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01.06.2012 · IWW-Abrufnummer 121674

Sozialgericht Dresden: Beschluss vom 14.03.2012 – S 18 KA 237/11 ER

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


S 18 KA 237/11 ER

In dem Rechtsstreit
- Antragstellerin -
Prozessbevollmächtigte:
g e g e n
Kassenärztliche Vereinigung Sachsen, vertreten durch den Vorsitzenden des Vorstandes, Schützenhöhe 12, 01099 Dresden,
- Antragsgegnerin -
hat die 18. Kammer des Sozialgerichts Dresden durch den Richter am Sozialgericht Spitzer ohne mündliche Verhandlung am 14. März 2012
beschlossen:

Tenor:
I.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin berechtigt ist, bis zur Rechtskraft einer Entscheidung in der Hauptsache vertragsärztliche Leistungen auf Überweisung ermächtigter Ärzte und Einrichtungen - ausgenommen gemäß § 117 Abs. 1 SGB V ermächtigter Hochschulambulanzen - zu erbringen und die in diesem Zeitraum erbrachten Leistungen vertragsärztlich abzurechnen.
Im Übrigen wird der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt.

II.
Der Antragstellerin wird aufgegeben, binnen eines Monats nach der Zustellung dieses Beschlusses Klage auf Feststellung der Befugnis zur Erbringung und Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen auf Überweisung ermächtigter Ärzte und Einrichtungen - ausgenommen gemäß § 117 Abs. 1 SGB V ermächtigter Hochschulambulanzen - zu erheben.
III.
Von den Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin zwei Drittel, die Antragsgegnerin ein Drittel.
IV.
Der Streitwert wird auf 122.540,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.

Die Antragstellerin - eine überörtliche Gemeinschaftspraxis für Radiologie mit Sitz in D. - begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine vorläufige Klärung der Rechtslage dahingehend, dass sie zur Erbringung und Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen auf Überweisung ermächtigter Ärzte und Einrichtungen, einschließlich der Hochschulambulanzen berechtigt sei.

Im Begleitbrief vom 25.10.2011 zur Honorarabrechnung für das Quartal II/2011 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Folgendes mit:

"Zur Abrechnung und Honorierung vertragsärztlicher Leistungen ist dem Vorstand der nachfolgende Hinweis wichtig. Im Zusammenhang mit einem aktuellen Rechtsstreit mit dem MVZ des Uniklinikums in Dresden und teilweise in der Öffentlichkeit ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten sind die nachstehenden allgemeinen Bemerkungen zu verstehen:

Ermächtigte Ärzte und Einrichtungen sind grundsätzlich nicht dazu berechtigt, Überweisungen auszustellen. Dies folgt bereits aus der Feststellung, dass Ermächtigte keine Vertragsärzte gemäß BMV § 1a Nr. 4 sind. Auch die Tatsache, dass mit der Ermächtigung nur ein eingeschränktes Leistungsspektrum eingeräumt wird, kann nicht die Berechtigung zur Überweisung begründen. Aus einer Analyse Ihrer Abrechungen ist uns bekannt, dass diesem Grundsatz in vielen Fällen nicht entsprochen wird.

Besonders auffällig erscheinen hierbei die Hochschulambulanzen der Universitäten zu sein. Die KV Sachsen bittet deshalb, insbesondere Überweisungen von den genannten Ambulanzen zukünftig abzulehnen. Die Notwendigkeit der Erbringung zusätzlicher diagnostischer oder therapeutischer Leistungen kann problemlos über den Arztbrief dem Vertragsarzt mitgeteilt werden. Für die Wirtschaftlichkeit ist dieser dann bei Erbringung der Leistung selbst verantwortlich. Überdies gilt es festzustellen, dass insbesondere weitergehende diagnostische Leistungen (Radiologie, Labor, Pathologie ...) durch die pauschale Vergütung über den Hochschulpoliklinikvertrag bereits vergütet sind, in der Einrichtung auch erbracht werden können und aus diesem Grund nicht zu überweisen sind.

Überweisungen von Hochschulambulanzen haben folgende Betriebsstättennummern (BSNR) und sind so leicht zu erkennen:

Universität D.: [...] bis [...]

Universität L.: [...] bis [...]

Speziell hier gilt es, ungerechtfertigten Leistungsverlagerungen entgegenzutreten. Unabhängig von der Fokussierung auf die Hochschulambulanzen und der dortigen Besonderheit der pauschalen Vergütung gilt das Gesagte für alle ermächtigten Ärzte/Einrichtungen."

Mit Schreiben vom 22.11.2011 erhob die Antragstellerin gegen das Begleitschreiben vom 25.10.2011 Widerspruch.

Darüber hinaus wandte sich die Antragstellerin am 19.12.2011 mit einem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz an das Sozialgericht Dresden. Sie sieht in dem Schreiben einen Eingriff in ihre Rechte und eine Bedrohung für die Sicherstellung der Patientenversorgung. Die dem Schreiben zu Grunde liegende Rechtsauffassung sei falsch. Gleichwohl überwiesen auf Grund des Begleitschreibens teilweise bereits jetzt ermächtigte Ärzte und Einrichtungen keine Patienten mehr, wodurch ihr unmittelbare Honorarausfälle entstünden. Würden ermächtigte Ärzte und Einrichtungen dagegen weiterhin Patienten überweisen, sehe sie sich dem Risiko ausgesetzt, entweder kostenintensive Leistungen unter Inkaufnahme eines späteren Honorarausfalls zu erbringen oder die Patienten unter entsprechendem Honorarverlust möglicherweise zu Unrecht abzuweisen. Eine Klarstellung sei daher dringend erforderlich.

Bei dem Begleitschreiben zur Honorarabrechnung handele es sich um einen Verwaltungsakt. Der Widerspruch hiergegen entfalte aufschiebende Wirkung, die - nachdem die Antragsgegnerin dem Begleitschreiben mit Schreiben vom 30.11.2011 die Verwaltungsaktqualität abgesprochen habe - vom Gericht deklaratorisch festzustellen sei. Hilfsweise möge die Berechtigung zur Leistungserbringung auf Überweisung ermächtigter Ärzte und Einrichtungen im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig festgestellt werden.

