03.06.2013 · IWW-Abrufnummer 131744
Sozialgericht Marburg: Urteil vom 20.03.2013 – S 12 KA 83/12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
S 12 KA 83/12
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger haben die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 910.026,94 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung in den fünf Quartalen I/04 bis I/05 (Zeitraum 01.02.2005 bis 31.01.2005) in Höhe von insgesamt 910.026,94 EUR.
Der Kläger zu 1) ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit dem 01.10.1992 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Der Kläger zu 2) ist Facharzt für Labormedizin und seit 01.02.2004 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Für den streitbefangenen Zeitraum bildeten sie eine Gemeinschaftspraxis. Anschließend war der Kläger zu 1) vom 01.02.2005 bis 31.03.2010 in Einzelpraxis, danach bis zum 30.09.2010 in einem MVZ als Vertragsarzt zugelassen. Seit 01.10.2010 ist er als angestellter Arzt in dem MVZ tätig. Der Kläger zu 2) war nach Beendigung der Gemeinschaftspraxis bis zum 21.05.2007 in Einzelpraxis tätig.
Gegenüber dem Kläger zu 2) ist für die Quartale I/05 (ab 01.02.2005) bis III/06 ein weiterer Berichtigungsbescheid mit einer Rückforderung von insgesamt 1.855.075,32 EUR ergangen, gegen den er Widerspruch eingelegt hat, über den die Beklagte noch nicht entschieden hat.
Die Beklagte setzte das Honorar der klägerischen Gemeinschaftspraxis in den streitbefangenen Quartalen wie folgt fest:
I/04 II/04 III/04 IV/04 I/05
Anzahl Praxen/Ärzte 31/60 26/60 26/58 31/63 35/69
Honorarbescheid vom 05.08.2004 09.10.2004 06.02.2005 18.04.2005 26.07.2005 14.07.2005
Nettohonorar gesamt in EUR 564.138,13 610.794,70 572.207,89 639.021,33 9.813,33 300.741,57
Bruttohonorar PK + EK in EUR 574.840,14 623,382,60 582.824,31 650.316,10 8.900,01 307.073,89
Fallzahl PK + EK 10.999 10.693 10.018 10.679 410 4.822
Die Beklagte nahm mit Bescheid vom 10.09.2007 gegenüber der ehemaligen Gemeinschaftspraxis eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Abrechnung für die streitbefangenen Quartale I/04 bis I/05 vor und setzte den Netto-Rückforderungsbetrag auf insgesamt 910.026,94 EUR fest. Hiervon entfielen auf das Quartal I/04 246.815,54 EUR, auf das Quartal II/04 182.175,35 EUR, auf das Quartal III/04 159.950,45 EUR, auf das Quartal IV/04 182.263,34 EUR und auf das Quartal I/05 138.822,26 EUR. Einen gleichlautenden Bescheid erhielt der Kläger zu 1) und der Kläger zu 2). Zur Begründung führte sie aus, bei Prüfung der Quartalsabrechnungen habe sie bezüglich der Abrechnung von analogen Laborleistungen festgestellt, dass bei den vom Kläger zu 1) abgerechneten Behandlungsscheinen als Laborüberweisungsauftrag "quantitative Stuhldiagnostik" angegeben worden sei. Nach Auffassung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sei die quantitative Stuhldiagnostik (z. B. Kyber Status) zum Nachweis einer gestörten intestinalen Ökologie keine abrechnungsfähige Leistung. In den "Qualitätsstandards in der mirkobiologie-infektiologischen Diagnostik (MiQ)" der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGMH) sei eine eindeutige Empfehlung für die Stufendiagnostik, die bei Verdacht auf Darminfektionen durchzuführen sei, enthalten. Als nicht ausreichend gesicherte und nicht indizierte Methode gelte u. a. die sog. Dysbiose- oder Dysbakterie-Untersuchung ebenso wie Stuhluntersuchungen auf Pilze bei Immungesunden. Die betreffenden Untersuchungen seien hier einzuordnen. Die Nrn. 4658, 4662, 4663, 4692, 4721, 4722, 4724 und 4726 EBM 1996 könnten von Laborärzten, die den oben angeführten Qualitätsstandards verpflichtet seien, ausschließlich im Rahmen der Stufendiagnostik im Sinne der MiQ abgerechnet werden. Die Analyse der Honorarabrechnungen habe ergeben, dass die vorgenannten Leistungen gleichförmig abrechnet würden. Da der Überprüfung ebenso zu entnehmen sei, dass die Indikationsstellung keine Rechtfertigung zur Abrechnung über den EBM 1996 ergebe, hätten die Leistungen daher insgesamt abgesetzt werden müssen. In der Anlage habe sie bzgl. der streitbefangenen Quartale jeweils 10 Beispielsfälle und jeweils eine Patientenliste, aus der der Kläger zu 1) ersehen könne, bei welchen Behandlungsscheinen sie eine Korrektur vorgenommen habe, beigefügt.
Hiergegen legten die Kläger jeweils am 05.10.2007 Widerspruch ein.
Die Beklagte teilte unter Datum vom 13.04.2011 mit, in einem Parallelverfahren sei vor dem Sozialgericht ein Vergleich geschlossen worden, sie könne jedoch auf Grund gegenseitigen Stillschweigens keine Auskunft über den Inhalt des Vergleiches geben. Sie bitte daher nunmehr um Einreichung einer Widerspruchsbegründung. Ferner weise sie darauf hin, dass sie die eingereichten Laborauftragsscheine als nicht konform mit den Vorgaben in Nr. 12 der allgemeinen Bestimmungen zu Kapitel O EBM 1996 sowie den Regelungen in § 24 Abs. 8 BMV-Ä/§ 27 Abs. 8 EKV sehe. Zuvor hatte die Beklagte unter Datum vom 24.07.2008 auf ein bereits anhängiges Klageverfahren hingewiesen und vorgeschlagen, eine Entscheidung über den Widerspruch der Kläger deshalb zunächst zurückzustellen.
