27.11.2012 · IWW-Abrufnummer 123604
Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 06.07.2012 – I-20 U 102/11
1.
Für die Kenntniserlangung des Realgläubigers nach § 103 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 VVG a.F. bzw. § 143 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 VVG nF ist die positive Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen erforderlich, ein Kennenmüssen genügt nicht.
2.
Die Haftung des Versicherers gegenüber dem Realgläubiger aus § 103 VVG a.F. bzw. § 143 VVG nF genügt für die Annahme einer Doppelversicherung i.S.d. § 59 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. bzw. einer Mehrfachversicherung i.S.d. § 78 Abs. 1 Satz 1 VVG nF, wenn dasselbe Interesse gegen dieselbe Gefahr zugleich bei einem weiteren Versicherer versichert ist. Weder setzen §§ 59 VVG a.F. bzw. 78 VVG nF das Bestehen ungestörter Versicherungsverträge zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls voraus noch ist der gesetzlich begründete Anspruch des Realgläubigers gegen den Versicherer subsidiär im Hinblick auf daneben bestehende vertragliche Versicherungsansprüche.
OLG Hamm, 06.07.2012
I-20 U 102/11
In dem Rechtsstreit
der
Klägerin und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt
g e g e n
die
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2012 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Zumdick, den Richter am Oberlandesgericht Kilimann und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Wohlthat
für R e c h t erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 13.04.2011 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer abgeändert.
Der Klageantrag ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
Wegen der Höhe des Anspruchs wird das angefochtene Urteil aufgehoben und das Verfahren an das Landgericht Dortmund zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt als Rechtsnachfolgerin der Winterthur Versicherung AG die Beklagte auf Doppelversicherungsausgleich nach § 59 Abs. 2 VVG a.F. im Hinblick auf einen im Jahr 2005 eingetretenen Brandschaden in Anspruch.
Die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin der N AG. Bei dieser beantragte der Eigentümer des Gewerbegrundstücks M in Köln, Herr K, am 20.06.2002 Gebäudeversicherungsschutz zum Neuwert von 4.371.600,00 Euro einschließlich Feuerversicherung für die aufstehenden Geschäfts- und Lagerräume ab 01.01.2003 (vgl. Versicherungschein der Beklagten vom 20.12.2002, Bl. 70 GA, und Allgemeine Bedingungen für die Feuerversicherung, Anlage B 6).
Am Grundstück M war zugunsten der H AG aufgrund notarieller Urkunde vom 04.11.1991 eine Grundschuld über 3.016.622,10 Euro zzgl. 14% Jahreszinsen bestellt. Diese meldete die Grundschuld gem. §§ 101, 107 b VVG a.F. am 29.07.2002 bei der Beklagten an, worauf diese unter dem 22.08.2002 Deckungsschutz bestätigte (Anlage K 4).
Nach Erhalt des Versicherungsscheins vom 20.12.2002 sprach der Versicherungsnehmer K unter dem 27.12.2002 die "Kündigung" der Versicherung aus (Bl. 63 GA), welche die Beklagte ihm mit Schreiben vom 07.01.2003 bestätigte. Die (noch nicht gezahlte) Jahresprämie iHv 4.176,58 Euro schrieb die Beklagte auf dem Beitragskonto des Versicherungsnehmers gut (Anl. K 5). Unstreitig informierte die Beklagte die H AG nicht über diesen Vorgang.
Über das Vermögen des Grundstückseigentümers K wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Köln das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet, zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Herr Rechtsanwalt D bestimmt (Az. 73 IN 223/04 vgl. Bl. 6, 24 BA).
Auf Antrag der H AG ordnete das Amtsgericht Köln mit Beschluss vom 22.11.2004 die Zwangsverwaltung des Grundstücks M an und bestellte den Zwangsverwalter S. Dieser fertigte unter dem 31.01.2005 einen Bericht über die Besitzergreifung des Grundstücks (Bl. 43 GA, 42 BA). Darin führte er u.a. aus:
"Das Haus ist versichert:
a) gegen Feuer, Leitungswasser, Sturm, bei der W Versicherung mit 2.633.153,00 Euro laut Police 444450092. Die Prämie beträgt jährlich 9.890,52 Euro und ist - nicht - bezahlt. Da kein Nachweis erfolgte, wurde die Versicherung neu abgeschlossen. (...)"
Den entsprechenden Versicherungsschein mit Versicherungsbeginn am 27.01.2005 zum Neuwert von 4.400.000,00 Euro stellte die W Versicherung AG für den Grundstückseigentümer K, vertreten durch den Zwangsverwalter, unter dem 04.02.2005 aus (Anlage K 1).
Das Amtsgericht Köln ordnete mit Beschluss vom 20.01.2005 die Zahlung eines Vorschusses von 20.000,00 Euro binnen zwei Wochen an den Zwangsverwalter zur Fortsetzung des Verfahrens an (Bl. 53 BA), worauf die H AG mit Schreiben vom 10.02.2005 eine Fristverlängerung bis Ende Februar erbat, um den "übersandten Beschlagnahmebericht" auszuwerten (Bl. 48 GA).
Nachdem im ebenfalls vom Amtsgericht Köln angeordneten Zwangsversteigerungsverfahren betreffend das Grundstück M er Verkehrswert des Grundstücks vom gerichtlich beauftragten Sachverständigen E mit Gutachten vom 24.08.2005 auf 3.000.000,00 Euro taxiert worden war (Anlage K 2), brannten die versicherten Lagerhallen am 27.08.2005 komplett aus, wobei auch die angrenzenden Büro- und Geschäftsgebäude teilweise beschädigt wurden. Das gegen Unbekannt von der Staatsanwaltschaft Köln geführte Ermittlungsverfahren wurde mit Verfügung vom 18.01.2006 eingestellt, nachdem sich die Brandursache nicht abschließend feststellen ließ.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin ließ zunächst den vom Sachverständigen Eisenhuth ermittelten Verkehrswert vom Sachverständigen H im Hinblick auf die Frage der zu erbringenden Entschädigung überprüfen. Der Sachverständige H kam in seiner Stellungnahme vom 11.07.2006 zu einem Zeitwertschaden von 2.260.000,00 Euro und einem Neuwertschaden iHv 3.536.800,00 Euro (Anlage K 6). Ein Wiederaufbau der zerstörten Gebäude erfolgte nicht.