Einem Überweisungsverbot fehle die Rechtsgrundlage. § 87 Abs. 1 SGB V ermächtige die Partner der Bundesmantelverträge nicht zu einer solchen Einschränkungen des Versorgungsumfangs. Auch ermächtigte Ärzte und Einrichtungen seien überweisungsbefugt, da sie im Umfang der Ermächtigung wie jeder Vertragsarzt an der vertragsärztlichen Versorgung teilnähmen (Verweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 28.10.1992, Az. 6 RKa 28/90). Die Berufsordnung verpflichte Ärzte unabhängig von der Form ihrer Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ausdrücklich zur Überweisung. Ermächtigte Ärzte und Einrichtungen seien nach der Gesetzesbegründung des Gesundheits-Reformgesetzes den Vertragsärzten gleichgestellt, denn die Ermächtigung solle gerade Lücken in der vertragsärztlichen Versorgung schließen (Verweis auf Deutscher Bundestag, Drucksache 11/2237, Seite 195). Beschränkungen des Umfangs der Ermächtigung trügen der Bedarfslage Rechnung und erstreckten sich nicht auf die Befugnis und ggf. die Pflicht, den Patienten zu überweisen. Der Begriff "Vertragsarzt" in § 24 Abs. 1 BMV-Ä umfasse nicht nur zugelassene Ärzte, sondern alle Teilnehmer an der vertragsärztlichen Versorgung, beispielsweise auch Medizinische Versorgungszentren. Im Falle eines generellen Überweisungsausschlusses für ermächtigte Ärzte und Einrichtungen wäre zudem die ausdrückliche Überweisungsbeschränkung für ermächtigte Krankenhausfachambulanzen in § 24 Abs. 2 2. Unterabsatz BMV-Ä überflüssig. Die Norm gelte ohnehin nicht für ermächtigte Ärzte und zudem nur für Einrichtungen nach § 311 SGB V. Radiologische Leistungen könnten auch nicht in verselbständigten Organisationseinheiten desselben Krankenhauses im Sinne dieser Regelung erbracht werden. Verlautbarungen der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin zur Praxisgebühr setzten die Überweisungsbefugnis für ermächtigte Ärzte und Einrichtungen voraus. Der Vordruckvereinbarung lasse sich kein Hinweis auf eine Überweisungsbeschränkung für Ermächtigte entnehmen. Die Antragsgegnerin selbst habe noch im Verfahren vor dem Sozialgericht Dresden Az. S 18 KA 250/06 (anhängig beim Sächsischen Landessozialgericht, Az. L 1 KA 26/10) die Überweisungsbefugnis persönlich ermächtigter Ärzte und ermächtigter Einrichtungen mit Ausnahme der Hochschulambulanzen anerkannt. Die Patienten zunächst, wie von der Antragsgegnerin intendiert, zum Ausgangsarzt zurückzuschicken, damit dieser dann die Überweisung ausstelle, würde die Behandlung ohne Sinn verzögern und nur zusätzliche Kosten auslösen. In dem von der Antragsgegnerin zitierten Urteil vom 30.01.2002, Az. B 6 KA 12/01 R, habe das Bundessozialgericht gerade die Befugnis eines ermächtigten Arztes bestätigt, auf Überweisung eines anderen ermächtigten Arztes tätig zu werden.

Ein Anordnungsgrund für eine einstweilige Anordnung ergebe sich aus dem durch die derzeitige Rechtsunsicherheit begründeten Leistungs- und Vergütungsrisiko. Die Antragstellerin treffe eine Obliegenheit, den drohenden Schaden durch einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zu mindern (Verweis auf Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 13.05.2005, Az. 14 U 164/03). Die Antragstellerin behandele pro Quartal 285 Patienten auf Überweisung durch ermächtigte Ärzte (mindestens ca. 95) und Hochschulambulanzen (bis ca. 190), was einem Honorarvolumen von 30.635 EUR bei einem durchschnittlichen Gesamtquartalsumsatz der Praxis von etwa [...] EUR entspreche. Angesichts eines Fixkostenanteils von 85 bis 90 Prozent würden Honorareinbußen kaum durch ersparte Aufwendungen kompensiert. Ein annähernd zu 100 Prozent gewinnmindernder Honorarausfall von 122.540 EUR im Jahr würde den Jahresgewinn der Praxis von ca. [...] EUR auf weniger als [...] EUR vermindern, was nicht ausreiche, um den Lebensunterhalt der [...] Gesellschafter und den Schuldendienst zu decken. Dies gefährde die Existenz der Praxis. Eine einstweilige Anordnung sei auch im Interesse der Patientenversorgung geboten, zumal es vielfach um die Diagnostik von Karzinomerkrankungen gehe.

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass ihr Widerspruch vom 22.11.2011 gegen das dem Honorarbescheid für das 2. Quartal 2011 beigefügte Honorarbegleitschreiben vom 25.10.2011 aufschiebende Wirkung hat,

hilfsweise

festzustellen, dass die Antragsgegnerin bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache berechtigt ist, auf Überweisung von persönlich ermächtigten Ärzten und Einrichtungen, insbesondere Hochschulambulanzen, Patienten zu behandeln.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Das Begleitschreiben zur Honorarabrechnung sei kein Verwaltungsakt. Es handele sich lediglich um eine Information, ohne eine Nichtvergütung bestimmter Leistungen in Aussicht zu stellen. Die Sicherstellung der Versorgung sei nicht gefährdet. Die bislang auf Überweisung ermächtigter Hochschulambulanzen erbrachten Leistungen könnten innerhalb des jeweiligen Universitätsklinikums erbracht werden; im Übrigen seien die von ermächtigten Ärzten und Einrichtungen erbrachten Leistungen auf Überweisung eines Vertragsarztes, namentlich des durch einen Arztbrief informierten Hausarztes oder eines niedergelassenen Facharztes, abrechenbar. Der berufsrechtlichen Pflicht zur Hinzuziehung weiterer Ärzte müsse der ermächtigte Arzt nicht zwingend durch eine Überweisung nachkommen. Die Veranlassung der weiteren Leistung durch einen Arztbrief an einen niedergelassenen Arzt sei ausreichend. Zur Überweisung befugt seien nach den bundesmantelvertraglichen Vorschriften Vertragsärzte. Ermächtigte zählten nach der Begriffsdefinition in § 1a BMV-Ä nicht hierzu. § 24 Abs. 2 2. Unterabsatz BMV-Ä bzw. § 27 Abs. 2 2. Unterabsatz EKV seien als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet und bezeichneten den einzigen Fall, in dem eine Überweisung durch ermächtigte Ärzte und Einrichtungen zulässig sei. Das Bundessozialgericht habe bereits im Urteil vom 30.01.2002, Az. B 6 KA 12/01 R klargestellt, dass ermächtigte Ärzte keine weiteren Leistungen mittels Überweisung veranlassen dürften. Nach dieser Entscheidung hätten ermächtigte Krankenhausärzte die Überweisung an einen fachlich spezialisierten Arzt zur Durchführung weiterführender Untersuchungen durch den behandelnden niedergelassenen Arzt zu veranlassen.

