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18.09.2012 · IWW-Abrufnummer 122774

Oberlandesgericht Jena: Urteil vom 12.03.2012 – 9 U 470/11

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


9 U 470/11

In dem Rechtsstreit
O. GmbH,
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt
gegen
I. GmbH
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
hat der 9. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Bettin,
Richterin am Oberlandesgericht Bötzl und
Richter am Oberlandesgericht Timmer
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.02.2012
für Recht erkannt:

Tenor:

1.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 19.05.2011 wird zurückgewiesen.
2.
Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts vom 19.05.2011 sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4.
Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von
5.
120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
6.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin macht eine Werklohnforderung aus abgetretenem Recht geltend.

Die Beklagte hat in O. ein Einkaufszentrum errichtet.

Die Fa. N. GmbH (im Folgenden: Zedentin) hat aufgrund eines Bauvertrages von Ende 2004 an dem Bauvorhaben Metallbau- und Verglasungsarbeiten ausgeführt. Nach Abnahme am 01.05.2005 legte sie zwischen 11.05. und 12.09.2005 Rechnungen gegenüber der Beklagten und R. G. R. G. war bis 20.10.2005 Geschäftsführer der Beklagten. Er ist der Ehemann der jetzigen Geschäftsführerin der Beklagten und Inhaber der G. GmbH, der 100%igen Gesellschafterin der Beklagten, sowie der Einzelfirma G. ...Vertrieb-Marketing. Nachdem weder die Beklagte noch R. G. Zahlungen leisteten, erwirkte die Zedentin am 03.05.2006 einen Vollstreckungsbescheid über 146.473,95 EUR nebst Zinsen und Kosten gegen R. G., der zunächst Widerspruch gegen den Mahnbescheid eingelegt hatte, diesen aber zurücknahm.

Am 6./8.8.2007 hat die Zedentin die Werklohnforderung gegen die Beklagte bzw. die Geschäftsführerin der Beklagten M. G. an die Klägerin abgetreten, die mit Anwaltsschreiben vom 25.10.2007 die Abtretung der Forderung aus dem Vollstreckungsbescheid gegenüber R. G. anzeigte und ihn zur Zahlung aufforderte. Auf dieses Schreiben antwortete nicht R. G., sondern am 12.11.2007 die Beklagte, die darauf verwies, dass sie allein Schuldnerin sei und "nach Rechnungsprüfung" selbstverständlich die Schuld begleichen werde. Bis Februar 2008 biete sie monatliche Raten von 3.000 EUR und im März die Zahlung der "Gesamtsumme". Hintergrund war der geplante Verkauf des Objekts, der bislang nicht erfolgt ist. Nach weiterem Schriftverkehr zwischen den Klägervertretern, der Beklagten und R. G. akzeptierte die Beklagte mit Schreiben vom 17.12.2007 folgende von den Klägervertretern vorgeschlagene Vereinbarung, der R. G. am 17.12.2007 zustimmte:

1.
Die noch offene Gesamtforderung in Höhe von EUR 176.928,74 nebst Tageszinsen in Höhe von EUR 55,18 wird bis spätestens zum 31. März 2008 ausgeglichen. Die Forderungsberechnung können Sie der Anlage entnehmen.
2.
Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt es Herrn G. nachgelassen, auf die Gesamtforderung monatliche Raten in Höhe von mindestens EUR 3.000,00 zu unseren Händen zu zahlen, und zwar zum 10.01.2008, 10.02.2008 und 10.03.2008. Die Zahlungen werden zuerst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptforderung verrechnet.
3.
Zur Sicherheit tritt die O. GmbH ihre Kaufpreisforderung aus dem Vertrag vom 27.08.2007 (Urkundennummer ... des Notars Dr. R. S. in F...) in Höhe der in Ziffer 1. genannten Gesamtforderung an die I. GmbH ab. Die I. ist verpflichtet, die Sicherheit im Umfang der auf die Gesamtforderung geleisteten Zahlungen freizugeben.
4.
Kommt Herr G. mit einer Rate oder mit der Zahlung der Restforderung zum 31.März 2008 in Verzug, ist die gesamte noch offenen Restforderung sofort zur Zahlung fällig und die Zwangsvollstreckung wird fortgesetzt."

Die Beklagte hat am 13.11.2007, 12.12.2007, 11.01.2008, 13.02.2008 und 13.03.2008 jeweils Raten von 3.000 EUR an die Klägerin bezahlt. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung gegen R. G. erhielt sie am 30.12.2009 weitere 17.022,99 EUR.

