08.07.2014 · IWW-Abrufnummer 150132
Landesarbeitsgericht: Beschluss vom 05.06.2013 – 10 TaBV 119/12
1. Die Regelung einer Betriebsvereinbarung, wonach der Arbeitgeber den Mitarbeitern eine 15-minütige arbeitstägliche Frühstückspause zu vergüten habe, verstößt gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG.
2. Die Streichung einer bezahlten Frühstückspause gegenüber neu eingestellten Mitarbeitern unterliegt nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.
Landesarbeitsgericht München
Im Namen des Volkes
BESCHLUSS
In dem Beschlussverfahren
mit den Beteiligten
1. Gemeinschaftsbetriebsrat G.
- Antragsteller und Beteiligter zu 1 und Beschwerdeführer -
Verfahrensbevollmächtigte:
2. Firma G.
- Beteiligte zu 2 und Beschwerdegegnerin -
Verfahrensbevollmächtigte:
hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Anhörung vom 29. Mai 2013 durch den Richter am Arbeitsgericht Dr. Schindler als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Köhler und Blöchl
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 24.09.2012 - 8 BV 213/12 - wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin, ihren Arbeitnehmern eine bezahlte Frühstückspause zu gewähren, und hierbei insbesondere über die Auslegung einer Betriebsvereinbarung.
Der auf Grundlage eines Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG gebildete (Gemeinschafts-)Betriebsrat (Beteiligter zu 1. und Antragssteller) und die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2.), eine Wohnungsbaugesellschaft, schlossen unter dem 03.12.2009 die Betriebsvereinbarung "Flexible Arbeitszeit" ab, welche auszugsweise wie folgt lautet (Bl. 11/18 d.A.):
"2. Geltungsbereich
Die Betriebsvereinbarung "Flexible Arbeitszeit" inklusive aller nachstehenden Regelungen gilt für alle Mitarbeiter und Auszubildenden der G.-M.
[...]
8. Pausenregelung
8.1 Die regulären Pausenzeiten werden wie folgt festgelegt:
Frühstückspause: Der Arbeitgeber ermöglicht arbeitstäglich eine Frühstückspause von indestens 15 bis maximal 30 Minuten. Sie kann bis zur und auch in Verbindung mit der Mittagspause genommen werden.
Mittagspause: Die Mittagspause beträgt von Montag bis Donnerstag mindestens 30 Minuten und kann bis auf maximal 1,5 Stunden (exklusive Frühstückspause) ausgedehnt werden. [...]
8.2. Um die effektiven Pausenzeiten erfassen zu können, ist bei folgenden Abwesenheiten vom Arbeitsplatz aus- und einzubuchen:
- Pausen, die nicht am Arbeitsplatz (Kantine, Aufenthaltsraum, außer Haus etc.) verbracht werden (Pause/Pause),
- Rauchpausen (Gehen/Kommen)
In den Mietzentren wird die Frühstückspause nicht separat gestempelt."
Die Betriebsvereinbarung war zuvor im August 2009 im Rahmen einer Einigungsstellensitzung verhandelt worden.
In der Folge machte die Arbeitgeberin ihren Mitarbeitern im Intranet folgende Mitteilung (Bl. 21 d.A):
"Neue Betriebsvereinbarung "Flexible Arbeitszeit" ab 1. Januar 2010
Freitag, den 21. August 2010 um 12.12 Uhr
Am 20. August 2009 haben sich die Mitglieder der Einigungsstelle zur Betriebsvereinbarung "Flexible Arbeitszeit" auf eine neue Regelung verständigt.
Damit liegt eine zwischen Betriebsrat und Vorstand abgeschlossene Vereinbarung vor.
Sie gilt ab 1. Januar 2010 und löst die alte Betriebsvereinbarung zur Gleitzeit ab. Bis dahin gilt die bisherige Regelung zur Gleitzeit weiter.
Wichtige Eckpunkte (Es gilt der Text der Betriebsvereinbarung):
- Arbeitszeitrahmen zwischen 150 Plusstunden und 80 Minusstunden (mit Ampelwarnsystem)
- Verteilzeitraum [...]
- Gleichzeitrahmen [...]
- Frühstückspause bis 30 Minuten, 15 Minuten bezahlt; Frühstückspause hat bis Mittagspause keinen Zeitkorridor mehr (kann auch mit Mittagspause zusammen genommen werden). [...]"
An anderer Stelle findet sich im Intranet folgende Mitteilung der Arbeitgeberin (Bl. 22 d.A.):
"Information zur Flexiblen Arbeitszeit seit 01.01.2010
Seit 01.01.2010 gilt eine neue Regelung zur Flexiblen Arbeitszeit in der G.
Betriebsrat und Geschäftsführung haben sie in einer Betriebsvereinbarung geregelt. Sie hat guten Zuspruch bei vielen Mitarbeitern gefunden.
Nach ca. dreieinhalb Monaten Praxisphase wurden erste Erfahrungen gesammelt und sind Fragen der Mitarbeitenden aufgetaucht. Zusammen mit dem Betriebsrat will sie der FB Personal nun im Folgenden klären und weitere Hinweise geben:
[...]
