23.10.2012 · IWW-Abrufnummer 123183
Verwaltungsgericht Regensburg: Urteil vom 16.02.2012 – 5 K 11.236
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
VG Regensburg, 16.02.2012, RN 5 K 11.236
In der Verwaltungsstreitsache
xxx
xxx
xxx, xxx
- Kläger -
bevollmächtigt:
Rechtsanwälte xxx
xxx
xxx, xxx
gegen
Eintragungsausschuss bei der Bayer. Architektenkammer
vertreten durch den Vorsitzenden
Waisenhausstr. 4, 80637 München
- Beklagter -
bevollmächtigt:
Rechtsanwalt xxx
xxx, xxx
beteiligt:
Regierung von Niederbayern
als Vertreter des öffentlichen Interesses
Postfach, 84023 Landshut
wegen
Eintragung in die Bayer. Architektenliste erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg, 5. Kammer, unter Mitwirkung von
Vorsitzendem Richter am Verwaltungsgericht Dr. Lohner
Richter am Verwaltungsgericht Dr. Thumann
Richter am Verwaltungsgericht Dr. Hohmann
ehrenamtlichem Richter Feichtmeier
ehrenamtlichem Richter Hagn
aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16. Februar 2012
am 16. Februar 2012
folgendes
Urteil:
Tenor:
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt seine Eintragung in die Architektenliste als freiberuflicher Architekt.
Mit Antrag vom 19.3.2010, der bei der Beklagten am 23.3.2010 eingegangen ist, beantragte der am xxx1959 geborene Kläger seine Eintragung als freiberuflicher Architekt in die Architektenliste der Bayerischen Architektenkammer gemäß Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes über die Bayerische Architektenkammer und die Bayerische Ingenieurkammer-Bau (Baukammerngesetz - BauKaG). Zum Nachweis der Eintragungsvoraussetzungen legte er unter anderem eine Urkunde der Fachhochschule Regensburg vom 31.7.1986 vor, mit der der erfolgreiche Abschluss des Studienganges "Bauingenieurwesen" bestätigt wird. Ferner legte er Zusatzzeugnisse der FH Regensburg vom 31.7.1984 bzw. 17.12.1986 vor, in denen die Teilnahme und Zusatzprüfungen in den Wahlfächern "Freies Gestalten und Bauaufnahme", "Grundlagen des Entwerfens und Gebäudelehre I", "Freies Gestalten und Bauaufnahme II", "Studienarbeiten zu Freies Gestalten und Bauaufnahme II", "Entwurfsübung Gasthof mit Pension" und "Grundlagen des Entwerfens und Gebäudelehre II" bestätigt wird. Ferner legte er ein Technikerzeugnis der staatlich anerkannten Fachschule für Bautechnik München vor, wonach er im Sommer-Halbjahr 1982 erfolgreich die Abschlussprüfung der Technikerschule in der Fachrichtung Bautechnik - Schwerpunkt Hochbau und Ingenieurbau abgelegt hat. Er ist berechtigt, die Berufsbezeichnung "Staatlich geprüfter Techniker für Bautechnik" - Schwerpunkt Hochbau und Ingenieurbau zu führen. Ausweislich einer Urkunde der Bayerischen Ingenieurkammer- Bau beschloss der Beklagte am 9.3.1993 den Kläger in die Liste der beratenden Ingenieure einzutragen. Er ist damit berechtigt, die geschützte Berufsbezeichnung "Beratender Ingenieur" zu führen.
Im Zeitpunkt von 1992 bis 2009 betrieb der Kläger mit einem Mitgesellschafter, einem Architekten, ein gemeinsames Büro für Architektur und Ingenieurbau. Zum Nachweis über die praktische Tätigkeit als freischaffender Mitarbeiter im Rahmen der Berufsaufgaben eines Architekten legte er eine Bestätigung seines Mitgesellschafters vom 19.3.2010 vor. Darin wird eine insgesamt ausgewogene Tätigkeit in allen Leistungsphasen gemäß § 15 HOAI bei insgesamt 4 Bauvorhaben bestätigt. Darüber hinaus legte der Kläger eine Referenzliste der Firma Bxxx GmbH über mehrere Bauvorhaben vor.
Mit Schreiben vom 28.5.2010 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass seine Eintragung nicht möglich sei, da er die Voraussetzung eines abgeschlossenen Studiums in der Fachrichtung Architektur (Hochbau) mit mindestens vierjähriger Regelstudienzeit gemäß Art. 4 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a BauKaG nicht erfülle.