Daraufhin verständigte sich die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit der H AG in der Vergleichsvereinbarung vom 20./25.09.2006 - auch im Hinblick auf eine vorläufige Begutachtung durch den zusätzlich hinzugezogenen Sachverständigen F - darauf, zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche aus dem mit ihr geschlossenen Versicherungsvertrag eine Entschädigung von 1.650.000,00 Euro an die H AG zu zahlen, die der Zahlung an den Eigentümer widersprochen hatte. Im Gegenzug trat die H AG der Rechtsvorgängerin der Kl ägerin ihre Rechte an der Sicherungsbestätigung der Beklagten ab. Bereits im Vorspann der Vergleichsvereinbarung wurde Bezug genommen auf den mit der Beklagten geschlossenen Versicherungsvertrag, deren Kündigung der Hypothekenbank nicht mitgeteilt worden sei, obwohl die H AG dann widersprochen bzw. die Prämien verauslagt hätte, weshalb "ein Rechtsanspruch gegenüber der S [Beklagte] bestehen dürfte", für den die Hypothekenbank indes "keine Gewähr" übernehme (vgl. Anlage K 3).
Im Anschluss machte die Klägerin, mit der die W mit Wirkung zum 15.05.2005 verschmolzen war, Ausgleichsansprüche gegenüber der Beklagten geltend. Im Hinblick darauf ließ sie den eingetretenen Brandschaden durch Gutachten des Sachverständigen F vom 07.04.2009 (erneut) ermitteln (Anlage K 7). Dies ergab einen Zeitwertschaden von 1.615.456,51 Euro, den die Klägerin ebenso hälftig von der Beklagten ersetzt verlangt wie diverse ihr entstandene Gutachterkosten. Wegen der Einzelheiten und der Anspruchsberechnung wird auf die Seiten 7 und 8 der Klageschrift vom 08.09.2009 sowie auf die Anlagen K 8 und K 9 verwiesen.
Nach längeren Verhandlungen (vgl. Anlagen K 10 bis K 31) lehnte die Beklagte schließlich mit anwaltlichem Schreiben vom 07.07.2009 Ausgleichsleistungen an die Klägerin ab (Anlage K 32).
Die Klägerin hat sich auf den Standpunkt gestellt, die Beklagte sei ihr gegenüber gem. § 59 Abs. 2 VVG a.F. zum hälftigen Ausgleich der von ihr erbrachten Entschädigungsleistungen verpflichtet. Bis zur Kündigung des Versicherungsnehmers sei die Beklagte vertraglich gebunden gewesen und habe auch einen entsprechenden Beitragsanspruch gehabt. Infolge der Kündigung hafte die Beklagte gem. § 103 VVG aF, weil sie es versäumt habe, die Realgläubigerin davon in Kenntnis zu setzen. Eine anderweitige positive Kenntniserlangung i.S.d. § 103 Abs. 1, Abs. 3 VVG a.F. sei nicht dargetan. Die gesetzliche Deckungspflicht aus § 103 VVG a.F. betreffe dasselbe Interesse, welches bei der Klägerin vertraglich versichert sei und erfülle so die Voraussetzungen der Doppelversicherung nach § 59 Abs. 1 VVG aF.
Die Klägerin hat deshalb beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 814.486,02 Euro nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszins seit dem 07.07.2009 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat das Bestehen einer Doppelversicherung i.S.d. § 59 VVG a.F. in Abrede gestellt und sich dazu zunächst auf die ihrer Rechtsvorgängerin gegenüber erklärte Kündigung des Grundstückseigentümers und das dadurch bedingte Erlöschen des vertraglichen Versicherungsschutzes berufen. § 59 Abs. 2 VVG a.F. setze indes bestehende Vertragsverhältnisse zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls voraus. Nur wenn nach bzw. durch Eintritt des Versicherungsfalls einer der Versicherer - etwa wegen einer Obliegenheitsverletzung - leistungsfrei werde und dennoch gem. §§ 102, 103 VVG a.F. weiterhafte, sei es gerechtfertigt, eine Doppelversicherung anzunehmen. Es entspreche nicht der Idee des § 59 VVG aF, auch den Versicherer für ein Risiko mithaften zu lassen, der keinerlei Prämiengewinne erzielt habe. Auch nach § 101 VVG a.F. sei der Versicherer von der Leistungspflicht befreit, wenn schon die Erstprämie nicht gezahlt worden sei.
Eine Haftung nach § 103 VVG a.F. greife zudem nicht, weil die Realgläubigerin über die vertragliche Haftung der Klägerin hinreichend abgesichert gewesen sei. § 103 VVG a.F. diene nicht dem Schutz des (Mit-)Versicherers, sondern allein dem Schutz des Realgläubigers. Dieser sei im Falle anderweitiger vertraglicher Deckung des Versicherungsrisikos indes nicht schutzwürdig. Aus § 103 VVG a.F. ergebe sich allenfalls eine subsidiäre Haftung.
Wegen der vertraglichen Eintrittspflicht der Klägerin bestehe so weder das von § 59 Abs. 2 VVG a.F. vorausgesetzte Gesamtschuldverhältnis noch greife die von der Realgläubigerin erklärte Abtretung ihrer Rechte aus der Sicherungsbestätigung.
Im Übrigen habe die H AG als Realgläubigerin schon im Februar 2005 i.S.d. § 103 VVG a.F. Kenntnis vom Nichtbestehen des Versicherungsschutzes über die Beklagte erlangt. Dies ergebe sich aus ihrem Schreiben vom 10.02.2005, in dem auf den Besitzergreifungsbericht des Zwangsverwalters Bezug genommen werde, der wiederum nur den (neu abgeschlossenen) Versicherungsschutz der Klägerin erwähnt habe.