Pausenregelungen
Pausenzeiten müssen mit Pause/Pause gestempelt werden (Kantine, Pausen außer Haus. In den Mietzentren wird die Frühstückspause gutgeschrieben, aber nicht separat gestempelt).
Pausenbuchungen am Platz müssen nicht gestempelt werden, jedoch wenn länger als 15 (Frühstückspause) bzw. 30 Minuten (Mittagspause) Pause am Platz gemacht wird, bitte einen Gleitzeitkorrekturbeleg erstellen. [...]
15 Minuten bezahlte Frühstückspause
[...]"
Die Arbeitgeberin ist tarifgebundenes Mitglied im Arbeitgeberverband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft. Im Betrieb besteht seit etwa zwanzig Jahren die betriebliche Übung, eine bezahlte 15-minütige Frühstückspause zu gewähren. Die Arbeitgeberin beschloss, diese betriebliche Übung gegenüber Arbeitnehmern, deren Beschäftigungsverhältnis ab dem 15.02.2012 beginnen würde, einzustellen.
Die Arbeitgeberin richtet deshalb seit 15.02.2012 an alle neu einzustellenden Arbeitnehmer nachfolgendes Schreiben (Bl. 34 d.A.):
"Ausschluss betrieblicher Übung Frühstückspause
Sehr geehrte ....,
in unserem Unternehmen bestand eine betriebliche Übung dahingehend, den Beschäftigten eine Frühstückspause von 15 Minuten zu gewähren, die nicht von der Arbeitszeit abgezogen wurde. Diese Frühstückspause wurde somit vom Unternehmen bezahlt.
Die Geschäftsführung hat beschlossen, diese betriebliche Übung für Neueintritte ab dem 15.02.2012 zu beenden.
Für Sie als zum 01.03.2012 in unser Unternehmen eintretende Mitarbeiter/-in gilt diese betriebliche Übung somit nicht.
Wir bitten Sie, uns Ihre diesbezügliche Kenntnisnahme durch Ihre Unterschrift zu bestätigen.
Mit freundlichen Grüßen
G.
ppa. Z. ppa. R."
Der Betriebsrat hat vorgetragen, die Arbeitgeberin verstoße gegen ihre Verpflichtung aus der Betriebsvereinbarung, bezahlte Frühstückspausen zu gewähren, indem sie neuen Arbeitnehmern diese verweigere und dahingehende Mitteilungen mache. Die Bezahlung der Frühstückspause sei der Betriebsvereinbarung zumindest andeutungsweise zu entnehmen.
So hätte die Frühstückspause, wäre sie als unbezahlte Pause erachtet worden, keiner eigenen Regelung bedurft; in diesem Falle wäre sie der Regelung zu anderen unbezahlten Pausen (Nr. 8.2 BV) unterstellt worden. Die Bezahlung der Pause sei auch Ergebnis der Verhandlungen im Einigungsstellenverfahren gewesen, was die Verhandlungsprotokolle dokumentierten. Dass auch die Arbeitgeberin die Betriebsvereinbarung dahingehend auslege, zeigten die Informationen im Intranet. Angesichts der Anschreiben, welche an die neu eingestellten Mitarbeiter gerichtet würden, sei zu ersehen, dass sich die Arbeitgeberin an die Betriebsvereinbarung nicht mehr halten wolle; dem stehe jedoch der Durchführungsanspruch des Betriebsrats entgegen. Aber auch dann, wenn die bezahlte Frühstückspause nur eine betriebliche Übung sei, dürften hinzukommende Arbeitnehmer hiervon nicht ausgenommen werden; es gelte der Gleichbehandlungsgrundsatz, über dessen Einhaltung der Betriebsrat zu wachen habe.
Der Betriebsrat hat beantragt:
1. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, es zu unterlassen, neu eintretende Mitarbeitern schriftlich oder mündlich mitzuteilen:
"Ausschluss betrieblicher Übung Frühstückspause
Sehr geehrte (...),
in unserem Unternehmen bestand eine betriebliche Übung dahingehend, den Beschäftigten eine Frühstückspause von 15 Minuten zu gewähren, die nicht von der Arbeitszeit abgezogen wurde. Diese Frühstückspause wurde somit vom Unternehmen bezahlt.
Die Geschäftsführung hat beschlossen, diese betriebliche Übung für Neueintritte ab dem 15.02.2012 zu beenden.
Für Sie als zum 01.03.2012 in unser Unternehmen eintretenden Mitarbeiter/-in gilt diese betriebliche Übung somit nicht.
Wir bitten Sie, uns Ihre diesbezügliche Kenntnisnahme durch Ihre Unterschrift zu bestätigen.
Mit freundlichen Grüßen
G .
ppa. Z. ppa. R.
Arbeitnehmer"
2. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, ihren Mitarbeitern eine arbeitstägliche bezahlte Frühstückspause von 15 Minuten zu gewähren.
Hilfsweise
3. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, allen, seit 15.02.2012 neu beschäftigten Mitarbeitern eine arbeitstägliche, bezahlte Frühstückspause von 15 Minuten zu gewähren.
Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, die Bezahlung der Frühstückspause sei in der Betriebsvereinbarung "Flexible Arbeitszeit" nicht geregelt; eine dahingehende Verpflichtung könne ihrem Wortlaut nicht entnommen werden. Zudem befasse sich die Betriebsvereinbarung mit der Verteilung der Arbeitszeit, nicht mit der Vergütung. Schließlich habe die Arbeitgeberin im Rahmen der Verhandlungen zur Betriebsvereinbarung den Vorschlag des Betriebsrats, die Bezahlung einer 15-minütigen Frühstückspause mitaufzunehmen, ausdrücklich abgelehnt.
Die Intranet-Veröffentlichungen bezögen sich nicht allein auf die Regelungen der Betriebsvereinbarung, sondern auch auf die im sachlichen Zusammenhang stehende betriebliche Übung. Der Anspruch auf Durchführung von Betriebsvereinbarungen berechtige den Betriebsrat im Übrigen nicht zur Durchsetzung etwaiger Individualansprüche einzelner Arbeitnehmer.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 24.09.2012 (Bl. 130/140 d.A.) die Anträge abgewiesen. Die Betriebsvereinbarung gebe keinen Anspruch auf Bezahlung der Frühstückspause; dies ergebe sich aus Wortlaut, Systematik und Entstehung der Betriebsvereinbarung.
Zudem fehle es einer etwaigen Vergütungsregelung an der notwendigen Schriftform nach § 77 Abs. 2 BetrVG.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Beteiligten sowie den Ausführungen des Arbeitsgerichts wird auf den dortigen Beschluss (Bl. 235/254 d.A.) Bezug genommen.
Der Betriebsrat hat gegen den am 18.10.2012 zugestellten Beschluss mit einem am 31.10.2012 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz Beschwerde einlegen lassen und die Beschwerde mit dem am 18.12.2012 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Der Betriebsrat trägt vor, dass sich anhand der besonderen Regelung der Frühstückspause deren Sonderheit als bezahlte Pause durchaus ablesen lasse; einer Differenzierung zwischen Raucherpausen und Frühstückspausen mache keinen Sinn, wenn alle Mitarbeiter berechtigt seien, die Arbeit jederzeit zu unterbrechen, wenn sie denn ausstempelten.
Die Intranet-Mitteilungen stellten die Bezahlung der Frühstückspause gerade als Ergebnis der Betriebsvereinbarung dar. Der Anspruch auf bezahlte Frühstückspause ergebe sich zumindest aus einer Gesamtzusage; diese habe einen Kollektivbezug, weswegen der Betriebsrat die diskriminierungsfreie Ausübung zu überwachen habe. Neuarbeitnehmer würden insoweit ohne sachlichen Grund benachteiligt, indem sie die Arbeitgeberin von der Gesamtzusage ausnehme. Die bezahlte Frühstückspause sei schließlich Element der betrieblichen Lohngestaltung i.S.d. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG; eine Abänderung der bestehenden Lohngestaltung durch Einschränkung der bezahlten Frühstückspause setze daher die Zustimmung des Betriebsrats voraus.
Der Betriebsrat beantragt:
1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts München, Az. 8 BV 213/12, vom 24. September 2012, wird geändert.
2. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, es zu unterlassen, neu eintretenden Mitarbeitern schriftlich oder mündlich mitzuteilen:
"Ausschluss betrieblicher Übung Frühstückspause
Sehr geehrte (...),
in unserem Unternehmen bestand eine betriebliche Übung dahingehend, den Beschäftigten eine Frühstückspause von 15 Minuten zu gewähren, die nicht von der Arbeitszeit abgezogen wurde. Diese Frühstückspause wurde somit vom Unternehmen bezahlt.
Die Geschäftsführung hat beschlossen, diese betriebliche Übung für Neueintritte ab dem 15.02.2012 zu beenden.
Für Sie als zum 01.03.2012 in unser Unternehmen eintretenden Mitarbeiter/-in gilt diese betriebliche Übung somit nicht.
Wir bitten Sie, uns Ihre diesbezügliche Kenntnisnahme durch Ihre Unterschrift zu bestätigen.
Mit freundlichen Grüßen
G.
ppa. Z. ppa. R.
Arbeitnehmer"
3. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, ihren Mitarbeitern eine arbeitstägliche bezahlte Frühstückspause von 15 Minuten zu gewähren.
Hilfsweise
4. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, allen, seit 15.02.2012 neu beschäftigten Mitarbeitern eine arbeitstägliche, bezahlte Frühstückspause von 15 Minuten zu gewähren.
Weiterhin hilfsweise
5. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die nicht durch den Gesamtbetriebsrat mitbestimmte Änderung der bestehenden Regelung über die Lohngrundsätze "Frühstückspause" zu unterlassen.
