07.10.2015 · IWW-Abrufnummer 145526
Finanzgericht München: Urteil vom 17.06.2015 – 9 K 554/15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
FG München, 17.06.2015 - 9 K 554/15
In der Streitsache
Kläger
prozessbevollmächtigt:
Rechtsanwälte/Steuerberater
gegen
Finanzamt Beklagter
wegen
Einkommensteuer 2012 Solidaritätszuschlag 2012
hat der 9. Senat des Finanzgerichts
ohne mündliche Verhandlung vom 17. Juni 2015
für Recht erkannt:
Tenor:
1.
Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2012 vom 14. November 2014 und der Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2015 wird die Einkommensteuer 2012 auf 120.558 € herabgesetzt.
2.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3.
Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Anwendung der Abgeltungsteuer auf inländische Kapitalerträge nach § 32d Einkommensteuergesetz (EStG).
Der Kläger erzielte im Streitjahr als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen im Rahmen von Kapitalanlagen und Beteiligungen, aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte und wurde vom Finanzamt (FA) M (Beklagter), u.a. zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. In seiner ESt-Erklärung 2012 gab der Kläger in seiner Anlage KAP u.a. inländische Kapitalerträge aus Darlehen, die nicht dem Steuerabzug unterlegen haben, von der C Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) & Co. Grundbesitz Kommanditgesellschaft (KG - C-KG) i.H.v. 67.245,84 € und von der D GmbH & Co. Projekt KG (D- KG) i.H.v. 12.958,33 €, insgesamt 80.204,17 €, an. Außerdem erklärte er Kapitalerträge aus Kapitalforderungen, die der tariflichen ESt unterliegen, von der B Grundbesitz & Beteiligungs Aktiengesellschaft (AG - B-AG) i.H.v. 5.463,89 €. Als anrechenbare ausländische Steuern ergab sich aus den vorgelegten Bescheinigungen und den eingegangenen Mitteilungen über Beteiligungen insgesamt ein Betrag i.H.v. 4.561 €.
Der Kläger ist an der B-AG zu 22,5 % beteiligt, die wiederum jeweils 99 % der Anteile an der C-KG, die seit 22. April 1998 ins Handelsregister eingetragen ist, und der D-KG, die seit 16. Dezember 1997 ins Handelsregister eingetragen ist, hält. Der Kläger ist an der C-KG und der D-KG nicht beteiligt. Der Kläger hatte an die beiden Kommanditgesellschaften folgende, jeweils zu 10 % verzinsliche Darlehen ausgereicht:
C-KG:
Darlehensvertrag (Objekte ...) vom 13. Dezember 2010 über 300.000 €, befristet bis zum 30. September 2014,
Darlehensvertrag (Objekte ...) vom 13. Dezember 2010 über 50.000 €, befristet bis zum 30. Juni 2012,
Darlehensvertrag (Objekt ...) vom 12. Januar 2011 über 100.000 €, zunächst befristet bis zum 30. Juni 2012, durch Nachtragsvereinbarung verlängert bis zum 31. Dezember 2013,
Darlehensvertrag (Objekt ...) vom 12. Januar 2011 über 100.000 €, zunächst befristet bis zum 30. Juni 2012, durch Nachtragsvereinbarungen verlängert bis zum 30. Juni 2014 und
Darlehensvertrag (Objekt ...) vom 12. Januar 2011 über 35.000 €, befristet bis zum 30. Juni 2012.
D-KG:
Darlehensvertrag (...) vom 27. Juni 2011 über 150.000 €, zunächst befristet bis zum 30. September 2013, durch Nachtragsvereinbarungen verlängert bis zum 31. Dezember 2014,
Darlehensvertrag (...) vom 3. Juli 2011 über 120.000 €, befristet bis zum 30. Juni 2013.
Auf die Darlehensverträge wird im Einzelnen Bezug genommen.
Das FA versagte die Anwendung der Abgeltungsteuer auf die erklärten Darlehenszinsen mit der Begründung, der Kläger sei über die B-AG, an der er zu 22,5 % beteiligt sei, mittelbar zu 22,275 % (= 22,5 % x 99 %) beteiligt. Der Kläger und die beiden Kommanditgesellschaften seien daher einander nahestehende Personen nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst a EStG i.S. des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 9. Oktober 2012 (Bundessteuerblatt - BStBl - I 2012, 953, Rz. 136). Der Begriff "nahestehende Person" sei wie bei § 1 Abs. 2 Außensteuergesetz (AStG) auszulegen. Nach dieser Vorschrift sei dem Steuerpflichtigen eine Person nahestehend, wenn einer von ihnen ein eigenes Interesse an der Erzielung der Einkünfte der anderen habe. Im Streitfall habe der Kläger ein eigenes Interesse an der Erzielung der Einkünfte der Kommanditgesellschaften. Das FA unterwarf die erklärten Kapitaleinkünfte aus den Darlehensverträgen mit der C-KG und der D-KG mit EStBescheid vom 1. April 2014 der tariflichen ESt und setzte die ESt mit 115.103 € fest. Der Bescheid wurde aufgrund geänderter Beteiligungseinkünfte unter dem Datum vom 25. April 2014 und vom 14. November 2014 jeweils nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geändert und die ESt 2012 mit 121.186 € bzw. 134.192 € festgesetzt.
