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  • 14.10.2024 · IWW-Abrufnummer 244241

    Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Beschluss vom 16.08.2024 – 2 W 59/22

    Ein Rechtsanwalt, der in eigener Sache als Rechtsanwalt ein Berufungsverfahren in einem WEG-Verfahren durchführt, und - nach Zurückweisung seiner Berufung durch das Landgericht nach § 522 Abs. 2 ZPO - in einem Beschwerdeverfahren gegen die Festsetzung des Gebührenstreitwerts erneut in eigener Sache als Rechtsanwalt auftritt, ist zur elektronischen Übermittlung von Schriftsätzen an das Gericht verpflichtet.


    OLG Frankfurt 2. Zivilsenat

    16.08.2024


    Tenor

    Die Anträge des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist und der Beschwerdefrist werden wie auch die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 10.01.2022 als unzulässig verworfen.

    Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

    Gründe

    I.

    Der sich im Berufungsverfahren selbst vertretende Kläger, ein bei einer großen internationalen Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angestellter Steuerberater, der zugleich als Rechtsanwalt zugelassen ist, hat gegen das seine Klage zurückweisende Urteil des Amtsgerichts am 06.04.2021 Berufung eingelegt, seine Beschwer in der Berufungsschrift mit 9.300,00 EUR angegeben und diese mit am 05.05.2021 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz vom 30.04.2021 begründet (Bl. 238-301), wobei er in seinem Briefkopf jeweils „Rechtsanwalt, Steuerberater“ und im Rubrum der Berufungsschrift unter Kläger sich selbst als Wohnungseigentümer und als Prozessbevollmächtigten sich selbst mit dem Zusatz „RA, StB“ nannte. Das Landgericht hat den Streitwert zunächst vorläufig auf 9.300,00 EUR festgesetzt und die Berufung - nach Hinweis vom 06.09.2021 auf eine beabsichtigte Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO und zwei Stellungnahmen des Klägers (Bl. 380-407; 408-426) - durch Beschluss vom 22.12.2021 zurückgewiesen (Bl. 427-429).

    Mit dem angefochtenen Beschluss vom 19.01.2022 hat das Landgericht den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 9.300,00 EUR festgesetzt.

    Empfangsbekenntnisse des Klägers über den Empfang der Beschlüsse des Landgerichts vom 22.12.2021 und vom 19.01.2022 gelangten nicht zur Akte.

    Der Kläger erhielt die beiden Beschlüsse im Wege der Postzustellung am 09.02.2022 zugestellt.

    Eine vom Kläger gegen die Zurückweisung der Berufung erhobene Gehörsrüge vom 14.03.2022 (Bl. 497-523) wurde durch das Landgericht zurückgewiesen.

    Eine auf den 05.08.2022 datierte Beschwerdeschrift (Bl. 538 ff.) gegen die Streitwertfestsetzung für das Verfahren vor dem Amtsgericht sandte der Kläger per Telefax am 09.09.2022 gegen 23:30 Uhr an das Amtsgericht Frankfurt am Main - Außenstelle Höchst.


    Mit einem weiteren, auf den 05.08.2022 datierten Schriftsatz, den der Kläger per Telefax am 10.09.2022 (Bl. 569 ff.), einem Samstag, zwischen 00:00:38 und 00:05:46 Uhr an das Landgericht übermittelte, erhob er Beschwerde gegen die Streitwertbeschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts (Bl. 569-580). Hinsichtlich des Streitwerts für das Berufungsverfahren begehrte er eine Festsetzung auf 626,85 EUR. In dem Briefkopf des Schriftsatzes ist bei seinem Namen „Rechtsanwalt, Steuerberater“ angegeben. Im vollen Rubrum der Beschwerdeschrift hat sich der Kläger selbst als Kläger angegeben, ausdrücklich einen Prozessbevollmächtigten aufgeführt und dabei „RA X“ angegeben. Die Beschwerdeschrift ist vom Kläger unterschrieben mit der Angabe „Rechtsanwalt, Steuerberater“.

    Der Beschwerdeschriftsatz wurde am 12.09.2022 auch in den Nachtbriefkasten eingelegt.

