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08.05.2013

Landesarbeitsgericht: Beschluss vom 17.04.2013 – 4 Ta 58/13

1.Unvollständige Angaben sind oftmals auf bloße Unbeholfenheit der antragstellenden Partei, teils auch schlicht auf Unachtsamkeit oder falsche rechtliche Einschätzung zurückzuführen, aber auch auf fehlende Unterstützung durch den Prozessbevollmächtigten.

2.Das Verlangen nach Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zur Glaubhaftmachung der persönlichen und wirtschaftlichen Angaben steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Bestehen keine konkreten Anhaltspunkte für eine etwaige Unredlichkeit der Partei, so kann das Verlangen nach einer solchen eidesstattlichen Versicherung ermessensfehlerhaft sein.


In dem Beschwerdeverfahren
betr. Prozesskostenhilfe
in dem Rechtsstreit
pp.

Tenor:

... wird auf die sofortige Beschwerde der Klägerin der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 27.02.2013 - 6 Ca 81/13 - aufgehoben.

Die Sache wird an das Arbeitsgericht Lübeck zur Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts zurückverwiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Im Rahmen des Verfahrens zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Arbeitsgericht der Klägerin mit Beschluss vom 30.01.2013 unter anderem aufgegeben, sie möge an Eides statt versichern, ob und in welcher Höhe sie im November 2012 Trinkgelder erhalten habe sowie ob sie zur Zeit für irgendeine Tätigkeit Trinkgelder oder sonstige Vergütung erhalte. Weiterhin möge sie in einer eidesstattlichen Versicherung erklären, welche Versicherungen sie abgeschlossen habe. Außerdem seien die Kontoauszüge der letzten drei Monate vorzulegen. Die der Klägerin insoweit gesetzte Frist zur Stellungnahme hat das Arbeitsgericht antragsgemäß bis 26.02. 2013 verlängert.

Am 13.02.2013 ging beim Arbeitsgericht der Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 12.02.2013 ein. Dort ließ die Klägerin darlegen, sie wisse nicht mehr genau, wie viel Trinkgeld sie im November 2012 bekommen habe, da der Betrieb in dem Monat nicht so gut gelaufen sei, seien dies wohl maximal 80,-- EUR gewesen. Bei dem vom Arbeitsgericht angesprochenen Sparkonto handele es sich um ein Unterkonto, auf das sie jeden Monat 5,-- EUR überweise. Dieses Geld spare sie, um später ihrem Patenkind B... St... den Betrag zu geben. Auf dem Konto befand sich am 29.12.2012 ein Guthaben in Höhe von 210,38 EUR. Als Beleg beigefügt war ein Kontoauszug der D... Bank vom 29.12.2012, der die Klägerin als Kontoinhaberin auswies. Der Auszug belegt monatliche Einzahlungen in Höhe von je 5,-- EUR mit dem Vorgangsvermerk "GS Überweisung B. P. S...-Sparen". Der Beleg bezieht sich auf die Zeit zwischen 02.07. und 03.12.2012.

Weiterhin legte die Klägerin in Kopie den Erhöhungsnachtrag der Versicherung A/M... zum 01.01.2008 mit dem Hinweis vor, auf der Rückseite befänden sich die garantierten Rückkaufswerte (Rückkaufswert Stand 31.12.2012

EUR 2.019,--). Abgesehen von dieser Lebensversicherung habe sie nur noch eine Haftpflichtversicherung und sei gesetzlich krankenversichert.

Das Arbeitsgericht wies mit Verfügung vom 14.02.2013 den Prozessbevollmächtigten der Klägerin darauf hin, es fehlten die geforderten eidesstattlichen Versicherungen.