Die Arbeitgeberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Die Arbeitgeberin trägt vor, dass die Beschwerde unzulässig sei, da sie sich nicht gegen die selbständig entscheidungstragende Erwägung der fehlenden Schriftform wende. Soweit der Betriebsrat weiterhin die Gewährung der bezahlten Frühstückspause geltend mache, seien allein Individualrechte der Arbeitnehmer betroffen; die Anträge 3 und 4 seien deshalb unzulässig. Eine Gesamtzusage hätten die allein informatorischen Mitteilungen im Intranet nicht beinhaltet. Die Beschränkung der bezahlten Frühstückspause auf die Altarbeitnehmer betreffe die betriebliche Lohngestaltung nicht; diese sei durch die Tarifverträge für die Beschäftigten der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft vorgegeben; einer Änderung der Verteilungsgrundsätze durch Umverteilung stehe der individualrechtliche Anspruch der Altarbeitnehmer entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Beteiligten im Beschwerdeverfahren wird auf die Schriftsätze des Betriebsrats vom 17.12.2012 (Bl. 182/189 d.A.) und 23.04.2013 (Bl. 226/229 d.A.), die Schriftsätze der Arbeitgeberin vom 14.01.2013 (Bl. 199/205 d.A.) und 22.03.2013 (Bl. 220/225 d.A.) sowie die Protokolle über die Anhörungen vom 20.02.2013 (Bl. 206/209 d.A.) und 29.05.2013 (Bl. 230/233 d.A.) verwiesen.
II. Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats hat in der Sache keinen Erfolg.
A. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 24.09.2012 ist in der rechten Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 1, 89 Abs. 1 und 2, 87 Abs. 2, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).
Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin genügt die Beschwerde den gesetzlichen Anforderungen des § 89 Abs. 2 S. 2 ArbGG. Nach dieser Vorschrift muss die Beschwerdebegründung angeben, auf welche im Einzelnen anzuführenden Beschwerdegründe sowie auf welche neuen Tatsachen die Beschwerde gestützt wird (BAG, 17.02.2010, 7 ABR 58/08). Der Betriebsrat wendet sich vorliegend zwar nicht ausdrücklich gegen die Erwägung des Arbeitsgerichts, wonach eine Vergütungspflicht der Frühstückspausen nicht einmal andeutungsweise in der Betriebsvereinbarung "Flexible Arbeitszeit" zum Ausdruck komme und deshalb jedenfalls formunwirksam (§ 77 Abs. 2 S. 1 BetrVG) sei (Bl. 108 d.A.). Die Ausführungen des Betriebsrats in der Beschwerdebegründung machen aber hinreichend deutlich, dass er die erstinstanzliche Auslegung der Betriebsvereinbarung nicht teilt; nach der Begründung der Beschwerde sei der Betriebsvereinbarung angesichts der Regelungssystematik, insbesondere der Differenzierung zwischen Frühstückspausen und unbezahlten Pausen, durchaus eine eigenständige Vergütungspflicht zu entnehmen.
Erwiese sich diese Annahme des Betriebsrats aber als haltbar, genügte die Betriebsvereinbarung auch den gesetzlichen Schriftformanforderungen. Insoweit wendet sich die Beschwerde auch gegen jene entscheidungstragenden Erwägungen des Arbeitsgerichts.
B. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Betriebsrats zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.
1. Die Anträge sind zulässig.
a. Der Antrag, der Arbeitgeberin zu untersagen, neu eingestellte Mitarbeiter auf die Einstellung der betrieblichen Übung hinzuweisen (Antrag zu 2.), ist hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die zu unterlassende Handlung ist so konkret bezeichnet, dass die Arbeitgeberin erkennen kann, was von ihr verlangt wird.
b. Der Betriebsrat verfügt auch über die erforderliche Antragsbefugnis. Gegenstand des Antrags zu 3. ist kein durch die Betriebsvereinbarung begründeter Individualanspruch eines Arbeitnehmers, sondern der Anspruch des Betriebsrats auf Durchführung einer Betriebsvereinbarung (§ 77 Abs. 1 BetrVG).
aa. Im Grundsatz ist der Arbeitgeber dem Betriebsrat gegenüber betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet, eine Betriebsvereinbarung so durchzuführen, wie sie abgeschlossen wurde. Dieser betriebsverfassungsrechtliche Anspruch ist als eigenes Recht des Betriebsrats auch dann betroffen, wenn die Auseinandersetzung über Inhalt, Reichweite oder Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung wegen deren normativen Wirkung auch individualrechtliche Rechtspositionen der unter ihren Geltungsbereich fallenden Arbeitnehmer tangiert. Die Betriebsparteien können dabei nicht nur die Wirksamkeit oder (Fort-) Geltung einer Betriebsvereinbarung im Beschlussverfahren klären lassen, sondern auch deren Auslegung (BAG, 18.01.2005, 3 ABR 21/04, mN).
bb. Vorliegend streiten die Beteiligten gerade um die Frage, ob die Arbeitgeberin in der Betriebsvereinbarung "Flexible Arbeitszeit" eine eigenständige Verpflichtung übernommen hat, allen Arbeitnehmern eine bezahlte Frühstückspause zu gewähren. Im Streit stehen mithin Inhalt und Auslegung der dahingehenden Regelungen der Betriebsvereinbarung und nicht lediglich die durch sie begründeten individualrechtlichen Ansprüche bestimmter Arbeitnehmer.
2. Die Anträge sind unbegründet.
a. Der Betriebsrat kann von der Arbeitgeberin nicht verlangen, es zu unterlassen, Neuarbeitnehmer über die Einschränkung der bezahlten Frühstückspause zu informieren (Antrag zu. 2).