II.

Der Hauptantrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen das Begleitschreiben zur Honorarabrechnung festzustellen, ist unzulässig. Der Widerspruch gegen das Begleitschreiben entfaltet keine aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 1 SGG, weil er unzulässig ist. Das Begleitschreiben ist kein Verwaltungsakt, ein Widerspruch hiergegen nicht statthaft. Das Schreiben beinhaltet keine Regelung. Es mag darauf gerichtet sein, das Überweisungsverhalten tatsächlich zu beeinflussen. Es entfaltet indessen keine rechtlichen Folgen. Vielmehr handelt es sich um eine Mitteilung über die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin ohne unmittelbare Rechtswirkung nach außen im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X.

Der Hilfsantrag, im Wege einer einstweiligen Anordnung die Abrechnungsbefugnis der Antragstellerin für auf Überweisung erbrachte Leistungen vorläufig festzustellen, hat dagegen teilweise Erfolg.

Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO voraus, dass der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm ein materielles Recht zusteht, für das er einstweiligen Rechtsschutz beantragen kann (Anordnungsanspruch) und dass wesentliche Nachteile drohen, die nach den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung der widerstreitenden Interessen ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache als unzumutbar erscheinen lassen (Anordnungsgrund).

Der Antrag auf eine vorläufige Feststellung ist auf Grundlage des § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG zulässig. Eine einstweilige Anordnung kann auch als Feststellung ergehen, wenn in der Hauptsache eine Feststellungsklage statthaft ist und ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund in Bezug auf die begehrte Feststellung vorliegen. Diese Voraussetzungen sind hier - hinsichtlich der Abrechnungsbefugnis für auf Überweisung sonstiger Ermächtigter außer Hochschulambulanzen erbrachte Leistungen - teilweise erfüllt.

Zwischen den Beteiligten des Antragsverfahrens liegt ein der gerichtlichen Feststellung zugängliches streitiges Rechtsverhältnis in Bezug auf die Frage vor, ob die Antragstellerin gemäß § 13 Abs. 4 Satz 1 BMV-Ä bzw. § 7 Abs. 4 Satz 1 EKV überweisungsgebundene Leistungen auf Überweisung ermächtigter Ärzte und Einrichtungen vertragsärztlich erbringen und abrechnen darf. Die Antragstellerin sieht sich insoweit uneingeschränkt zur Leistungserbringung berechtigt. Die Antragsgegnerin hat hingegen durch den Hinweis im Begleitschreiben zum Honorarbescheid eindeutig ihre Auffassung zu Ausdruck gebracht, dass die Antragstellerin hierzu nicht befugt sei. Sie hat durch ihre Einlassung im Antragsverfahren bestätigt, sich von dieser Rechtsauffassung leiten zu lassen. Sie kann dies nicht damit in Abrede stellen, dass sie eine Nichtvergütung bestimmter Leistungen weder in Aussicht gestellt noch bislang allgemein durchgesetzt habe. Mit ihrem Hinweis versucht die Antragsgegnerin auf das Leistungs- und Abrechnungsverhalten der überweisungsgebundenen Vertragsärzte Einfluss zu nehmen und ihre Rechtsauffassung zunächst auf diesem Wege in die Praxis umzusetzen. Schon aus Gründen der Gleichmäßigkeit und Sicherheit der Rechtsanwendung unter Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) wäre die Antragsgegnerin in der Konsequenz gehalten, die von ihr als Recht erkannte Auffassung spätestens im Rahmen der bevorstehenden Honorarabrechnungen auch mit Rechtswirkung nach außen zu vollziehen, beispielweise durch sachlich-rechnerische Richtigstellungen, ohne dass die hiervon betroffenen Vertragsärzte sich dem gegenüber auf Vertrauensschutz berufen könnten. Die widerstreitenden Auffassungen der Beteiligten haben sich so weit verfestigt, dass sie als für das Handeln der Beteiligten nach außen maßgeblich und damit klärungsbedürftig erachtet werden müssen. Die Anhängigkeit eines streitigen Verfahrens in der Hauptsache ist nicht erforderlich (vgl. § 926 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG).

Die Frage der Befugnis der Antragstellerin, Leistungen auf Überweisung ermächtigter Ärzte und Einrichtungen vertragsärztlich zu erbringen und abzurechnen, ist einer Klärung im Wege der gerichtlichen Feststellung zugänglich. Sie beruht zwar im Kern auf der abstrakten Rechtsfrage, ob und mit welchen Wirkungen für Dritte ermächtigten Ärzte und Einrichtungen die Überweisung an Vertragsärzte im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung untersagt ist. Sie stellt sich aber aus konkretem Anlass, weil die Antragstellerin die genannten Leistungen im Rahmen ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit in ihrer Praxis erbringen will und sich daran durch das Überweisungsverbot gehindert sieht, und betrifft damit ein konkretes Rechtsverhältnis, nämlich die Anwendung bzw. Anwendbarkeit einer Rechtsnorm auf einen bestimmten, bereits eingetretenen und überschaubaren Lebenssachverhalt und eine daraus resultierende Rechtsbeziehung zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin. Eine Feststellungsklage wäre in der Hauptsache nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft.

