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Bestätigung der Ausweitung der aktiven beA-Nutzungspflicht

von RA Dr. Stefan Rinke | 31.01.2024

Rechtsanwälte und Syndikusrechtsanwalte unterliegen unabhängig von der konkreten Verfahrensrolle als anwaltliche Berufsträger der aktiven beA-Nutzungspflicht.

Über die jeweiligen Verfahrensordnungen ist die aktive Nutzungspflicht des beA normiert, vgl. §§ 130d ZPO, 32d StPO, 46g ArbGG, 55d VwGO, 14b FamFG, bzw. Verweisungsnormen wie § 4 S. 1 InsO, der zu § 130d ZPO führt. Dabei legt die Rechtsprechung die aktive Nutzungspflicht nicht eng aus, sondern sieht anwaltliche Berufsträger immer dann in der aktiven Nutzungspflicht, wenn Sie im Verfahren agieren, unabhängig davon, ob für sie ein Anwaltszwang besteht oder sie in anderer Funktion auftreten. Entschieden wurden bereits Konstellationen von anwaltlichen Insolvenzverwaltern (BGH, Beschl. v. 24.11.2022 – Az. IX ZB 11/22), Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid (AG Tiergarten, Beschl. v. 05.04.2022, Az. 310 OWi 161/22), Vertretung in eigener Sache (VG Berlin, Beschl. v. 05.05.2022, Az. 12 L 25/22). Es kommt ausdrücklich nicht auf einen anwaltlichen Postulationszwang an (OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.07.2022 – Az. 26 W 4/22). Entscheidend ist allein die Berufsträgereigenschaft, was auch für Syndikusanwälte gilt (BAG, Beschl. v. 23.05.2023, Az. 10 AZB 18/22).

Im aktuellen Fall hat das ArbG Stuttgart in diesem Sinne auch Syndikusrechtsanwälte in die Pflicht genommen (ArbG Stuttgart, Urt. v. 12.12.2023, Az. 25 Ca 749/23). Im Zentrum des Falls stand die Wirksamkeit einer Befristungsabrede. Der Kläger, ein Mitglied der IG Metall und ehemaliger Mitarbeiter eines Kraftfahrzeugherstellers, reichte eine Befristungskontrollklage ein. Die Klage wurde jedoch per Post und Fax eingereicht und nicht über den vorgeschriebenen elektronischen Rechtsweg. Der Kläger trat als „Rechtssekretär" bzw. "Gewerkschaftssekretär" auf, agierte im rechtlichen Sinne aber als Verbandssyndikusrechtsanwalt der Gewerkschaft. Aus der Urteilsbegründung:

„Genauso wie im ‚Papierzeitalter‘ aber zur Fristwahrung zwingend notwendig war, dass die Klage von einer postulationsfähigen Person unterzeichnet wurde […], bedarf es im ‚elektronischen Zeitalter‘ hierfür die Einhaltung der zwingenden Übermittlungsvorschriften in § 46c Abs. 3 ArbGG und § 46g ArbGG. […] Es war lange und heftig umstritten, ob die Verpflichtung gemäß § 46g Satz 1 ArbGG, den ERV aktiv zu nutzen, auch für den Verbandssyndikusrechtsanwalt besteht.“ArbG Stuttgart, Urt. v. 12.12.2023, Az. 25 Ca 749/23, Rz. 22

Nach mittlerweile als ständige Rechtsprechung einzuordnende Auslegung kommt es dabei nicht auf die Verfahrensrolle an, sondern auf die Berufsträgereigenschaft an sich. Dazu führt das Gericht weiter aus:

„[Der BAG-]Entscheidung vom 23.05.2023 [lag] ein Fall zugrunde, in dem der handelnde Verbandssyndikusrechtsanwalt – anders als im vorliegenden Fall – als solcher aufgetreten war. Indes hat das Bundesarbeitsgericht in einem obiter dictum auch ausdrücklich die vermittelnde Ansicht verworfen und so umfassende Rechtssicherheit über den dort entschiedenen Fall hinaus geschaffen. Danach ist gerade nicht maßgeblich, ob im konkreten Fall der handelnde Verbandssyndikusrechtsanwalt als solcher durch entsprechende Unterzeichnung oder Benennung nach außen auftritt. […] Der Umstand, dass Frau E. vorliegend als ‚Rechtssekretärin‘ und nicht als ‚Syndikusrechtsanwältin‘ auftrat, ist daher ohne Relevanz.“ ArbG Stuttgart, Urt. v. 12.12.2023, Az. 25 Ca 749/23, Rz. 29

Allen Entscheidungen gemeinsam ist zumindest, dass sie sich auf den Wortlaut der Norm(en) beziehen, wonach es darauf ankommt, ob der „Einreicher“ ein Rechtsanwalt ist. Das Arbeitsgericht Stuttgart verweist zwar auf den umfangreichen Meinungsstand zu der Thematik, lässt aber gleichwohl kein Rechtsirrtum eingreifen und betont nochmals die Rechtssicherheit bei Beachtung der ständigen Rechtsprechung dazu.

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