27.05.2010 | Außendienst mit Dienstwagen
Private Nutzung des Dienstwagens durch den Außendienst - Das müssen Sie wissen
von RA Jörg-Michael Ossenforth, RAe Dr. Heinicke, Eggebrecht, Ossenforth & Kollegen, München
Vielfach erhält der angestellte Außendienstmitarbeiter einen Dienstwagen, um die Kunden der Agentur besuchen und betreuen und Neukunden werben zu können. Regelmäßig machen Ihnen als Arbeitgeber bestimmte Bereiche Probleme - beginnend von der vertraglichen Gestaltung der Nutzung über die steuerliche Behandlung beim Mitarbeiter bis hin zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses und zur Haftung bei Beschädigung des Wagens. Wir sagen Ihnen, worauf es ankommt.
Vertraglicher Anspruch
Regelmäßig vereinbaren Sie im Arbeitsvertrag, dass Sie dem Mitarbeiter einen Dienstwagen zur Erledigung seiner Aufgaben stellen. Nicht immer findet sich aber dort ein Passus, ob der Außendienstmitarbeiter den Dienstwagen zu privaten Zwecken nutzen darf.
Keine Regelung zur Privatnutzung
Fehlt eine solche vertragliche Absprache zur Privatnutzung, darf der Außendienstmitarbeiter den Dienstwagen ausschließlich auf Dienstfahrten nutzen.
Was viele nicht wissen: Die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Agentur) sind keine Dienstfahrten, sondern Privatfahrten - und daher auch nicht gestattet.
Regelung zur Privatnutzung
Häufig findet sich jedoch im Arbeitsvertrag eine ausdrückliche vertragliche Regelung, wonach der Außendienstmitarbeiter den Wagen auch zu privaten Zwecken nutzen darf. Etwa wie folgt:
Regelung
27.05.2010 |
NaN. Für seine Reisetätigkeit überlässt die Agentur ... dem Mitarbeiter ihr Kraftfahrzeug Marke ... Typ ... amtliches Kennzeichen ... zur Benutzung. NaN. Für die beruflichen Fahrten steht dem Mitarbeiter der Wagen uneingeschränkt zur Verfügung. NaN. Dem Mitarbeiter ist es bis auf Widerruf in den Fällen von ... grundsätzlich gestattet, den Dienstwagen auch für Privatfahrten zu nutzen. |
In dieser Regelung über die Nutzung des Dienstwagens auch zu privaten Zwecken ist die Zusage eines geldwerten Vorteils in Form eines Sachbezugs enthalten. Sie stellt einen Vergütungsbestandteil im Vertragsverhältnis zwischen den Parteien dar.
Folge: Sie können die Regelung nicht einseitig widerrufen. Vielmehr können Sie diese nur einvernehmlich aufheben durch
- Änderungskündigung oder
- Änderungsvereinbarung.
Privatnutzung und Abwesenheit
Das Recht zur privaten Nutzung besteht auch fort, wenn der Außendienstmitarbeiter nicht arbeitet. Vorausgesetzt, es handelt sich um Zeiträume, für die Sie als Arbeitgeber das Entgelt fortzahlen müssen; zum Beispiel beim Erholungsurlaub, bei Arbeitsunfähigkeit bis zu sechs Wochen oder bei Freistellung von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung.
Widerruf der Privatnutzung
Ein Widerrufsvorbehalt in Formularverträgen, wonach Sie die Privatnutzung jederzeit und aus jedem Anlass widerrufen dürfen, ist unwirksam. Denn das würde den Mitarbeiter unangemessen benachteiligen (§§ 308 Nummer 4, 307 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]).
Sie können aber laut Vereinbarung im Arbeitsvertrag die private Nutzung jederzeit widerrufen, wenn die Voraussetzungen für die Überlassung des Dienstwagens weggefallen sind. Ein solcher Widerruf ist allerdings nur nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) zulässig. Und er muss an sachliche Gründe geknüpft sein, die es rechtfertigen, die Privatnutzung einzustellen, etwa wirtschaftliche Gründe oder die Änderung der Aufgaben des Arbeitnehmers, Entzug des Fahrzeugs für dienstliche Zwecke oder ein Missbrauch der Privatnutzung (Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 19.12.2006, Az: 9 AZR 294/06; Abruf-Nr. 072040).
Steuerrechtliche Behandlung des Dienstwagens
Darf der Mitarbeiter seinen Dienstwagen auch privat und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Agentur) nutzen, muss er den geldwerten Vorteil als Arbeitslohn versteuern. Der Vorteil kann nach der „Ein-Prozent-Regelung“ oder nach der „Fahrtenbuch-Methode“ ermittelt werden.