Das erforderliche Feststellungsinteresse folgt daraus, dass die Antragstellerin die Zulässigkeit der Leistungserbringung auf Überweisung ermächtigter Ärzte und Einrichtungen zu Lasten der vertragsärztlichen Gesamtvergütung bestreitet und die Antragstellerin auf andere zumutbare Weise keinen wirksamen Rechtsschutz erlangen kann. Da eine unmittelbare Klagebefugnis gegen die von der Antragsgegnerin herangezogenen Regelungen in den Bundesmantelverträgen nicht besteht, könnte die angestrebte gerichtliche Klärung nur im Rahmen eines Abrechnungsstreits erfolgen. Die Antragsstellerin müsste dazu entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin die Leistungen auf Überweisung Ermächtigter erbringen und abrechnen, um anschließend im Honorarberichtigungsverfahren ihre Berechtigung zur Leistungserbringung geltend zu machen. Aufträge für derartige Leistungen könnte sie aber bei Befolgung des Überweisungsverbots durch die anderen Vertragsärzte gar nicht erhalten. Gerichtlicher Rechtsschutz wäre deshalb nur auf das Risiko hin zu erlangen, dass die am Überweisungsverkehr beteiligten Ärzte bis zur abschließenden Klarstellung der Rechtslage gegen geltende Rechtsvorschriften verstoßen. Auf diese Möglichkeit kann die Antragstellerin im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht verwiesen werden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 20.03.1996, Az. 6 RKa 21/95). Zutreffend weisen die Vertreter der Antragstellerin darüber hinaus darauf hin, dass die Beteiligten, um die aus der bestehenden Rechtsunsicherheit resultierende Gefahr eines Vermögensschadens zu minimieren, eine Obliegenheit zur vorbeugenden Klarstellung der Rechtslage - auch im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes - trifft (Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 13.05.2005, Az. 14 U 164/03). Diese zivilgerichtliche Rechtsprechung ist im Sinne der Einheitlichkeit der Rechtsordnung bei der Auslegung der sozialgerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten zu beachten.

Hinsichtlich der Befugnis, auf Überweisung ermächtigter Ärzte und Einrichtungen - mit Ausnahme der nach § 117 Abs. 1 SGB V ermächtigten Hochschulambulanzen - vertragsärztlich tätig zu werden, kann die Antragstellerin die begehrte Feststellung beanspruchen. Die Überweisungen sind zulässig.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin bedürfen ermächtigte Ärzte und Einrichtungen keiner ausdrücklichen Rechtsgrundlage in den Bundesmantelverträgen, um gesetzlich krankenversicherte Patienten an Vertragsärzte zu überweisen.

Gemäß § 95 Abs. 4 SGB V bewirkt die Ermächtigung, dass der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. § 116 Satz 2 SGB V und § 31a Satz 2 Ärzte-ZV machen die Erteilung einer Ermächtigung davon abhängig, dass die ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse der hierfür geeigneten Klinikärzte nicht sichergestellt ist. Im Umfang der Ermächtigung treten damit die ermächtigten Ärzte im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung an die Stelle zugelassener Vertragsärzte und sind diesen gleichgestellt. Gemäß § 77 Abs. 3 SGB V sind ermächtigte Krankenhausärzte zudem Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung. Daraus folgt, dass grundsätzlich ermächtigte Ärzte und Einrichtungen bei der Behandlung gesetzlich versicherter Patienten keinen anderen Rechten und Pflichten unterliegen als Vertragsärzte, soweit nicht die Ermächtigung ihre Tätigkeit zeitlich, räumlich, ihrem Umfang nach oder durch Überweisungsvorbehalte gemäß § 31 Abs. 7 Ärzte-ZV zulässig beschränkt. Beschränkungen der Überweisungsbefugnis gehören nicht zu den in § 31 Abs. 7 Ärzte-ZV genannten Bestimmungen des Inhalts der Ermächtigung. Ausdrücklich stellt der Arzt- /Ersatzkassen-Vertrag in § 8 Abs. 3 klar, dass die für Vertragsärzte getroffenen Regelungen auch für zugelassene Einrichtungen sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist. Eine entsprechende Regelung fehlt im Bundesmantelvertrag - Ärzte. Im Primärkassenbereich gilt indessen nichts Anderes.

Überweisungen gehören im arbeitsteilig spezialisierten Gefüge der medizinischen Versorgung zu den Essentialien ärztlichen Handelns. Ärzte sind unabhängig von der Form ihrer Mitwirkung an der vertragsärztlichen Versorgung schon berufsrechtlich verpflichtet, bei Bedarf Patienten an andere Ärzte zu überweisen. Zutreffend verweisen die Bevollmächtigten der Antragstellerin auf die Berufsordnung, wonach Ärztinnen und Ärzte im Interesse der Patientinnen und Patienten mit anderen Ärztinnen und Ärzten und Angehörigen anderer Fachberufe im Gesundheitswesen zusammenzuarbeiten haben. Soweit dies für die Diagnostik und Therapie erforderlich ist, haben sie rechtzeitig andere Ärztinnen und Ärzte hinzuzuziehen oder ihnen die Patientin oder den Patienten zur Fortsetzung der Behandlung zu überweisen (§ 7 Abs. 3 MBO-Ä, § 7 Abs. 3 SächsBO).

Einer besonderen Rechtfertigung und einer eindeutigen Rechtsgrundlage bedürfen vielmehr Einschränkungen dieser originären Überweisungsbefugnis. Eine Grundlage für eine durch sachliche Gründe gerechtfertigte Überweisungsbeschränkung fehlt.