    Mit an das Landgericht Frankfurt am Main adressiertem und am 26.09.2022 um 23:40:12 Uhr per Telefax übermittelten Schriftsatz (Bl. 582-584) wies der Kläger darauf hin, dass es seiner Ansicht nach eine nicht plausible Faxnummer des Landgerichts mit Vorwahl in Wiesbaden gebe und eine technische Störung der Telefaxnummer mit der Endung -6050 vorliege. Er beantragte vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er legte dar, dass er die Beschwerde am 05.08.2022 zur Post aufgegeben habe, Anhaltspunkte für einen Verlust habe er nicht gehabt. Das Telefax des Landgerichts sei gestört gewesen, was ausgeführt wird. Die Übersendung per Post und die Versuche einer Übermittlung per Telefax versicherte der Kläger an Eides statt (Bl. 600).

    Mit Schriftsatz vom 07.10.2022, eingegangen in Papierform und per Telefax am 11.10.2022, machte der Kläger weitere Rechtsausführungen und beantragte hilfsweise Wiedereinsetzung wegen einer Überschreitung der Wiedereinsetzungsfrist, die er mit Schwierigkeiten bei der Übermittlung mit Telefax begründete (Bl. 611 ff.).

    Mit dem angefochtenen Beschluss vom 20.10.2022 hat das Landgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und der Streitwertbeschwerde nicht abgeholfen. Letztere sei unzulässig, sie sei nicht in der am 09.09.2022 ablaufenden Beschwerdefrist eingelegt worden und entspreche nicht der Form des § 130d ZPO. Diese habe der Kläger auch als sich selbst vertretender Rechtsanwalt zu beachten. Der Antrag auf Wiedereinsetzung sei zurückzuweisen, weder sei der Antrag in digitaler Form eingereicht worden noch sei die Beschwerde später in digitaler Form übermittelt worden. Eines Hinweises habe es nicht bedurft, nachdem dieser erst nach Ablauf der Beschwerdefrist hätte erfolgen können. Im Übrigen wird auf die Begründung des Landgerichts im angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

    Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 22.11.2022 (Bl. 642-678) weiter vorgetragen. Sein besonderes elektronisches Anwaltspostfach funktioniere wieder. Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, die Telefaxübertragung sei am 10.09.2022 um 0:38 Uhr beendet gewesen, dies sei um 0:05 Uhr gewesen. Das Landgericht habe gegen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verstoßen, indem es nicht auf Verfristung, Formfehler und seine Auffassung zur Selbstvertretung hingewiesen habe. Er sei erst auf gerichtliche Anforderung zur Nachreichung verpflichtet, eine Anforderung sei nicht erfolgt; das Landgericht habe nicht begründet, warum er die Frist nicht unverschuldet versäumt habe. Für seine Streitwertbeschwerde gelte § 130d ZPO nicht. Er sei als Privatperson aufgetreten, weshalb die Vorschriften für „professionelle Einreicher“ nicht anwendbar seien und was insbesondere auch daraus ersichtlich sei, dass er ein privates Rechtsschutzziel verfolge. Es liege auch keine umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit vor. Sich selbst vertretende Rechtsanwälte seien nicht als professionelle Übermittler anzusehen. Er habe die technischen Voraussetzungen zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr vorgehalten. Eine Pflicht zur elektronischen Übermittlung bestehe nicht, da § 130d ZPO nicht die Streitwertbeschwerde umfasse. § 5a GKG spreche von elektronischen Dokumenten, nicht von Schriftsätzen wie § 130d ZPO, der nur für vorbereitende, nicht für bestimmende Schriftsätze, wie eine Beschwerde gelte. Er werde im Vergleich zu anderen Berufsträgern diskriminiert, was ausgeführt wird. Wenn er nur als Steuerberater aufgetreten wäre, hätte die Schriftform gereicht. Er sei jedoch weder als Steuerberater noch als Rechtsanwalt aufgetreten, sondern als Privatperson (Bl. 651); er sei auch als Steuerberater aufgetreten (Bl. 660). Es sei nicht zumutbar, dass eine Person, die mehrere Titel wie Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwalt führe, jeweils überlegen müsse, welchen Titel sie nutze oder nicht. § 5a GKG gelte nur, wenn eine elektronische Aktenführung verordnet worden sei, hieran fehle es. Seine Ersatzeinreichung vom 26.09.2022 sei wirksam. Er nutze sein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) nur sporadisch. Er habe am 09.09.2022 versucht, die Streitwertbeschwerde über das beA zu übermitteln. Hier sei zunächst ein Update erforderlich gewesen zusätzlich zu arbeitgeberseitig veranlassten automatischen IT- und Sicherheitssoftware-Updates. Dann sei das externe Lesegerät nicht erkannt worden, so dass eine Übermittlung per beA bis Mitternacht am 09.09.2022 nicht möglich gewesen sei. Nach De-und Neuinstallation des beA-Clients hätten das Ladegerät (tatsächlich: Lesegerät) und die Karte am 10.09.2022 wieder ganz normal funktioniert. Erst am 26.09.2022 seien Lesegerät und Karte wieder nicht erkannt worden. Nach De-und Neuinstallation des beA-Clients am 27.09.2022 hätten das Lesegerät und die Karte am Folgetag wieder ganz normal funktioniert. Am 18.11.2022 habe der Kläger einen Wackelkontakt am Lesegerät festgestellt. Nach dem Austausch des Lesegeräts habe das beA wieder funktioniert. Der Wackelkotakt habe die Übermittlung nur vorübergehend sowohl am 09.09. und 26.09.2022 unmöglich gemacht, was von ihm erst am 18.11.2022 erkannt worden sei und weshalb er dies erst jetzt vortragen könne. Er sei zur Glaubhaftmachung nicht aufgefordert worden. Ein eventueller Formmangel sei geheilt. Ihm sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 68 Abs. 2 GKG zu gewähren. Er sei nicht auf eine Pflicht zur elektronischen Einreichung hingewiesen worden, obwohl diese nicht bestehe, da er als Privatperson gehandelt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Beschwerdevorbringen des Klägers Bezug genommen.