Die Klägerin hat behauptet, Auftraggeber des Werkvertrages seien sowohl die Beklagte als auch R. G. gewesen. Die Beklagte habe mehrfach die Forderung der Klägerin gegen sie anerkannt, so mit Schreiben vom 12.11.2007, 17.12.2007 und 09.01.2008. R. G. habe nach Erlass des Mahnbescheids gegenüber der Zedentin die Forderung mündlich anerkannt. Nach Erhalt der ersten Mahnung vom 24.06.2005 über die bis dahin gestellten Rechnungen über 102.995,30 EUR habe er diese Forderung für sich und für die Beklagte anerkannt.

Einwände gegen die Rechnungen könne die Beklagte nicht mehr erheben, weil sie die Leistungen bereits im Mai 2005 vorbehaltlos abgenommen habe. Die behauptete Aufrechnungsforderung bestehe nicht.

Die Beklagte hat behauptet, allein die Beklagte sei Auftraggeberin des Werkvertrages gewesen und habe die Werkleistung am 01.05.2005 abgenommen. Von den 31 gestellten Rechnungen habe sie nur 29 erhalten. Nachdem die Zedentin einen Mahnbescheid gegen R. G. erwirkt hatte, habe die Zedentin eingeräumt, dass allein die Beklagte Schuldnerin sei, sie nehme aber R. G. in Anspruch, weil sie die Insolvenz der Beklagten befürchte und sie eine Sicherheit erlangen wolle. R. G. könne so den Anfall der Mehrwertsteuer vermeiden. Die Beklagte habe die Forderung nie anerkannt. Sie habe Ende 2007/Anfang 2008 auch nicht gewusst, dass die Klägerin Inhaberin einer gegen sie gerichteten Forderung ist, denn angezeigt habe die Klägerin nur die Abtretung der gegen R. G. gerichteten Forderung aus dem Vollstreckungsbescheid. Dass die Klägerin auch Inhaberin der gegen die Beklagte gerichteten Werklohnforderung geworden sei, habe die Beklagte erst 2010 im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens erfahren.

Die abgetretene Werklohnforderung bestehe überwiegend nicht, weil die in Rechnung gestellten Leistungen nur teilweise erbracht seien.

Die Werklohnforderungen seien auch verjährt. Nachdem die Abnahme spätestens mit Eröffnung des Einkaufszentrums erfolgt sei, sei die Verjährungsfrist am 31.12.2008 abgelaufen. Die Verjährungsfrist sei auch nicht erneut in Lauf gesetzt worden, weil der Vergleich von Ende 2007/Anfang 2008 nicht mit der Beklagten geschlossen sei und auch nicht die Werklohnforderung, sondern allein die gegen R. G. titulierte Forderung betroffen habe.

Hilfsweise hat die Beklagte mit einer Gegenforderung von 4.235,72 EUR aufgerechnet. Die Beklagte habe vor August 2007 die Rechnung für eine Tür an die Zedentin bezahlt, die tatsächlich nicht eingebaut worden sei.

Das Landgericht hat am 19.05.2011 die Beklagte entsprechend dem zuletzt gestellten Antrag verurteilt, an die Klägerin 146.473,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.10.2005 abzüglich am 13.11.2007, 12.12.2007, 11.01.2007, 13.02.2008 und 13.03.2008 geleisteter Zahlungen von je 3.000 EUR sowie am 31.12.2009 gezahlter 17.022,99 EUR zu zahlen, weil die Beklagte die geltend gemachte Forderung anerkannt habe. Einwendungen gegen Grund und Höhe des Anspruchs könne sie damit nicht mehr geltend machen. Die Klageforderung sei nicht verjährt, weil sie mit dem Anerkenntnis Ende 2007 erneut in Lauf gesetzt und mit Zustellung des Mahnbescheids im vorliegenden Verfahren am 02.02.2010 gehemmt worden sei. Die bestrittene Aufrechnungsforderung sei unsubstantiiert geblieben. Im Übrigen wird auf die Gründe des Urteils vom 19.05.2011 verwiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten. Sie wiederholt im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag und rügt, das Landgericht habe schon übersehen, dass die Klägerin gar nicht bestritten habe, dass die Zedentin die in Rechnung gestellten Leistungen nur teilweise erbracht habe. Vor allem aber sei das Landgericht rechtsirrig von einem Schuldanerkenntnis der Beklagten ausgegangen und habe nicht zwischen der titulierten Forderung gegen R. G. und der Werklohnforderung gegen die Beklagte differenziert. Indem sich die Beklagte mit der im Schreiben der Klägerin vom 11.12.2007 vorgeschlagenen Vereinbarung einverstanden erklärt habe, habe sie nur eine Sicherheit für die Forderung gegen R. G. gestellt und keine eigene Verbindlichkeit anerkannt.