Mit seinem dagegen eingelegten Einspruch trug der Kläger vor, er habe weder einen beherrschenden Einfluss, da sein Anteil an der AG nur 22,5 % betrage und keine Interessengemeinschaft der Aktionäre vorliege, da sie keine nahen Angehörigen i.S. des § 15 AO seien. Die Vertragsgestaltungen entsprächen dem Fremdvergleich. Der höhere Zinssatz, den im Übrigen die steuerliche Betriebsprüfung bei der AG geprüft und akzeptiert habe, liege in dem höheren Risiko begründet. Die Darlehen seien als zusätzliche Mittel verlangt worden und nur mit einer zweitrangigen Grundschuld besichert. Ein eigenes wirtschaftliches Interesse sei zu verneinen, wenn die Darlehensverträge wie hier zu fremdüblichen Bedingungen geschlossen seien. Er werde hinsichtlich der Darlehensbedingungen behandelt wie die übrigen Darlehensgeber auch, die fremde Dritte und zum Teil keine Aktionäre der AG seien. Von einem eigenen Interesse sei nach der Rechtsprechung des BFH nur auszugehen, wenn als Grund für die eingetretene Einkünfteverlagerung vernünftigerweise nur die Absicht einer mittelbaren Vermögensverlagerung zwischen nahen Angehörigen in Betracht gezogen werden kann. Es werde somit vorausgesetzt, dass die Gestaltung gewählt worden sei, um die Steuerspreizung zu nutzen. Da hier zu den gleichen Darlehensbedingungen Darlehen mit fremden Dritten geschlossen worden seien, sei dies nicht der Fall. Im Übrigen seien diese Darlehensbedingungen bereits vor Inkrafttreten der Abgeltungsteuer gewährt worden. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH sei eine analoge Anwendung des § 1 Abs. 2 AStG ausgeschlossen, da es beim Abgeltungsteuersatz anders als beim AStG nicht auf die Marktüblichkeit der Zinsvereinbarung ankomme.
Das FA blieb bei seiner Rechtsauffassung und wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2015, auf die Bezug genommen wird, als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der der Kläger weiterhin die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes auf die streitigen Darlehenszinsen begehrt. Zur Begründung bezieht er sich auf sein Vorbringen im Rahmen des Einspruchsverfahrens und trägt weiter vor, die B-AG erbringe im Wesentlichen Dienstleistungen im Immobilienbereich und halte Beteiligungen, während es sich bei den beiden Kommanditgesellschaften um Objektgesellschaften handele, die Immobilien erwerben, entwickelten und veräußerten. Zur Finanzierung nähmen die Kommanditgesellschaften neben ihrem Eigenkapital Kredite bei Banken, Darlehen bei den Aktionären der B-AG und fremden Dritten auf. Auf diese Weise finanzierten sich die Kommanditgesellschaften seit vielen Jahren und zwar auch schon deutlich vor Inkrafttreten der Abgeltungsteuer 2009. Die mit den Aktionären der B-AG und den fremden Dritten geschlossenen Darlehensverträge bezögen sich jeweils auf eine Immobilie und seien rechtlich und inhaltlich identisch, unabhängig davon, ob sie mit einem Aktionär oder einem fremden Dritten abgeschlossen würden. Die Regelungen seien marktüblich und hielten einem Fremdvergleich ohne weiteres stand. Das FA definiere weder den Begriff einer (mittelbaren) Beteiligung noch den eines eigenen wirtschaftlichen Interesses. Das EStG enthalte hierzu keine konkrete Vorgabe. Es könne hier jedoch nicht das Interesse an der Fähigkeit der KG reichen, ihre Verpflichtungen aus dem Darlehensverhältnis zu erfüllen. Es bedürfe vielmehr eines besonderen Interesses, das hier nicht gegeben sei, denn aus der Sicht der jeweiligen KG mache es keinen Unterschied, ob die Darlehenszinsen tarifbesteuert oder mit der Abgeltungsteuer belastet würden. Auch nach der Rechtsprechung des BFH sei die Ausnutzung der unterschiedlichen Steuersätze per se nicht geeignet, die Abgeltungsteuer auszuschließen. Hier sei ein Missbrauch schon dadurch widerlegt, dass mit fremden Dritten inhaltsgleiche Verträge wie mit Aktionären der AG abgeschlossen worden seien und dies schon lange bevor die Abgeltungsteuer in Kraft getreten sei, wie sich aus den Bestätigungen der C-KG und der D-KG ergebe.