    Der Kläger beantragt (sinngemäß),

    1) den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19.01.2022 abzuändern und den Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren auf 626,85 EUR festzusetzen,

    2) ihm wegen des Versäumens der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren,

    3) ihm wegen des Versäumens der Wiedereinsetzungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

    Die Beklagte hatte rechtliches Gehör.

    II.

    Die Beschwerde ist zurückzuweisen, da sie unzulässig ist. Die Anträge des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand haben keinen Erfolg.

    A. Die Beschwerde des Klägers gegen die Festsetzung des Streitwerts durch das Landgericht ist unzulässig.

    1. Zwar ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss des Landgerichts statthaft. Insbesondere ist die erforderliche Schwelle für den Wert des Beschwerdegegenstands überschritten (§ 68 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GKG); denn die Kosten für das vom Kläger erfolglos geführte Berufungsverfahren übersteigen bei dem vom Landgericht festgesetzten Gebührenstreitwert von 9.300,00 EUR die dem Kläger entstehenden Kosten bei einem Gebührenstreitwert von 626,85 EUR um weit mehr als 200,00 EUR. Der Zulässigkeit der Beschwerde steht auch nicht entgegen, dass der Kläger, der sich im Berufungsverfahren, bei dem es sich um ein Verfahren handelt, das dem Anwaltszwang des § 78 ZPO unterliegt, selbst vertreten hat, bei Einleitung des Berufungsverfahrens seine Beschwer mit genau diesem Betrag von 9.300,00 EUR angegeben hat. Denn auch in solchen Fällen fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis, den Streitwert zu prüfen.

    2. Die Beschwerde ist allerdings nicht in der erforderlichen Form als elektronisches Dokument innerhalb der in § 63 Abs. 3 S. 2 GKG bestimmten Frist bei dem Gericht eingelegt worden, dessen Entscheidung angefochten wurde, mithin dem Landgericht Frankfurt am Main (§ 68 Abs. 1 S. 5 GKG i.V.m. § 66 Abs. 5 Satz 5 GKG). Da die Einreichung als elektronisches Dokument eine Zulässigkeitsvoraussetzung darstellt und nach dem Willen des Gesetzgebers von Amts wegen zu beachten ist, ist die Prozesserklärung bei Nichteinhaltung - wie hier - nicht wirksam (vgl. KG, Beschluss vom 25.02.2022 - 6 U 218/21, Rn. 13, juris; Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 130d ZPO, Rn. 1).