Auf eine vermeintliche Unsubstantiiertheit der Aufrechnungsforderung habe das Landgericht erstmals im Urteil hingewiesen, obwohl die Beklagte alle Voraussetzungen für einen Bereicherungsanspruch vorgetragen habe.

Die Beklagte beantragt,

das Endurteil des Landgerichts Meiningen vom 19.05.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. Die Beklagte habe nie zwischen der titulierten Forderung gegen R. G. und der Werklohnforderung gegen sie selbst differenziert, sondern stets erklärt, die titulierte Forderung zu schulden und zahlen zu wollen. Die Anzeige der Abtretung sei auch keine Voraussetzung eines wirksamen Anerkenntnisses.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1)

Das Landgericht ist zu Recht von einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis der Beklagten ausgegangen. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem geschlossenen Vergleich zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gegen R. G., weil danach nur R. G. Raten zahlen sollte und die Beklagte allein eine Sicherheit stellte. Ein Anerkenntnis ergibt sich aber aus dem weiteren Schriftverkehr vor und nach Vergleichsschluss.

a)

Auf die Abtretungsanzeige und Zahlungsaufforderung vom 25.10.2007 an R. G. meldete sich am 12.11.2007 die Beklagte und erklärte, Schuldnerin der Werklohnforderung sei allein sie, sie habe die Leistungen erhalten und werde "diese selbstverständlich nach Rechnungsprüfung begleichen". Sie, die Beklagte, bot Ratenzahlungen an und die Zahlung der Gesamtsumme im März (gemeint: 2008), weil der Beklagten aus dem Erlös aus dem Verkauf des Einkaufszentrums die Tilgung aller Verbindlichkeiten möglich sei. Die Beklagte und nicht R. G. ist Eigentümerin und Verkäuferin des Objekts. Das Telefax vom 12.11.2007 konnte die Klägerin damit nur als Zahlungsversprechen der Beklagten verstehen. 2 1/2 Stunden später forderte die Klägerin R. G. zur Abwendung der Zwangsvollstreckung auf, unverzüglich die erste Rate zu zahlen und weitere Unterlagen zu übermitteln. Auch dieses Telefax beantwortete (etwa 50 Minuten später) die Beklagte, übermittelte die geforderten Unterlagen und bat, allen Schriftverkehr ausschließlich mit ihr zu führen, da R. G. "weder Rechnungsempfänger, noch Auftraggeber" sei. Mit Schreiben vom 21.11.2007 führte die Beklagte aus:

"Ich muss Ihnen nochmals mitteilen, dass die Forderungen der Fa. N. GmbH ausschließlich gegenüber der O. GmbH bestehen. Wieso ein Titel gegen Herrn R. G. erwirkt wurde entzieht sich meiner Kenntnis.

Wir sind bereit die offenen Rechnungen zu begleichen und bedanken uns für die eingeräumte Ratenzahlung."

Auch dieses Schreiben ist ein Zahlungsversprechen der Beklagten und nicht etwa des R. G. Das Wort "wir" sollte bei gleichzeitiger Behauptung der alleinigen Schuldnerschaft ersichtlich allein die Beklagte bezeichnen. Nach Zahlung der 2. Rate kam es zu dem geschilderten Vergleich zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, dessen Vollzug schließlich scheiterte. Dass in diesem Vergleich als Zahlungspflichtiger R. G. und nicht die Beklagte genannt ist - diese nur als Sicherungsgeberin -, steht der Auslegung der vorangegangenen Schreiben als Schuldanerkenntnis nicht entgegen, weil es schließlich um die Abwendung der Zwangsvollstreckung gegen R. G. aus dem Vollstreckungsbescheid ging, in dem nur er als Schuldner benannt ist. Aufgrund des vorangegangenen Schriftverkehrs war aber offensichtlich, dass tatsächlich die Beklagte die Zahlungen zur Abwendung der Zwangsvollstreckung und zur Tilgung der titulierten Werklohnforderung leisten wollte und sollte.