Schließlich seien eventuelle Ausgleichsansprüche der Klägerin jedenfalls verwirkt, nachdem diese ohne Einbeziehung der Beklagten einer völlig überhöhten Regulierung gegenüber der Realgläubigerin zugestimmt habe, ohne den sicheren Indizien für eine Eigenbrandstiftung des Versicherungsnehmers weiter nachzugehen. In der getroffenen Einigung sei ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter zu sehen. Weitere Ausführungen zur Anspruchshöhe hat sich die Beklagte in erster Instanz bis zur Klärung des Anspruchsgrundes ausdrücklich vorbehalten.
Insgesamt hat sich die Beklagte auf die Ausführungen der von ihr beauftragten Rechtsgutachter Prof. Dr. M und Prof. Dr. S in deren Stellungnahme vom 14.06.2009 (Bl. 22 ff GA) bezogen.
Die Einzelrichterin des Landgerichts Dortmund hat die Klage mit Urteil vom 13.04.2011 abgewiesen, weil es an einer Doppelversicherung i.S.d. § 59 Abs. 1 VVG a.F. fehle. Der mit der Beklagten geschlossene Versicherungsvertrag sei aufgrund der fristgerechten Kündigung des Versicherungsnehmers hinfällig geworden. Daneben sei die Beklagte auch nicht gem. § 103 VVG a.F. zur Deckung verpflichtet gewesen, weil die Realgläubigerin aufgrund des - von ihr ausgewerteten - Besitzergreifungsberichtes des Zwangsverwalters vom 31.01.2005 mehr als drei Monate vor Eintritt des Versicherungsfalls Kenntnis vom Nichtbestehen des mit der Beklagten geschlossenen Versicherungsvertrages erlangt habe. Schließlich habe sie aus der Nichtzahlung der der Klägerin geschuldeten Prämien und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Grundstückseigentümers schließen können, dass erst recht die ursprünglich der Beklagten geschuldeten Prämien nicht bezahlt waren und der Versicherungsschutz so nicht (mehr) bestand. Damit hafte die Beklagte auch nicht aus abgetretenem Recht. Die Beklagte sei gegenüber der Realgläubigerin auch deshalb leistungsfrei geworden, weil der Versicherungsnehmer die Erstprämie i.S.d. § 102 Abs. 2 VVG a.F. nicht gezahlt habe. Dies rechtfertige die entsprechende Anwendung der Ausnahmeregelung aus § 103 Abs. 1 Satz 2 VVG aF.
Im Übrigen scheitere eine Inanspruchnahme der Beklagten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Grundstückseigentümers am Grundsatz von Treu und Glauben.
Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung gegen dieses Urteil verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche weiter.
Sie meint, eine "anderweitige Kenntniserlangung" der Realgläubigerin i.S.d. § 103 Abs. 3 Satz 2 VVG a.F. könne nicht schon auf die Bezugnahme auf den Besitzergreifungsbericht des Zwangsverwalters vom 31.01.2005 im Schreiben vom 10.02.2005 gestützt werden. Denn aus dem Bericht des Zwangsverwalters ergebe sich nur, dass ein Nachweis der Prämienzahlung gegenüber der Klägerin nicht feststellbar gewesen sei und dass deshalb ein neuer Versicherungsschutz über die Klägerin begründet worden sei, wobei der Zwangsverwalter wohl irrtümlich statt der Policennummer der Klägerin die Nummer des Versicherungsvermittlers angegeben habe. Im Hinblick auf den mit der Beklagten geschlossenen Versicherungsvertrag ergebe sich aus dem Bericht gar nichts, ebenso wenig aus dem vom Amtsgericht angeforderten Vorschuss für anstehende Reparaturarbeiten. Ein Kennenmüssen genüge für § 103 Abs. 3 Satz 2 VVG a.F. indes nicht, weil der Realgläubiger angesichts der ihm ausgestellten Sicherungsbestätigung nicht zu eigenständigen Recherchen verpflichtet sei.
Soweit das Erstgericht eine Haftung aus abgetretenem Recht mit Blick auf die Nichtzahlung der Erstprämie verneint habe, sei dies angesichts der kündigungsbedingten Beitragsfreistellung des Versicherungsnehmers ohnehin verfehlt.
Im Übrigen wiederholt und vertieft die Klägerin ihre erstinstanzlich geführte Argumentation, insbesondere mit Blick auf die Ausführungen in der gutachterlichen Stellungnahme M/S.
Die Klägerin beantragt demgemäß,
das Urteil des Landgerichts Dortmund aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 814.486,02 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.07.2009 zu zahlen.
Hilfsweise beantragt sie,
die Sache unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt insbesondere der Argumentation des Landgerichts im Hinblick auf eine "anderweitige Kenntniserlangung" der Realgläubigerin i.S.d. § 103 Abs. 3 Satz 2 VVG a.F. bei.
Im Übrigen hält auch die Beklagte an ihrer erstinstanzlich vertretenen Argumentation fest, wonach eine Doppelversicherung i.S.d. § 59 VVG a.F. stets eine vertragliche Bindung der Versicherer bis zum Versicherungsfall voraussetze, die angesichts der Beendigung des mit der Beklagten geschlossenen Versicherungsvertrages gem. § 5a VVG a.F. nie bestanden habe. § 103 VVG greife als subsidiäre Schutznorm zugunsten des Realgläubigers neben der vertraglichen Haftung der Klägerin nicht.
Die Akten der Staatsanwaltschaft Köln (Ermittlung gegen Unbekannt wegen Brandstiftung) und des Amtsgerichts Köln (Zwangsverwaltung Grundstück M) lagen dem Senat vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin hat dem Grunde nach Erfolg.