Der Kläger zu 1) trug mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 20.07.2011 vor, sämtliche abgesetzte Leistungen seien ordnungsgemäß erbracht worden und seien abrechenbar gewesen. Sie seien entsprechend des jeweiligen Überweisungsauftrages durchgeführt worden und seien auch medizinisch indiziert gewesen. Zwar sei als Laborüberweisungsauftrag "Quantitative Stuhldiagnostik" im Auftragsfeld der Abrechnung aufgenommen worden, dieser Arbeitsbegriff sei jedoch nur zur Abgrenzung gegenüber der ausschließlich qualitativen Diagnostik eingeführt worden. In den überwiegenden Fällen habe die Anforderung in der "Abklärung gastrointestinaler Beschwerden" im Sinne der Abklärung von Infektionen bestanden. Tatsächlich sei in jedem der abgerechneten Laborüberweisungsaufträge eine klassische qualitative Stuhldiagnostik durchgeführt worden, gleichzeitig sei ohne zusätzliche Berechnung eine Quantifizierung der angezüchteten Keime erfolgt. Es seien auch Untersuchungen auf pathogene Keime, z. B. nach bakteriellen Durchfallerregern wie Salmonellen, Shigellen, Campylobacter, Yersinien usw. - also qualitative Bestimmungen - durchgeführt worden. Entgegen der Auffassung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien auch quantitative Stuhluntersuchungen, die neben den qualitativen Untersuchungen durchgeführt worden seien, abrechenbar. Es seien auch Leistungen abrechenbar, die eine kulturelle mykologische Untersuchung einschließlich des fakultativen Leistungsinhalts einer Keimzahlbestimmung (Nr. 4658) oder eine kulturelle Untersuchung des Stuhls mit mind. 5 Nährböden, ggf. einschl. einer anaeroben Untersuchung, z. B. auf Clostridien, auch ätiologisch relevante Bakterien beinhalteten (Nr. 4692). Zudem sei eine Differenzierung von den Reinkultur gezüchteten Bakterien mittels biochemischer und/oder kultureller Verfahren oder Nukleinsäuresonden abrechenbar; sonstige Verfahren je nach Anzahl der Reaktionen unter der Nr. 4721, 4722 und 4724. Sämtliche der beanstandeten Untersuchungen seien unter Beachtung der Stufendiagnostik durchgeführt worden. Er verweise auf das beigefügte Flussdiagramm zur Durchführung der Stufendiagnostik, unter deren Beachtung die Untersuchungen erbracht worden seien. Die zitierten Qualitätsstandards (MiQ) bezögen sich aber ausschließlich auf das Vorgehen bei Verdacht auf eine Gastrointestinalinfektion. Daraus sei darauf zu schließen, dass der Begriff der "gestörten intestinalen Ökologie" mit dem Vorliegen einer intestinalen Infektion gleichgesetzt werde und pauschal davon ausgegangen werde, dass die unter den fraglichen GO-Nrn. abgerechneten Leistungen bei Verdacht auf eine solche Infektion durchgeführt worden seien. Das sei jedoch nicht der Fall. Häufigere Beschwerdebilder seien vielmehr etwa ekzematöse Hauterkrankungen, chronische Infektanfälligkeiten oder unklare Abdominalbeschwerden, mit entsprechenden Symptomen wie rezidivierender Diarrhoe, Obstipation oder unklaren abdominalen Schmerzen ohne eindeutige Lokalisation gewesen. Er verweise auf eine Vielzahl von Veröffentlichungen, die einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Auftreten chronischer Erkrankungen und charakteristischen Abweichungen spezifischer Floraanteile belegten. Es sei primär eine klassische Infektionsdiagnostik durchgeführt worden, die sich an klinischen Symptomen orientiert habe. Die Absicht sei keineswegs der Nachweis einer gestörten Stuhlflora mit dem Ziel gewesen, auf therapeutischem Wege eine "Normalisierung" herbeizuführen. Die Richtlinien, auf die sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung berufe, seien nicht einschlägig. Das Wissen über die Zusammenhänge zwischen intestinaler Mikrobiota und Schleimhautfunktionen habe inzwischen auch Eingang in namenhafte Lehrbücher gefunden. In einer Vielzahl der Fälle seien Stuhluntersuchungen auf Pilze vor allem bei Patienten nach einer Antibiotika-Therapie oder immunsuppressiven bzw. nach Chemotherapie durchgeführt worden, also bei Patienten, bei denen das Immunsystem stark geschwächt sei und nicht vom Regelzustand ausgegangen werden könne. Mit eine der häufigsten Indikationen seien auch rezidivierende Infekte gewesen; diese Patienten litten unter Abwehr- und Immunschwächen. Die Bedeutung der mykologischen Diagnostik werde in den Fachgremien seit vielen Jahren kontrovers diskutiert. Ökologische Untersuchungen seien mehrheitlich durch den Indikationsauftrag des Einsenders abgedeckt und aufgrund dessen Anforderung von all seiner eigenständigen ärztlichen Indikationsstellung durchgeführt worden. Es verwundere auch, dass im Jahr 2007 auf Begründungen aus dem Jahr 2002, aus der die Stellungnahme der Kassenärztlichen Bundesvereinigung stamme, zurückgegriffen werde. Einer Rückforderung stünden auch Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen. Die Beklagte hätte ihn unmittelbar nach Kenntnis von der Stellungnahme der Kassenärztlichen Bundesvereinigung im Jahr 2002 informieren müssen. Sie sei aber erstmals im Laufe des Widerspruchsverfahrens mit Schreiben vom 13.07.2011 zur Verfügung gestellt worden.
Der Kläger zu 2) trug unter Datum vom 20.07.2011 vor, das Verfahren sei für ihn von existentieller Bedeutung, da Forderungen in Höhe von insgesamt 2,7 Mio. Euro im Raum stünden. Schon aus Gründen des Vertrauensschutzes müsse die Beklagte den Bescheid aufgeben. Als er im Jahr 2004 nach A-Stadt gekommen sei, habe er sich auch mit der Fragestellung der Abrechenbarkeit auseinandergesetzt, da ihm das Laborinstitut zum Verkauf angeboten worden sei. Dort sei die Diagnostik in der strittigen Art und Weise schon über 20 Jahre so durchgeführt und abgerechnet worden. Der Beklagten sei dies bekannt gewesen. Diese Diagnostik werde auch weiterhin von verschiedenen Laboratorien ohne Beanstandung zur Abrechnung gebracht. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten unter Datum vom 22.07.2011 trug er weiter vor, das Leistungsspektrum des Labors habe bereits zuvor in gleichem Maße bestanden. Die Frage der quantitativen Stuhldiagnostik sei offensichtlich bereits ab dem Jahre 2001/2002 Gegenstand von Korrespondenz zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung einerseits und den Kassenärztlichen Vereinigungen, so auch der Beklagten, andererseits gewesen. Alle Leistungen seien gem. der Leistungslegende erfolgt. Nach dem EBM müssten die Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung quantitativer laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen eingehalten werden, was der Fall gewesen sei. Diese Richtlinien seien nicht gleichzusetzen mit den von der Beklagten zitierten Qualitätsstandards der DGHM. Die DGHM sei als eingetragener Verein nicht berechtigt, Normsetzungen zu betreiben. Der Hinweis auf gleichförmige Abrechnungen im angefochtenen Bescheid sei ohne rechtliche Relevanz. Im Übrigen erkläre er sich u. a. aus dem mikrobiologischen Schwerpunkt der Praxis. Die Vorgabe der Verwendung des Musters 10 für die Aufträge sei erfolgt. Auch die Anforderungen der Vordruckvereinbarung seien erfüllt worden. In den Überweisungsaufträgen fände sich die Kennzeichnung der kurativen Behandlung und in der Regel die Angabe Stuhluntersuchung aerobe und anaerobe oder mit der zusätzlichen Angabe Untersuchung auf Durchfallerreger/Diagnostik unklarer Darmerkrankung. Einer rückwirkenden Korrektur der Leistungen stehe der Rechtsgrundsatz des Vertrauensschutzes entgegen. Es sei bezüglich der Leistungen ein umfangreicher Disput in der wissenschaftlichen Literatur erkennbar. Verbindliche Richtlinien, die aussagten, die Leistungen seien nicht indiziert, hätten nicht vorgelegen. Eine Wirtschaftlichkeitsprüfung für Herrn Dr. A. sei hinsichtlich der Quartale I/03 bis IV/03 ohne Maßnahmen abgeschlossen worden. Der Prüfungsausschuss habe sich von der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung überzeugt, obwohl hier im Laborbereich Überschreitungen von 415 bis 586 % vorgelegen hätten. Erstmals das Schreiben vom 31.07.2006 sei geeignet gewesen, eine Kenntnis von der Betrachtungsweise der Beklagten zu bewirken. Die Leistungen seien auch berechtigt gewesen. Bei jeder Untersuchung eines Keims/Erregers oder eines Pilzes erfolge über die Erkennung und Identifizierung (Qualifizierung) entweder vorher, parallel oder nachher die Abschätzung der Menge (Quantifizierung). Eine stufendiagnostische Vorgehensweise sei daher durchgeführt worden. Der Begriff "quantitative Stuhldiagnostik" sei in das Auftragsfeld bei der Abrechnung eingefügt worden. Faktisch handele es sich in der Regel um die Abklärung von gastrointestinalen oder gastrointestinalen assoziierten Beschwerden etc. Exemplarisch füge er eine Zusammenstellung der einschlägigen Literatur in diesem Bereich bei.