Deswegen hat die Beklagte den Vergleich am 17.12.2007 nicht nur unterschrieben, sondern im Begleitschreiben vom 17.12.2007 nochmals ausgeführt:

"Da wir aber alles bezahlen müssen,...".

Gemeint war die volle allein gegen R. G. titulierte Forderung. Auch im Schreiben vom 09.01.2008, mit dem die Beklagte den Überweisungsträger für die 4. Rate übersandte, führte die Beklagte aus:

"Wie in unserer Vereinbarung getroffen zahlt die O. GmbH monatliche Raten von jeweils 3.000,00 EUR, ......"

Zwar hat die Beklagte noch im Schreiben vom 12.11.2007 den Vorbehalt der Rechnungsprüfung aufgenommen. Im nachfolgenden Schriftverkehr war von einem solchen Vorbehalt aber keine Rede mehr. Im Schreiben vom 21.11.2007 hat die Beklagte sich dann vorbehaltlos zur Zahlung der "offenen Rechnungen" bereit erklärt. Das konnte die Klägerin, da die Beklagte wiederholt betont hatte, nicht auf eine fremde Schuld, also die gegen R. G. titulierte, zahlen zu wollen, sondern allein eine eigene Schuld begleichen zu wollen, nur so verstehen, dass die vorbehaltene Rechnungsprüfung zwischenzeitlich erfolgt war. Dies vor allem , weil die Beklagte selbst nicht auf die titulierten Zinsen auf die Hauptforderung Bezug nahm, sondern auf die von ihr mit der Zedentin vereinbarten Zinsen auf die Hauptforderung. Es mag ja sein, dass sich die Beklagte nur aufgrund der dem Ehemann der Geschäftsführerin R. G. drohenden Zwangsvollstreckung zur Tilgung der Schuld veranlasst sah; erklärt hat sie spätestens ab dem Schreiben vom 21.11.2007, alle Rechnungen, die Grundlage des Vollstreckungsbescheids waren, in voller Höhe nebst Zinsen als eigene Verbindlichkeit zu tilgen.

Damit kann dahin stehen, ob der Werkvertrag allein mit der Beklagten, mit der Beklagten und R. G., wovon offenbar die Zedentin ausgegangen ist und wofür auch vieles spricht, oder allein mit R. G. zustande gekommen ist. Denn ein Schuldanerkenntnis kann auch für fremde Verbindlichkeiten abgegeben werden (BGH, Urteil v. 04.04.2000, Az.: XI ZR 152/99). Der Konstruktion eines Schuldbeitritts bedarf es dafür nicht.

b)

Ein deklaratorisches oder kausales Schuldanerkenntnis liegt, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (z.B. BGH, Beschluss v. 03.06.2008, Az.: XI ZR 239/07) nur dann vor, wenn die Parteien mit ihm den Zweck verfolgen, ein bestehendes Schuldverhältnis insgesamt oder zumindest in bestimmten Beziehungen dem Streit oder der Ungewissheit zu entziehen und es insoweit endgültig festzulegen. Der Wille der Parteien, eine derart weitgehende rechtliche Wirkung herbeizuführen, kann, wenn dies nicht ausdrücklich erklärt worden ist, nur unter engen Voraussetzungen angenommen werden. Der erklärte Wille der Beteiligten muss die mit einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis verbundenen Rechtsfolgen tragen. Das setzt insbesondere voraus, dass diese Rechtsfolgen der Interessenlage der Beteiligten, dem mit der Erklärung erkennbar verfolgten Zweck und der allgemeinen Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses entsprechen. Eine generelle Vermutung dafür, dass die Parteien ein bestätigendes Schuldanerkenntnis vereinbaren wollten, gibt es nicht. Seine Annahme ist vielmehr nur dann gerechtfertigt, wenn die Beteiligten dafür unter den konkreten Umständen einen besonderen Anlass hatten. Ein solcher besteht nur dann, wenn zuvor Streit oder zumindest eine (subjektive) Ungewissheit über das Bestehen der Schuld oder über einzelne rechtliche Punkte herrschte.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Denn es bestand tatsächlich eine Unsicherheit über den tatsächlichen Vertragspartner der Zedentin. Die Klägerin hat nach dem Zahlungsversprechen der Beklagten tatsächlich die Zwangsvollstreckung gegen R. G. eingestellt und nur noch mit der Beklagten korrespondiert, bis offenbar wurde, dass der geplante Verkauf des Objekts gescheitert war.

Eine ausdrückliche Annahme des Schuldanerkenntnisses war nach § 151 BGB entbehrlich.