Mit Beschluss vom 27.02.2013 hat das Arbeitsgericht den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, der Antrag sei gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO und zudem wegen Täuschung analog § 124 Nr. 3 ZPO zurückzuweisen. Aufgrund der fehlenden Angaben könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Klägerin Prozesskostenhilfe aus wirtschaftlichen Gründen ganz zu verweigern sei. Wegen der Falschangaben der Klägerin im vorliegenden Verfahren und bereits zuvor gegenüber dem Jobcenter sei eine Absicherung der Angaben durch eine eidesstattliche Versicherung erforderlich, welche die Klägerin nicht erbracht habe.

Am 28.02.2013 ging eine eidesstattliche Versicherung der Klägerin (Bl. 40 des PKH-Beiheftes) beim Arbeitsgericht ein.

Der von der Klägerin angegriffene Prozesskostenhilfe verweigernde Beschluss vom 27.02.2013 wurde ihr am 01.03.2013 zugestellt. Der dagegen eingelegten sofortigen Beschwerde der Klägerin vom 20.03.2013 half das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 27.03.2013 nicht ab.

Die Klägerin hält das Verlangen nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung für überzogen. Ihr Prozessbevollmächtigter führt aus, das Gericht setze einen besonders strengen Maßstab an, wie er ihn noch nie erlebt habe.

Das Arbeitsgericht führt in der Nichtabhilfeentscheidung unter anderem aus, die Klägerin habe in ihrer PKH-Erklärung eine Lebensversicherung mit einem Rückkaufwert von 2.019,-- EUR und ein Sparkonto mit einem nicht ganz unerheblichen Wert (Hinweis des Beschwerdegerichts: 210,38 EUR) verschwiegen. Allein dies sei ausreichender Anhaltspunkt für Misstrauen gegen alle Angaben der Klägerin, was die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung erfordere. Die Angaben der Klägerin gegenüber dem Jobcenter (Nichterwähnung von Trinkgeld) erhärteten den Verdacht, dass die Klägerin zur Erlangung von öffentlichen Leistungen bereit sei, Behörden gegenüber bewusst unvollständige Angaben zu machen.

II.

Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie auch Erfolg. Das Arbeitsgericht hätte Prozesskostenhilfe nicht unter Hinweis auf § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO verweigern dürfen.

Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

1. Das Arbeitsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, die verlangte eidesstattliche Versicherung sei nicht innerhalb der gesetzten Frist bis 26.02.2013 eingegangen, § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO.

Mit dieser Begründung durfte das Arbeitsgericht den Antrag nicht ablehnen. Denn mit dem Festhalten an der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung im Umfang des Verlangens aus dem Beschluss vom 30.01.2013 überschritt das Gericht die Grenzen pflichtgemäßen Ermessens. Jedenfalls nach Eingang des klägerischen Schriftsatzes vom 12.02.2013 mit den beigefügten Belegen hätte das Arbeitsgericht von der Klägerin nicht mehr die Abgabe von eidesstattlichen Versicherungen im ursprünglich geforderten Umgang verlangen dürfen.

2. Dem Prozesskostenhilfeantrag sind gemäß § 117 Abs. 2 ZPO eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen. Gemäß § 117 Abs. 4 ZPO ist das Formular für die Erklärung im Sinne des § 117 Abs. 2 ZPO zu verwenden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit der Angaben im Zusammenhang mit eingereichten Belegen zur Darlegung der Einkommenssituation kann das Gericht auf der Grundlage des § 118 Abs. 2 ZPO Erhebungen anstellen und Glaubhaftmachung verlangen (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 23.03.2011 - 3 Ta 32/11 -).

Grundsätzlich steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, über die nach § 117 Abs. 2 ZPO beigefügten Belege hinaus eine weitere Glaubhaftmachung zu fordern (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs u.a., Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 6. Aufl., Rn. 171). Sind die Belege wiederum zweifelhaft oder unvollständig, so mag es ebenfalls einem pflichtgemäßen Ermessen entsprechen, eine eidesstattliche Versicherung anzufordern (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs u.a. a.a.O. Rn. 171).