Ihre Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt, im Hinblick auf die Höhe des Klageanspruchs war die Sache unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO an das Landgericht Dortmund zurückzuverweisen.
1.
Der von der Klägerin verfolgte Ausgleichsanspruch ergibt sich aus § 59 Abs. 2 VVG a.F..
Das VVG ist in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung gemäß Art. 1 Abs. 2, Abs. 1 EGVVG anzuwenden, weil die streitgegenständlichen Versicherungsverträge vor dem 01.01.2008 abgeschlossen waren und der Versicherungsfall, nämlich der Brandschaden vom 27.08.2005, vor dem 31.12.2008 eingetreten ist.
Die versicherte Gefahr, für die die Klägerin eine Entschädigung an die Realgläubigerin des Grundstücks M, nämlich die H AG geleistet hat, war sowohl bei der Klägerin als auch bei der Beklagten im Sinne einer Doppelversicherung i.S.d. § 59 Abs. 1 S. 1 VVG versichert. § 59 Abs. 1 S. 1 VVG a.F. spricht von einer Doppelversicherung, wenn ein Interesse gegen dieselbe Gefahr bei mehreren Versicherern versichert ist und die Versicherungssummen zusammen den Versicherungswert bzw. die Summe der Entschädigungen den Gesamtschaden übersteigen.
Unstreitig waren die auf dem Grundstück M erbauten Gebäude zum Zeitpunkt des Brandschadens bei der Klägerin u.a. gegen Feuerschäden versichert, und zwar zum Neuwert von 4,4 Mio. Euro (vgl. Versicherungsschein vom 04.02.2005, Anlage K 1).
Gegenüber der Beklagten bestand für den Grundstückseigentümer zwar nach seiner "Kündigung" vom 27.12.2002 kein Feuerversicherungsschutz mehr aus dem am 20.06.2002 beantragten Versicherungsvertrag. Die "Kündigung" des Grundstückseigentümers K vom 27.12.2002 hat den ihm gegenüber begründeten vertraglichen Versicherungsschutz beendet. Dies gilt unabhängig davon, ob der Vertrag nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien in erster Instanz nach dem sog. Policenmodell i.S.d. § 5 a VVG a.F. abgeschlossen worden ist oder ob der Grundstückseigentümer die einschlägigen Versicherungsunterlagen bereits bei der Antragstellung erhalten hatte, wie die Klägerin mit Schriftsatz vom 28.03.2012 in den Raum gestellt hat. In jedem Fall hat die "Kündigung" entweder als fristgerechter Widerspruch i.S.d. § 5 a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. oder als rechtzeitiger Widerruf i.S.d. § 8 Abs. 4 VVG a.F. den vertraglichen Versicherungsschutz für den Grundstückseigentümer beendet.
Unabhängig von einer solchen Beendigung der vertraglichen Bindung gegenüber dem Grundstückseigentümer schuldete die Beklagte der Realgläubigerin Versicherungsschutz für die zugleich von der Klägerin versicherte Gefahr gemäß § 103 VVG a.F.
Die Voraussetzungen der Haftung nach § 103 VVG a.F. sind seitens der Beklagten erfüllt. Die H AG hatte als einem Hypothekengläubiger gemäß § 107 b VVG a.F. gleichgestellte Grundschuldgläubigerin ihre Grundschuld gegenüber der Beklagten am 29.07.2002 i.S.d. § 103 Abs. 1 S. 1 VVG a.F. angemeldet und darauf seitens der Beklagten unter dem 22.08.2002 die entsprechende Sicherungsbestätigung erhalten. Aufgrund dieser Anmeldung entfaltet die vom Grundstückseigentümer unter dem 27.12.2002 ausgesprochene "Kündigung" im Verhältnis zur Realgläubigerin keine Wirkung, mit der Folge, dass die Beklagte ihr gegenüber von Gesetzes wegen bedingungsgemäßen Versicherungsschutz schuldete. Dabei ist ohne Belang, ob ein anzunehmender Widerspruch des Versicherungsnehmers nach § 5 a Abs. 1 VVG a.F. oder ein Widerruf nach § 8 Abs. 4 VVG a.F. als Beendigungsgrund i.S.d. § 103 Abs. 1 VVG a.F. (so etwa Römer/Langheidt, VVG 2. Aufl. 2003, § 103 Rdn. 7) oder als Nichtigkeitsgrund i.S.d. § 103 Abs. 3 VVG a.F. (so Prölss/Martin/Kollhosser, VVG 27. Aufl. 2004, § 103, Rdn. 15) anzusehen wäre. Für die gesetzlich begründete Haftung der Beklagten kommt es allein darauf an, dass die aus der Erklärung vom 27.12.2002 folgende Beendigung bzw. Nichtigkeit des mit der Beklagten geschlossenen Versicherungsvertrages der Realgläubigerin nicht mindestens drei Monate vor dem Versicherungsfall, d.h. dem Brand am 24.08.2005, mitgeteilt worden oder in anderer Weise zur Kenntnis gelangt war.
Eine solche unmittelbare Mitteilung an die H AG hat die Beklagte unstreitig versäumt.
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Realgläubigerin in anderer Weise i.S.d. § 103 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 2 VVG a.F. Kenntnis erlangt habe. Entgegen der vom Landgericht Dortmund im angefochtenen Urteil vertretenen Ansicht ist eine solche Kenntniserlangung insbesondere nicht aus dem Besitzergreifungsbericht des Zwangsverwalters S vom 31.01.2005 zu folgern. Dieser Bericht verhält sich nicht ausdrücklich über die vom Grundstückseigentümer am 27.12.2002 ausgesprochene "Kündigung" bzw. die darauf folgende Bestätigung der Beklagten ihm gegenüber vom 07.01.2003. Der Zwangsverwalter teilte lediglich mit, die seiner Verwaltung unterliegenden Gebäude seien bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin u.a. gegen Feuer versichert, die jährliche Prämie sei nicht bezahlt und, da kein Nachweis erfolgt sei die Versicherung neu abgeschlossen worden. Selbst wenn sich daraus angesichts des fehlenden Nachweises und der desolaten finanziellen Situation des Grundstückseigentümers folgern ließe, dass dann erst recht auch die der Beklagten (ursprünglich) geschuldete Prämie nicht gezahlt sei, begründet dies allenfalls ein Kennenmüssen der Realgläubigerin, aber keine konkrete Kenntnis von der Beendigung bzw. Nichtigkeit des mit der Beklagten geschlossenen Versicherungsvertrages, wie sie in § 103 Abs. 1, Abs. 3 VVG a.F. genannt ist. Entsprechendes gilt, soweit das Erstgericht Schlüsse aus der Vorschussanforderung für die Zwangsverwaltung geschlossen hat.