Ein dahingehender Unterlassungsanspruch resultiert nicht aus der Betriebsvereinbarung "Flexible Arbeitszeit". Darüber hinaus vermögen weder das Überwachungsrecht des Betriebsrats nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG noch eine etwaige Verletzung eines Mitbestimmungsrechts (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG) dieses Antragsbegehren zu begründen.
aa. Die Verlautbarungen verstoßen nicht gegen die Betriebsvereinbarung "Flexible Arbeitszeit".
Der Anspruch des Betriebsrats auf Durchführung von Betriebsvereinbarungen nach § 77 Abs. 1 BetrVG umfasst zwar grundsätzlich auch einen Anspruch auf Unterlassung vereinbarungswidriger Maßnahmen (BAG, 10.11.1987, 1 ABR 55/86).
Die Arbeitgeberin hat vorliegend jedoch keine (wirksame) Verpflichtung übernommen, den Beschäftigten eine bezahlte Frühstückspause zu gewähren; dies ergibt eine Auslegung der Betriebsvereinbarung.
(1.) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG, 14.03.2012, 7 AZR 147/11, m.N.).
(2.) Der Wortlaut der vorliegenden Betriebsvereinbarung gibt keinen Anhaltspunkt für die Annahme, es sollte eine Verpflichtung zur Vergütung von Frühstückspausen konstituiert werden.
So ist Ziffer 8 der Betriebsvereinbarung mit "Pausenregelungen" überschrieben; in Ziffer 8.1. werden die "regulären Pausenzeiten ... festgelegt"; hiernach "ermöglicht" der Arbeitgeber "arbeitstäglich eine Frühstückspause von mindestens 15 bis maximal 30 Minuten".
Der Begriff "Pause" bezeichnet im allgemeinen Bedeutungssinne eine "vorübergehende Unterbrechung" (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 7. Auflage, S. 962), im vorliegenden Sinnzusammenhang die "vorübergehende Unterbrechung" der Arbeitszeit; eine Fortzahlung der Vergütung wird insoweit weder unmittelbar bezeichnet noch ist sie im Übrigen konnotiert. Die "Ermöglichung" der Pause verpflichtet den Arbeitgeber, hierzu eine "Gelegenheit zu bieten" (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 7. Auflage, S. 433); angesprochen ist auch damit nicht die Frage der Vergütung, sondern die Aufgabe des Arbeitgebers, den Arbeitsablauf durch Ausübung des Weisungsrechts so zu strukturieren, dass die Frühstückspause vom Arbeitnehmer genommen werden kann.
(3.) Auch die Regelungssystematik lässt die Begründung einer Vergütungspflicht nicht erkennen.
Die Pausenregelung (Ziffer 8 BV) steht im thematischen Regelungszusammenhang des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG und fällt damit unter die mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten der Verteilung der Arbeitszeit (auf die einzelnen Wochentage), Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und Lage der Pausen. Nach Überschrift und Präambel der Betriebsvereinbarung sollen die gleitende Arbeitszeit und das Jahresarbeitszeitkonto praktikablen Regelungen zugeführt werden (Bl. 11 ff. d.A.). Ein normativer Anlass, hierbei (dem Grunde nach mitbestimmungsfreie) Fragen zum Arbeitsentgelt (§ 77 Abs. 3 BetrVG) zu klären, bestand daher nicht.
Die vom Betriebsrat angeführte systematische Erwägung, nämlich die Differenzierung zwischen Rauchpausen mit Stempelpflicht (Ziffer 8.2 BV) einerseits und Frühstückspausen andererseits ließe eine Pflicht zur Vergütung der Frühstückspause schlussfolgern, vermag nicht zu überzeugen. So sind gemäß Ziffer 8.2 BV grundsätzlich alle Pausen und damit auch Frühstückspausen, die nicht am Arbeitsplatz verbracht werden, zu stempeln.
Rauchpausen sind explizit benannt, da diese, anders als Frühstückspausen, stets mit einer Abwesenheit vom Arbeitsplatz verbunden sind. Dass bei Rauchpausen "Kommen/Gehen", bei Frühstückspausen "Pause/Pause" zu stempeln ist, rechtfertigt keinen Schluss auf eine Vergütungspflicht der Frühstückspause; so ist auch bei Mittagspausen, die unstreitig nicht zu bezahlen sind, mit "Pause/Pause" zu stempeln.
Da zum Zeitpunkt der Abfassung der Betriebsvereinbarung eine betriebliche Übung zur Bezahlung der Frühstückspause bestanden hatte, wäre die Annahme des Betriebsrats ohnehin nur dann zu rechtfertigen, wenn Regelungen festzustellen wären, welche nicht nur die Bezahlung der Frühstückspause erkennbar voraussetzten, sondern darüber hinaus den Willen der Betriebsparteien Ausdruck verliehen, einen zusätzlichen, kollektivrechtlichen Anspruch zu schaffen. Derartige Bestimmungen enthält die Betriebsvereinbarung "Flexible Arbeitszeit" nicht.