Aus der Erwähnung ausschließlich von "Vertragsärzten" als Überweiser in § 24 Abs. 1, Abs. 2 1. Halbsatz, Abs. 6, 7 und 10 BMV-Ä bzw. § 27 Abs. 1, Abs. 2 1. Halbsatz, Abs. 6, 7 und 10 EKV und deren begrifflicher Abgrenzung gegenüber den nach § 311 Abs. 2 Satz 1 und 2 zugelassenen Einrichtungen, medizinischen Versorgungszentren, ermächtigten Ärzten und ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtungen in § 24 Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 27 Abs. 1 EKV folgt nichts Gegenteiliges. Zutreffend weist die Antragsgegnerin zwar darauf hin, dass § 1a Nr. 4 BMV-Ä/EKV als "Vertragsarzt" den Arzt im vollen Zulassungsstatus oder mit Teilzulassung definiert, im Gegensatz zum Begriff "Arzt", der nach § 1a Nr. 2 BMV-Ä/EKV im jeweiligen Regelungszusammenhang entweder Vertragsärzte, ermächtigte Ärzte, angestellte Ärzte oder Assistenten umfasst. Den genannten Regelungen kann jedoch nicht schon aus diesem Grunde ein allgemeines Überweisungsverbot für ermächtigte Ärzte und Einrichtungen entnommen werden. Gegenstand der Regelung sind Formalitäten der Überweisung wie die Benutzung der Muster 6 und 10 der Vordruckvereinbarung, die Vorlage des Behandlungsausweises oder der Elektronischen Gesundheitskarte sowie der Überweisung beim angewiesenen Arzt, Informations- und Dokumentationspflichten. Aus einer Beschränkung der Regelungen auf Vertragsärzte könnte daher allenfalls geschlossen werden, dass diese spezifischen Pflichten nur Vertragsärzte treffen sollen, ohne dass damit eine generelle Aussage zur Überweisungsbefugnis sonstiger Ärzte und Einrichtungen verbunden wäre. Es kann daher offen bleiben, ob die begriffliche Systematik des § 1a BMV-Ä/EKV im Bundesmantelvertrag - Ärzte überhaupt in der Konsequenz umgesetzt ist, dass nur an "Vertragsärzte" adressierte Normen für sonstige an der vertragsärztlichen Versorgung mitwirkende Ärzte und Einrichtungen tatsächlich nicht gelten sollen. Dies erscheint zumindest zweifelhaft (vgl. beispielsweise die vertragsarztbezogenen Regelungen in §§ 13 bis 16, 18, 21, 27, 29, 30, 32, 36, 45 bis 52, 57, 58, 60 und 62 BMV-Ä). Im Arzt- /Ersatzkassen-Vertrag ist die einheitliche Geltung der für Vertragsärzte getroffenen Regelungen auch für ermächtigte Ärzte und ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen dagegen in § 8 Abs. 3 EKV ausdrücklich angeordnet.

Bestätigt wird die allgemeine Befugnis auch ermächtigter Ärzte und Einrichtungen, Überweisungen an Vertragsärzte auszustellen, durch die spezielle Einschränkung in § 24 Abs. 2 2. Unterabsatz BMV-Ä bzw. § 27 Abs. 2 2. Unterabsatz EKV, wonach ermächtigte Krankenhausfachambulanzen für veranlasste Leistungen vorrangig die Ärzte der selben Einrichtung Polikliniken und Ambulatorien als verselbständigte Organisationseinheiten desselben Krankenhauses hinzuzuziehen haben. Diese Beschränkung gilt ausschließlich für ermächtigte Hochschulambulanzen [und] setzt damit die originäre Überweisungsbefugnis ermächtigter Ärzte und Einrichtungen voraus. Die Deutung der Antragsgegnerin, es handele sich bei der Norm um ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, lässt sich mit der Struktur der Regelung nicht vereinbaren. Die Überweisungsbeschränkung in § 24 Abs. 2 2. Unterabsatz Satz 1 BMV-Ä bzw. § 27 Abs. 2 2. Unterabsatz Satz 1 EKV beinhaltet die Ausnahme von der allgemeinen Überweisungsbefugnis; § 24 Abs. 2 2. Unterabsatz Satz 2 BMV-Ä bzw. § 27 Abs. 2 2. Unterabsatz Satz 2 EKV lässt als Rückausnahme hierzu das Recht zur freien Arztwahl unberührt. Würde Satz 2 den einzigen Fall einer zulässigen Überweisung durch ermächtigte Ärzte und Einrichtungen bezeichnen, hätte es des Satzes 1 nicht bedurft.

Etwas Gegenteiliges folgt nicht aus dem Urteil vom 30.01.2002, Az. B 6 KA 12/01 R. Mit dieser Entscheidung hat das Bundessozialgericht die Revision eines unter Überweisungsvorbehalt ermächtigten Radiologen zurückgewiesen, der eine Erweiterung des Kreises der überweisungsberechtigten Ärzte (Unfallchirurg des selben Klinikums) auf weitere ermächtigte Ärzte des selben Krankenhauses (insbesondere Gynäkologen und Kinderärzte) angestrebt hatte. Die Zurückweisung des Klagebegehrens beruhte allein darauf, dass mangels eines Versorgungsdefizits wegen des Vorrangs niedergelassener Ärzte der Zugang zu dem ermächtigten Arzt durch einen restriktiven Überweisungsvorbehalt zu beschränken war. Keine Einschränkung hat das Bundessozialgericht dagegen hinsichtlich der Überweisungsbefugnis der ermächtigten Krankenhausärzte gesehen. Er hat vielmehr den Überweisungsvorbehalt zu Gunsten des ermächtigten Unfallchirurgen ausdrücklich bestätigt, da ohne die Möglichkeit, Patienten an den Radiologen zu überweisen, die Ermächtigung des Unfallchirurgen möglicherweise leer liefe. In dem Zusammenhang betont das Bundessozialgericht, dass der Patient, der einen ermächtigten Krankenhausarzt zur ambulanten Behandlung aufsucht, grundsätzlich in keiner anderen Lage sei als ein Patient, der sich in die Behandlung eines niedergelassenen Vertragsarztes begibt. Beide Ärzte könnten ggf. darauf angewiesen sein, die Ergebnisse solcher diagnostischen Untersuchungen in ihre Behandlungsplanung einzubeziehen, die sie nicht selbst durchführen können.

Allerdings nimmt die Antragsgegnerin nicht ohne Grund das Urteil des Bundessozialgerichts auch für ihre Auffassung in Anspruch, da es im nächsten Satz der Entscheidungsgründe (in [...] unter Rn. 24 Satz 3) heißt, sie - d.h. sowohl der niedergelassene als auch der ermächtigte Arzt - seien "deshalb gehalten, den Patienten zur Durchführung der entsprechenden Untersuchungen an einen fachlich spezialisierten Arzt zu überweisen bzw. - soweit es ermächtigte Krankenhausärzte betrifft - die Überweisung durch den behandelnden niedergelassenen Arzt zu veranlassen." Dass ermächtigte Ärzte, anders als niedergelassene Ärzte, lediglich die Überweisung durch den behandelnden niedergelassenen Arzt sollen veranlassen können, würde in der Tat auf ein Überweisungsverbot für Ermächtigte hinauslaufen. Insoweit stehen die Urteilsgründe indessen im Widerspruch zu den vorangegangenen Ausführungen, in denen das Bundessozialgericht die Überweisungsbefugnis des ermächtigten Unfallchirurgen ausdrücklich bestätigt hat. Die Kammer sieht keine Veranlassung zu einer vertieften Exegese dieses Orakels. In Ermangelung einer widerspruchsfreien und klaren Aussage ist die Entscheidung als Quelle der Rechtsfindung zur Wahrung der Sicherheit und Einheitlichkeit der Rechtsprechung für die Instanzgerichte unbrauchbar.

