05.12.2000 · IWW-Abrufnummer 001365
Landgericht Köln: Urteil vom 19.04.2000 – 9 S 361/99
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDGERICHT KÖLN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
9 S 361/99
(62 C 239/99 AG Bergisch Gladbach)
Verkündet am 19.04.2000
Schlüpner, JAng,
als U.d.G.
In dem Rechtsstreit
hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 22.03.2000 durch den Vizepräsidenten des Landgerichts Caliebe, die Richterin am Landgericht Dr. Reimann und den Richter Singbartl
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Bergisch Gladbach vom 17.11.1999 - 62 C 239/99 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird, gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Amtsgericht hat zutreffend entschieden, daß der Kläger von der Beklagten Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß § 326 Abs. 1 Satz 2 BGB in Höhe des von ihm aufgewendeten Mehrbetrages für die Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges verlangen kann.
Über die formalen Voraussetzungen des § 326 Abs. 1 Satz 2 BGB sowie die Höhe des Schadensersatzanspruches besteht zwischen den Parteien kein Streit. Umstritten ist allein die Frage, ob es sich bei dem vom Kläger beschafften Ersatzfahrzeug um ein dem bei der Beklagten bestellten gleichwertiges Fahrzeug handelt. Insofern ist unstreitig, daß der einzige Unterschied darin besteht, daß das ursprünglich von der Beklagten zu liefernde Fahrzeug ein sog. "Importfahrzeug" war, während der Kläger sich später ein für den deutschen Markt hergestelltes und geliefertes Fahrzeug gekauft hat.
Im Rahmen des Schadensersatzanspruches nach § 326 Abs. 1 Satz 2 BGB ist das positive Interesse zu ersetzen, wobei der Schaden grundsätzlich konkret zu berechnen ist (BGH NJW 1998, 2901, 2902; Palandt-Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 326, Rdnr. 26, 325, Rdnr. 14 m.w.N.). Insbesondere kann der Käufer seinen Schaden auf der Grundlage eines konkreten Deckungsgeschäftes berechnen (Palandt-Heinrichs aaO, § 325, Rdnr. 20).
Damit ein wirksamer Deckungskauf vorliegt, muß der nicht belieferte Käufer einen Gegenstand der selben Gattung im Sinne des § 243 BGB beschaffen, denn nur hiermit hätte auch der Verkäufer seiner Lieferpflicht aus dem Kaufvertrag genügen können.
Eine Gattung bilden alle Gegenstände, die durch gemeinschaftliche Merkmale (Typ, Sorte) gekennzeichnet sind und sich dadurch von Gegenständen anderer Art abheben (vgl. Palandt-Heinrichs aaO, § 243, Rdnr. 2). Über die Abgrenzung entscheidet der Parteiwille oder, sofern sich hieraus keine Anhaltspunkte ergeben, die Verkehrsanschauung (Palandt-Heinrichs aaO m.w.N.).
Fraglos stehen bei Kraftfahrzeugen als Abgrenzungskriterien Typ, Bauart und Ausstattung deutlich im Vordergrund. Irgendwelche Abweichungen in dieser Hinsicht zwischen dem vom Kläger bei der Beklagten bestellten Fahrzeug und dem im Wege des Deckungskaufes beschafften bestehen unstreitig nicht. Die Beklagte behauptet auch nicht, daß andere Unterschiede bestehen (denkbar wäre vor allem ein geringerer Garantieumfang oder möglicherweise auch ein niedrigerer Wiederverkaufswert).
Eine Unterscheidung ist nach Ansicht der Kammer auch nicht aufgrund der Verkehrsanschauung gerechtfertigt. Ob es sich um ein Importfahrzeug handelt, läßt sich dem Pkw von außen nicht ansehen und ist - allenfalls für einen Fachmann - etwa anhand der Fahrgestellnummer erkennbar.
Auch unterliegen "Importfahrzeuge" im allgemeinen keiner geringeren Wertschätzung. Sofern eine solche dennoch besteht, beruht dies jedenfalls nicht auf der Tatsache, daß das Fahrzeug ursprünglich zum Verkauf in einem anderen Land bestimmt war, sondern regelmäßig darauf, daß das betreffende Fahrzeug über eine vom inländischen "Standard" abweichende Ausstattung verfügt, die den Kundenwünschen im jeweiligen Verkaufsland Rechnung trägt. Auch sind abweichende Garantiebedingungen denkbar, was indessen im Regelfall deshalb nicht zum Tragen kommt, weil aufgrund des Kaufs bei einem inländischen Händler wieder die hiesigen Bedingungen vereinbart werden.
Wie das Amtsgericht zu Recht herausgestellt hat, handelt es sich letztlich nur um einen für die Kalkulation des Verkäufers maßgeblichen Faktor, der das Fahrzeug wegen niedrigerer Steuern im Ausland billiger einkaufen und dementsprechend auch hier günstiger wieder verkaufen kann.
Der Preis einer Sache ist indessen regelmäßig keine Eigenschaft, sondern lediglich Motiv für die Kaufentscheidung (vgl. Palandt-Heinrichs, § 119, Rdnr. 27 m.w.N.). Eine Ausnahme könnte allenfalls dann gemacht werden, wenn sich in der Preisgestaltung eine geringere Wertschätzung der Sache innerhalb der beteiligten Verkehrskreise niederschlägt. Daß dies nicht der Fall ist, wurde bereits oben dargelegt.
Es ist indessen nicht zulässig, allein aus dem für den Einzelnen maßgeblichen Kaufmotiv auf eine allgemeine Wertschätzung zu schließen, ohne daß hierfür in der Sache selbst begründete Unterschiede bestünden. Diesen Gedanken konsequent zu Ende gedacht, würden Gattungen nur noch aus gleichartigen Sachen bestehen, die auch den selben Preis haben.
Aus diesem Grunde ist auch der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Saarbrücken (DAR 2000, 121f.) nicht zu folgen, ungeachtet dessen, daß dort zusätzlich weitere Abweichungen bestanden, die das verkaufte (gebrauchte) Importfahrzeug von einem gleichartigen "inländischen" Fahrzeug unterschieden.
Die Kammer verkennt nicht, daß durch diese Beurteilung das Risiko des Verkäufers im Falle der Unfähigkeit zur vertragsgerechten Lieferung in gewissem Umfang erhöht wird. Dies erscheint indessen nicht unbillig, denn das Lieferrisiko fällt grundsätzlich in die Sphäre des Händlers, und dieser vermag selbst am besten abzuschätzen, wie wahrscheinlich ein Lieferausfall bei einem Bezug des Fahrzeuges aus dem Ausland ist.
Dem Verkäufer steht außerdem der Nachweis eines Verstoßes des Kunden gegen dessen Schadensminderungspflicht offen, wenn dieser das Ersatzfahrzeug zu nicht marktüblichen Konditionen beschafft, also insbesondere ohne einen beim jeweiligen Fahrzeugtyp üblicherweise zu erzielenden Rabatt auszuhandeln. Insofern erscheint es auch, denkbar, daß der Verkäufer konkrete Gelegenheiten zum Kauf eines gleichwertigen "Importfahrzeuges" nachweist, was konsequenterweise selbst dann gelten muß, wenn der ursprüngliche Kaufvertrag dies nicht vorsah.
Einen solchen Verstoß des Klägers gegen die Schadensminderungspflicht hat die Beklagte vorliegend nicht behauptet. Im übrigen wird diesbezüglich auf die zutreffenden und nicht ergänzungsbedürftigen Ausführungen des Amtsgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 4.000,00 DM.