Im weiteren Verlauf des Eintragungsverfahrens kam es zu weiteren Schriftsatzwechseln sowie zu einer persönlichen Vorsprache des Klägers in der Sitzung des Eintragungsausschusses vom 21.5.2010. Der Kläger gab dabei an, parallel zu seinem Fachhochschulstudium an der FH Regensburg im Studiengang Bauingenieurwesen an der FH Regensburg Architektur studiert zu haben. Hierfür habe er eine Sondergenehmigung der FH Regensburg erhalten. Die Studienzeit im Studiengang Bauingenieurwesen sei aufgrund einer Sondergenehmigung auf 6 Semester verkürzt worden. Im Rahmen des Architekturstudiums habe er an den angebotenen Studienveranstaltungen und -prüfungen teilgenommen, sofern sich diese nicht mit den Veranstaltungen und Prüfungen des Ingenieurstudiums inhaltlich überschnitten hätten. Am 31.7.1986 habe er an der FH Regensburg auch eine Abschlussprüfung in der Fachrichtung Architektur (Hochbau) abgelegt. Ein Diplomzeugnis habe er diesbezüglich jedoch nicht erhalten. Für einen Studienplatz im Studiengang Architektur bei der TU München habe er bereits einen Zulassungsbescheid der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) erhalten. Das Studium habe er jedoch wegen eines am 14.1.1992 erlittenen Schlaganfalles nicht aufnehmen können.
Aufgrund einer Anfrage des Beklagten teilte die FH Regensburg mit Schreiben vom 6.10.2010 mit, dass es nach zum fraglichen Zeitpunkt geltenden Rechtslage nicht zulässig gewesen sei, an einer Fachhochschule gleichzeitig in zwei verschiedenen Fachhochschulstudiengängen immatrikuliert zu sein. Der Studienabschluss in Form eines Diploms für einen Fachhochschulstudiengang könne nur an einen in exakt diesem Studiengang ordentlich eingeschriebenen Studierenden verliehen werden, wenn die für diesen Studiengang zuständige Prüfungskommission feststelle, dass alle nach der jeweils gültigen Studien- und Prüfungsordnung für diesen Studiengang zu erbringenden Studien- und Prüfungsleistungen positiv abgelegt worden seien. Nachdem der Kläger aber niemals im Studiengang Architektur eingeschrieben gewesen sei, sei es für die Hochschule schon aus formalen Gründen nicht möglich, ihm den Diplomabschluss für den Fachhochschulstudiengang Architektur zu verleihen.
Der Kläger hätte vielmehr nach erfolgreichem Abschluss seines Ingenieurstudiums die Zulassung für ein Zweitstudium im Studiengang Architektur und die größtmögliche Anrechnung von Studienleistungen und -zeiten aus dem bisherigen/frühren Studium beantragen müssen.
Daraufhin ließ der Kläger gegenüber dem Beklagten vortragen, dass eine Eintragung in die Architektenliste doch zumindest aufgrund des Art. 11 Abs. 4 des im Jahr 2007 außer Kraft getretenen Bayerischen Architektengesetzes (BayArchG) möglich sein müsse. Nach dieser Ausnahmeregelung sei eine Eintragung bei Personen möglich gewesen, die mindestens zehn Jahre eine praktische Tätigkeit unter Aufsicht eines Architekten ausgeübt haben und die die von einem Architekten zu verlangenden Kenntnisse durch eine Prüfung auf Hochschulniveau nachweisen würden. Da der Kläger die Voraussetzungen dieser Norm bereits vor deren außer Krafttreten erfüllt habe, müsse dies im vorliegenden Verfahren berücksichtigt werden.
Mit Bescheid vom 10.12.2010, der dem Kläger am 11.12.2010 zugestellt wurde, lehnte der Beklagte den Antrag auf Eintragung in die Bayerische Architektenliste ab, da die Eintragungsvoraussetzungen nicht vorliegen würden.
Am 5.1.2011 ließ der Kläger Verpflichtungsklage zum Verwaltungsgericht München erheben.
Durch Beschluss vom 28.1.2011 wurde der Rechtsstreit von dort an das zuständige Verwaltungsgericht Regensburg verwiesen.