Die Antragsgegnerin kann die Antragstellerin nicht darauf verweisen, Patienten nur auf Überweisung von Vertragsärzten anzunehmen, die ggf. durch die ermächtigten Ärzte und Einrichtungen zur Überweisung veranlassen sind. Die aus § 7 Abs. 3 MBO-Ä bzw. § 7 Abs. 3 SächsBO resultierende Pflicht zur Hinzuziehung eines anderen Arztes, dessen Leistung sich auf Grund der Tätigkeit des ermächtigten Arztes als erforderlich erweist, trifft zunächst unmittelbar den ermächtigten Arzt. Die Überweisung dokumentiert die Verantwortlichkeit des Arztes für die Hinzuziehung des weiteren Arztes und macht zugleich die Zuweisung nach außen hin transparent. Die bloße Veranlassung der Überweisung durch einen Dritten würde diese Funktion umgehen.

Die Antragsgegnerin hat keinen nachvollziehbaren Grund genannt, der die Empfehlung, eine Überweisung durch Dritte zu veranlassen statt sie selbst auszustellen, als sachgerecht erscheinen lässt. Schon weil Ermächtigungen in der Regel zum Ausgleich von Versorgungsdefiziten erteilt werden, kann es sich für den Patienten schon als Problem erweisen, Zugang zu einem einschlägigen Facharzt zu erlangen, um sich die vom Ermächtigten empfohlene Überweisung ausstellen zu lassen. Bei der Inanspruchnahme des Hausarztes zum Vollzug der Überweisungsempfehlung wird es dagegen an der fachlichen Qualifikation fehlen, um die Empfehlung des fachlich spezialisierten ermächtigten Arztes zur Überweisung an den dritten Arzt aus eigener Kompetenz zu beurteilen und die Überweisung selbst zu verantworten. Die Überweisung auf Empfehlung wird damit zur bloßen Formalie. Ein erkennbarer therapeutischer oder wirtschaftlicher Vorteil ist mit der (nochmaligen) Einschaltung eines Vertragsarztes nicht verbunden. Der Ablauf der Behandlung würde hierdurch ohne Not verzögert. Die Beteiligung des zusätzlichen Arztes würde vermeidbare Mehrkosten verursachen. Zudem wäre es - namentlich akut erkrankten - Patienten kaum zu vermitteln, warum sie ihre Zeit einem zusätzlichen Arztbesuch opfern sollen, der keinem anderen Zweck dient, als einen Überweisungsschein für den Zugang zum angewiesenen Arzt zu erlangen, wenn der zuvor in Anspruch genommene ermächtigte Arzt, der die Überweisung veranlasst hat, diesen ebenso gut ausstellen könnte. Nicht ohne Grund würde der Versicherte - ebenso wie die betroffenen Ärzte - dieses Vorgehen als Gängelung empfinden, der weder ein adäquater medizinischer Nutzen noch ein Gewinn an Wirtschaftlichkeit oder Transparenz gegenüber stünden. Dass letztlich am Ende dieser "Versorgungskette" der gleiche Leistungsumfang für den Versicherten stünde wie bei einer direkten Überweisung durch den ermächtigten Arzt spricht somit nicht für, sondern gegen das von der Antragsgegnerin behauptete Überweisungsverbot für ermächtigte Ärzte und Einrichtungen.

Der Anordnungsgrund für die begehrte Anordnung ergibt sich daraus, dass es der Antragstellerin unzumutbar ist, bis zur abschließenden Entscheidung in der Hauptsache, Leistungen auf Überweisung ermächtigter Ärzte und Einrichtungen - ausgenommen Hochschulambulanzen - entweder auf das Risiko ihrer fehlenden Abrechenbarkeit zu erbringen oder die hiervon betroffenen Patienten unter Inkaufnahme von Honorarausfällen generell abzuweisen. Angesichts der von der Antragstellerin dargelegten Einnahmesituation, ins Verhältnis zu den Fallzahlen der auf Überweisung ermächtigter Ärzte und Einrichtungen (ohne Hochschulambulanzen) versorgten Patienten gesetzt, umfassen die betroffenen Leistungen ein beachtliches Honorarvolumen, auf das einstweilen zu verzichten, der Antragstellerin unter Abwägungen mit den Erfolgsaussichten in der Hauptsache insoweit nicht angesonnen werden kann. Der Vorschlag der Antragsgegnerin, die von ermächtigten Ärzten und Einrichtungen behandelten Patienten mögen die Antragstellerin auf eine durch die Ermächtigten veranlasste Überweisung eines Vertragsarztes in Anspruch nehmen, lässt den Anordnungsgrund nicht entfallen, da er sich den Gestaltungsmöglichkeiten der Antragstellerin entzieht.

Die Anordnung der Klageerhebung beruht auf § 926 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG. Wird der Anordnung nicht Folge geleistet, so ist die einstweilige Anordnung unter Ziffer I der Entscheidungsformel auf Antrag durch Beschluss aufzuheben (§ 926 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG; vgl. Meyer-Ladewig SGG § 86b Rn. 48).

Dagegen kann mangels eines Anordnungsanspruchs dem Feststellungsbegehren der Antragstellerin nicht entsprochen werden, soweit die begehrte Feststellung die von Polikliniken und Institutsambulanzen der Universitätskliniken im Rahmen deren Lehr- und Forschungsauftrags durch Überweisung veranlassten ambulanten Leistungen betrifft (vgl. zum Folgenden bereits Sozialgericht Dresden, Urteil vom 28.07.2010, Az. S 18 KA 250/06, Berufung anhängig beim Sächsischen Landessozialgericht, Az. L 1 KA 26/10).

Die Überweisungen der Universitätspolikliniken sowie ihre Entgegennahme durch Vertragsärzte und Medizinische Versorgungszentren und damit auch deren Ausführung und Abrechnung als vertragsärztliche Leistung verstoßen gegen § 24 Abs. 2 2. Unterabsatz BMV-Ä und § 27 Abs. 2 2. Unterabsatz EKV. Nach diesen insoweit gleichlautenden Vorschriften sind Überweisungen durch eine ermächtigte Krankenhausfachambulanz nicht zulässig, wenn die betreffenden Leistungen in dieser Einrichtung erbracht werden können oder in Polikliniken und Ambulatorien als verselbständigte Organisationseinheiten desselben Krankenhauses erbracht werden. Das Recht des Versicherten, auch einen anderen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt zu wählen, bleibt davon unberührt.

