - z.B. in einem Klammerzusatz - genannt worden wären. Gerade der Einschub "von monatlich" lässt aber eine Auslegung, wie sie der Kläger vornehmen will, nicht zu, denn dadurch wird deutlich gemacht, dass sich die Bruttovergütung im Sinne der Abfindungsberechnung auf 5.100,00 € beläuft.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch angenommen, dass von diesem eindeutigen Wortlaut nur abgewichen werden kann, wenn die Parteien übereinstimmend dem eindeutigen Wortlaut einen anderen Inhalt beigemessen haben. Dies ist aber hier gerade nicht der Fall, denn die Beklagte hat bei ihrer gegenüber dem Gericht abgegebenen Anregung zum Vergleichsvorschlag nicht auf eine zuvor erhaltene E-Mail des Klägers Bezug genommen, sondern die Klausel entsprechend ihrem ursprünglichen Vorschlag vom 14. Juni 2010 (Bl. 7f d.A.) formuliert, nun aber statt 4.900,00 € den Betrag von 5.100,00 € eingesetzt. Daraus folgt, dass die Beklagte nicht etwa dem Wortlaut einen anderen Sinn beimessen wollte, sondern an diesem Wortlaut mit geändertem Betrag festhalten wollte.

Wenn der Kläger seinerseits eine andere Regelung wollte, hätte er dies spätestens nach der Übersendung des gerichtlichen Vergleichsvorschlags ausdrücklich äußern müssen, um noch eine Veränderung in seinem Sinne zu erreichen. Nachdem beide Parteien dem gerichtlichen Vergleichsvorschlag zugestimmt hatten, war dies nicht mehr möglich.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Für die Zulassung des Rechtsmittels der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG bestand keine gesetzlich begründbare Veranlassung.

VorschriftenBGB § 133, BGB § 157

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