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, er habe neben dem Bauingenieur- Studium auch ein Architekturstudium absolviert, weshalb er die Voraussetzungen für eine Eintragung in die Architektenliste nach derzeit geltender Rechtslage (Art. 4 BauKaG) erfülle. Seine Diplomarbeit im Fach Architektur sei damals von Prof. P1xxx korrigiert worden, der sich seinerzeit erfolgreich im Beirat der Hochschule dafür eingesetzt habe, dass der Kl äger neben dem Ingenieurstudium auch Architektur habe studieren können. Gegebenenfalls könne auch Herr Prof. P2xxx - der damalige Vorsitzende der Prüfungskommission - die erfolgreiche Prüfung des Klägers bestätigen. Für ihn müsse die bereits außer Kraft getretene Vorschrift des Art. 11 Abs. 4 BayArchG noch angewendet werden. Er habe sich in der Vergangenheit auf die früher geltende Rechtslage eingestellt. Nur wegen eines im Jahr 1992 erlittenen Schlaganfalles und dessen Folgen habe er die Aufnahme des Architekturstudiums bei der TU München nicht mehr weiterverfolgt. Stattdessen habe er sich mit einem Architekten zusammengeschlossen, wobei er hierin auch die Möglichkeit gesehen habe, über die praktische Qualifikation eine Eintragung in die Architektenliste zu erreichen. Der Kläger habe den Antrag nur deshalb nicht schon früher gestellt, weil er befürchtet habe, dass dies von seinem Geschäftspartner als Vertrauensbruch gesehen werden könne. Im Jahr 2009 habe man dann beschlossen, getrennte Wege zu gehen. Dies sei der Grund, warum der Kläger nunmehr seine Eintragung anstrebe. Der Wegfall der sog. Autodidaktenregelung des Art. 11 Abs. 4 BayArchG stelle für den Kläger eine unzumutbare Härte dar. Auch wenn das BauKaG keine Übergangsregelung für Altfälle enthalte, welche die Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 4 BayArchG erfüllen, so müsse bedacht werden, dass die übergangslose Streichung der sog. Autodidaktenregelung einen erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit darstelle, weshalb die Regelung für den Kläger noch anzuwenden sei.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids des Beklagten vom 10.12.2010 zu verpflichten, den Kläger in die Bayerische Architektenliste als freiberuflichen Architekt einzutragen,
hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 10.12.2010 zu verpflichten, den Kläger zu einer Prüfung gemäß Art. 11 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Bay- ArchG zuzulassen, damit der Kläger die einem Architekten entsprechenden Kenntnisse nachweisen kann und bei erfolgreichem Durchlaufen der Prüfung in die Bayerische Architektenliste eingetragen werden kann.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger erfülle die derzeit geltenden Eintragungsvoraussetzungen des Art. 4 BauKaG nicht. Die Eintragung als Autodidakt nach der früheren Rechtslage könne er nicht mehr beanspruchen, da der Gesetzgeber diese Regelung ganz bewusst und ohne Übergangsregelung habe auslaufen lassen. Ein Bedarf hierfür sei nicht mehr gesehen worden. Die bisherige Regelung sei insbesondere bei Personen erforderlich gewesen, denen es aus spezifischen Gründen - etwa angesichts der besonderen Umstände nach dem Zweiten Weltkrieg - nicht möglich gewesen sei, ein Studium der Architektur zu absolvieren. Derartige besondere Umstände seien mittlerweile nicht mehr denkbar. Da der Kläger seinen Antrag mehr als zweieinhalb Jahre nach dem Außerkrafttreten der Autodidaktenregelung gestellt habe, könne diese nicht mehr angewendet werden.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger betont, dass er während seines Bauingenieurstudiums an der FH Regensburg auch die Hochschulveranstaltungen im Studiengang Architektur besucht hat. Er habe alle in diesem Studiengang geforderten Prüfungen abgelegt und dabei sehr gute Noten erzielt. Sogar ein Diplomarbeitsthema habe er mit Erfolg bearbeitet.
Die "Diplomarbeit" sei jedoch lediglich in einem Zusatzzeugnis als "Entwurfsübung" bewertet worden, da ein Doppelstudium aus prüfungsrechtlichen Gründen nicht möglich gewesen sei. Obwohl er im Ergebnis alle erforderlichen Prüfungen mit großem Erfolg abgelegt habe, habe er das Diplom eines Architekten nicht erhalten können.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere auf die Sitzungsniederschrift vom 16.2.2012 sowie auf das den Eintragungsantrag des Klägers betreffende Aktengeheft des Beklagten, das dem Gericht vorgelegen hat, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Verpflichtungsklage hat weder im Haupt- noch im Hilfsantrag Erfolg. Der ablehnende Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Eintragung in die Architektenliste gemäß Art. 4 Abs. 2 BauKaG noch steht ihm ein Anspruch auf Ablegung einer Prüfung im Sinne des Art. 11 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BayArchG zu.
1. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der Verpflichtungsklage grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der Entscheidung. Die Frage, ob ein Anspruch auf Eintragung in die Bayerische Architektenliste besteht, beurteilt sich demzufolge nach Art. 4 Abs. 2 BauKaG. Dieses Gesetz ist nach Art. 34 Satz 1 Hs. 2 BauKaG am 1.7.2007 in Kraft getreten. Es hat das bis zum 30.6.2007 geltende BayArchG abgelöst, Art. 34 Satz 2 BauKaG. Somit muss auch das Gericht den Antrag des Klägers anhand dieser Vorschrift prüfen.
Nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a BauKaG kann eine Eintragung in der Fachrichtung Architektur (Hochbau) nur erfolgen, wenn der Kläger eine erfolgreiche Abschlussprüfung in einem Studium mit einer mindestens vierjährigen Regelstudienzeit für die Aufgaben eines Architekten absolviert hat. Erforderlich ist demnach die erfolgreiche Ablegung einer Abschlussprüfung, die durch ein entsprechendes Hochschuldiplom nachgewiesen werden muss.
Zwar hat der Kläger - wie er in der mündlichen Verhandlung glaubhaft versichert hat - alle Prüfungen im Studiengang Architektur an der FH Regensburg absolviert und dabei sogar hervorragende Noten erzielt. In einer vom Kläger vorgelegten Bestätigung von Herrn Prof. xxx P2xxx vom 10.2.2012 ist darüber hinaus ausgeführt, dass der Kläger bei Herrn Prof. P1xxx auch ein Diplomarbeitsthema im Studienfach Architektur ("Gasthof mit Pension") bearbeitet hat. Die Arbeit sei jedoch lediglich als "Entwurfsübung" bewertet worden, weil der Kläger seinerzeit nicht im Studiengang Architektur eingeschrieben gewesen sei.
Auch wenn der Kläger daher - woran das Gericht keine Zweifel hat - alle im Studiengang Architektur zu fordernden Prüfungsleistungen erbracht hat, so hat er gleichwohl eine erfolgreiche Abschlussprüfung im Sinne des Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a BauKaG nicht erfolgreich abgelegt.
Nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a BauKaG kommt es für eine Eintragung in die Architektenliste aber nicht darauf an, ob jemand nachweisen kann, dass er alle für den Abschluss eines Architekturstudiums erforderlichen Prüfungsleistungen erbracht hat, sondern er muss den Nachweis erbringen, dass er das Hochschulstudium ordnungsgemäß abgeschlossen hat, was nur möglich ist, wenn er im betreffenden Studiengang auch immatrikuliert war.
Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass das BauKaG die Führung der Berufsbezeichnung "Architekt" an den erfolgreichen Abschluss eines Architekturstudiums an einer deutschen Hochschule knüpft. Der dadurch verursachte Eingriff in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG ist hinzunehmen, zumal er nicht besonders schwer wiegt. Es handelt sich insoweit lediglich um einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit, da der Kläger ohne eine Eintragung in die Architektenliste gleichwohl nicht gehindert ist, Berufsaufgaben eines Architekten, wie sie in Art. 3 Abs. 1 BauKaG geregelt sind, wahrzunehmen.
Ihm ist lediglich die Führung der Berufsbezeichnung "Architekt" verwehrt. Insoweit handelt es sich um einen Eingriff in die Berufsfreiheit, der auf der niedrigsten Stufe der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten 3-Stufen-Theorie angesiedelt ist und der zur Erreichung eines im Gemeinwohls liegenden Ziels geeignet und erforderlich ist (grundlegend dazu: BVerfG vom 11.6.1958, BVerfGE 7, 377 [BVerfG 11.06.1958 - 1 BvR 596/56] - sog. Apothekenurteil).
Durch die Eintragung in die Architektenliste wird nämlich dokumentiert, dass der Eingetragene die im Gesetz vorausgesetzte berufliche Qualifikation als Architekt besitzt und dem Berufsrecht der Architekten unterliegt. Dementsprechend dienen die Eintragungsvoraussetzungen dem Gemeinwohlziel des Schutzes der Nachfrager von Architektenleistungen, denen fachkundige und beruflich integre Berufsangehörige zur Verfügung stehen sollen (BVerfG vom 2.1.2008, Az. 1 BvR 1350/04 <[...]>).