3. Zutreffend ist sicherlich der Hinweis des Arbeitsgerichts, dass zunächst die Erklärung des Klägerin unter Abschnitt G. des Vordruckes bezüglich der sonstigen Vermögenswerte unrichtig war, da tatsächlich eine Lebensversicherung mit einem Rückkaufwert von 2.019,-- EUR (Stand: 31.12.2012). existierte. Auch fehlte der Hinweis auf das Konto bei der D... Bank, das am 29.12.2012 einen Stand von 210,38 EUR auswies. Schließlich unterließ die Klägerin in ihrer ursprünglichen PKH-Erklärung auch einen Hinweis auf Trinkgelder.

Auf den nachfragenden Beschluss des Arbeitsgerichts vom 30.01.2013 hat die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten innerhalb der gesetzten Frist erklären lassen, es existiere eine Lebensversicherung, daneben habe sie eine Haftpflicht- und eine gesetzliche Krankenversicherung. Die Lebensversicherung hat sie mit dem Rückkaufwert belegt. Auch zum Konto bei der D... Bank über 210,38 EUR hat sie sich in dem Schriftsatzes ihres Prozessbevollmächtigten geäußert und dazu ausgeführt, sie überweise darauf jeden Monat 5,-- EUR für ihr Patenkind. Das Konto hat sie mit einem Kontoauszug belegt. Schließlich hat sie im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 12.02.2013 vortragen lassen, im November 2012 maximal

80,-- EUR Trinkgeld erhalten zu haben.

Der Umstand, dass sie darüber hinaus innerhalb der ihr gesetzten Frist nicht ihre Angaben im vom Arbeitsgericht verlangten Umfang eidesstattlich versicherte, war kein rechtlicher Grund, Prozesskostenhilfe gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO zu verweigern. Das Arbeitsgericht hätte spätestens nach Eingang des Schriftsatzes vom 12.02.2013 mit den beigefügten Belegen davon Abstand nehmen müssen, von ihr weiterhin eine eidesstattliche Versicherung im Umfang des Beschlusses vom 30.01.2013 zu begehren, insbesondere bezogen auf etwaige Versicherungen.

4. Das Arbeitsgericht begründet das Verlangen einer eidesstattlichen Versicherung im angegriffenen Beschluss vom 27.02.2013 damit, wegen der Falschangaben der Klägerin im Verfahren und zuvor bereits gegenüber dem Jobcenter sei eine Absicherung durch eidesstattliche Versicherung erforderlich. Im Nichtabhilfebeschluss vom 27.03.2013 hat das Arbeitsgericht dazu ausgeführt, die Angaben der Klägerin gegenüber dem Jobcenter (fehlender Hinweis auf Trinkgelder) erhärteten den Verdacht, die Klägerin sei zur Erlangung von öffentlichen Leistungen bereit, Behörden gegenüber bewusst unvollständige Angaben zu machen.

5. Das Beschwerdegericht teilt diese Auffassung nicht und beurteilt das Festhalten an der Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung im Umfang des Beschlusses vom 30.01.2013 nach Zugang des Schriftsatzes vom 12.02.1013 mit den Belegen als ermessensfehlerhaft.

a. Die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein hat bereits mit Beschluss vom 23.05.2011 (veröffentlicht in [...], 3 Ta 32/11, Vorinstanz Arbeitsgericht Lübeck, 6 Ca 2400/10) zutreffend ausgeführt, grundsätzlich sei nicht von der Unredlichkeit, sondern von der Redlichkeit einer Prozesskostenhilfe beantragenden Person auszugehen, auch wenn die Angaben in dem Vordruck zunächst nicht vollständig gemacht werden. Unvollständige Angaben seien oftmals auf bloße Unbeholfenheit der antragstellenden Partei, teils auch schlicht auf Unachtsamkeit zurückzuführen. Dem hat sich die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein - Beschluss vom 18.09.2012 (2 Ta 143/12, Vorinstanz Arbeitsgericht Lübeck: 6 Ca 1142/12) - angeschlossen.