    a) Die Beschwerde war als elektronisches Dokument einzureichen. Nach § 68 Abs. 1 S. 5 GKG ist u.a. § 66 Abs. 5 Satz 1, 2 und 5 GKG entsprechend anzuwenden, mithin können nach § 66 Abs. 5 S. 1 GKG Anträge und Erklärungen ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrundeliegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend (§ 66 Abs. 5 S. 2 GKG).

    aa) Hier sind zunächst die Regelungen der Zivilprozessordnung für die Bevollmächtigung entsprechend anzuwenden; das WEG-Verfahren ist ein streitiges Verfahren nach Maßgabe der ZPO (vgl. Bartels, in: Elzer, StichwortKommentar Wohnungseigentumsrecht, 1. Auflage, Edition 2 2024, Prozess und Prozessgrundsätze Rn. 1) und es liegt ein Fall der Vertretung vor.

    Denn der Kläger hat im Beschwerdeverfahren mitnichten als Privatperson oder lediglich als Steuerberater agiert. Vielmehr hat er für das Beschwerdeverfahren eigenständig neu ein vollständiges Rubrum gefertigt. Zunächst bezeichnet er sich dort mit Namen und Anschrift als Kläger. Dies deutet schon darauf hin, dass die Rollen des Berufungsverfahrens im Beschwerdeverfahren fortbestehen sollen. Dann gibt er sich ausdrücklich als Prozessbevollmächtigten an, wobei er zusätzlich eine Bevollmächtigung als Rechtsanwalt kenntlich macht, indem er angibt: „Prozessbevollmächtigter: RA X“. Die Verwendung der Abkürzung „RA“ im Kontext mit dem Namen des Klägers lässt nur den Schluss zu, dass damit die allgemein gebräuchliche Abkürzung für den Begriff „Rechtsanwalt“ verwendet wird. Gleichzeitig macht der Kläger durch Weglassen der Bezeichnung „Steuerberater“ deutlich, dass er jedenfalls nicht als Steuerberater auftreten will. Aus den Ortsangaben in der Beschwerdeschrift ist nicht erkennbar, dass der Kläger unter der dort angegebenen Anschrift seine Kanzlei nicht unterhält oder gar keine Kanzlei unterhält, denn es ist durchaus üblich, dass bei Rechtsanwälten Wohn- und Kanzleianschrift identisch sind. Hinzu tritt die nachfolgend vom Kläger verwendete Formulierung „… legen wir gemäß § 68 GKG … Beschwerde ein“. Soweit der Kläger im Beschwerdeverfahren ohne Vertretung als Privatperson hätte handeln wollen, wäre weder die Nennung eines Prozessbevollmächtigten noch die Verwendung des Plurals „wir“ erforderlich gewesen. Mithin ist die Ansicht des Klägers, er habe rein als Privatperson oder als Steuerberater handeln wollen, durch ihn selbst widerlegt. Er hat das Gegenteil verschriftlicht und muss sich daran festhalten lassen, denn, wenn er seine Rechtsanwaltszulassung einsetzt, um die Vorteile seiner anwaltlichen Tätigkeit auch im Beschwerdeverfahren - wie Zustellungen gegen Empfangsbekenntnis - zu erhalten, muss er umgekehrt die sich daraus ergebenden Verpflichtungen erfüllen. Dieser Fall ist von demjenigen zu unterscheiden, in welchem ein Rechtsanwalt sich selbst vertritt, ohne auf die Vertretung oder seinen Status Bezug zu nehmen, und Beschwerde einlegt, was hier ersichtlich nicht der Fall ist.