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 25.01.2012 wies die Beklagte die Widersprüche jeweils zurück. Zur Begründung führte sie aus, eine Berichtigung habe schon deshalb erfolgen müssen, da Gebührenordnungspositionen des EBM für Laboruntersuchungen angesetzt worden seien, die mangels Indikation nicht zur vertragsärztlichen Versorgung gehörten. Zwar erfüllten die angewandten Untersuchungsverfahren formal die sehr weit gefassten Leistungslegenden des EBM (z. B. kulturelle mykologische Untersuchung, Nr. 4658). Allerdings seien diese Leistungen nur für anerkannte Methoden vorgesehen. Eine Analogabrechnung liege auch dann vor, wenn über diese Leistungen nicht indizierte und folglich in der vertragsärztlichen Versorgung nicht anerkannte Methoden abgerechnet würden. Bei der quantitativen Stuhldiagnostik zum Nachweis einer gestörten intestinalen Ökologie handele es sich nicht um eine abrechnungsfähige Leistung. Es könnte dahinstehen, ob die Abrechnung der "quantitativen Stuhldiagnostik" aus Gründen des Vertrauensschutzes zugelassen werden müsste. Die Berichtigung sei jedenfalls wegen Verstößen gegen die zwingenden Bestimmungen zur Durchf ührung von Überweisungen für Labor-Auftragsleistungen begründet. Sämtliche eingereichten Abrechnungsscheine enthielten weder Diagnosen, Verdachtsdiagnosen oder Befundmitteilungen noch genau definierte Aufträge (Nr. 12 der Allgemeinen Bestimmungen zum Kapitel O EBM 1996). Die tatsächlich erteilten Auftragsüberweisungen zur Durchführung von Laborleistungen seien nicht auf dem Vordruckmuster 10 ausgestellt worden, sondern auf einem daneben benutzten privaten Formular, dass den genauen Auftrag enthalten habe (§ 24 Abs. 8 Satz 2 BMV-Ä/§ 27 Abs. 8 EKV). Die Überweisungsscheine gem. Muster 10 seien wohl von dem Labor selbst ausgestellt worden und damit sei der Überweisungsauftrag nicht von dem überweisenden Vertragsarzt erteilt worden (Nr. 12 der Allgemeinen Bestimmung zum Kapitel O EBM 1996, § 24 Abs. 8 Satz 1 BMV-Ä, Erläuterungen zur Vordruckvereinbarung zum Muster 10). Diese Beanstandungen erläuterte sie im Einzelnen ausführlich. Weiter führte sie aus, in allen Quartalen habe sie Abrechnungsfehler festgestellt, die eine sachlich-rechnerische Berichtigung und Honorarrückforderung zur Folge hätten. Bei der Umsetzung der Honorarberichtigung komme die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Garantiefunktion der Sammelerklärung zum Tragen. Sie brauche dann nicht in allen Behandlungsfällen nachzuweisen, dass die Abrechnung unrichtig sei, wenn ein Arzt grob fahrlässig oder vorsätzlich nicht erbrachte bzw. nicht ordnungsgemäß erbrachte Leistungen abrechnet habe. Die Kläger hätten Labor-Auftragsüberweisungsscheine ausgeführt und zur Abrechnung eingereicht, obwohl der erteilte Laborauftrag viel zu unkonkret gewesen sei und den EBM und Bundesmantelvertrag-Vorgaben widersprochen habe. Bei der Festsetzung des Rückforderungsbetrages stehe ihr ein weites Schätzungsermessen zu. Sie habe die hier im Streit stehenden Leistungen zu Recht komplett in allen Behandlungsfällen abgesetzt und das entsprechende Honorar zurückgefordert, da in allen Fällen der Auftrag nicht den rechtlichen Vorgaben entsprochen habe und in der Folge die Rechtmäßigkeit der Abrechnung nicht zu überprüfen sei. Sie könne davon ausgehen, dass die Auftragsformulierung insgesamt nicht ordnungsgemäß gewesen sei. Die Ausschlussfrist von 4 Jahren sei nicht verletzt worden. Der Honorarbescheid für das I/04 sei Mitte November 2004 verschickt worden. Es komme deshalb auch nicht auf die klägerseits vorgetragenen Vertrauensschutzgesichtspunkte an. Ebenso könne dahinstehen, ob die Ausführungen der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie zu Qualitätsstandards gar nicht zutreffen würden oder ob die Auffassung der KBV aus dem Jahr 2002 herangezogen werden könne. Die Hinweise der Kläger zur Verwendung des Begriffs "quantitative Stuhldiagnostik" bestätige nur ihre Ausführungen. Die Aufträge auf den Überweisungsscheinen seien unkonkrete Aufträge, die die EBM-Anforderungen nicht erfüllten. Nicht nachkontrollierbare "Arbeitsbegriffe" entsprächen nicht den Anforderungen an die Auftragsformulierung auf Laborüberweisungsscheinen. Die nachträglichen Erklärungen, welche Diagnosen oder Indikationsaufträge vorgelegen haben sollten, gingen aus den Abrechnungsscheinen nicht hervor. Im Übrigen sei auf den Abrechnungsscheinen ausdrücklich die Formulierung "quant. bakt. Stuhluntersuchung aerob u. anaerob" verwandt worden, demnach habe der Zusatz "quantitativ" eine bestimmte Bedeutung gehabt. Auf dem privaten Auftragsformular finde man unter Punkt A, a1 die Begriffe "KyberStatus-Diagnostik - quant. bakteriologische Stuhldiagnostik". Es bestünden begründete Zweifel, ob nicht tatsächlich Dysbiose-/Dysbakterie-Untersuchungen durchgeführt worden seien.
Hiergegen hat der Kläger zu 1) am 21.02.2012 zum Az.: S 12 KA 83/12 und der Kläger zu 2) am 24.02.2012 zum Az.: S 11 KA 101/12 die Klage erhoben. Die Kammer hat mit Beschluss vom 25.04.2012 die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.
Der Kläger zu 1) trägt vor, die Kopien der Laboraufträge in der Verwaltungsakte zeigten, dass die entsprechenden Überweisungsformulare regelkonform verwandt worden seien. Sämtliche Laboraufträge seien entsprechend der geltenden bundesmantelvertraglichen Regelungen vom Überweiser ausgestellt und mit der zur untersuchenden Probe an das Labor versandt worden. Der Untersuchungsauftrag sei jeweils angegeben worden. Soweit zusätzlich zur Konkretisierung ein ergänzendes Formular zur Auftragsbeschreibung verwandt worden sei, so sei dies nicht ausgeschlossen und auch nicht unüblich. Sämtliche Leistungen seien unter Beachtung der Vorschriften des EBM erbracht und abrechnet worden. Er verweise auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren, die er zum Teil nochmals wiederholt hat. Er verweist ferner nochmals darauf, dass ergänzend neben der quantitativen Diagnostik auch die qualitative Diagnostik durchgeführt worden sei. Ferner berufe er sich weiterhin auf Vertrauensschutz. Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 14.02.2013 Kopien des Original-Überweisungsscheines zu den drei Behandlungsfällen A.G., F.V. und L.T. zur Gerichtsakte gereicht und hierzu erklärt, die zuweisenden Ärzte hätten ordnungsgemäß das Muster 10 Vordruckvereinbarung benutzt. Die Original-Überweisungsscheine seien seinerzeit alle eingescannt worden, so dass diese nunmehr im Ausdruck vorgelegt werden könnten. Die Original-Überweisungsscheine, die zur Abrechnung bei der Beklagten hätten nicht mehr eingereicht werden müssen, seien nicht mehr existent. Warum die Laboraufträge unter formellen Gesichtspunkten nicht ausreichend erteilt worden seien, sei ihm nicht ersichtlich. Die Unterstellung der Beklagten, die Kläger hätten Überweisungsscheine selbst ausgestellt, weise er mit aller Deutlichkeit zurück. Dies sei in keinem einzigen Fall geschehen. Es sei auch jeweils eine qualitative Stuhluntersuchung durchgeführt worden. Jede andere Handlungsweise würde keinen Sinn machen, da die Keime (qualitativ) erst festgestellt werden müssten, bevor sie (quantitativ) gezählt werden könnten. Es sei in jedem Fall der Leistungsinhalt der Nr. 4692 EBM 1996 erbracht und in den Fällen, in denen weitergehende Abklärungen notwendig gewesen seien, auch die Nrn. 4726, 4724 und 4722 gleich qualitative Stuhluntersuchungen. Bei allen drei exemplarischen Fällen sei eine qualitative bakteriologische bzw. mikrobiologische Stuhldiagnostik angefordert, durchgeführt und abgerechnet worden. Dass in allen Fällen das Labor noch die qualitativen Untersuchungen zusätzlich quantitativ ausweise, stelle eine Besonderheit dieses Labors dar, die jedoch auf die Abrechnungsfähigkeit der qualitativen Untersuchungen keinen Einfluss habe. Eine Beschränkung der Abrechnungsfähigkeit dieser EBM-Ziffern dahingehend, dass diese nur für die Diagnostik bestimmter infektiöser Durchfallerkrankungen abgerechnet werden dürfe, sei aus der Leistungslegende des EBM nicht ersichtlich. Die Untersuchungen seien zur Abklärung gastrointestinaler Beschwerden bzw. zur Abklärungen von Infektionen und der sich daraus ergebenden notwendigen Behandlung durchgeführt worden.