§ 24 Abs. 2 2. Unterabsatz BMV-Ä und § 27 Abs. 2 2. Unterabsatz EKV sind hier einschlägig. Die Vorschriften regeln auch und insbesondere Überweisungen an Vertragsärzte durch Polikliniken und Institutsambulanzen der nach § 117 Abs. 1 SGB V ermächtigten Hochschulkliniken, die im Rahmen der ambulanten Versorgung gesetzlich Versicherter auf Grund der Ermächtigung veranlasst werden.

Der Geltungsbereich des Überweisungsausschlusses ist nicht auf poliklinische Einrichtungen nach § 311 Abs. 2 SGB V beschränkt. Vielmehr gilt er gerade nicht für diese Einrichtungen. § 311 Abs. 2 SGB V begründet einen Bestandsschutz für die dort genannten Gesundheitseinrichtungen, indem er deren weitere Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung über den 31.12.2003 hinaus im bisherigen Umfang garantiert. Diese Einrichtungen bedürfen im Regelungsumfang des § 311 Abs. 2 SGB V keiner Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Dagegen beziehen sich § 24 Abs. 2 2. Unterabsatz BMV-Ä und § 27 Abs. 2 2. Unterabsatz EKV ausdrücklich auf ermächtigte Einrichtungen bzw. deren Untergliederungen. Zu den ermächtigten Einrichtungen gehören auch die in § 117 Abs. 1 SGB V genannten Ambulanzen, Institute und Abteilungen der Hochschulkliniken (Hochschulambulanzen). Wegen des aus § 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V ("in besonderen Fällen") resultierenden Vorrangs der Erteilung von Einzelermächtigungen (§ 116 SGB V) vor der Erteilung einer Institutsermächtigung stellen Ermächtigungen von Einrichtungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung aus Sicherstellungsgründen eine Ausnahme dar. Die nach § 117 Abs. 1 SGB V ermächtigten Hochschuleinrichtungen machen damit sogar den wesentlichen Teil des persönlichen Anwendungsbereichs des Überweisungsausschlusses nach § 24 Abs. 2 2. Unterabsatz BMV-Ä und § 27 Abs. 2 2. Unterabsatz EKV aus.

Der Überweisungsausschluss hat zur Folge, dass die von ermächtigten Hochschulambulanzen veranlassten weiteren Behandlungsleistungen, soweit sie im organisatorischen Verbund der Hochschulklinik rechtmäßig erbracht werden, dem Versicherten einheitlich aus einer Hand durch die Einrichtungen der ermächtigten Hochschulklinik zu erbringen sind.

Hier könnten die durch die Antragstellerin erbrachten Leistungen durch das Institut und die Poliklinik für Radiologische Diagnostik am Universitätsklinikum D. erbracht werden, das als verselbständigte Einheit des Universitätsklinikums gleichwohl von dessen Ermächtigung mit umfasst ist. Die nach § 117 Abs. 1 SGB V ermächtigten Hochschulambulanzen dürfen die ambulante Behandlung nicht durch die Überweisung der radiologischen Leistungen an niedergelassene Radiologen aufspalten. Überweisungen sind unzulässig.

Die Antragstellerin kann dem nicht entgegen halten, dass die klinikeigenen Institute und Polikliniken wegen im Hochschulambulanzvertrag festgelegter Fallzahlbegrenzungen und der Beschränkung der Ermächtigung durch den Forschungs- und Lehrauftrag der Hochschule nicht in rechtmäßiger Weise mit den Leistungen beauftragt werden dürfen.

Es kann offen bleiben, ob die Regelungen des Hochschulambulanzvertrages überhaupt eine Außenwirkung im Rahmen des § 24 Abs. 2 2. Unterabsatz BMV-Ä und des § 27 Abs. 2 2. Unterabsatz EKV gegenüber den Vertragsärzten entfalten können, an die Patienten aus ermächtigten Hochschulambulanzen überwiesen werden, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen also ein Verstoß gegen einen im Hochschulambulanzvertrag vereinbarten Überweisungsausschluss die Überweisung auch im Verhältnis zwischen dem Arzt, an den die Überweisung ausgestellt ist, und der Antragsgegnerin unwirksam macht. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob ein Überweisungsausschluss aus den Regelungen des Hochschulambulanzvertrages hergeleitet werden kann und, wenn ja, ob die hieran nicht beteiligte Antragsgegnerin den ebenfalls nicht vertragsbeteiligten Vertragsärzten im Rahmen der Honorarabrechnung die Bindung der überweisenden Hochschulambulanzen an die vertraglichen Regelungen entgegen halten kann.

Unzweifelhaft dürfen aber die im Hochschulambulanzvertrag vorgesehenen Überweisungsmöglichkeiten nicht den Vorgaben der Bundesmantelverträge widersprechen. Als Folge der Ermächtigung sind die nach § 117 Abs. 1 SGB V ermächtigten Hochschulkliniken an die Bundesmantelverträge gebunden (§ 95 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Sie dürfen im Rahmen der Hochschulambulanzverträge nach § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB V nicht über die Vorgaben des § 24 Abs. 2 2. Unterabsatz BMV-Ä und des § 27 Abs. 2 2. Unterabsatz EKV disponieren, sondern haben diese im Rahmen der Vertragsverhandlungen als bindenden Rahmen zu beachten. Die im Hochschulambulanzvertrag vereinbarten Fallzahlobergrenzen schränken nicht die Befugnis der poliklinischen Einrichtungen der Universitätskliniken ein, auch über die dortigen Fallzahlobergrenzen hinaus Patienten zu behandeln. Sie begrenzen lediglich als Obergrenze die Höhe der im Rahmen der Ermächtigung nach § 117 Abs. 1 SGB V nach Pauschalen abrechenbare Vergütung mit der Folge, dass über die Fallzahlobergrenze hinaus abgerechnete Fälle rückzuverrechnen sind. Die sich aus § 24 Abs. 2 2. Unterabsatz BMV-Ä und § 27 Abs. 2 2. Unterabsatz EKV ergebende Obliegenheit der ermächtigten Hochschulkliniken zur einheitlichen Behandlung und der Ausschluss externer Überweisungen bei Übernahme der ambulanten Behandlung nach § 117 Abs. 1 SGB V bleiben davon unberührt.