2)

Nach Abgabe eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses ist der Schuldner in der Regel mit allen Einwendungen tatsächlicher und rechtlicher Natur ausgeschlossen, die er bei Abgabe bereits kannte oder mit denen er rechnen musste. So ist es auch hier.

Im Übrigen hat die Beklagte zwar zu verschiedenen Rechnungen dargelegt, dass nicht die ausgeschriebenen und abgerechneten Fenster und Türen eingebaut wurden, weitgehend aber nicht dargelegt, dass dies abredewidrig erfolgte und die angemessene Vergütung für die tatsächliche und abgenommene Leistung hinter der abgerechneten Vergütung zurückbleibt.

3)

Die Forderung ist auch nicht verjährt.

Die Abnahme ist am 01.05.2005, nicht wie im angefochtenen Urteil dargestellt, am 01.05.2004 erfolgt. Die regelmäßige Verjährungsfrist wäre damit am 31.12.2008 abgelaufen. Mit dem Schuldanerkenntnis Ende 2007 begann sie nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB neu zu laufen und wurde vor Ablauf durch Zustellung des Mahnbescheids am 02.02.2010 gehemmt.

4)

Auch die Aufrechnungsforderung hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht nicht berücksichtigt.

Die Forderung war zwar nicht "unsubstantiiert", aber bestritten und nicht hinreichend unter Beweis gestellt. Die Beklagte hat erstinstanzlich behauptet, die Zedentin habe ihr mit Rechnung Nr. 05-0930 eine Tür mit 4.235,72 EUR berechnet, die Beklagte habe diesen Rechnungsbetrag vor August 2007 bezahlt. Die Rechnung vom 14.04.2005 hat die Beklagte in Kopie vorgelegt. Erst im Laufe dieses Rechtsstreits habe die Beklagte festgestellt, dass "die Klägerin" eine solche Tür nicht eingebaut habe. Der Beklagten stehe daher gegen die Zedentin ein Bereicherungsanspruch zu, mit dem sie nach § 406 BGB gegen die Klageforderung aufrechnen könne. Damit hat die Beklagte entgegen der Ansicht des Landgerichts alle Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruchs schlüssig und durchaus auch "substantiiert" dargelegt. Soweit sie vorgetragen hat, "die Klägerin" habe die Tür nicht eingebaut, handelt es sich um ein offensichtliches Versehen, gemeint war sicherlich die Zedentin.

Entgegen der Darstellung der Beklagten in der Berufung blieb der Anspruch in erster Instanz aber nicht unstreitig. Denn mit Schriftsatz vom 17.03.2011 (dort Seite 5) hat die Klägerin den Vortrag zur behaupteten Aufrechnungsforderung bestritten. Damit hätte die Beklagte für das Bestehen der Forderung geeigneten Beweis anbieten müssen. Solche Beweisangebote sind nicht erfolgt. Zwar hat die Klägerin bereits mit Schriftsatz vom 24.01.2011 zum Beweis, dass die abgerechnete Tür nicht eingebaut wurde, Sachverständigenbeweis angeboten. Ein Beweis durch Sachverständigengutachten ist aber ersichtlich ungeeignet, weil ein Sachverständiger nur feststellen kann, ob die berechnete Tür zum Zeitpunkt seiner Begutachtung vorhanden ist, nicht aber, ob sie im Jahr 2005 geliefert und eingebaut wurde. Die Aufrechnungsforderung war also nicht "unsubstantiiert", vielmehr ist die Beklagte beweisfällig geblieben. Denn der Bereicherungsgläubiger hat grundsätzlich auch das Nichtbestehen der Verbindlichkeit zu beweisen (z.B. Palandt/Sprau, 71. Aufl., § 812 BGB Rn 77 m.w.N.). Dieser Beweisantritt, z.B. durch Benennung von Zeugen, wäre der Beklagten auch ohne weiteres möglich gewesen, weil der Erhalt und die Montage einer Tür für ein Einkaufszentrum, dessen Errichtung von einem Ingenieurbüro begleitet wird, nicht außerhalb des Wahrnehmungsbereichs der Beklagten, ihrer Hilfspersonen und Mieter steht. Für die Annahme einer sekundären Behauptungslast der Klägerin oder gar Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast ist daher kein Raum.

Auf diese Umstände hat der Senat bereits im Termin vom 20.02.2012 hingewiesen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ein Anlass, nach § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht.

RechtsgebietBGBVorschriften§ 151 BGB § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB

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