Dabei verkennt das Gericht freilich nicht, dass die Anerkennung des "Architekturdiploms" durch die FH Regensburg seinerzeit nur am damals geltenden Hochschulrecht scheiterte, das ein Doppelstudium nicht zuließ. Ohne diese hochschulrechtliche Regelung hätte sich der Kläger damals zusätzlich im Studiengang Architektur einschreiben können und ihm wäre aufgrund seiner Prüfungsleistungen ein Diplom verliehen worden. Es ist jedoch nicht die Aufgabe des Gerichts im vorliegenden Verfahren das seinerzeit geltende Hochschulrecht zu überprüfen. Es ist allein Sache des Klägers, gegebenenfalls über die FH Regensburg eine nachträgliche Anerkennung seines "faktisch absolvierten" Architekturstudiums zu erreichen, um so nachträglich ein entsprechendes Diplom aufgrund der von ihm erbrachten Leistungen zu erhalten, das dann Grundlage einer Eintragung in die Architektenliste sein kann. Ob dies möglich ist, richtet sich nach den für die FH Regensburg einschlägigen fachhochschulrechtlichen Regelungen.
2. Der Kläger kann seine Eintragung in die Bayerische Architektenliste auch nicht über eine Anwendung der am 30.6.2007 außer Kraft getretenen sog. "Autodidaktenregelung" des Art. 11 Abs. 4 Satz 1 BayArchG erreichen.
Nach Art. 11 Abs. 4 Satz 1 BayArchG 1 war ein Bewerber auf Antrag in die Architektenliste auch dann einzutragen, wenn er ein abgeschlossenes Architekturstudium nicht nachweisen konnte, er seinen Wohnsitz, seine Niederlassung oder seine überwiegende Beschäftigung in Bayern hatte und 1. mindestens zehn Jahre eine praktische Tätigkeit in einer Fachrichtung nach Art. 1 Abs. 1 bis 3 BayArchG unter Aufsicht eines Architekten ausgeübt hat und 2. die einer Ausbildung nach Absatz 1 entsprechenden Kenntnisse durch eine Prüfung auf Hochschulniveau nachweist.
Zwischen den Verfahrensbeteiligten ist unstreitig, dass der Kläger diese Voraussetzungen mit Ausnahme des Kenntnisnachweises durch eine Prüfung auf Hochschulniveau erfüllt.
Es liegt jedoch kein Grund vor, der eine Ausnahme vom Grundsatz der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der letzten mündlichen Verhandlung für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage rechtfertigen und somit zur Anwendung dieser bereits außer Kraft getretenen Vorschrift führen könnte.
In den Fällen, in denen ein begünstigender Verwaltungsakt mit Hilfe einer Verpflichtungsklage erreicht werden soll, rechtfertigt grundsätzlich nicht einmal die Tatsache, dass der begehrte Verwaltungsakt zum Zeitpunkt der Antragstellung nach dem zu diesem Zeitpunkt geltenden Recht hätte erteilt werden müssen, eine Zugrundelegung alten Rechts, um den Kläger so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die Behördenentscheidung noch unter Geltung des alten Rechts getroffen worden wäre (BVerwG vom 26.4.1968, BVerwGE 29, 306; vom 20.8.1992, NVwZ-RR 1993, 65; BayVGH vom 27.4.1981, NJW 1982, 2627; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 113 Rnr. 227). Dies muss erst Recht dann gelten, wenn schon zum Zeitpunkt der Antragstellung bei der Behörde das neue Recht gegolten hat. Die Anwendung des alten Rechts würde sich in diesem Fall nur dann rechtfertigen, wenn die neue Rechtslage entweder eine Übergangsregelung für derartige Fälle enthalten würde, was nicht der Fall ist, oder wenn eine Anwendung des vor Antragstellung geltenden Rechts verfassungsrechtlich geboten wäre.
Letzteres wäre etwa dann der Fall, wenn der Betroffene durch die neue Regelung in einem schutzwürdigen Vertrauen verletzt werden würde. Dieser aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitende Verfassungsgrundsatz wird aber nur tangiert, wenn ein Gesetz mit "echter Rückwirkung" erlassen wird. Eine solche liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift oder wenn der Beginn seiner zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent, das heißt gültig geworden ist (BVerfG vom 24.7.1957, BVerfGE 7, 89 [BVerfG 24.07.1957 - 1 BvL 23/52]; vom 19.12.1961, BVerfGE 13, 261; vom 7.12.2010, BVerfGE 128, 90 und vom 21.7.2010, Az. 1 BvL 11/06 <[...]>). Ein derartiger Fall liegt hier jedoch ersichtlich nicht vor; denn die Abschaffung der sog. "Autodidaktenregelung" durch das BauKaG war ausschließlich in die Zukunft gerichtet. Architekten, die nach der Altregelung in die Architektenliste eingetragen wurden, behielten diesen Eintrag, so dass deren erworbene Rechtsposition nicht geschmälert worden ist.