Soweit ein Versicherter in einer poliklinischen Einrichtung einer ermächtigten Hochschulklinik auf Grund einer Ermächtigung nach § 117 Abs. 1 SGB V behandelt wird und im Zusammenhang damit weiterer fachübergreifender Diagnostik oder Therapie bedarf, bewegt sich die veranlasste weitere Leistung ebenfalls im Rahmen des Forschungs- und Lehrauftrags und darf und muss deshalb vorrangig in einer Einrichtung der ermächtigten Hochschulklinik erbracht werden, ohne dass hierdurch die nach § 117 Abs. 1 SGB V vom Forschungs- und Lehrauftrag vorgegebenen Grenzen der Ermächtigung verletzt würden. Der Umfang des Forschungs- und Lehrauftrags nach § 117 Abs. 1 SGB V ist ohnehin nur schwer bestimmbar und deshalb einer gegenständlichen Abgrenzung nicht zugänglich. Denn insbesondere für die Aufgaben der Lehre werden auch einfache Routinefälle benötigt, die für die Forschung ohne Bedeutung sind. Die effektive Begrenzung des Leistungsumfangs der poliklinischen Hochschuleinrichtungen auf den für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang wird deshalb in ausreichender Weise durch wirtschaftliche Steuerungsinstrumente wie die vergütungswirksamen Fallzahlbegrenzungen nach dem Hochschulambulanzvertrag bewirkt. Wenn und solange poliklinische Einrichtungen einer ermächtigten Hochschulklinik noch im Rahmen dieser Obergrenzen Behandlungsfälle übernehmen, ist eine Aufspaltung in Hauptleistungen, die auf Grund der Ermächtigung in der Hochschulklinik erbracht werden, und hierdurch veranlasste weitere Leistungen, die an niedergelassene oder ermächtigte Vertragärzte und Medizinische Versorgungszentren überwiesen werden, unzulässig.

Die Antragstellerin muss die Unzulässigkeit der Überweisungen gegen sich gelten lassen, weil sie unmittelbar an die Regelungen der Bundsmantelverträge und damit auch an § 24 Abs. 2 2. Unterabsatz BMV-Ä und § 27 Abs. 2 2. Unterabsatz EKV gebunden ist. Für einen Vertrauensschutz ist deshalb kein Raum.

Gegenteiliges folgt nicht aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 28.10.1992, Az. 6 RKa 28/90, wonach der Ausschluss einer Überweisung an niedergelassene Kassen- bzw. Vertragsärzte im Rahmen eines Poliklinikvertrages im Verhältnis zu den Ärzten, an welche die Überweisungen gerichtet waren, deren Wirksamkeit nicht berühre und deshalb einem Vergütungsanspruch der auf Grund der Überweisung tätig gewordenen Ärzte gegen die kassenärztliche Vereinigung nicht ausschließe. Eine § 24 Abs. 2 2. Unterabsatz BMV-Ä und § 27 Abs. 2 2. Unterabsatz EKV vergleichbare Regelung hatte in dem vom Bundessozialgericht zu beurteilenden Fall für die auf Überweisung tätig gewordenen Ärzte keine Rolle gespielt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG und trägt dem Umfang des Obsiegens der Antragstellerin im Verhältnis des auf Überweisung ermächtigter Hochschulambulanzen erbrachten Leistungs- und Honorarvolumens zu der auf Überweisung sonstiger ermächtigter Ärzte und Einrichtungen erbrachten und abgerechneten Leistungen Rechnung. Das Gericht hat dieses Verhältnis an Hand der von der Antragstellerin jeweils angegeben Fallzahlen geschätzt (pro Quartal ca. 190 Patienten auf Überweisung von Hochschulambulanzen gegenüber ca. 95 Patienten Überweisung sonstiger Ermächtigter).

Der Streitwert bemisst sich gemäß § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 3 Nr. 4 GKG in Verbindung mit § 1 Nr. 4 GKG und § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG im Ausgangspunkt nach dem von der Antragstellerin bezifferten Leistungs- und Honorarvolumen aus auf Überweisung ermächtigter Ärzte und Einrichtungen erbrachten Leistungen (ca. 30.635 EUR pro Quartal), entsprechend § 42 Abs. 3 GKG hochgerechnet auf drei Jahre (367.620 EUR). Dieser Betrag ist nicht um einen ersparten Praxiskostenanteil zu vermindern, weil sich die erwarteten Honorarausfälle nach dem für die Streitwertberechnung maßgeblichen Vortrag der Antragstellerin wegen des hohen Fixkostenanteils zu fast 100 Prozent gewinnmindernd auswirken. Die Feststellung der Befugnis zur Erbringung und Abrechnung der Leistung ist nicht niedriger zu bewerten als der Wert der Leistung selbst, weil allein die der Feststellung unterliegende Vorfrage für die Abrechenbarkeit der betroffenen Leistungen umstritten ist (vgl. Bundessozialgericht, Beschluss vom 05.10.1999, Az. B 6 KA 24/98 R). Vom Hauptsachestreitwert ist im Verfahren über die einstweilige Anordnung nur ein Bruchteil von einem Viertel bis zur Hälfte anzusetzen, um der Vorläufigkeit der Anordnung Rechnung zu tragen (vgl. Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit 2009, NZS 2009, S. 427, Abschnitt B.7.1). Das Gericht bemisst diese Quote mit dem harmonischen Mittel dieses Rahmens, d.h. einem Drittel. Ein weitergehender Abschlag ist nicht gerechtfertigt, weil die Anordnung für die Dauer ihrer Geltung die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnimmt. Denn die Antragstellerin bleibt unabhängig vom Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache berechtigt, die auf Grundlage der einstweiligen Anordnung vertragsärztlich erbrachten Leistungen vertragsärztlich abzurechnen und das daraus erzielte Honorar endgültig zu behalten (vgl. zum umgekehrten Fall - kein nachträglicher Vollzug einer vorläufig suspendierten Statusentscheidung - Bundessozialgericht, Urteil vom 25.11.1998, Az. B 6 KA 75/97 R; Urteil vom 11.03.2009, Az. B 6 KA 15/08 R).

RechtsgebietSGB VVorschriften§ 117 Abs. 1 SGB V

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