03.07.2003 · IWW-Abrufnummer 031488
Landgericht Mainz: Urteil vom 01.04.2003 – 6 O 208/02
Die Planung eines Architekten ist mangelhaft, wenn sie dazu führt, dass die Mindestanforderungen gemäß Garagenverordnung an die Breite der Fahrgassen im Bereich von Stellplätzen oder Garagen nicht erfüllt werden.
LG Mainz, Urteil vom 01.04.2003 - 6 O 208/02
In dem Rechtsstreit
.....
wegen Schadensersatz
hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Mainz auf die mündliche Verhandlung vom 25. Februar 2003 durch die Richterin am Landgericht Beer als Einzelrichterin
für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 25.564,59 Euro nebst 4% Zinsen hieraus seit dem 9.4.2001 zu zahlen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 32.700,-- Euro.
Tatbestand:
Die Kläger machen Schadensersatz wegen Schlechterfüllung eines Architektenvertrages geltend.
Die Kläger errichteten als Bauträger das Mehrfamilienhaus ##### in #####.
Der Beklagte hat als Architekt die Entwurfs- und Genehmigungsplanung erstellt und hatte die Bauüberwachung inne.
Entsprechend der Anzahl der Wohnungen wurden neun Stellplätze geplant und errichtet, davon drei im Freien und sechs Stellplätze in einer Garage im Untergeschoss des Objektes.
Nach einer Umplanung von K 1 (Bl. 7 GA) auf K 2 (Bl. 8 GA) erfolgte die Bauausführung wie auf Plan K 2 ersichtlich.
Die einzelnen Wohnungen nebst Stellplätzen wurden von den Kl ägern an die Erwerber veräußert.
Die zwischen den Stellplätzen und den Garagen bestehende Fahrgassenbreite beträgt ca. 5,50 m. Die Garage P 1 wird derzeit - nach Vortrag der Kläger, weil sie nicht mit dem Pkw erreicht werden könne- zum Abstellen von Gartengeräten genutzt. Die Parteien haben in der Vergangenheit über Lösungsmöglichkeiten verhandelt, die jedoch gescheitert sind, vor allem im Hinblick auf realistische Umplanungen bzw. Neuerstellung eines Stellplatzes sowie die hieraus entstehenden Kosten.
Die Kläger sind der Ansicht,
der Beklagte habe in eklatanter Weise gegen § 4 Abs. 2 der Garagenverordnung Rheinland-Pfalz verstoßen. Bei einer Stellplatzbreite von 2,30 m und einer Anordnung der Stellplätze zur Fahrgasse - wie hier- im Winkel von 90 Grad müsse diese Fahrgasse 6,50 m breit sein. Die mangelnde Zufahrtsbreite führe dazu, dass die Garage P 1 überhaupt nicht, die Garage P 2 nur nach mehrmaligem Rangieren mit kleineren Fahrzeugen und auch die Garagenplätze 3 und 4 nur eingeschränkt benutzbar seien. Die Käuferin der die Garage P 1 zugeordneten Wohnung habe bereits Klage gegen sie erhoben (Az: 4 0 124/01 Landgericht Mainz).
Die einzige praktikable Lösung des Problems sei die, einen zusätzlichen Stellplatz im Bereich des jetzigen Mülltonnenstandplatzes herzustellen. Dieser könne dann als Ersatz für die nicht benutzbare Garage P 1 dienen. Bei den übrigen verbleibe es jedoch weiterhin bei der eingeschränkten Nutzbarkeit. Die vom Beklagten als Sanierungsvorschlag eingebrachte Neuanordnung der Stellplätze sei nicht realisierbar. Der in den Planungen zugrunde gelegte verlauf der Grundstücksgrenze stimme nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten überein. Die Kosten für die Herstellung eines zusätzlichen Stellplatzes beliefen sich nach Sachverständigenauskunft auf 50.000,-- DM.
Hilfsweise werde wegen der übrigen nur eingeschränkt nutzbaren Stellplätze P 2, 3 und 4 eine Minderung von je 6.000,-- DM pro Platz geltend gemacht.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 50.000,-- DM = 25.564,59 Euro nebst 4% Zinsen seit 9.4.2001 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht,
es liege - wenn überhaupt- nur ein geringer Verstoß gegen die Landesbauordnung Rheinland-Pfalz über Bau und Betrieb von Garagen vor. Da die Garagenstellplätze 2,50 m breit seien, sei die erforderliche Fahrgassenbreite von 5,50 m vorhanden. Lediglich die Garagentore wiesen eine lichte Breite von nur 2,30 m auf, woran sich die Nutzer störten. Bei etwas geschickter Fahrweise seien alle Garagen, auch die P 1, nutzbar, wenn auch mit einem Rangiervorgang.
Im übrigen könnten auch die Außenstellplätze Nr. 1, 2 und 3 weitestmöglich an die Grundstücksgrenze und zur Straßenseite verschoben werden, auf diese Weise sei eine Fahrgasse von 6,50 m zu erreichen.
In einem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz vom 27.2.2003 weist der Beklagte darauf hin, dass die Herstellungskosten eines neuen Stellplatzes im Falle der wegen der Örtlichkeit nicht möglichen Verlegung der drei Stellplätze "Sowiesokosten" seien.
Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen.
Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 7.9.2001 (Bl. 40 GA) durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Architekt Dipl.-Ing. P. sowie durch Inaugenscheinnahme der Garagenplätze.