Der Kläger zu 2) verweist auf die Unvollständigkeit der Verwaltungsakte und der von der Beklagten nachgereichten Unterlagen. Im Einzelnen trägt er vor, im Rückforderungsbescheid vom 10.09.2007 werde auf die in der Anlage betreffend die Quartale I/04 - I/05 beigefügten 10 Beispielsfälle verwiesen. In den nun eingesehenen Unterlagen fänden sich für die Quartale I/04, III/04 und I/05 10 Beispielsfälle, für die Quartale II und IV/04 aber nur 5 Beispielsfälle. Die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid verstehe er dahingehend, dass der Beklagten sowohl Auftragsüberweisungen auf einem Vordruck Muster 10 als auch Laborauftragsscheine der damaligen Gemeinschaftspraxis vorlägen. In der Verwaltungsakte fänden sich indessen keine Überweisungen nach Muster 10. In den Verwaltungsvorgängen der Beklagten fänden sich allein die elektronisch generierten Laboraufträge. Diese dürften den Abrechnungsdaten (Diskette) der früheren Gemeinschaftspraxis entnommen sein.
Die Kläger zu 1) und 2) beantragen,
den Bescheid vom 10.09.2007 der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, es treffe nicht zu, dass eine Diagnose und ein Auftrag angegeben worden sei. Den Beispielsfällen könne entnommen werden, dass als Diagnose immer der Schlüssel "U99.9" oder sogar lediglich "UUU" angegeben werde, letzteres stelle keinen Schlüssel dar. Bei "U99.9" handele es sich um eine nicht belegte Schlüsselnummer, sodass in keinem der Quartale ordnungsgemäß eine Diagnose angegeben worden sei. Es habe kein ordnungsgemäß ausgefülltes Muster 10 vorgelegen, sondern der tatsächlich erteilte Auftrag habe vom Auftraggeber dem daneben erstellten privaten Formular entnommen werden müssen. Daraus folge, dass der Auftragsschein nach Muster 10 wohl von dem Labor selbst ausgefüllt worden sei. Ergänzend weise sei auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 11.02.2013 beispielhaft 10 Laboraufträge/Behandlungsscheine zur Gerichtsakte gereicht. Diese Beispiele zeigten, dass die Voraussetzungen für eine Abrechnung nicht gegeben seien; es fehle der konkrete Auftrag sowie die Diagnose bzw. Verdachtsdiagnose, zudem handele es sich um nicht abrechenbare Leistungen. Insofern verweise sie auf ihre Begründung in den angefochtenen Bescheiden. Die Überweisungsscheine müssten mit der Abrechnung bei ihr nicht vorgelegt werden. Die Scheine verblieben in der Arztpraxis und seinen dort vier Quartale aufzubewahren und auf verlangen einzureichen. Für die Abrechnung würden die Laboraufträge/Behandlungsscheine von den Ärzten eingereicht werden, wie sie sie für die Beispielsfälle vorgelegt habe. Die Angaben im Überweisungsschein würden normalerweise in den Laborauftrag/Behandlungsschein übernommen werden. In dem vorliegenden Fall habe sie Abrechnungen anhand der eingereichten Laboraufträge/Behandlungsscheine geprüft und daher die Überweisungsscheine nicht angefordert. Die Beklagte trägt mit Schriftsatz vom 13.03.2013 weiter vor, auf den Ausdrucken lasse sich nicht erkennen, ob es sich bei den drei Kopien der Überweisungsscheine um Muster 10 der Vordrucksvereinbarung handele. Jedenfalls seien aber die Aufträge nicht ordnungsgemäß erteilt worden. Nr. 12 der allgemeinen Bestimmungen zu Kapitel O des EBM 1996 sei nicht eingehalten worden. In den vorgelegten Beispielsfällen sei keine einzige der genannten Voraussetzungen eingehalten worden. Diagnosen oder Befunde fehlten gänzlich. Ein konkreter Untersuchungsauftrag entsprechend der Vorgabe des EBM liege ebenfalls nicht vor, die Aufträge seien ganz allgemein gehalten (mikroskopische/mikrologische Untersuchung) und zudem teils keine vertragsärztliche Leistung (quantitative mykologische Diagnostik). Die Kläger und die ihnen zuweisenden Ärzte hätten mit privaten Formularen gearbeitet. Dies werde in zwei der drei Behandlungsfällen ersichtlich (T.V.; "Bezug auf beiliegendem Befundbericht") und werde vom Kläger zu 1) offenbar auch eingeräumt, wenn er auf das beigefügte, vom Arzt ausgefüllte Auftragsformular und Untersuchungsmaterial hinweise. Durch die Verwendung eines privaten Formulars werde die Möglichkeit zur Prüfung der Aufträge und Abrechnungen umgangen. Obwohl die drei beispielhaft vorgelegten Überweisungsscheine unterschiedliche Texte hinsichtlich des Auftrages hätten, enthielten die Abrechnungsscheine in allen drei Fällen den Text "quant. bakt. Stuhluntersuchung aerob. u. anaerob. quantitative mykologische Diagnostik". Es sei nicht ohne weiteres nachzuvollziehen, wie sich drei unterschiedliche Auftragsbeschreibungen aus den Überweisungsformularen gleichförmig in eine vierte auf den Abrechnungsscheinen verwandele. Sie könne nur vermuten, dass auch in diesen drei Beispielsfällen mit dem privaten Formular der Kläger gearbeitet und der Auftragstext von dort übernommen worden sei. Dann stelle sich allerdings die Frage, ob und inwieweit Vorgaben oder Angaben aus dem Laboraufträgen nach Muster 10 auch in anderen Fällen verändert worden seien und welche Konsequenzen bzw. Auswirkungen dies gehabt habe. Aus den 3 vorgelegten Überweisungsscheinen gehe der Untersuchungsauftrag nicht hervor. Es sei nur eine allgemein gehaltene Auftragsbeschreibung und nicht die nach dem EBM notwendige klare Vorgabe erfolgt. Auf Grund der systematisch fehlerhaften Abrechnungen komme es auf die Frage, ob die quantitative Stuhldiagnostik zur vertragsärztlichen Abrechnung berechtige, nicht mehr an. Im Übrigen weise sie darauf hin, dass die qualitative und die quantitative Stuhluntersuchung unterschiedliche Zielrichtungen hätten. Während mit der qualitativen Stuhluntersuchung bei Vorliegen entsprechender Krankheitszeichen gezielt nach pathogenen Keimen im Darm gesucht werde und dies deshalb eine vertragsärztliche Leistung sei, habe die quantitative Stuhluntersuchung zum Ziel, die gesamte Darmflora zu analysieren. Dabei gehe es weniger um die Suche nach definierten pathogenen Keimen als darum, ein als Ursache für Darmbeschwerden vermutetes Ungleichgewicht in der Ökologie der Darmflora zu identifizieren. Da es sich um keine wissenschaftlich gesicherte Methode handele, sei eine Abrechnung in der vertragsärztlichen Versorgung regelmäßig nicht möglich. Ausweislich der Laboraufträge sei jedenfalls nicht auch eine qualitative Stuhldiagnostik angefordert worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 10.09.2007 der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2012 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben.
Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragsärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen.
Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids. Die genannten, auf § 82 Abs. 1 SGB V beruhenden bundesmantelvertraglichen Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) verdrängen. Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Aufhebung des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, der Grundnorm des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs für den gesamten Bereich des Sozialrechts, eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (vgl. BSG, Urt. v. 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 22 = BSGE 96, 1 = Breith 2006, 715 = MedR 2006, 542 = GesR 2006, 499 = USK 2005-130, zitiert nach juris Rdnr. 11 m.w.N.)
Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind. Die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honorarforderung auf bundesmantelvertraglicher Rechtsgrundlage besteht danach nicht nur im Falle rechnerischer und gebührenordnungsmäßiger Fehler, sondern erfasst auch Fallgestaltungen, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat. Dementsprechend erfolgt eine sachlich-rechnerische Richtigstellung z. B. bei der Abrechnung fachfremder Leistungen oder qualitativ mangelhafter Leistungen, aber auch bei Leistungen eines nicht genehmigten Assistenten sowie bei der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs mit Hilfe eines Assistenten, bei der Abrechnung von Leistungen, die nach stationärer Aufnahme erbracht werden, bei der Nichtbeachtung der bereichsspezifischen Vorschriften zur Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung im Rahmen der vertragsärztlichen Abrechnung und schließlich bei einem Missbrauch vertragsarztrechtlicher Kooperationsformen (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R – juris Rdnr. 26 f. m.w.N.).
Die Frage, inwieweit der Vertragsarzt verpflichtet ist, auf dem Krankenschein die vollständigen Diagnosen anzugeben, betrifft den Abrechnungsverkehr mit der Kassenärztlichen Vereinigung und letztlich die Vergütungsfähigkeit der abgerechneten Leistungen, über die im Verhältnis zu den Klägern die beklagte Kassenärztlichen Vereinigung zu befinden hat (vgl. BSG, Beschl. v. 01.02.1995 - 6 BKa 9/93 - juris Rdnr. 2).
Die Frage der Vollständigkeit der Akten konnte insbesondere mit dem Kläger zu 2) in der mündlichen Verhandlung geklärt werden.
Der angefochtene Bescheid ist auch materiellrechtlich nicht zu beanstanden. Die Absetzung der Leistungen erfolgte zu Recht, da auf den Abrechnungsausweisen keine Diagnosen angegeben werden und die beanstandeten Überweisungsaufträge zu unbestimmt sind.
Zwingendes Abrechnungserfordernis ist die Angabe von Diagnosen auf den Behandlungs- und Abrechnungsausweisen. Nach § 44 Abs. 4 BMV-Ä/§ 34 Abs. 10 EKV Ä können Abrechnungen können nur vergütet werden, wenn die in § 303 Abs. 3 SGB V geforderten Daten in dem jeweils zugelassenen Umfang maschinenlesbar oder auf maschinell verwertbaren Datenträgern angegeben oder übermittelt worden sind. Dies gilt insbesondere u. a. für die verschlüsselten Diagnosen. Nach § 295 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen verpflichtet, in den Abrechnungsunterlagen für die vertragsärztlichen Leistungen die von ihnen erbrachten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung, bei ärztlicher Behandlung mit Diagnosen aufzuzeichnen und zu übermitteln. Über die Verweisung in § 44 Abs. 4 BMV-Ä/§ 34 Abs. 10 EKV-Ä auf § 303 Abs. 3 SGB V, der wiederum auf § 295 Abs. 1 SGB V verweist, wird die Pflicht zur Angabe der Diagnose nochmals wiederholt.
Eine Ausnahme für Ärzte für Labormedizin ist nicht ersichtlich. Auch für Ärzte für Labormedizin macht die Angabe der Diagnose Sinn. Die Diagnose ist Bestandteil einer ordnungsgemäßen Leistungsbeschreibung des Arztes und daher in den Abrechnungsnachweisen des Vertragsarztes anzugeben. Die Kenntnis der Diagnose ist für die Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich. Eine hinreichende Prüfung der Rechtmäßigkeit der Abrechnung des Vertragsarztes setzt die vollständige, die Diagnose einschließende Leistungsbeschreibung des Vertragsarztes voraus. Weiterhin ermöglicht die Angabe der Diagnose der Krankenkasse die Prüfung ihrer Leistungspflicht. Schließlich ist die Angabe der Diagnose für die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen erforderlich (Didong in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 295 SGB V, Rdnr. 8). Die Angabe allein der Gebührenpositionen oder der Leistungsbeschreibungen der Gebührenordnungen reicht dazu nicht aus. Mit solchen Angaben wird nur aufgezeigt, dass eine Behandlung der bezeichneten Art überhaupt erfolgt ist, nicht zugleich aber, ob die ergriffenen Maßnahmen auch den gesetzlichen Vorgaben für eine vorschriftsmäßige ärztliche Versorgung genügt haben (vgl. BSG, Urt. v. 04.05.1994 - 6 RKa 37/92 - SozR 3-2500 § 295 Nr. 1 = NZS 1995, 92 = USK 94158, juris Rdnr. 23).
Für die bis zum 31.12.1992 geltende Rechtslage hat das Bundessozialgericht bereits entschieden, dass eine Vergütungspflicht für die von einem Vertragsarzt ohne Angabe der Diagnose abgerechneten Leistungen nach dem SGB V nicht besteht (vgl. BSG, Urt. v. 04.05.1994 - 6 RKa 37/92 - Rdnr. 18 ff.). Eine Änderung der Rechtslage ist seitdem nicht eingetreten, vielmehr ist den zitierten gesetzlichen Vorschriften jetzt eindeutig zu entnehmen, dass der Vertragsarzt auch verpflichtet ist, die Diagnose bei der Abrechnung anzugeben.
Diesen Voraussetzungen genügen die Angaben der Praxis der Kläger nicht. Zwar lagen der Kammer nur sehr wenige Abrechnungsscheine vor, die aber allesamt keine Diagnosen enthielten. Dies hat die Kammer mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert. Die Kläger haben nicht behauptet, bei allen übrigen behaupteten strittigen Abrechnungsfällen hätten sie die Diagnosen angegeben. Auch die Beklagte hat bereits im angegriffenen Widerspruchsbescheid bzgl. der Auftragsüberweisungen auf die fehlende Angabe der Diagnosen, Verdachtsdiagnosen oder Befunde hingewiesen.
Die Kammer sah daher keine Verpflichtung, sämtliche Behandlungsausweise hinzuzuziehen oder durchzusehen. Die Beklagte hat im Verwaltungsverfahren hinreichend Zweifel an einer ordnungsgemäßen Abrechnung begründet, die auf eine systematisch fehlerhafte Abrechnung hindeuten. Im Hinblick auf die Systematik der Fehlerhaftigkeit ist es dann wieder Sache des Vertragsarztes, die Fehlerhaftigkeit zu widerlegen. Der Vertragsarzt hat grundsätzlich die ordnungsgemäße Leistungserbringung nachzuweisen. Soweit im Regelfall eine Abrechnung ohne weitere Überprüfung allein aufgrund der Leistungsangaben des Vertragsarztes erfolgt, bleibt es dann aber bei der Beweislast des Vertragsarztes, wenn Fehler in der Abrechnung festzustellen sind. Hinsichtlich der fehlenden Diagnosen hätte es hierfür wenigstens der Angabe von Behandlungsfällen bedurft, auf denen diese enthalten sind. Auch die von dem Kläger zu 1) mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 14.02.2013 vorgelegten drei Behandlungsfälle enthielten weder auf den Abrechnungsausweisen noch auf den als Überweisungsscheinen angegebenen Ausdrucken Diagnoseangaben. Soweit klägerseits auf die Angaben im Bogen des Instituts für Mikrökologie mit Diagnoseangaben hingewiesen wurde, kommt es hierauf nicht an, da diese nicht an die Beklagte eingereicht wurden. Zudem geht die Kammer davon aus, was sie mit den Beteiligten eingehend erörtert hat, dass die Angaben vollständig im Überweisungsschein enthalten sein müssen. Insofern gibt die Vordruckvereinbarung (zur Bedeutung vgl. BSG, Urt. v. 20.01.1999 - B 6 KA 1/98 R - SozR 3-5540 § 36 Nr. 1 = USK 9999, juris Rdnr. 11 ff.) als Teil der Bundesmantelverträge mit Muster 10 für die Streitbeteiligten rechtlich verbindlich vor, wie eine Überweisung auszusehen hat. Insofern handelt es sich um Mindestangaben, die im Formular anzugeben sind. Weitere Unterlagen können nur ergänzend, nicht aber ersetzend beigefügt werden.