    Der Bundesgerichtshof hat im Übrigen für eine Beschwerde eines sich selbst vertretenden Rechtsanwalts in einem Zwangsvollstreckungsverfahren entschieden, dass eine Nutzungspflicht nach § 130d S. 1 ZPO besteht und dies insbesondere damit begründet, dass sich die Rechtfertigung eines Nutzungszwangs für den Gesetzgeber daraus ergebe, dass selbst bei freiwilliger Mitwirkung einer Mehrheit von Rechtsanwälten an diesem Ziel die Nichtnutzung durch eine Minderheit immer noch zu erheblichem Aufwand insbesondere bei den Gerichten führen würde. Es sei nicht hinzunehmen, erhebliche Investitionen der Justiz auszulösen, wenn die für einen wirtschaftlichen Betrieb erforderliche Nutzung nicht sichergestellt sei (vgl. BT-Drucks. 17/12634 S. 27). Dieser Gesetzeszweck lasse es nur konsequent erscheinen, anwaltliche Verfahrensbeteiligte, die ohnehin ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach für die elektronische Kommunikation vorzuhalten haben (§ 3a BRAO), in die Nutzungspflicht einzubeziehen. Diese Erwägungen gelten in gleicher Weise, wenn ein Rechtsanwalt in eigener Sache tätig werde, auch wenn er nicht als Rechtsanwalt auftrete. Eine solche Beurteilung sei auch aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsmittelklarheit geboten, weil anderenfalls, wenn der Rechtsanwalt im Laufe des Verfahrens teilweise als solcher und teilweise als Privatperson auftrete, Unsicherheiten darüber entstehen, ob das Rechtsmittel wirksam eingelegt worden sei (vgl. BGH, Beschluss vom 04.04.2024 - I ZB 64/23, Rn. 25, juris). Diese Grundsätze wären auch hier anzuwenden.

    bb) In seiner Funktion als Rechtsanwalt war der Kläger verpflichtet, nach den Regelungen der Zivilprozessordnung die Übermittlung der Beschwerde über das besondere elektronische Anwaltspostfach vorzunehmen (§ 5a GKG i.V.m. § 130a ZPO a.F., § 130d ZPO).

    aaa) Nach § 5a GKG sind in Verfahren nach dem GKG die verfahrensrechtlichen Vorschriften über die elektronische Akte und über das elektronische Dokument anzuwenden, die für das dem kostenrechtlichen Verfahren zugrundeliegende Verfahren gelten. Entgegen der Ansicht des Klägers gilt § 5a GKG für alle Verfahren nach dem GKG (vgl. Toussaint/Toussaint, 54. Auflage 2024, GKG § 5a Rn. 3), damit auch die Rechtsbehelfsverfahren nach §§ 66 ff. GKG (vgl. NK-GK/Joachim Volpert, 3. Aufl. 2021, GKG § 5a Rn. 1) und insbesondere auch die Beschwerdeverfahren. Elektronische Kommunikation und Aktenführung richten sich damit für Hauptsache- und Kostenverfahren stets nach denselben rechtlichen Regeln (vgl. Toussaint/Toussaint, 54. Aufl. 2024, GKG § 5a Rn. 4).

    Hier sind mithin zunächst die Vorschiften der ZPO für das elektronische Dokument anzuwenden, denn dem kostenrechtlichen Beschwerdeverfahren liegt ein WEG-Verfahren zugrunde, bei dem es sich um ein Verfahren nach Maßgabe der ZPO handelt.

    bbb) Auch bei einer Beschwerde gegen eine Streitwertfestsetzung handelt es sich um ein elektronisches Dokument.

    Nach § 130a Abs. 1 ZPO a.F. können u.a. vorbereitende Schriftsätze und schriftlich einzureichende Anträge als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden. Dies gilt auch für bestimmende Schriftsätze (vgl. MüKoZPO/Fritsche, 6. Auflage 2020, ZPO § 130a Rn. 3 m.w.N.; Anders/Gehle/Anders, 82. Aufl. 2024, ZPO § 130a Rn. 12). Die Formulierung „Anträge und Erklärungen“ umfasst wie bei § 129a Abs. 1 ZPO jede wie auch immer geartete Äußerung, die ein Verfahrensbeteiligter abgeben will oder muss, und damit auch Beschwerden (vgl. BeckOK KostR/Laube, 46. Ed. 1.7.2024, GKG § 68 Rn. 93). Auch dort, wo eine explizite Verweisungsnorm fehlt, ist § 130a ZPO jedenfalls analog anzuwenden, denn § 130a ZPO ist grundsätzlich auf alle prozessuale Anträge anwendbar (vgl. H. Müller in: Ory/Weth, jurisPK-ERV Band 2, 2. Auflage, § 130a ZPO (Stand: 01.08.2024), Rn. 85_1), auch auf Nebenanträge, Anhörungsrügen (vgl. BFH, Beschluss vom 23.08.2022 - VIII S 3/22, Rn. 3, juris), den Einspruch gegen Versäumnisurteile (vgl. LG Köln, Urteil vom 22.02.2022 - 14 O 395/21, Rn. 2, juris) und im Insolvenzverfahren (vgl. AG Hamburg, Beschluss vom 21.02.2022 - 67h IN 29/22, Rn. 5, juris). Selbst wenn man das - wie offenbar der Kläger - anders sehen wollte, gehört jedenfalls die Beschwerdeschrift nach dem Gerichtskostengesetz zu den Dokumenten, die elektronisch eingereicht werden können (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 15.02.2024 - 4 W 80/24, Rn. 3, juris). Diese Auffassung wird auch dadurch gestützt, dass der Bundesgerichtshof dies bereits für ein kostenrechtliches Erinnerungsverfahren entschieden hat (vgl. BGH, Beschluss vom 08.06.2015 - IX ZB 52/14, Rn. 2, juris), dessen Regelungen in weiten Teilen nach § 68 Abs. 1 S. 5 GKG auch für das Beschwerdeverfahren gelten.