b. Weiterführend dazu hat die 5. Kammer des hiesigen Landesarbeitsgerichts mit Beschluss vom 24.10.2011 (veröffentlicht in [...], 5 Ta 151/11, Vorinstanz Arbeitsgericht Neumünster, 2 Ca 155 d/11) zutreffend betont, dass auch bei einer anwaltlich vertretenen Partei fehlende, unvollständige oder missverständliche Angaben in der PKH-Erklärung nur in den seltensten Fällen den Rückschluss auf Betrugsabsichten der Partei zulassen, vielmehr diese Mängel häufig auf Unkenntnis und Unerfahrenheit der Partei beim Ausfüllen von amtlichen Formularen gründen.

c. Die Gerichte für Arbeitssachen haben bei dem Bewilligungsverfahren für Prozesskostenhilfe die antragstellende Partei nicht als Gegner des Gerichts und auch nicht als bloßes Objekt eines Verfahrens anzusehen (dazu LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 23.05.2011 - 3 Ta 32/11). Sind Angaben - wie hier vorliegend - zunächst unterblieben, ist der Partei aufgrund der dem Gericht obliegenden Fürsorge- und Hinweispflicht Gelegenheit zu geben, Erklärungen dazu abzugeben und Belege nachzureichen. Damit im Zusammenhang haben die Gerichte im Rahmen des PKH-Bewilligungsverfahrens vorsichtig mit Mutmaßungen und Vorwürfen (angeblich) möglicher bewusster Falschangaben bei Eintragungen im PKH-Vordruck umzugehen. Dies deshalb, weil fehlerhafte und unvollständige Angaben oft auf Unachtsamkeit, Unerfahrenheit oder schlicht rechtlicher Fehleinschätzung gründen, aber eben nicht auf bewusster Täuschungsabsicht.

d. Das Arbeitsgericht ist zunächst zutreffend seiner Fürsorgepflicht nachgekommen, indem es mit Beschluss vom 30.01.2013 ergänzende Angaben verlangt hat. Nachdem die Klägerin mit Schriftsatz vom 12.02.2013 über ihren Anwalt Stellung genommen hatte und Belege vorlagen, hätte das Arbeitsgericht nicht mehr an der Vorlage eidesstattlicher Versicherungen im Umfang des Beschlusses vom 30.01.2013 festhalten dürfen. Das Beschwerdegericht teilt nicht die Auffassung des Arbeitsgerichts, zur Glaubhaftmachung sei nach dem 12.02.2013 noch eine eidesstattliche Versicherung erforderlich gewesen.

Der Umstand, dass die Klägerin in ihrer PKH-Erklärung vom 23.01.2013 zunächst nicht auf Trinkgelder, die Versicherung und das Konto über 210,30 EUR hinwies, ist nach Auffassung des Beschwerdegerichts geradezu das klassische Beispiel dafür, dass dies aus Unerfahrenheit oder falscher rechtlicher Einschätzung erfolgte, nicht aber als bewusste Täuschung zur unrechtmäßigen Erlangung öffentlicher Leistungen. Für das Beschwerdegericht ist es ohne weiteres nachvollziehbar und bedarf eigentlich keiner weiteren Begründung, dass eine antragstellende Partei allein deshalb solche Angaben unterlässt, weil sie - wenn auch fehlerhaft - diese Positionen als für ihren Antrag unerheblich ansieht.

Bei der Lebensversicherung - zumal mit geringem Rückkaufwert - ist es naheliegend, dass eine Partei annimmt, diese sei ohne Bedeutung für ihre derzeitige Vermögenssituation, da sie ohnehin erst später fällig werde. Dass ihr die (rechtlich nicht unproblematische) Berücksichtigung des Rückkaufwertes beim PKH-Verfahren nicht bewusst ist, dürfte ebenso nachvollziehbar sein. Entsprechendes gilt auch für das Konto über 210,38 EUR, auf das die Antragstellerin gemäß ihrer Angabe und ausweislich des Kontoauszuges für ihr Patenkind monatlich 5,-- EUR einzahlt. Auch hier ist es leicht nachvollziehbar, dass sich die Antragstellerin allenfalls aus bloßer Unerfahrenheit und (möglicher) rechtlicher Fehleinschätzung veranlasst sah, dieses Konto zunächst nicht in der PKH-Erklärung anzugeben.