Aus dem Schutzzweck des § 103 VVG a.F. lässt sich nicht folgern, dass es auf ein bloßes Kennenmüssen des Realgläubigers ankommt, um ihm - nach einem Zeitablauf von drei Monaten - den gesetzlichen Deckungsanspruch zu nehmen. Schließlich will die Vorschrift den Realgläubiger für den von ihm unbeeinflussbaren Verlust der Werthaltigkeit seines Sicherungsgutes schützen (vgl. Bruck-Möller/Johannsen/Johannsen, VVG 8. Aufl. 2002, 3. Bd., J 52). Mit der Einräumung einer Frist von drei Monaten soll der Realgläubiger in die Lage versetzt werden, für einen neuen Versicherungsschutz Sorge zu tragen (Motive zum VVG, 1963, S. 169 f.). Dazu kann er sich nach ordnungsgemäßer Anmeldung seines Rechts beim Versicherer aber erst veranlasst sehen, wenn er sicher weiß, dass der ursprünglich bestätigte Versicherungsschutz nicht (mehr) besteht. Ansonsten wäre der Realgläubiger zu ständigen Nachforschungen gehalten, was ersichtlich nicht Zweck des Anmelde- und Bestätigungsverfahrens ist. Nach Anmeldung des Sicherungsrechtes und entsprechender Rückbestätigung seitens des Versicherers sollen vielmehr für beide Seiten klare und insbesondere verlässliche Verhältnisse geschaffen sein.
Damit ist es trotz möglicherweise begründbarer Schlussfolgerungen aus dem Besitzergreifungsbericht des Zwangsverwalters vom 31.01.2005 nicht zu einer Kenntniserlangung der Realgläubigerin von der Beendigung bzw. der Nichtigkeit des ursprünglich von der Beklagten vertraglich zugesagten Versicherungsschutzes gekommen. Damit kann offenbleiben, ob aus dem Bericht des Zwangsverwalters überhaupt ein Kennenmüssen folgt. Der Vermerk "Da kein Nachweis erfolgte, wurde die Versicherung neu abgeschlossen" kann nämlich auch so verstanden werden, dass unklar war, ob und wo eine Versicherung bestand und dass deshalb sicherheitshalber eine neue Versicherung abgeschlossen wurde.
Schließlich scheitert die Haftung der Beklagten aus § 103 VVG a.F. auch nicht entsprechend § 103 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 102 Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. daran, dass der Grundstückseigentümer als Versicherungsnehmer die erste Prämie nicht gezahlt hatte. Erstens ergibt sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 07.01.2003 bereits nicht, dass die Prämie nicht gezahlt war - die Prämie wurde dem Versicherungsnehmer lediglich im Hinblick auf seine als wirksam erachtete Kündigungserklärung gutgeschrieben. Außerdem entspricht die von §§ 102 Abs. 2 Satz 1, 103 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F. vorausgesetzte Interessenlage des Versicherers, der wegen Zahlungsausfalls leistungsfrei wird, nicht derjenigen eines Versicherers, dessen vertragliche Bindung nach § 103 Abs. 1 bzw. Abs. 3 VVG a.F. endet. Die Leistungsfreiheit des Versicherers in §§ 102 Abs. 2 Satz 1, 103 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F. hat lediglich den Hintergrund, dass der Realgläubiger in den Fällen der Leistungsfreiheit wegen Zahlungsausfalls selbst für seinen Versicherungsschutz hätte sorgen können, indem er für die Prämienzahlung sorgte. Beendet der Versicherungsnehmer indes aus eigenem Entschluss den Versicherungsvertrag, ohne dass der Realgläubiger auf diese Entscheidung Einfluss nehmen kann, bleibt der Versicherer wegen des daraus folgenden Schutzbedürfnisses des Realgläubigers in der Haftung (vgl. Prölls/Martin/Kollhosser, VVG 27. Aufl. 2004, § 102, Rn. 7).
Nach § 103 Abs. 1 S. 1 VVG a.F. erhält der Realgläubiger, der seine Hypothek (bzw. nach § 107 b VVG a.F. seine Grundschuld) dem Versicherer gemeldet hat, kraft Gesetzes einen eigenständigen Anspruch auf Zahlung der bedingungsgemäßen Entschädigung gegen den Versicherer, der mangels Mitteilung bzw. Kenntniserlangung zeitlich unbegrenzt fortbesteht (Prölls/Martin/Kollhosser, VVG 27. Aufl. 2004, § 103, Rn. 8).
Diese gesetzlich begründete Fortdauer des ursprünglich vertraglich zugunsten des Grundstückseigentümers gewährten Versicherungsschutzes stellt ebenso wie der rein vertraglich geschuldete Versicherungsschutz der Klägerin eine Versicherung gegen dieselbe Gefahr i.S.d. § 59 Abs. 1 VVG a.F. dar und genügt damit für die Annahme einer Doppelversicherung.