Ergänzend wird auf die Schriftsätze vom 5. und 18. März 2015 sowie vom 20. Mai und 11. Juni 2015 samt Anlagen Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2012 vom 14. November 2014 und der Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2015 die Einkommensteuer 2012 auf 120.558 € herabzusetzen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt
Klageabweisung
Er bezieht sich zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung und führt weiter aus, der Kläger habe durch die mittelbare Beteiligung an den Kommanditgesellschaften ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte der Kommanditgesellschaften.
Ergänzend wird auf den Schriftsatz vom 7. April 2015 Bezug genommen.
Die Beteiligten haben auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -) verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Zu Unrecht hat das FA die Anwendung des gesonderten Steuertarifs nach § 32d Abs. 1 EStG verneint.
1. Die Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung liegen nicht vor.
a) Nach § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG beträgt die Einkommensteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen, die - wie hier - nicht dem § 20 Abs. 8 EStG unterfallen, 25 Prozent. Nach Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a der Vorschrift gilt Absatz 1 u.a. nicht für Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nummer 7, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind, soweit die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sind, die der inländischen Besteuerung unterliegen und § 20 Abs. 9 Satz 1 zweiter Halbsatz keine Anwendung findet.
Bei dem Begriff "einander nahestehende Personen" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der auslegungsbedürftig ist. Dies steht dem rechtsstaatlichen Erfordernis nach Normenbestimmtheit nicht entgegen, da unüberwindliche Auslegungsprobleme nicht ersichtlich sind.
Was unter dem Begriff der "nahestehenden Person" zu verstehen ist, wird im Einkommensteuergesetz selbst nicht geregelt. Zwar ist der Begriff in § 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes (AStG) und § 138 der Insolvenzordnung (InsO) gesetzlich definiert. Eine analoge Anwendung ist jedoch aufgrund des unterschiedlichen Zwecks der Regelungen ausgeschlossen. Während es Ziel des § 1 Abs. 2 AStG ist, das ertragsteuerliche Ergebnis am Maßstab des Fremdvergleichs zu korrigieren, ist nach dem Wortlaut des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG die Marktüblichkeit der Zinsvereinbarung für den Ausschluss des Abgeltungsteuersatzes ohne Bedeutung. Gegen eine analoge Anwendung der Definition des § 138 InsO spricht, dass diese auf einen anderen Regelungsbereich zugeschnitten ist. Gleiches gilt für den von der Rechtsprechung des BFH entwickelten Begriff der "nahestehenden Person" bei einer verdeckten Gewinnausschüttung und für die Regelung des § 10 Abs. 5 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes.
Nach dem Wortsinn fallen unter den Begriff der "nahestehenden Person" alle natürlichen und juristischen Personen, die zueinander in enger Beziehung stehen. Hierzu gehören auch Angehörige i.S. des § 15 AO, da bei diesem Personenkreis bereits das auf der Verwandtschaft, dem Verlöbnis oder der Eheschließung beruhende Näheverhältnis auf eine enge Bindung schließen lässt.
Diese weite Auslegung des gesetzlichen Tatbestands widerspricht jedoch dem Willen des Gesetzgebers, den er in der Gesetzesbegründung zu § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG zum Ausdruck gebracht hat. Danach soll ein Näheverhältnis nur dann vorliegen, wenn die Person auf den Steuerpflichtigen einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder umgekehrt der Steuerpflichtige auf diese Person einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder eine dritte Person auf beide einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder die Person oder der Steuerpflichtige imstande ist, bei der Vereinbarung der Bedingungen einer Geschäftsbeziehung auf den Steuerpflichtigen oder die nahestehende Person einen außerhalb dieser Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auszuüben oder wenn einer von ihnen ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat (Bundestagsdrucksache - Bt-Drs. 16/4841, S. 61). Danach ist ein lediglich aus der Familienangehörigkeit oder Ehe abgeleitetes persönliches Interesse nicht ausreichend, um ein Näheverhältnis i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG zu begründen.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass grundsätzlich jede - also auch eine natürliche - Person beherrscht werden kann, setzt dies voraus, dass der beherrschten Person aufgrund eines absoluten Abhängigkeitsverhältnisses im Wesentlichen kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. April 2014 VIII R 9/13, BStBl II 2014, 986; VIII R 35/13, BStBl II 2014, 990 [BFH 29.04.2014 - VIII R 35/13]; VIII R 44/13, BStBl II 2014, 992 [BFH 29.04.2014 - VIII R 44/13] und vom 14. Mai 2014 VIII R 31/13, BStBl II 2014, 995, [BFH 14.05.2014 - VIII R 31/11] jeweils m.w.N.). Von einem solchen Beherrschungsverhältnis ist auszugehen, wenn der beherrschten Person auf Grund eines absoluten Abhängigkeitsverhältnisses im Wesentlichen kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt. Das Abhängigkeitsverhältnis kann wirtschaftlicher oder persönlicher Natur sein (Bundesministerium der Finanzen - BMF - vom 9. Dezember 2014, BStBl I 2014, 1608, Rz. 136).