Von daher war die Klage schon wegen der fehlenden Diagnoseangaben abzuweisen.
Die Klage war auch abzuweisen, weil Voraussetzung für die Abrechnung einer Laborleistung ein bestimmter Überweisungsauftrag ist, woran es in den beanstandeten Fällen fehlte. Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass in den strittigen Abrechnungsfällen ein hinreichender Überweisungsauftrag nicht vorgelegen hat.
U. a. Ärzte für Laboratoriumsmedizin können nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden (§ 13 Abs. 4 BMV-Ä/§ 7 Abs. 4 EKV-Ä). Überweisungen zur Durchführung von Leistungen des Kapitels 32 BMÄ/E-GO und von entsprechenden laboratoriumsmedizinischen Leistungen des Kapitels 1.7 sind nur als Auftragsleistung zulässig. Hierfür ist der Vordruck Muster 10 zu verwenden (§ 24 Abs. 8 BMV-Ä/§ 27 Abs. 8 EKV-Ä). Der überweisende Vertragsarzt soll grundsätzlich die Diagnose, Verdachtsdiagnose oder Befunde mitteilen. Er ist verpflichtet, auf dem Überweisungsschein zu kennzeichnen, welche Art der Überweisung vorliegt. Die Überweisung zur Ausführung von Auftragsleistungen erfordert
1. die Definition der Leistungen nach Art und Umfang (Definitionsauftrag) oder
2. eine Indikationsangabe mit Empfehlung der Methode (Indikationsauftrag).
Für die Notwendigkeit der Auftragserteilung ist der auftragserteilende Vertragsarzt verantwortlich. Die Wirtschaftlichkeit der Auftragsausführung ist vom auftragsausführenden Arzt zu gewährleisten. Dies erfordert bei Aufträgen nach Nr. 1 dann eine Rücksprache mit dem überweisenden Arzt, wenn der beauftragte Arzt aufgrund seines fachlichen Urteils eine andere als die in Auftrag gegebene Leistung für medizinisch zweckmäßig, ausreichend und notwendig hält. Auftragserteilungen nach Nr. 2 erfordern eine Rücksprache nur dann, wenn der beauftragte Arzt eine konsiliarische Absprache zur Indikation für notwendig hält. Ist eine Auftragsleistung hinsichtlich Art, Umfang oder Indikation nicht exakt angegeben, das Auftragsziel - ggf. nach Befragung des Patienten - aber hinreichend bestimmbar, gelten für die Auftragsausführung die Regelungen zu Nr. 2 (§ 24 Abs. 7 Satz 1 und 2 Nr. 1 BMV-Ä/§ 27 Abs. 7 Satz 1 und 2 Nr. 1 EKV-Ä). Nach Nr. 2, der Überweisung zur Konsiliaruntersuchung, sind Art und Umfang der zur Klärung dieser Verdachtsdiagnose notwendigen Leistungen vom ausführenden Vertragsarzt nach medizinischem Erfordernis und den Regeln der Stufendiagnostik unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes zu bestimmen. Die Verantwortung für die Wirtschaftlichkeit liegt hinsichtlich der Indikationsstellung beim auftraggebenden Vertragsarzt, hinsichtlich der ausgeführten Leistungen beim auftragnehmenden Vertragsarzt.
Entsprechend bestimmt Nr. 12 der Allgemeinen Bestimmungen zum Kapitel O EBM 1996:
Bei Aufträgen zur Durchführung von Laboratoriumsuntersuchungen hat der überweisende Vertragsarzt grundsätzlich Diagnose, Verdachtsdiagnose oder Befunde mitzuteilen und Art und Umfang der Leistungen durch Angabe der Gebührennummer bzw. der Leistungslegende zu definieren (Definitionsauftrag) oder durch Angabe des konkreten Untersuchungsziels einzugrenzen (Indikationsauftrag). Der ausführende Vertragsarzt darf nur diese Leistung berechnen. Eine Erweiterung des Auftrags bedarf der Zustimmung des Vertragsarztes, der den Auftrag erteilt hat.
Ein solcher Überweisungsauftrag als Voraussetzung der labormedizinischen Leistungserbringung und Abrechnung liegt nur vor, wenn die förmliche Art der Überweisung strikt eingehalten wurde. In den Bundesmantelverträgen ist ausdrücklich die Verwendung von Vordrucken vorgesehen. Der überweisende Arzt ist verpflichtet, auf dem Überweisungsschein zu kennzeichnen, welche Art der Überweisung vorliegt. Werden die Voraussetzungen für eine Überweisung nicht eingehalten, ist es ggf. Sache des Laborarztes, auf eine entsprechende Änderung der Überweisung durch den überweisenden Arzt hinzuwirken. Die Änderung kann aber nur von der überweisenden Stelle vorgenommen werden und kann entsprechend der Verpflichtung zur Verwendung der Vordrucke nicht mündlich erfolgen. Der Laborarzt ist an den Wortlaut der Überweisung gebunden (vgl. SG Marburg, Urt. v. 07.03.2007 - S 12 KA 718/05 - KHR 2007, 92, juris Rn. 30).
Bei den abgesetzten Leistungen handelt es sich um Leistungen aus Kap. O III EBM (in der bis 31.03.2005 geltenden Fassung). Die Beklagte hat bei den Aufträgen mit der Formulierung "quant. bakt. Stuhluntersuchung aerob und anaerob" folgende Leistungen aus dem 10. Abschnitt "Bakteriologische Untersuchungen" abgesetzt: Kulturelle Untersuchung auf ätiologisch relevante Bakterien, ggf. einschl. Keimzahlbestimmung, Nachweis antimikrobieller Wirkstoffe mittels Hemmstofftest, nachfolgender mikroskopischer Prüfung(en) und Kultur(en), je Untersuchung
Katalog 4692 Stuhluntersuchung mit mindestens fünf Nährböden, ggf. einschl. anaerober Untersuchung, z. B. auf Clostridien, 7,70 EUR
Differenzierung von in Reinkultur gezüchteten Bakterien mittels biochemischer und/oder kultureller Verfahren oder mittels Nukleinsäuresonden, ggf. einschl. Subkultur(en), je Bakterienart und/oder -typ Katalog
4722 Verfahren mit mindestens vier Reaktionen, 4,60 EUR
4724 Verfahren mit mindestens zehn Reaktionen, 8,90 EUR
4726 Differenzierung von strikten Anaerobiern, 11,50 EUR.
Die Beklagte hat bei den Aufträgen mit der Formulierung "quant. mykologische Diagnostik" folgende Leistungen aus dem 9. Abschnitt "Mykologische Untersuchungen" abgesetzt:
4658 Kulturelle mykologische Untersuchung nach Aufbereitung (z. B. Zentrifugation, Auswaschung) und/oder unter Verwendung von mindestens zwei Nährmedien und/oder als Langzeitkultivierung, ggf. einschl. Keimzahlbestimmung, nachfolgender mikroskopischer Prüfung(en) und Kultur(en), unter Angabe der Art des Untersuchungsmaterials, 5,10 EUR. Die mykologische Untersuchung von Haut oder Schleimhautabstrichen ist nicht nach Nr. 4658, sondern nach Nr. 3884 berechnungsfähig.