Es mag zwar sein, dass durch die Gesetzesänderung die vom Kläger in der Vergangenheit geschaffenen Voraussetzungen für eine Eintragung in die Architektenliste nach altem Recht in gewisser Weise entwertet worden sind. Diese Entwertung wirkt sich aber ausschließlich in der Zukunft aus, was ein typisches Merkmal einer sog. "unechten Rückwirkung" von Gesetzen ist, die grundsätzlich mit der Verfassung vereinbar ist. Für sie ergeben sich aus dem rechtstaatlichen Prinzip der Rechtssicherheit verfassungsrechtliche Grenzen, die weitaus niedriger sind, als dies bei der "echten Rückwirkung" von Gesetzen der Fall ist. Für den Bürger bedeutet Rechtssicherheit in erster Linie Vertrauensschutz.
Auch bei "unechter Rückwirkung" ist das Vertrauen enttäuscht, wenn das Gesetz einen entwertenden Eingriff vornimmt, mit dem der Berechtigte nicht zu rechnen brauchte, den er also bei seinen Dispositionen nicht berücksichtigen konnte (BVerfG vom 16.7.1985, BVerfGE 69, 272 [BVerfG 16.07.1985 - 1 BvL 5/80]; vom 26.6.1979, BVerfGE 51, 356 [BVerfG 26.06.1979 - 1 BvL 10/78]). Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass der Bayerische Landesgesetzgeber ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfes des zum 1.7.2007 in Kraft getretenen BauKaG (LT-Drucks. 15/7162, S. 18) die "Autodidaktenregelung" bewusst hat auslaufen lassen, da die für die Schaffung der "Autodidaktenregelung" maßgeblichen Gesichtspunkte (etwa besondere Umstände nach dem Zweiten Weltkrieg) nicht mehr bestanden. Das Auslaufen der Autodidaktenregelung kam für die Betroffenen auch nicht völlig überraschend; denn immerhin wurde der geplante Gesetzesentwurf der Staatsregierung zum neuen BauKaG mit Begründung für das Auslaufen der "Autodidaktenregelung" bereits am 15.1.2007 - also nahezu ein halbes Jahr vor dem Inkrafttreten des BauKaG - in der soeben zitierten Drucksache des Bayerischen Landtags veröffentlicht.
Das Vertrauen in den Fortbestand dieser Regelung war somit nicht besonders schutzwürdig.
Betroffene, die die Voraussetzungen nach § 11 Abs. 4 Satz 1 BayArchG erfüllten, konnten noch unter Geltung des alten Rechts einen Antrag stellen, dessen Bearbeitung noch nach alter Rechtslage abgeschlossen werden konnte. Diskussionswürdig mag zwar sein, ob Betroffene, die den Antrag auf Eintragung in die Architektenliste noch unter Geltung des BayArchG gestellt haben, unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit noch eine Entscheidung nach altem Recht verlangen können, wenn eine Verbescheidung unter der Geltung des BayArchG nicht mehr erfolgte. Dies Frage kann vorliegend jedoch offen bleiben; denn nach Auffassung der entscheidenden Kammer können sich jedenfalls Personen, die - wie der Kläger - einen Eintragungsantrag erst weit mehr als zwei Jahre nach Aufhebung des BayArchG gestellt haben, jedenfalls nicht mehr auf Vertrauensschutz berufen.
Die Klage war daher vollumfänglich mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe:
Hinsichtlich der Streitwertfestsetzung folgt die Kammer der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, der bei Streitigkeiten um die Eintragung in die Bayerischen Architektenliste den Streitwert auf 5.000,-- EUR festsetzt, sofern das Interesse des jeweiligen Klägers nicht wegen besonderer Umstände die Festsetzung eines höheren Streitwertes rechtfertigt. Maßgebliches Interesse in solchen Fällen ist nämlich nicht das Recht zur Ausübung des Architektenberufes, sondern "nur" das Recht, die geschützte Berufsbezeichnung "Architekt" zu führen (BayVGH vom 22.10.2009 < [...] >).