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze handelt es sich beim Kläger und den beiden Kommanditgesellschaften nicht um nahestehende Personen im Sinne dieser Vorschrift.
Legt man der Auslegung des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG diese vom Gesetzgeber intendierte Definition des Begriffs der "nahestehenden Person" zugrunde, ist der Ausschlusstatbestand vorliegend nicht erfüllt. Es lag zwischen dem Kläger und den Darlehensnehmern kein Beherrschungsverhältnis vor. Es gibt weder Anhaltspunkte dafür, dass diese auf den jeweils anderen einen außerhalb der Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss ausübten, noch dass die Vertragsparteien ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hatten. Das bloße Interesse an der Begleichung der Darlehenszinsen bzw. der ordnungsgemäßen Durchführung des Vertrags begründet kein wirtschaftliches Interesse im Sinne der Gesetzesbegründung. Andernfalls würde jede Art von mittelbarer Beteiligung gleichzeitig ein wirtschaftliches Interesse vermitteln, unabhängig von einer tatsächlich bestehenden Einflussmöglichkeit. Selbst die Tatsache, dass bei einer Gesamtbetrachtung aufgrund der Steuersatzspreizung eine Steuerersparnis erzielt wird, ist kein Vorteil in diesem Sinne, da dies der Schedulenbesteuerung immanent ist (vgl. Werth, Erste BFH-Rechtsprechung zur Abgeltungsteuer, DStR 2015, 1343 Tz. 2.4.2). Voraussetzung ist vielmehr ein absolutes Abhängigkeitsverhältnis in dem Sinne, dass der beherrschten Person kein Entscheidungsspielraum mehr verbleibt (so nun auch BMF in BStBl I 2014, 1608, Rz. 136). Dies ist im Streitfall nicht gegeben. Der Kläger ist selbst an der B-AG lediglich zu 22,5 % beteiligt. Die Beteiligung liegt damit unter der Wesentlichkeitsgrenze. Das ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Entscheidend ist jedoch, dass beide Kommanditgesellschaften - wie sich aus den vorgelegten Bestätigungen vom 11. Juni 2015 ergibt - auch mit Nichtaktionären der B-AG entsprechende Darlehensverträge zu denselben Vertragsbedingungen und Konditionen wie denen des Klägers geschlossen wurden. Dass dies schon vor Einführung des Abgeltungsteuersatzes geschah, ohne dass eine Steuersatzspreitzung nach dieser Vorschrift erreicht werden konnte, ist einerseits schlüssig, da die Gesellschaften bereits seit 22. April 1998 bzw. 16. Dezember 1997 ins Handelsregister eingetragen sind, und spricht andererseits ebenfalls daf ür, dass die Verträge nicht vor dem Hintergrund eines Missbrauch geschlossen wurden. Da der Kläger an den Kommanditgesellschaften selbst nicht beteiligt ist, ist ein über die bloße Erfüllung des Darlehensvertrags bestehendes eigenes wirtschaftliches Interesse auch insoweit nicht ersichtlich. Eine missbräuchliche Gestaltung zur Ausnutzung des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen liegt danach nicht vor, so dass auf die streitigen Kapitaleinkünfte der Abgeltungsteuersatz anzuwenden ist.
2. Steuerberechnung:
Zu versteuerndes Einkommen (zvE) laut Bescheid vom 14. November 2014 187.695 €
Abzüglich Einkünfte aus Kapitalvermögen, die der tariflichen ESt unterliegen laut Urteil ./. 80.204 €
zvE neu 107.491 €
Kapitalerträge i.S.d. § 32d Abs. 1 EStG laut Bescheid vom 13. November 2014 277.176 €
Zuzüglich Kapitalerträge laut Urteil + 80.204 €
Kapitalerträge i.S.d. § 32d Abs. 1 EStG laut Urteil 357.380 €
ESt nach dem Grundtarif auf 107.491 € 36.974 € Abzüglich Ermäßigung für Handwerkerleistungen laut Bescheid vom 13. November 2014 ./. 1.200 €
Verbleiben 35.774 €
Zu versteuern nach § 32d Abs. 1 EStG: 357.380 € 89.345 €
Abzüglich ausländische Steuern gemäß Bescheinigungen (§ 32 d Abs.1 Satz 2 EStG) ./. 4.561 €
Verbleiben 84.784 €
Festzusetzende ESt laut Urteil 120.558 €
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.