4662 Morphologische Differenzierung gezüchteter Pilze außer Hefen mittels kultureller Verfahren und mikroskopischer Prüfung, ggf. einschl. biochemischer Differenzierung, je Pilzart, 4,10 EUR
4663 Biochemische Differenzierung von Hefen in Reinkultur mit mindestens acht Reaktionen, ggf. einschl. kultureller Verfahren, je Hefeart, 7,20 EUR
Die Beklagte hat bei den Aufträgen mit der Formulierung "bakt. Untersuchung anderer Materialien" folgende Leistungen aus dem 10. Abschnitt "Bakteriologische Untersuchungen" abgesetzt: Differenzierung von in Reinkultur gezüchteten Bakterien mittels biochemischer und/oder kultureller Verfahren oder mittels Nukleinsäuresonden, ggf. einschl. Subkultur(en), je Bakterienart und/oder -typ Katalog
4721 Verfahren mit bis zu drei Reaktionen, 4,10 EUR
4724 Verfahren mit mindestens zehn Reaktionen, 8,90 EUR
4726 Differenzierung von strikten Anaerobiern, 11,50 EUR.
Ob jeweils tatsächlich Überweisungen nach Vordruckmuster 10 vorlagen, kann nicht mehr aufgeklärt werden, da die Überweisungen bei der Beklagten zur Abrechnung nicht vorgelegt werden müssen und auch die Beklagte davon ausgeht, dass diese Überweisungen nur ein Jahr aufbewahrt werden müssen. Von daher kann den Klägern nicht angelastet werden, dass sie die Originale der Überweisungen nicht mehr länger aufbewahrt haben. Soweit der Kläger zu 1) Kopien des Original-Überweisungsscheines zu den drei Behandlungsfällen A.G., F.V. und L.T. zur Gerichtsakte gereicht und hierzu erklärt hat, die zuweisenden Ärzte hätten ordnungsgemäß das Muster 10 Vordruckvereinbarung benutzt, konnte dies mit den von ihm eingescannten und wieder ausgedruckten Überweisungen von der Kammer nicht vollständig nachvollzogen werden. Insofern fehlte es gerade an der Angabe von Diagnosen. Wie bereits ausgeführt, muss der Überweisungsschein selbst diese Angabe enthalten und reicht die Beifügung weiterer Unterlagen nicht aus. Auch war die Struktur des Musters 10 nicht vollständig erkennbar. Insofern fehlte der Kammer allerdings ein Muster nach der seinerzeitig gültigen Vordruckvereinbarung. Maßgeblich kommt es hierauf aber nicht an, da die Angaben auf dem Überweisungsschein bei der Abrechnung anzugeben sind. Erforderlich sind daher die Angaben zu Diagnose/Verdachtsdiagnose, Befund/Medikation und Auftrag.
Bei allen angegebenen und strittigen Aufträgen handelt es sich nicht um einen Definitionsauftrag, da Art und Umfang der Leistungen nicht durch Angabe der Gebührennummer bzw. der Leistungslegende definiert werden. Ein Indikationsauftrag setzt aber voraus, dass der Auftrag durch Angabe des konkreten Untersuchungsziels eingegrenzt wird. Dafür sind aber die Angaben auf Vordruck 10 bzw. nach Nr. 12 der Allgemeinen Bestimmungen unerlässlich, auch muss das Untersuchungsziel näher bestimmt werden. Zutreffend weist die Beklagte im angefochtenen Widerspruchsbescheid darauf hin, dass das Ziel einer Laboruntersuchung die Beantwortung einer medizinischen Fragestellung ist, die der überweisende Arzt für seine Diagnostik benötigt. In den hier strittigen Behandlungsfällen war dies nicht der Fall. Die Beklagte hat nur drei Auftragstypen beanstandet. Diese lassen ein Untersuchungsziel nicht erkennen. Für die Erkenntnis des Untersuchungsziels fehlt es bereits an den Angaben zu Diagnose/Verdachtsdiagnose, Befund/Medikation. Eine quantitative bakterielle Stuhluntersuchung oder quantitative mykologische Diagnostik bezeichnet kein konkretes Untersuchungsziel. Eine bakterielle Untersuchung anderer Materialien legt nicht dar, welche Materialien und welche Bakterien untersucht werden sollen. Alle drei Auftragsformulierungen geben nicht an, welche labordiagnostische Leistungen aufgrund welcher Krankheit oder welchen Krankheitsverdachts benötigt werden. Insofern fehlt es an einer hinreichenden Eingrenzung und Spezifizierung des Auftrags und entspricht diese Art nach Auffassung der mit zwei hausärztlich tätigen Beisitzern besetzte Kammer nicht dem Stand medizinischer Auftragserteilung. Von daher wäre die klägerische Praxis verpflichtet gewesen, die Auftragsausführung abzulehnen oder um eine Präzisierung des Auftrags zu bitten.
Auf die Angaben im Bogen des Instituts für Mikrökologie kommt es nicht an, da es maßgeblich auf den Auftrag im Überweisungsformular (Muster 10) ankommt, der allein Gegenstand der Abrechnung ist. Hinzu kommt, dass selbst auf den drei von dem Kläger zu 1) vorgelegten Unterlagen zu den drei Beispielsfällen die Formulieren auf dem angegeben Überweisungsformular und dem Abrechnungsschein nicht übereinstimmen und auch nicht zwingend den Umfang der dann erfolgten Untersuchungen darlegen.
Im Übrigen war für die Kammer nicht ausgeschlossen, dass es sich bei der von der klägerischen Praxis durchgeführten allgemeinen Form der Stuhldiagnostik nicht doch um eine nichtvertragsärztliche Leistung gehandelt hat. Dabei kann nicht allein darauf abgestellt werden, dass die durchgeführten Untersuchungen der klägerischen Praxis labortechnisch die Leistungslegende der angeführten Abrechnungsbestimmungen erfüllen, da diese verschiedene Methoden erfassen. Einzubeziehen ist hier der Kontext der Untersuchung, der gerade nicht auf eine bestimmte krankheitsbezogene Untersuchung abstellt. Die im einzelnen erörterten Fälle hätten daher nach Auffassung der mit zwei hausärztlich tätigen Beisitzern besetzte Kammer bereits nicht als vertragsärztliche Leistung in Auftrag gegeben werden dürfen. Aber auch hierauf kam es für die Kammer nicht entscheidend an.
Die Kläger können sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.
Soweit klägerseits auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Quartale I bis IV/03 hinsichtlich des Klägers zu 1) und der Quartale I bis IV/04 hinsichtlich der klägerischen Gemeinschaftspraxis hingewiesen wird, kann hieraus kein Vertrauensschutz abgeleitet werden. In beiden Fällen beschloss der Prüfungsausschuss, keine Maßnahmen zu treffen. Im Bescheid bzgl. der Quartale I bis IV/04 wird deutlich, dass Gegenstand ein statistischer Kostenvergleich war wegen eines fünf- bis siebenfachen Überschreitens der Fallwerte der Vergleichsgruppe der Fachärzte für Laboratoriumsmedizin mit Fallwerten von ca. 0,50 EUR. Wegen der fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis sah der Prüfungsausschuss von einem solchen statistischer Kostenvergleich ab. Die hier strittigen Leistungen waren daher offensichtlich nicht Prüfungsgegenstand oder Gegenstand von Erörterungen. Dies haben die Kläger auch nicht vorgetragen. Hinzu kommt, dass der Prüfungsausschuss die Entscheidung erst am 19.10.2005 traf, also nach dem hier maßgeblichen Zeitraum. Von daher kann auch dahinstehen, inwieweit der Prüfungsausschuss verbindliche Aussagen zur Richtigkeit einer Abrechnung treffen könnte.
Vertrauensschutz steht auch aus anderen Gründen der strittigen Honorarberichtigung nicht entgegen.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die umfassende Berichtigungsbefugnis der Kassenärztlichen Vereinigung, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, wie auch bei solchen, die auf Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung, insbesondere der Unwirksamkeit der ihr zu Grunde liegenden Vorschriften, beruhen. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der Kassenärztlichen Vereinigung auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 11 = BSGE 93, 69 = SGb 2004, 474 = GesR 2004, 522 = MedR 2005, 52 = NZS 2005, 549 = USK 2004-124, Rdnr. 21). Die Befugnis der Kassenärztlichen Vereinigung zur nachträglichen Honorarberichtigung auf der Grundlage der bundesmantelvertraglichen Vorschriften endet nicht nur mit dem Ablauf der dazu vorgesehenen Fristen, sondern auch dann, wenn die Kassenärztliche Vereinigung eine sachlich-rechnerische Berichtigung durchgef ührt und diese auf Rechtsbehelfe des Vertragsarztes hin ohne jegliche Einschränkung rückgängig gemacht hat. In diesem Fall wird die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt insoweit aufgehoben, und die Kassenärztliche Vereinigung kann einen Honorarbescheid wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen. Unabhängig davon hat das Bundessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen das Vertrauen des Vertragsarztes auf die Rechtmäßigkeit einer bestimmten Abrechnungsweise gegenüber rückwirkenden Bescheidkorrekturen im Zusammenhang mit der Erbringung fachfremder Leistungen für schutzwürdig gehalten (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, a.a.O. Rdnr. 27). Soweit die anfängliche Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides auf Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung beruht, wird der Vertrauensschutz des Arztes durch die Grundsätze über die Anbringung von Vorläufigkeitshinweisen und deren inhaltliche und umfangmäßige Begrenzung realisiert (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, a.a.O., Rdnr. 28). In der Konstellation einer individuell fehlerhaften Rechtsanwendung der Kassenärztlichen Vereinigung bei Erlass des ursprünglichen Honorarbescheides können Honorarberichtigungen nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Vorschriften über die nachträgliche Korrektur von anfänglich rechtswidrigen Honorarbescheiden durchgeführt werden, im Rahmen des Berichtigungsverfahrens sind aber die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 SGB X entsprechend heranzuziehen (vgl. zur Begründung im Einzelnen BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, aaO., Rdnr. 30-36).