Eine identische Einschätzung gilt für das Trinkgeld. Selbst wenn es zutreffend wäre, dass die Klägerin dies gegenüber dem Jobcenter und in der PKH-Erklärung hätte angeben müssen, so kann die unterbliebene Mitteilung nicht - und zwar auch nicht im Zusammenhang mit den anderen fehlenden Angaben - den Verdacht bewusster Falschangabe begründen. Auch insoweit ist es für das Landesarbeitsgericht naheliegend, dass dies aus Unerfahrenheit oder vielleicht rechtlicher Fehleinschätzung erfolgte. Jedenfalls aber liegen keine konkreten Anhaltspunkte für ein bewusstes und zielgerichtetes Vorgehen vor.

e. Daraus folgt: Das Arbeitsgericht hat zwar zutreffend mit Beschluss vom 30.01.2013 die Klägerin zur Ergänzung/Vervollständigung ihrer Angaben aufgefordert. Ob es schon damals dazu begleitend eidesstattliche Versicherungen verlangen durfte, erscheint dem Beschwerdegericht zweifelhaft, weil bei vernünftiger und verständiger Betrachtung keine Anhaltspunkte für eine bewusste Täuschung seitens der Antragstellerin bestanden. Letztendlich kommt es darauf aber nicht an, weil jedenfalls mit Eingang des Schriftsatzes vom 12.02.2013 mit den entsprechenden Belegen das Festhalten an der eidesstattlichen Versicherung im Umfang des Beschlusses vom 30.01.2013 ermessensfehlerhaft wurde.

Für die Glaubhaftmachung verlangt § 117 Abs. 2 ZPO die Beifügung entsprechender Belege. Nur wenn diese unvollständig oder zweifelhaft sind, kann im Einzelfall eine eidesstattliche Versicherung verlangt werden (ähnlich Kalthoener/Wrobel-Sachs u.a., a.a.O., Rn. 171).

Der Rückkaufwert wird durch den Beleg hinreichend glaubhaft gemacht. Das Verlangen einer zusätzlichen eidesstattlichen Versicherung ist deshalb zur Glaubhaftmachung nicht erforderlich und folglich ermessensfehlerhaft. Daneben hat die Klägerin mitgeteilt, nur noch eine Haftpflicht- und eine gesetzliche Krankenversicherung zu haben. Dies musste sie nicht zur Absicherung eidesstattlich versichern. Zwar kann