(4.) Die Entstehungsgeschichte der Betriebsvereinbarung spricht gegen die Schaffung einer Vergütungspflicht. So hatte die Arbeitgeberin den Vorschlag des Betriebsrats, die Regelung zur Frühstückspause um die Formulierung "davon sind 15 Minuten bezahlt" zu ergänzen, ausdrücklich abgelehnt; dies steht zwischen den Beteiligten außer Streit. Andererseits gab sie im Rahmen der Verhandlungen ihre ursprüngliche Regelungsintention, die Frühstückspause samt Vergütungspflicht gänzlich abzuschaffen, auf (Bl. 6/7 d.A.). Die Parteien waren mithin übereingekommen, die betriebliche Übung nicht aufzuheben, diese aber auch nicht zum Gegenstand der Betriebsvereinbarung zu machen. Bestehende Verpflichtungen wurden folglich belassen, zusätzliche sollten nicht begründet werden. Dementsprechend erklärt sich auch, dass die Arbeitgeberin im Zusammenhang mit der Betriebsvereinbarung bekanntgab, dass es bei der bezahlten Frühstückspause von 15 Minuten bleiben würde, obgleich hierzu keine Regelung in der Betriebsvereinbarung vereinbart worden war.
bb. Überdies wäre eine konstitutive Regelung zur Vergütung der Frühstückspause infolge des Tarifvorrangs nach § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG auch unwirksam.
(1.) Nach § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Die Vorschrift gewährleistet die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Diese Befugnis soll nicht durch ergänzende oder abweichende Regelungen der Betriebsparteien ausgehöhlt werden können. Eine gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist unwirksam. Etwas anderes gilt nach § 77 Abs. 3 S. 2 BetrVG nur dann, wenn der Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt (BAG, 14.03.2012, 7 AZR 147/11).
(2.) Nach diesen Grundsätzen verstieße eine Bestimmung in der Betriebsvereinbarung, welche die Vergütung der Frühstückspause regelte, gegen § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG.
Es bestehen vorrangige Regelungen in den Tarifverträgen für die Beschäftigten in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, die zudem abschließend sind.
Nach § 4 des Manteltarifvertrags vom 03.06.1997 (MTV) erhält der Beschäftigte eine tarifliche Monatsvergütung nach Maßgabe des Vergütungstarifvertrages (derzeit Vergütungstarifvertrag vom 18.12.2012) sowie gegebenenfalls eine Leistungszulage nach § 3 Abs. 3 MTV. Die hierfür zu erbringende regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt nach § 5 Ziffer 1 MTV 37 Stunden; nach § 5 Ziffer 4 MTV kann die Verteilung der Arbeitszeit betrieblich geregelt werden. Die allgemeine Bestimmung in § 19 MTV ("Für den/die Beschäftigte/-n günstigere Vereinbarungen werden durch diesen Manteltarifvertrag nicht berührt.") stellt die tarifliche Normsetzung nicht generell zur Disposition der Betriebsparteien, sondern wiederholt das gesetzliche Günstigkeitsprinzip bei individualvertraglichen Abreden (§ 4 Abs. 3 TVG); so sind Öffnungsklauseln zugunsten der Betriebsparteien gegebenenfalls bei den spezifischen Regelungen vermerkt worden (z.B. § 5 Ziffer 4 MTV zur Verteilung der Arbeitszeit. § 8 Ziffer 1 MTV zur Anrechnung von Zulagen auf jährliche Sonderzahlung, § 11 Ziffer 6 MTV zur Höhe der Jubiläumszuwendung). Nach § 3 des Tarifvertrages zur Beschäftigungssicherung vom 04.10.2005 können die Betriebsparteien (nur) zum Zwecke der Beschäftigungssicherung bei Zustimmung der Tarifvertragsparteien die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit in einem Korridor von 34,5 Stunden und 39,5 Stunden verändern.
Demnach sind die Höhe des Entgelts und die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für die Arbeitsverhältnisse im Bereich der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft abschließend tariflich geregelt. Der Betrieb der Arbeitgeberin unterfällt unstreitig auch dem fachlichen Geltungsbereich dieser Tarifverträge.
In dieses tarifliche Gefüge greift die Vergütung einer arbeitstäglichen 15-minütigen Frühstückspause ein: Wird die Vergütung der Frühstückspause dem monatlichen Bruttogehalt hinzugerechnet, liegt hierin eine voraussetzungslose Erhöhung des tariflichen Entgelts; der betroffene Arbeitnehmer erhält für seine Arbeitsleistung (37 Stunden pro Woche) nicht nur das tarifliche Monatsentgelt, sondern eine zusätzliche Vergütung im Umfang von annähernd etwa 5,4 Stunden. Werden die Frühstückspausen der tatsächlichen Arbeitszeit zugeschlagen, bedeutete dies die Absenkung der tariflichen Arbeitszeit.
Eine Betriebsvereinbarung ist nicht geeignet, das tarifliche Entlohnungssystem in dieser Weise wirksam zu verändern, § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG.
cc. Eine Verpflichtung, bezahlte Frühstückspausen zu gewähren, kann deshalb der Betriebsvereinbarung "Flexible Arbeitszeit" nicht entnommen werden.