Kein Vertrauensschutz ergibt sich aber allein daraus, dass die Kassenärztliche Vereinigung die Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände längere Zeit geduldet hat: vgl. im Einzelnen Clemens in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 106a SGB V, Rdnr. 193 u. 210 f. m.w.N.). Soweit der Kläger zu 2) im Verwaltungsverfahren vorgetragen hat, als er im Jahr 2004 nach A-Stadt gekommen sei, habe er sich auch mit der Fragestellung der Abrechenbarkeit auseinandergesetzt, da ihm das Laborinstitut zum Verkauf angeboten worden sei, dort sei die Diagnostik in der strittigen Art und Weise schon über 20 Jahre so durchgeführt und abgerechnet worden, so hat der Kläger zu 2) sich trotz offensichtlicher Zweifel bzgl. der Abrechenbarkeit nicht bei der Beklagten über die Zulässigkeit der Leistungen und Verfahrensweise erkundigt. Von daher ist er das Risiko trotz der Zweifel eingegangen, eine Beanstandung werde auch in Zukunft nicht erfolgen. Hieraus kann aber ein Vertrauenstatbestand nicht begründet werden. Von daher ist es auch unerheblich, ob die Frage der quantitativen Stuhldiagnostik bereits ab dem Jahre 2001/2002 Gegenstand von Korrespondenz zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung einerseits und den Kassenärztlichen Vereinigungen, so auch der Beklagten, andererseits gewesen ist, solange evtl. Zweifel seitens der Beklagten nicht Gegenstand von Erörterungen mit den Klägern unter Tolerierung der Abrechnungspraxis wurden, was die Kläger nicht behaupten.
Aber selbst wenn man die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 SGB X entsprechend heranzuziehen wollte, liegen die Voraussetzungen hierfür nicht vor. Danach entfällt Vertrauen u. a. dann, wenn der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Hier sind aber klägerseits grundlegende Abrechnungsbestimmungen nicht eingehalten worden, so dass zumindest von grober Fahrlässigkeit auszugehen ist.
Aus dem Umstand, dass sich die Kläger die fehlerhafte Abrechnung zurechnen lassen müssen, scheidet auch bereits eine Unverhältnismäßigkeit der Berichtigung aus. Die Berichtigung liegt in den streitbefangenen Quartalen zwischen 29 % und 45 %, im Einzelnen wie folgt:
I/04 II/04 III/04 IV/04 I/05
Nettohonorar gesamt in EUR 564.138,13 610.794,70 572.207,89 639.021,33 310.554,90
Netto-Rückforderungsbetrag - 246.815,54 - 182.175,35 - 159.950,45 - 182.263,34 -138.822,26
Verbleibendes Honorar 317.322,59 428.619,35 412.257,44 456.757,99 171.732,64
Kürzung in % 43,8 29,8 30,0 28,5 44,7
Wenn wie vorliegend Vertrauensschutz nicht besteht, kann eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht dazu führen, dass diejenigen, die vorsätzlich oder grob fahrlässig in erheblichem Umfang zu viel abgerechnet haben, gegenüber denjenigen, die dies lediglich in geringem Umfang getan haben, privilegiert werden. Erhebliche Überschreitungen können nicht allein wegen der damit verbundenen Höhe der Rückforderung zu einem Rabatt auf den Rückzahlungsbetrag führen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 26.09.2012 - L 5 KA 4604/11 - juris Rdnr. 97, Revision anhängig: B 6 KA 43/12 R).
Eine überlange Verfahrensdauer führt nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids.
Es gilt eine vierjährige Ausschlussfrist die dann gewahrt ist, wenn der Bescheid über die Honorarkürzung dem Vertragsarzt innerhalb von vier Jahren nach der vorläufigen Honorarabrechnung zugegangen ist (vgl. BSG, Urt. v. 16.06.1993 - 14a/6 RKa 37/91 - SozR 3-2500 § 106 Nr. 19 = BSGE 72, 271 = NZS 1994, 39 = NJW 1994, 3036 = USK 93121; BSG, Urt. v. 14.05.1997 - 6 Rka 63/95 - SozR 3-2500 § 106 Nr. 39 = USK 97111; BSG, Urt. v. 06.09.2006 - B 6 KA 40/05 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 15 = BSGE 97, 84 = GesR 2007, 174 = USK 2006-114).
Die beanstandete Abrechnung betrifft die Quartale I/04 bis I/05. Der die Ausschlussfrist unterbrechende Berichtigungsbescheid erging am 10.09.2007, also innerhalb weniger als vier Jahre nach Ende des ältesten Quartals (I/04) und damit erst recht auch weniger als vier Jahren nach der Honorarabrechnung. Der älteste Honorarbescheid (Quartal I/04) stammt vom 05.08.2004. Die vierjährige Ausschlussfrist ist daher gewahrt worden.
Eine Verwirkung liegt nicht vor. Verwirkung kann dann vorliegen, wenn ein Vertrauenstatbestand gesetzt wurde, der den Kläger zu der Annahme berechtigt hätte, der Beklagte werde auf eine Honorarkürzung verzichten. Bloßes Nichttätigwerden setzt einen solchen Vertrauenstatbestand nicht, auch führt eine bloße Nichtbearbeitung eines Widerspruchs nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids (vgl. SG Marburg, Urt. v. 16.6.2010 - S 12 KA 60/10 - juris Rdnr. 28). Die Kläger legten am 05.10.2007 Widerspruch ein, den der Kläger zu 1) mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 20.07.2011 und der Kläger zu 2) ebf. mit Schreiben vom 20.07.2011 und mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 22.07.2011 begründete. Vom Zeitpunkt der Vorlage einer Widerspruchsbegründung bis zur Entscheidung der Beklagten vergingen lediglich etwa sechs Monate. Die Kläger gingen damit offensichtlich auch nicht davon aus, dass die Beklagte das Berichtigungs- bzw. Widerspruchsverfahren nicht mehr betreiben werde. Auch ergibt sich aus einer Aktennotiz der Beklagten vom 08.04.2011, dass der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers zu 2) die Verabredung mit der Beklagten getroffen hatte, zunächst ein vor der Kammer anhängiges Parallelverfahren eines anderen Beteiligten abzuwarten. Im Übrigen folgt aus dem Umstand, dass eine Verwaltung ihrer Verpflichtung, das Verfahren angemessen zu fördern und möglichst innerhalb der in § 88 Abs. 2 SGG genannten Frist von drei Monaten abzuschließen, soweit dem keine Hinderungsgründe entgegenstehen, in keiner Weise entspricht, nicht, dass die Verwaltung allein deshalb an der Festsetzung eines Berichtigung gehindert ist (vgl. BSG, Beschl. v. 11.05.2011 - B 6 KA 5/11 B - juris Rdnr. 9 für Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung vor dem Beschwerdeausschuss). Im Übrigen kann unter den Voraussetzungen des § 88 SGG ein Kläger ggf. Untätigkeitsklage erheben.
Nach allem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwertbeschluss erfolgte durch den Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG). Der Streitwert ergab sich aus der strittigen Honorarrückforderung.