    ccc) Dementsprechend bestand nach § 130d S. 1 ZPO für den Kläger als sich selbst vertretenden Rechtsanwalt, der vorliegend sein Amt berufsmäßig ausgeübt und sich selbst als Prozessbevollmächtigten benannt hat, die Pflicht zur elektronischen Übermittlung. Durch die elektronische Übermittlung von Anträgen und Erklärungen in Angelegenheiten des GKG wird eine erforderliche Schriftform ersetzt (vgl. BeckOK KostR/Dörndorfer, 46. Ed. 1.7.2024, GKG § 5a Rn. 2). Soweit eine Nutzungspflicht besteht, kann eine verkörperte („schriftliche“) Einreichung überhaupt nur noch auf elektronischem Wege erfolgen. Dies gilt auch dann, wenn kein Vertretungszwang besteht, die Partei selbst mithin Schriftsätze auf konventionellem Wege einreichen kann (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 27.07.2022 - 26 W 4/22, Rn. 12, juris, mit Anmerkung Toussaint FD-ZVR 2022, 451337), wenn eine (von der Nutzungspflicht unberührt bleibende) Möglichkeit der Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle nicht genutzt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 31.05.2023 - XII ZB 428/22, Rn. 8, juris, mit Anmerkung Toussaint FD-ZVR 2023, 459028) oder wenn etwa der Rechtsanwalt nicht als Partei- bzw. Beteiligtenvertreter, sondern im eigenen Namen handelt, etwa als Insolvenzverwalter (vgl. BGH, Beschluss vom 24.11.2022 - IX ZB 11/22, Rn. 6, juris), als Verfahrenspfleger (vgl. BGH, Beschluss vom 31.01.2023 - XIII ZB 90/22, Rn. 22, juris), oder als Betreuer (vgl. BGH, Beschluss vom 31.05.2023 - XII ZB 428/22, Rn. 9, juris).

    b) Bis zum Ablauf der Beschwerdefrist am 09.09.2022 ist eine Beschwerde als elektronisches Dokument nicht beim Landgericht Frankfurt eingelegt worden.

    aa) Die sechsmonatige Beschwerdefrist endete am 09.09.2022.

    Nach § 63 Abs. 3 S. 2 GKG ist die Änderung einer Streitwertfestsetzung nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Hier hat die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt durch Ablauf der Rechtmittelfrist von einem Monat, unabhängig davon, dass eine die Rechtskraft hemmende Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 544 Abs. 7 S. 1 ZPO nicht erhoben wurde. Die vom Kläger erhobene Gehörsrüge (§ 321a ZPO) hat keine rechtskrafthemmende Wirkung (vgl. Zöller/Seibel, ZPO, 35. Auflage 2024, § 705 Rn. 1). Mithin begann nach Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses am 09.02.2022 und Ablauf der Rechtsmittelfrist am 09.03.2022 (Mittwoch) die sechsmonatige Beschwerdefrist, die mithin am 09.09.2022, einem Freitag, endete.

    bb) Bis zu diesem Zeitpunkt lag eine Beschwerdeschrift beim Landgericht nicht vor. Eine Beschwerdeschrift durch ein elektronisches Dokument an das Landgericht Frankfurt am Main war bis dahin nicht übermittelt worden. Auch im Wege der Ersatzeinreichung nach § 130d S. 2 ZPO ist eine Beschwerde nicht am 09.09.2022, dem Tag des Ablaufs der Beschwerdefrist, beim Landgericht eingelegt worden. Die am 10.09.2022 per Telefax und sodann im Original am 12.09.2022 beim Landgericht eingegangenen Beschwerdeschriften erreichten das Landgericht verspätet. Ein am 05.08.2022 postalisch versandter Schriftsatz ist nicht zu den Akten gelangt.