Dass sich die Arbeitgeberin im Rahmen der Verhandlungen mündlich durch Regelungsabrede gegenüber dem Betriebsrat verpflichtet hätte, die betriebliche Übung der Vergütung der Frühstückspause fortzuführen, ist im Übrigen nicht vorgetragen. Die Übereinkunft der Betriebsparteien, die betriebliche Übung im Zuge der Betriebsvereinbarung "Flexible Arbeitszeit" nicht abzuschaffen, stellt keinen bindenden kollektivrechtlichen Verpflichtungstatbestand dar. Im Übrigen hätte eine Regelungsabrede - zum Zeitpunkt der Anhörung im Beschwerdeverfahren - keine Rechtswirkung mehr gezeitigt: Die Arbeitgeberin hatte spätestens durch ihre erstinstanzliche Erklärung, die betriebliche Übung für neu eingestellte Arbeitnehmer ab 15.02.2012 einzustellen (Bl. 63/64 d.A.), dem Betriebsrat hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, an einer dahingehenden Abrede nicht mehr festhalten zu wollen. Über eine der Kündigungsfrist (§ 77 Abs. 6 BetrVG) nachfolgende Wirkung verfügt eine Regelungsabrede nicht.
dd. Verfahrensgegenständlicher Unterlassungsanspruch lässt sich auch nicht aus dem Überwachungsrecht des Betriebsrats nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ableiten.
Der Betriebsrat beanstandet zwar einen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, denn den neueingestellten Beschäftigten würden ohne sachliche Rechtfertigung bezahlte Frühstückspausen verweigert. In einem solchen Rechtsverstoß läge indes kein zugleich betriebsverfassungswidriges Verhalten, dessen Beseitigung oder zukünftige Unterlassung der Betriebsrat ohne weiteres verlangen könnte: Das Überwachungsrecht nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG gibt dem Betriebsrat ein Recht zur Beanstandung, jedoch kein zusätzliches Mitbestimmungsrecht (BAG, 16.07.1985, 1 ABR 9/83).
Überdies kann die Erstreckung sowohl einer Gesamtzusage als auch einer betrieblichen Übung auf neueingestellte Beschäftigte wirksam verhindert werden, indem der Arbeitgeber rechtzeitig eine hiergegen gerichtete (Vertrags-) Erklärung abgibt (BAG, 23.09.2009, 5 AZR 628/08; BAG, 13.10.1960, 5 AZR 284/59). Wegen des Vorrangs der Vertragsfreiheit im Bereich der Vergütung steht diesem zudem grundsätzlich frei, bisher gewährte Leistungen, zu deren Erbringung er betriebsverfassungsrechtlich nicht verpflichtet ist, für neu eingestellte Arbeitnehmer auszuschließen; hierbei bedarf die Wahl eines in der Zukunft liegenden Stichtags grundsätzlich keiner Begründung; hierin liegt keine rechtswidrige Ungleichbehandlung (BAG, 25.10.2001, 6 AZR 560/00).
Vorliegend war es daher auch nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung nicht zu beanstanden, dass die Arbeitgeberin sich entschieden hatte, Arbeitnehmern, die nach dem 15.02.2012 eingestellt würden, keine bezahlten Frühstückspausen mehr zu gewähren und diese hierüber in Kenntnis zu setzen.
ee. Der Unterlassungsanspruch resultiert auch nicht aus einem etwaigen Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.
(1.) Grundsätzlich kann sich der Betriebsrat gegen zu erwartende Verstöße gegen ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 BetrVG mit Hilfe eines Unterlassungsanspruchs unabhängig davon zur Wehr setzen, ob die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 BetrVG vorliegen und damit grobe Verstöße gegeben sind (BAG, 03.05.1994, 1 ABR 24/93).
Wäre die Entscheidung der Arbeitgeberin, neu eingestellten Arbeitnehmern keine bezahlte Frühstückspause mehr zu gewähren, mitbestimmungspflichtig (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG), stellten gerade die beanstandeten Verlautbarungen mitbestimmungswidrige Handlungen dar; diese wären geeignet, eine Erstreckung der Ansprüche auf die neueingestellten Arbeitnehmer wirksam zu unterbinden (vgl. unter II B 2 a dd).
(2.) Die Entscheidung, neu eingestellten Arbeitnehmern keine bezahlte Frühstückspause zu gewähren, unterliegt jedoch nicht dem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG (a.) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht soll die Angemessenheit des innerbetrieblichen Lohngefüges und seine Transparenz gewährleisten. Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich auf die Grundsätze, nach denen sich die Entgeltfindung im Betrieb vollzieht. Es umfasst die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber (BAG, 03.12.1991, GS 1/90). Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll (BAG, 17.05.2011, 1 AZR 797/09). Das Mitbestimmungsrecht erfasst alle geldwerten Leistungen, bei denen die Bemessung nach bestimmten Grundsätzen oder nach einem System erfolgt. Auch bei diesen soll das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit sicherstellen (BAG, 10.06.1986, 1 ABR 65/84).
Mitbestimmungspflichtig ist auch die Änderung bestehender Entlohnungsgrundsätze durch den Arbeitgeber (BAG, 03.12.1991, GS 1/90). Dabei kommt es für das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht darauf an, auf welcher rechtlichen Grundlage die Anwendung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze erfolgte, ob etwa auf der Basis bindender Tarifverträge, einer Betriebsvereinbarung, einzelvertraglicher Absprachen oder einer vom Arbeitgeber einseitig praktizierten Vergütungsordnung (BAG, 02.03.2004, 1 AZR 271/03). Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erstreckt sich nicht auf die arbeitsvertraglich vereinbarten Entgelte der Arbeitnehmer. Solche Abreden betreffen die Entgelthöhe und sind daher der Regelungsmacht der Betriebsparteien entzogen (BAG, 28.02.2006, 1 ABR 4/05; BAG, 18.11.2011, 1 ABR 25/10).