Entgegen der Annahme der Beklagten ist das Bestehen einer Doppelversicherung i.S.d. § 59 Abs. 1 S. 1 VVG a.F. nicht an das Nebeneinander originär vertraglicher Versicherungsansprüche bis zum Eintritt des Versicherungsfalls gebunden. § 59 Abs. 1 S. 1 VVG a.F. spricht allein davon, dass "ein Interesse gegen dieselbe Gefahr bei mehreren Versicherern versichert" sei. Damit schließt die Vorschrift bereits nach ihrem Wortlaut nicht aus, auch die gesetzlich angeordnete Fortwirkung eines ursprünglich vertraglich begründeten Versicherungsschutzes für die Annahme einer Doppelversicherung ausreichen zu lassen. Die Beklagte vermag für die von ihr vorgenommene Differenzierung auch keine systematischen Erwägungen anführen, sondern beruft sich primär darauf, es sei nicht Sinn und Zweck des § 59 VVG aF, den Versicherer zum Ausgleich zu verpflichten, der seinerseits mangels vertraglicher Bindung bis zum Eintritt des Versicherungsfalls keinen Prämiengewinn verbuchen konnte. Eine solche Abhängigkeit der Ausgleichspflicht vom jeweiligen Prämiengewinn der haftenden Versicherer ist der Vorschrift des § 59 Abs. 2 VVG a.F. indes nicht zu entnehmen. Einerseits lässt sich der jeweilige Gewinn, den die beteiligten Versicherer mit der Zusage des Versicherungsschutzes erzielen, nicht allein an den bloßen Prämieneinnahmen festmachen, sondern hängt daneben von vielfältigen internen Faktoren wie der jeweiligen Risiko- und Prämienkalkulation sowie der allgemeinen Geschäftsentwicklung ab, die sich von außen nicht ohne weiteres beurteilen lassen und so als Maßstab für die Bemessung der Ausgleichspflicht denkbar ungeeignet sind. Schließlich kann der Gewinn eines Versicherers, der seine Prämienforderungen hat realisieren können, angesichts des Umfangs seiner vertraglichen Entschädigungspflicht hinter dem Gewinn eines anderen Versicherers sogar zurückbleiben, der möglicherweise weniger Prämien eingenommen hat, aufgrund seiner eingeschränkten vertraglichen Bindung aber dennoch unter dem Strich keine Verluste machen musste. Außerdem wäre es mit der gesetzgeberischen Zielsetzung der Ausgleichspflicht aus § 59 Abs. 2 VVG a.F. nicht zu vereinbaren, nur solche Versicherer mithaften zu lassen, die aus dem eingegangenen Versicherungsvertrag auch einen Prämiengewinn erzielt haben. Die Vorschrift bezweckt vielmehr, für die in der Zulässigkeit einer Doppelversicherung begründete Gefahr einer willkürlichen Inanspruchnahme eines der beteiligten Versicherer ein Korrektiv zu schaffen, wie es der Ausgleichspflicht unter Gesamtschuldnern gem. § 426 BGB nach allgemeinen zivilrechtlichen Maßstäben entspricht (Motive zum VVG, S. 129; vgl. Beck'scher Online-Kommentar/Gehrlein, BGB, 23. Edition 2012, § 426, Rdn. 1). Die Entschädigungspflicht als solche beruht damit von vornherein allein auf den - ursprünglich - eingegangenen versicherungsvertraglichen Verpflichtungen und nicht auf dem jeweiligen Profit der beteiligten Versicherer.
Entgegen der von der Beklagten bzw. den von ihr beauftragten Rechtsgutachtern vertretetenen Meinung ist eine ausgleichsbedürftige Gläubigerwillkür auch nicht nur in den Fällen zu befürchten, in denen der Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalls durch eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung die Leistungsfreiheit für einen der beteiligten Versicherer bewirkt. Die Gefahr der Gläubigerwillkür ist nicht auf die Fälle der Obliegenheitsverletzungen begrenzt, sondern bereits in der gesetzgeberischen Entscheidung für die Zulässigkeit der Doppelversicherung angelegt: Schließlich ist es dem (doppelt versicherten) Versicherungsnehmer entsprechend § 421 BGB unbenommen, denjenigen der ihm gegenüber haftenden Versicherer in Anspruch zu nehmen, von dem er - aus welchen Gründen auch immer - eine schnelle und unproblematische Regulierung erwartet. Da diese Entscheidung auf Zufälligkeiten beruhen kann, die die beteiligten Versicherer nicht zu beeinflussen vermögen, hat es der Gesetzgeber für gerechtfertigt gehalten, sie entsprechend der Regelung in § 426 Abs. 1 BGB untereinander zum Ausgleich zu verpflichten (vgl. Motive zum VVG a.a.O.).
Dementsprechend ist auch höchstrichterlich anerkannt, dass es für die Annahme einer Doppelversicherung lediglich darauf ankommt, dass überhaupt ein (vertraglich oder gesetzlich hergeleiteter) Versicherungsschutz für ein und dasselbe Interesse besteht. Weder kommt es darauf an, ob dieses Interesse für verschiedene Versicherungsnehmer versichert ist (so BGH, VersR 1976, 847, [...]Rn. 25) noch, ob der Versicherungsschutz einerseits auf der originär vertraglichen Haftung des eintretenden Versicherers oder der gesetzlich angeordneten Entschädigungspflicht aus § 102 VVG a.F. beruht (BGH, RuS 1988, 86, [...]Rn. 11 ff). Es kommt allein darauf an, ob jeweils das identische Interesse versichert ist.
Eine solche Doppelversicherung lässt sich vor diesem Hintergrund auch aus der Haftung gem. § 103 VVG a.F. herleiten, wenn sie sich - wie hier - auf dasselbe Interesse wie die daneben bestehende vertragliche Einstandspflicht eines anderen Versicherers richtet.