eine eidesstattliche Versicherung zur Glaubhaftmachung negativer Tatsachen (z.B. Einkommens- oder Vermögenslosigkeit) zweckmäßig sein (Kalthoener/Büttner u.a., a.a.O., Rn. 171). Dies ist aber immer eine Frage des Einzelfalles. Hier war eine diesbezügliche eidesstattliche Versicherung nicht erforderlich und das Verlangen folglich ermessensfehlerhaft. Die Klägerin hat mit dem Schriftsatz vom 12.02.2013 vortragen lassen, wie sie versichert ist. Der Beleg mit Rückkaufwert war beigefügt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Erklärung, zusätzliche Versicherungen neben der Haftpflicht- und Krankenversicherung nicht abgeschlossen zu haben, falsch war, bestehen nicht. Angesichts der Vermögenslage der Klägerin im Übrigen (Brutto 1.250,-- EUR und evtl. Trinkgelder) besteht kein belastbarer Verdacht, sie habe noch weitere im PKH-Verfahren zu berücksichtigende werthaltige Versicherungen. Dies gilt umso mehr, weil die Klägerin zudem der Auflage des Arbeitsgerichts fristgemäß entsprach, die Kontoauszüge der letzten drei Monate vorzulegen. Abgesehen davon, dass das Beschwerdegericht erhebliche Bedenken hat, ob dieses Begehren ermessensfehlerfrei war, weil Anhaltspunkte für eine gezielte bewusste Täuschung nicht vorlagen (vgl. dazu bereits LAG Schleswig-Holstein vom 23.05.2011 - 3 Ta 32/11 -, zitiert nach [...] Rn. 16, das dort zutreffend hinweist auf die Problematik einer solchen Auflage im Hinblick auf das Übermaßverbot und die damit zusammenhängende Ausforschung der persönlichen Lebensverhältnisse bei fehlenden konkreten Anhaltspunkten für ein gezieltes Vorgehen der antragstellenden Partei), so war es jedenfalls angesichts der erfolgten Vorlage der Kontoauszüge für drei Monate unverhältnismäßig, daneben bezüglich der Versicherungen noch eine eidesstattliche Versicherung zu verlangen. Das Gericht hätte die Kontoauszüge prüfen können. Hätte es Anhaltspunkte für eine Versicherung gegeben, hätte vielleicht eine eidesstattliche Versicherung verlangt werden können. Auf solche Anhaltspunkte aus den Kontoauszügen hat das Arbeitsgericht aber nicht abgestellt, für das Beschwerdegericht sind solche Anhaltspunkte auch nicht erkennbar.

Verlangt ein Gericht aber in dieser Situation dennoch eine eidesstattliche Versicherung über sogenannte "Negativumstände", so wird es ermessensfehlerhaft dem Grundsatz nicht gerecht, zunächst von der Redlichkeit der antragstellenden Partei auszugehen und nur bei konkreten Anhaltspunkten - die hier aus den oben dargelegten Gründen nicht gegeben sind - zur Absicherung eine eidesstattlichen Versicherung zu verlangen.

f. Folglich durfte das Arbeitsgericht bei der Ablehnung der Prozesskostenhilfe gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO nicht auf den verspäteten Zugang der eidesstattlichen Versicherung abstellen. Es hätte bereits auf der Grundlage des Inhalts des Schriftsatzes vom 12.02.2013 entscheiden müssen, weil damit abschließend die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im erforderlichen Maß glaubhaft gemacht waren.

Etwas anderes ergibt sich im Übrigen auch dann nicht, wenn man das Verlangen einer eidesstattlichen Versicherung nach der Höhe etwaiger Trinkgelder oder sonstiger Vergütung als ermessensfehlerfrei ansehen würde. Dann hätte das Arbeitsgericht aber spätestens mit Zugang des Schriftsatzes vom 12.02.2013 das Verlangen einer eidesstattlichen Versicherung auf diesen Punkt beschränken müssen. Dies geschah nicht. Vielmehr schrieb das Gericht allgemein, es fehlten die geforderten eidesstattlichen Versicherungen. Da ein solches umfängliches Begehren ermessensfehlerhaft war, durfte das Gericht Prozesskostenhilfe gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO nicht ablehnen wegen des nicht fristgerechten Einganges einer solchen Erklärung.

g. Das Arbeitsgericht wird nunmehr erneut über den Prozesskostenhilfeantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts zu entscheiden haben. Der nicht fristgerechte Eingang der eidesstattlichen Versicherungen darf also der Bewilligung nicht entgegenstehen. Die Bewilligung darf auch nicht verweigert werden mit der Begründung, es wäre nicht ermessensfehlerhaft gewesen, zumindest eine eidesstattliche Versicherung über die Trinkgelder oder sonstige Vergütung zu verlangen und jedenfalls diese sei nicht fristgerecht eingegangen. Das Arbeitsgericht hat nach Eingang des Schriftsatzes vom 12.02.2013 sein Verlangen auf eine solche eidesstattliche Versicherung nicht beschränkt. Folglich ist der Klägerin auch nicht entgegenzuhalten, sie habe insoweit eine wirksam gesetzte Auflage nicht fristgemäß erfüllt.

Kiel, den 17.04.2013

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