(b.) Vorliegend sind durch die Einstellung der Leistungen gegenüber den neu eingestellten Arbeitnehmern keine Entlohnungsgrundsätze i.S.d. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geändert worden. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist nicht eröffnet.
Die bezahlte Frühstückspause betrifft allein das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung:
Abhängig vom konkreten Durchführungsweg wird hierbei entweder das tarifliche Entgelt um die Vergütung für die Pausenzeit erhöht oder die tarifliche Arbeitszeit bei gleichem Entgelt im Umfang der Pausenzeit abgesenkt (vgl. unter II B 2 a bb). Entscheidet sich die Arbeitgeberin zum konträren Akt, die Frühstückspausen nicht mehr zu vergüten und zur tariflichen Ausgestaltung des Synallagmas zurückkehren, führt dies mithin zu einer Herabsetzung der Vergütung pro Zeiteinheit. Die Reduktion beruht dabei auf keinem Eingriff in die bestehende Entgeltstruktur, etwa auf einer Streichung einer Zulage oder Änderung eines anderen Vergütungsbestandteils, sondern auf einer schlichten Anpassung der Lohnhöhe (bzw. Arbeitszeit).
(c.) Überdies wäre für ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nur dann Raum, wenn für eine andere Verteilung ein Regelungsspielraum bestünde. Das Mitbestimmungsrecht endet dort, wo einer ändernden Umverteilung rechtliche Hindernisse entgegenstehen (BAG, 03.12.1991, GS 2/90). Rechtliche Hindernisse können dabei gestaltungsfeste individualrechtliche Ansprüche einzelner Arbeitnehmer sein. In diesem Falle kann dem Arbeitgeber nicht abverlangt werden, etwa durch Ausspruch ordentlicher Änderungskündigungen zu versuchen, der Mitbestimmung Gestaltungsraum zu verschaffen.
Vorliegend stünden einer Umverteilung die individualrechtlichen Ansprüche der Beschäftigten entgegen, welche bereits vor dem 15.02.2012 eingestellt waren. Deren Ansprüche mögen zwar auf einer betrieblichen Übung beruhen und damit einer ablösenden, weil umstrukturierenden Betriebsvereinbarung grundsätzlich zugänglich sein (BAG, 16.09.1986, GS 1/82). Doch müsste auch in diesem Falle der mitbestimmungsfreien Entscheidung der Arbeitgeberin Rechnung getragen werden, wonach die bezahlte Frühstückspause im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten alsbald einzustellen sei; dies bedeutete, dass das "Verteilungsvolumen" schrittweise mit jedem aus dem Arbeitsverhältnis scheidenden "Altarbeitnehmer" herabgeführt werden müsste. Vor diesem Hintergrund würde eine ablösende Betriebsvereinbarung dem notwendigen kollektiven Günstigkeitsvergleich nicht standhalten, basierte sie doch gerade nicht auf einem gleichbleibenden "Dotierungsrahmen". Der Eingriff in individualvertragliche Ansprüche wäre daher nicht zu rechtfertigen.
(d.) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erstreckt sich damit nicht auf die Entscheidung, neueingestellte Mitarbeiter von den bezahlten Frühstückspausen auszunehmen. Das Verhalten der Arbeitgeberin ist daher nicht mitbestimmungswidrig.
3. Auch der Antrag zu 3. ist unbegründet.
Dem Betriebsrat steht kein eigener, betriebsverfassungsrechtlicher Anspruch zu, von der Arbeitgeberin zu verlangen, den Arbeitnehmern des Betriebs arbeitstäglich eine bezahlte Frühstückspause von 15 Minuten zu gewähren. Die Betriebsvereinbarung "Flexible Arbeitszeit" enthält keine dahingehende Regelung; auch aus das Überwachungsrecht des Betriebsrats nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (i.V.m. Gleichbehandlungsgebot) oder das Mitbestimmungsrecht in sozialen Angelegenheiten (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG) vermögen keinen dahingehenden Anspruch des Betriebsrats zu begründen.
Dies gilt gleichermaßen für den zur Entscheidung angefallenen (Hilfs-) Antrag zu 4..
4. Der weiterhin hilfsweise gestellte Antrag zu 5., die Einstellung der bezahlten Frühstückspause als nicht mitbestimmte Änderung von bestehenden Lohngrundsätzen zu unterlassen, ist mangels Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ebenfalls unbegründet.
C. Die Beschwerde des Betriebsrats ist daher insgesamt zurückzuweisen.
Das Verfahren endet gerichtskostenfrei (§ 2 Abs. 2 GKG, § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG).
Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein gesetzlicher Grund. Die Rechtsbeschwerde findet gegen diesen Beschluss nur dann statt, wenn sie das Bundesarbeitsgericht zulässt; auf § 72 a ArbGG wird hingewiesen.
Dr. Schindler
Köhler
Blöchl