Bezüglich des Ergebnisses wird auf das Sachverständigengutachten des Sachverständigen P. vom 7.11.2002 sowie das Protokoll des Ortstermins vom 25.2.2003 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet (§ 635 BGB a.F.).
Der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag stellt einen Werkvertrag im Sinne des § 631 BGB a.F. dar. Den Klägern steht ein Anspruch gegen den Beklagten wegen eines Planungsverschuldens zu. Die Planungsaufgaben des Architekten sind in § 15 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 HOAI umrissen.
Die gemäß der Anlage K 2 letztlich zur Ausführung gelangte Ausführungsplanung (§ 15 Abs. 2 Nr. 5 HOAI) ist fehlerhaft. Denn die in der Ausführungsplanung geplante Fahrgassenbreite, die auch so erstellt wurde, von lediglich 5,50 m ist zu gering bemessen gewesen. Damit liegt ein Verstoß gegen § 4 der Garagenverordnung Rheinland-Pfalz vor. Denn § 4 Garagenverordnung erfordert bei einer Aufstellung von Stellplätzen im rechten Winkel zur Fahrgasse (90 Grad) eine Fahrgassenbreite von 6,50 m. Somit ist diese Fahrgassenbreite um ca. 1 m unterschritten. Unabhängig von der mit dem öffentlichen Recht somit nicht in Einklang stehenden Planung führte diese auch tatsächlich zu einer Beeinträchtigung bzw. teilweisen Nichtnutzbarkeit der Garagen. Der Sachverständige P. hat festgestellt, dass sich die Garagenboxen entweder gar nicht oder nur sehr schwer anfahren lassen. Hiervon hat sich die Kammer auch bei der Ortsbesichtigung selbst überzeugt. Falls die drei Außenstellplätze besetzt sind, ist eine Zufahrt zur Garage P 1 nicht möglich. Ein Planungsfehler liegt aber immer dann vor, "wenn die geplante Ausführung des Bauwerks notwendigerweise zu einem Mangel des Bauwerks führen muss" (BGH in Schäfer-Finnern, Z 3.01 Blatt 441 = NJW 71, 92). Der Beklagte hat diesen Mangel zu vertreten (§ 276 BGB a.F.). Dem Beklagten hätte bereits bei ordnungsgemäßer Planerstellung auffallen müssen, dass die von ihm ausgewiesenen Stellplätze bzw. Garagenplätze einer ordentlichen und vertraglich zugesicherten Nutzung nicht zugänglich waren. Welche Planung er hätte erstellen müssen, ob, wovon anlässlich der Ortsbesichtigung auch die Sprache war, eventuell seitlich hätte Parkraum geschaffen werden können, kann dahinstehen. Jedenfalls sind die Wohnungen mit den Garagen bzw. Stellplätzen wie geplant veräußert worden. Insoweit ist auch der Einwand des Beklagten, es handele sich nunmehr um Sowiesokosten nicht gerechtfertigt. Denn die jetzige von den Klägern beabsichtigte "Sanierung", die auch von dem Sachverständigen P. bestätigte und als richtig empfundene Lösung, baut auf dem Ist- Zustand der vorhandenen Baulichkeiten auf.
Den Klägern ist daher der vollständige Ausgleich der durch die Falschplanung entstandenen Schäden zu gewähren (vgl. BGHZ 141, 63).
Unbeachtlich ist, dass die mangelhafte Sache zwischenzeitlich verkauft ist. Denn auch nach Veräußerung der mangelhaften Sache kann der Besteller Schadensersatz für die Behebung der Mängel verlangen (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 99, 960).
Der Anspruch ist auch der Höhe nach gerechtfertigt. Eine Verbreiterung der Fahrgasse ist nicht möglich. Aufgrund der tatsächlichen räumlichen Gegebenheiten vor Ort, von denen sich die Kammer selbst überzeugt hat, ist eine Versetzung der Flächen für die Stellplätze nicht möglich. Nach den bei der Inaugenscheinnahme getroffenen Feststellungen beträgt der Abstand an der Nordgrenze von der Garage bis zur Grundstücksgrenze 12,50 m, müsste aber zur Ermöglichung der Realisierung des Vorschlages des Beklagten 13,25 m betragen. Der Abstand von der Nordgrenze in Richtung Süden ergibt zwischen Garagenwand und Grundstücksgrenze (Straße) 10,80 m und müsste nach der Planung 11,50 m betragen.
Somit verbleibt für den Ist-Zustand lediglich die Möglichkeit, einen Stellplatz im Bereich des derzeitigen Mülltonnenstandplatzes zu ermitteln. Der Sachverständige probst erachtet den Betrag von 50.000,-- DM als notwendig aufgrund der erforderlichen umfangreichen Arbeiten u.a. der Entfernung der rückwärtigen Stahlbetonwand des Mülltonnenstandplatzes, der Verlagerung dieser um ca. 5,50 m tief in das Grundstück hinein, dafür erforderliche umfangreiche Erdarbeiten, Einziehen einer neuen Stahlbetondecke einschließlich der erforderlichen Abdichtungsarbeiten sowie der Erneuerung der Begrünung. Hiergegen hat der Beklagte auch keine begründeten Einwände mehr erhoben.
Der Zinsanspruch der Klägerin zu 1) ergibt sich aus §§ 291 i.V.m. § 288 BGB.
Die Entscheidung der Kosten beruht auf § 91 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.