Insbesondere lässt sich entgegen der Ansicht der Beklagten gegen die Annahme einer Doppelversicherung i.S.d. § 59 VVG a.F. nicht anführen, dass die Haftung aus § 103 VVG lediglich eine subsidiäre Haftung darstelle und so der Gedanke der gesamtschuldnerischen Haftung, die der Vorschrift des § 59 VVG zugrunde liegt, nicht greife. Es lässt sich bereits aus dem Wortlaut des § 103 VVG a.F. nicht herleiten, dass insoweit lediglich eine nachrangige bzw. subsidiäre Bindung des Versicherers gegenüber dem Realgläubiger begründet werden sollte. Zwar war in älteren Kommentierungen im Hinblick auf § 102 VVG teilweise eine subsidiäre Haftung des Versicherers angenommen worden. Dabei ging es um die Konstellation, dass die Forderung des nach § 102 VVG berechtigten Realgläubigers noch durch den (vom Versicherungsschaden unberührten) Wert des Sicherungsgutes gesichert war, so dass er auf die Versicherungsleistung wirtschaftlich gar nicht angewiesen sei (vgl. Prölss/Martin/Kollhosser, VVG 25. Aufl. 1991, § 102 Anm. 5). Diese Meinung wurde indes weder in der Literatur aufrechterhalten (vgl. Prölss/Martin/Kollhosser, VVG 26. Aufl. 1998, § 102 Rdn. 7; Bruck-Möller, VVG 8. Aufl. 2002 3. Bd., J 54) noch höchstrichterlich bestätigt (offengelassen in BGH WM 1981, 488, 490 wegen Ausfalls der Grundschuld in der Zwangsversteigerung). Zu Recht hat das neuere Schrifttum darauf verwiesen, dass der von den §§ 102, 103 VVG a.F. bezweckte umfassende Schutz des Realgläubigers vor dem Verlust der Werthaltigkeit seines Sicherungsrechts entwertet würde, wenn man ihn zunächst auf den ungewissen Weg der Verwertung des Grundpfandrechts verweisen würde, bevor er auf die Entschädigungsleistung des Versicherers zugreifen dürfte (Bruck-Möller, a.a.O.). Im Übrigen wäre der in § 104 VVG a.F. angeordnete Übergang des Grundpfandrechts wirtschaftlich sinnlos, wenn die Haftung nach §§ 102, 103 VVG a.F. von der Ausschöpfung des Grundstückswertes abhinge (Bruck-Möller a.a.O.). Dementsprechend ist höchstrichterlich anerkannt, dass der Anspruch aus § 102 VVG a.F. grundsätzlich nicht von der Werthaltigkeit des Grundpfandrechts, sondern allein von der Höhe der bedingungsgemäß zu leistenden Entschädigung abhängt, weil es sich um ein selbständiges, unmittelbares Recht des Grundpfandgläubigers gegen den Versicherer handelt (BGH, VersR 1997, 570, [...]Rn. 12). Entsprechendes gilt für die Interessenlage, die der hier einschlägigen Vorschrift des § 103 VVG zugrunde liegt.
Zwar verweist das von der Beklagten eingeholte Rechtsgutachten zu Recht darauf, dass die dem Realgläubiger in § 103 VVG a.F. eingeräumte 3-Monats-Frist dazu dienen sollte, dem Realgläubiger die Gelegenheit zur Erhaltung bzw. Beschaffung eines (neuen) Versicherungsschutzes einzuräumen (Motive zum VVG, S. 169 f.; Bruck, Das Privatversicherungsrecht, 1930, S. 747). Diese besagt aber nicht, dass der Realgläubiger, dem diese Gelegenheit durch eine entsprechende Mitteilung nicht explizit eingeräumt wurde und der nur zufällig (ungestörten) Versicherungsschutz gemäß § 1127 BGB über eine weitere Versicherung erhält, seine Rechte aus § 103 VVG nicht mehr ausüben dürfen soll. Nach einhelliger Meinung erhält er gemäß § 103 VVG a.F. einen eigenständigen Anspruch gegen den Versicherer, und zwar unabhängig von der (sonstigen) Werthaltigkeit seines Grundpfandrechts (BGH, VersR 1997, 570, [...]Rn. 12). Nichts spricht dafür, dass der Anspruch trotzdem abhängig sein sollte von dem Bestehen weiterer Ansprüche, die das Sicherungsinteresse des Realgläubigers abdecken könnten. Wenn die Konzeption des VVG Doppelversicherungen zulässt, die nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch unbeabsichtigt von verschiedenen Personen begründet sein können (Motive zum VVG, S. 132), so spricht nichts dagegen, die Rechte aus diesen Versicherungen nebeneinander bestehen zu lassen. Denn es mag aus Sicht des Realgläubigers durchaus Konstellationen geben, in denen er die Haftung aus § 103 VVG a.F. derjenigen aus dem ungestörten Versicherungsverhältnis vorzieht, etwa weil er angesichts der ihm ausgestellten Sicherungsbestätigung in der Inanspruchnahme der (gestörten) Versicherung den sichereren Weg sieht als die Geltendmachung eines (ungestörten) vertraglichen Anspruchs, dem möglicherweise Einwendungen entgegenhalten werden, welche - etwa mangels Anmeldung des Grundpfandrechts bei diesem Versicherer - nicht überwunden werden könnten.
Dementsprechend ist - zur Haftung aus § 102 VVG a.F. - auch höchstrichterlich anerkannt, dass das Nebeneinander von vertraglicher und gesetzlicher Haftung für die Annahme einer Doppelversicherung i.S.d. § 59 Abs. 1 VVG a.F. ausreicht (vgl. BGH, RuS 1988, 86, [...]Rn. 11 ff).