    B. Dem Kläger war auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen des Versäumens der Beschwerdefrist nach § 68 Abs. 2 S. 1 GKG zu gewähren. Nach dieser Vorschrift ist dem Beschwerdeführer, wenn er ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten, auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht.

    1. Zunächst ist das Oberlandesgericht als Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, zuständig (vgl. NK-GK/Norbert Schneider, 3. Auflage 2021, GKG § 68 Rn. 72; Binz/Dörndorfer/Zimmermann/Zimmermann, 5. Auflage 2021, GKG
    § 68 Rn. 13), so dass der Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs durch das Landgericht im angefochtenen Beschluss keine Wirkung zukommt, sondern dies dahingehend auszulegen ist, dass das Landgericht der Beschwerde auch deshalb nicht abgeholfen hat, weil - was in der Sache zutreffend ist - ein Wiedereinsetzungsgrund nicht besteht.

    2. Der gesetzlich („auf Antrag“) vorgesehene Wiedereinsetzungsantrag des Klägers wurde am 26.09.2022 gestellt und beim Ausgangsgericht angebracht (vgl. hierzu NK-GK/Norbert Schneider, 3. Aufl. 2021, GKG § 68 Rn. 66, 71). Dass der Antrag innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses gestellt wurde, kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, denn nach dem Vorbingen des Klägers war sein beA nach De- und Neuinstallation am 10.09.2022, einem Samstag, wieder betriebsbereit, so dass zu diesem Zeitpunkt das Hindernis beseitigt war, und die zwei Wochen Frist zu laufen begann und sich die Frist, da das Fristende auf einen Samstag, den 24.09.2022 fiel, bis zum 26.09.2022 verlängerte.

    3. Allerdings ist der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung vom 26.09.2022 gleichwohl unzulässig. Weder wurde der Antrag als elektronisches Dokument übermittelt, noch wurden innerhalb der Frist die Tatsachen, die die Wiedereinsetzung begründen sollen, glaubhaft gemacht.

    Der Wiedereinsetzungsantrag war als elektronisches Dokument einzureichen. Auf die obigen Ausführungen zur Beschwerde, die hier entsprechend gelten, wird verwiesen. Der Kläger hat den Wiedereinsetzungsantrag lediglich per Telefax übermittelt. Ein Hinweis an den Kläger auf den Formverstoß konnte nicht mehr erfolgen, da der Antrag erst am Tag des Fristablaufs um 23:41 Uhr beim Landgericht einging (Bl. 582).

    Ein Ausnahmefall, in dem eine Übermittlung eines Schriftsatzes nach den allgemeinen Vorschriften zulässig gewesen wäre, liegt nicht vor. Gemäß § 130d S. 2 ZPO ist dies nur zulässig, wenn die Übermittlung eines elektronischen Dokuments aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist. Dem liegt die Überlegung des Gesetzgebers zugrunde, dass die zwingende Benutzung des elektronischen Rechtsverkehrs nicht gelten kann, wenn die Justiz aus technischen Gründen nicht auf elektronischem Weg erreichbar ist. Dabei soll es keine Rolle spielen, ob die Ursache für die vorübergehende technische Unmöglichkeit in der Sphäre des Gerichts oder in der Sphäre des Einreichers zu suchen ist. Denn auch ein vorübergehender Ausfall der technischen Einrichtungen des Rechtsanwalts soll dem Rechtsuchenden nicht zum Nachteil gereichen (vgl. KG, Beschluss vom 25.02.2022 - 6 U 218/21, Rn. 14, juris; BT-Drs. 17/12634, 27).

    Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass sein beA am 26.09.2022 erneut nicht funktionierte, mithin eine Übermittlung aus technischen Gründen wieder nicht möglich war, ist eine Glaubhaftmachung weder bei der Ersatzeinreichung erfolgt noch unverzüglich danach (§ 130d S. 3 Hs. 1 ZPO). Die Aufforderung nach Hs. 2 bezieht sich allein auf die Nachreichung des elektronischen Dokuments.

    Bei der Ersatzeinreichung des Wiedereinsetzungsantrags erfolgt keine Darlegung, dass das beA des Klägers nicht funktionierte, der Kläger hat hierzu überhaupt keine Ausführungen gemacht.

    Der Kläger hat auch nicht unverzüglich danach dargelegt, dass sein beA nicht funktionierte. Unverzüglich im Sinne der in § 121 Abs. 1 S. 1 BGB enthaltenen Legaldefinition ist als „ohne schuldhaftes Zögern“ auszulegen, wobei anders als bei § 121 BGB aber keine gesonderte Prüfungs- und Überlegungsfrist zu gewähren ist, sondern der Rechtsanwalt die Glaubhaftmachung abzugeben hat, sobald er Kenntnis davon erlangt, dass die Einreichung an einer technischen Störung gescheitert ist, und er zu einer geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände in der Lage ist. Hierbei ist in die Abwägung einzustellen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Glaubhaftmachung möglichst gleichzeitig mit der Ersatzeinreichung erfolgen und die Nachholung der Glaubhaftmachung auf diejenigen Fälle beschränkt sein soll, bei denen der Rechtsanwalt erst kurz vor Fristablauf feststellt, dass eine elektronische Einreichung nicht möglich ist und bis zum Fristablauf keine Zeit mehr verbleibt, die Unmöglichkeit darzutun und glaubhaft zu machen. Glaubhaft zu machen ist lediglich die technische Unmöglichkeit einschließlich ihrer vorübergehenden Natur, ohne dass es einer weiteren Sachverhaltsaufklärung über deren Ursache bedarf; es genügt eine (laienverständliche) Schilderung und Glaubhaftmachung der tatsächlichen Umstände, die beispielsweise mit Screenshots unterlegt werden kann, aber nicht zwingend muss (vgl. BGH, Beschluss vom 21.06.2023 - V ZB 15/22, juris, Rn. 21; Anders/Gehle/Anders, 82. Auflage 2024, ZPO § 130d Rn. 9a).

    Bei Anwendung dieser Voraussetzungen erfolgte die Glaubhaftmachung nicht unverzüglich. Vielmehr wurde die Frist bei weitem überschritten, indem erst mit Schriftsatz vom 22.11.2022 überhaupt eine Glaubhaftmachung erfolgte, obwohl der Kläger nach seiner Darlegung am 26.09.2022 Kenntnis hatte, dass eine elektronische Einreichung nicht möglich war, und am Folgetag davon, dass das beA wieder funktionierte, so dass die Störung erneut nur vorübergehender Natur war, weil das beA wieder funktionierte.

    Hinzu tritt, dass der Kläger Tatsachen, die die Wiedereinsetzung begründen sollen, im Antrag weder dargelegt noch glaubhaft gemacht hat. Der Kläger hat in seinem Wiedereinsetzungsantrag mit keinem Wort eine Störung seines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs dargelegt, sondern nur vermeintliche Störungen beim Versand des Telefaxes an das Landgericht geschildert, was unerheblich ist, weil diese Einreichungsform unzulässig war und dem Kläger als Rechtsanwalt die gesetzlichen Vorschriften über die Übersendung elektronischer Dokumente hätten bekannt sein müssen.

    C. Dem Kläger war auch auf seinen Antrag aus dem per Telefax übersandten Schriftsatz vom 07.10.2022 keine Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist zu gewähren. Auch dieser Antrag entsprach nicht der Form des § 130d S. 1 ZPO als elektronisches Dokument. Die Voraussetzungen einer Ersatzeinreichung nach § 130 S. 2 ZPO liegen nicht vor, nachdem der Kläger dort erneut nur Probleme einer Übermittlung per Telefax thematisiert hat.

    D. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 S. 1, 2 GKG).

    RechtsgebietElektronischer RechtsverkehrVorschriften§ 5a GKG; § 130a ZPO a. F.; § 130d ZPO