Vor diesem Hintergrund entspricht es auch der Interessenlage der Parteien, den Zufälligkeiten der internen Risikoabwägung der Realgläubigerin Rechnung zu tragen, die sich für eine Inanspruchnahme bzw. Einigung mit der Klägerin entschieden hat, statt primär die Beklagte in Anspruch zu nehmen, was ihr angesichts der ihr erteilten Deckungszusage nicht hätte verwehrt werden können. Dass die vom Gesetzgeber als Korrektiv der willkürlichen Inanspruchnahme eines Versicherers seitens des Geschädigten gedachte Ausgleichspflicht stets mit der unerfreulichen Verpflichtung zum Ausgleich verbunden ist, lässt sich so nicht gegen die Anwendung von § 59 Abs. 2 VVG ins Feld führen. Im Ergebnis wird der Beklagten als ausgleichspflichtiger Versicherung nicht mehr zugemutet, als das Risiko zumindest mitzutragen, welches sie mit Abschluss des Versicherungsvertrages übernommen und insbesondere durch Versäumung der Mitteilung an die Realgläubigerin nicht begrenzt hatte, obwohl ihr dies möglich gewesen wäre.
Die von der Klägerin und der Beklagten versprochenen Versicherungssummen überstiegen den Versicherungswert der versicherten Gebäude M i.S.d. § 59 Abs. 1 S. 1 VVG, so dass im Ergebnis alle Voraussetzungen für die Annahme einer Doppelversicherung und damit einer Ausgleichspflicht aus § 59 Abs. 2 VVG a.F. zu bejahen waren.
Dass die Klägerin den Anspruch aus § 103 VVG a.F. daneben aufgrund der Vergleichsvereinbarung mit der H AG vom 25.09.2006 auch aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte geltend machen kann, ist nicht entscheidungserheblich.
Der damit dem Grunde nach begründete Ausgleichsanspruch der Klägerin scheitert auch nicht am Einwand der Verwirkung. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit der Klägerin ein treuwidriges Verhalten vorzuwerfen wäre, weil sie sich vor Inanspruchnahme der Beklagten einseitig mit der Realgläubigerin auf eine bestimmte Entschädigung geeinigt hatte. Diese Vorgehensweise beruht auf der gesetzlich angelegten Befugnis des Realgläubigers, sich im Falle einer Doppelversicherung (gleichsam willkürlich) den Versicherer auszusuchen, von dem er die ihm zustehende Entschädigung fordern möchte. Weder ist der Realgläubiger gehalten, dabei zugleich den Zweitschuldner zu informieren und ihm so frühzeitig die Gelegenheit zu geben, im Hinblick auf den entstehenden Ausgleichsanspruch mögliche Einwendungen (zur Höhe) geltend zu machen, noch ist der in Anspruch genommene Versicherer verpflichtet, die Entschädigungsleistung in Absprache mit dem Mitschuldner zu leisten. Im Gegenzug übernimmt er so das Risiko, seinen Ausgleichsanspruch ggf. nicht bzw. nicht in voller Höhe durchsetzen zu können. Eine Treuwidrigkeit dieser Vorgehensweise ergibt sich daraus sicherlich nicht, insbesondere auch nicht aus der Erwägung, dass die Klägerin dem geltend gemachten Anspruch nicht den Einwand der Eigenbrandstiftung entgegengehalten hatte. Denn diesen konnte zumindest die Beklagte nach § 102 VVG a.F. wegen der ihr gegenüber angemeldeten Grundschuld ohnehin nicht einwenden.
Da die Einigung der Klägerin mit der H AG keine Bindungswirkung für die Beklagte entfaltet, ist auch die Annahme eines unzulässigen Vertrages zu Lasten Dritter verfehlt.
Die Ausgleichspflicht ist damit dem Grunde nach gerechtfertigt. In welchem Verhältnis der Ausgleich zu leisten ist, bestimmt sich nach § 59 Abs. 2 VVG a.F. nach dem Verhältnis, in dem die jeweils von den Parteien geschuldeten Entschädigungsleistungen zueinander stehen.
2.
Im Hinblick auf die Höhe des geltend gemachten Ausgleichsanspruchs war die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Verfahrens nach § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO an das erstinstanzliche Landgericht Dortmund zurückzuverweisen. § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO erlaubt die Aufhebung und Zurückverweisung zur Anspruchshöhe, wenn die Parteien über Grund und Betrag des Klageanspruchs streiten, das erstinstanzliche Gericht über den Grund entscheidet oder die Klage abweist, und wenn die Sache zur Höhe noch nicht zur Entscheidung reif und ein entsprechender Zurückverweisungsantrag gestellt ist.
Die Beklagte hat bereits erstinstanzlich auch die Anspruchshöhe in Frage gestellt, indem sie die von der Klägerin an die Realgläubigerin geleistete Entschädigung als übersetzt gerügt hat. Dass sie keine substantiierten Einwendungen gegen das der Entschädigungsleistung zugrunde liegende Wertgutachten des Sachverständigen Förster vom 07.04.2009 erhoben hatte, beruhte ersichtlich und nach übereinstimmender Bestätigung der Parteien im Senatstermin am 06.07.2012 darauf, dass sich die Prozessbeteiligten entsprechend der Anregung der Beklagten mit dem erstinstanzlichen Gericht darüber einig waren, bis zur Klärung des Anspruchsgrundes nur zum Anspruchsgrund vorzutragen. Mit der Klageabweisung seitens des Landgerichts Dortmund war damit der Anwendungsbereich des § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO eröffnet. Insoweit ist die Klage auch vor dem Senat noch nicht zur Entscheidung reif, weil die Höhe des Ausgleichsanspruchs zunächst von weiterem Tatsachenvortrag der Parteien mit nachfolgender Beweisaufnahme, abhängen wird. Da sich die Parteien in erster Instanz mit der Anspruchshöhe noch nicht befasst hatten, hält es der Senat im Rahmen der von ihm zu treffenden Ermessensentscheidung für angemessen, ihnen insoweit die Fortsetzung bzw. die Durchführung des Streits in erster Instanz neu zu eröffnen.
III.
Die Kostenentscheidung bleibt wegen der Aufhebung und Zurückverweisung im Hinblick auf die Höhe des Klageanspruchs der Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts vorbehalten.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgericht erfordern. Die für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt und solche des Einzelfalls.
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 Satz 1 ZPO.
Zumdick
Kilimann
Dr. Wohlthat
Verkündet am 6. Juli 2012