„Ein-Prozent-Regelung“
Bei der „Ein-Prozent-Regelung“ muss der Mitarbeiter den Nutzungswert seiner Privatfahrten versteuern. Der Nutzungswert der Privatfahrten beträgt monatlich ein Prozent des Listenpreises inklusive Umsatzsteuer. Zudem sind für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 0,03 Prozent des Listenpreises pro Entfernungskilometer anzusetzen. Im Gegenzug kann der Außendienstmitarbeiter für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte die Entfernungspauschale geltend machen.
„Listenpreis“ ist die auf volle 100 Euro abgerundete unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers einschließlich Sonderausstattung im Zeitpunkt der Erstzulassung. Das gilt auch bei (re)importierten Fahrzeugen, Leasing- und Gebrauchtwagen (Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 24.2.2000, Az: III R 59/98; Abruf-Nr. 000525).
Die Pauschalen von 1 und 0,03 Prozent sind nebeneinander anzusetzen, wenn der Mitarbeiter das Fahrzeug für Privatfahrten und für Fahrten zwischen Wohnung und Agentur nutzen darf. Die Monatswerte sind aber auch dann anzusetzen, wenn der Mitarbeiter das Fahrzeug gelegentlich nicht nutzen kann. Nur wenn er das Fahrzeug den vollen Kalendermonat nicht nutzt, beispielweise bei längerer Krankheit, entfällt der Monatsbetrag (Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 21.1.2002, Az: IV A 6 - S 2177 - 1/02; Abruf-Nr. 020237).
„Fahrtenbuch-Methode“
Bei der „Fahrtenbuch-Methode“ hält der Mitarbeiter die gesamte Kfz-Nutzung anhand eines Fahrtenbuches fest. Hinsichtlich der Dienstfahrten sind besondere Angaben zum Nachweis erforderlich, wie zum Beispiel Datum, Kilometer-Stände, Reiseziel, Route, Zweck und aufgesuchter Geschäftspartner. Für Privatfahrten einschließlich der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und Familienheimfahrten gelten Erleichterungen. Hier genügen Kilometerangaben.
Wichtig: Will der Außendienstmitarbeiter für seine Steuererklärung den geldwerten Vorteil anhand der „Fahrtenbuch-Methode“ ermitteln, weil er damit steuerlich besser fährt, müssen Sie ihm Auskunft über die mit der Fahrzeughaltung verbundenen tatsächlichen Kosten erteilen. Das gilt selbst dann, wenn Sie vertraglich eine Versteuerung nach der „Ein-Prozent-Regelung“ vereinbart haben (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.4.2005, Az: 9 AZR 188/04; Abruf-Nr. 052746).
Erstattung der Kosten für das Unterstellen des Dienstwagens
Zahlen Sie dem Außendienstmitarbeiter die Gebühren für einen Anwohner-Parkausweis oder für die Anmietung einer Garage (Garagengeld), liegt steuerfreier Auslagenersatz und kein steuerpflichtiges Einkommen vor. Das gilt auch, wenn der Mitarbeiter den Dienstwagen privat nutzen darf (BFH, Urteile vom 7.6.2002, Az: VI R 145/99; Abruf-Nr. 021173, Az: VI R 53/01; Abruf-Nr. 021532, Az: VI R 24/00; Abruf-Nr. 081954 und Az: VI R 1/00; Abruf-Nr. 081955).
Wird die Privatnutzung nach der „Ein-Prozent-Regelung“ erfasst, ist für das Überlassen der Garage an den Mitarbeiter kein zusätzlicher geldwerter Vorteil anzusetzen (Oberfinanzdirektion Frankfurt, Verfügung 18.3.2003, Az: S 2334 A - 18 - St II 30; Abruf-Nr. 081958).
Schadenersatz für Entziehung des Dienstwagens ist Arbeitslohn
Müssen Sie Ihrem Mitarbeiter Schadenersatz zahlen, weil er den vertraglich zugesagten Dienstwagen nicht mehr privat nutzen konnte, handelt es sich um steuer- und sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn. In dem vom Finanzgericht Köln entschiedenen Fall war ein Mitarbeiter mit seiner Kündigungsschutzklage erfolgreich und musste wieder eingestellt werden. Weil er zwischenzeitlich seinen Dienstwagen hatte abgeben müssen, forderte er von seinem Arbeitgeber Schadenersatz. Das Arbeitsgericht gab ihm Recht. Nach Ansicht des FG Köln treten die Schadenersatzleistungen an die Stelle der ursprünglich als Lohnbestandteil vereinbarten Privatnutzung (rechtskräftiges Urteil vom 11.11.2009, Az: 7 K 3651/08; Abruf-Nr. 100725).
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Häufig ergeben sich Probleme bei der Nutzung des Dienstwagens nach einer Kündigung oder Freistellung. Grundsätzlich gilt:
Haben Sie keine Privatnutzung des Dienstwagens im Anstellungsvertrag vereinbart, können Sie den Dienstwagen jederzeit herausverlangen. Es handelt sich dann um ein Arbeitsmittel, an dem der Außendienstmitarbeiter kein Recht zum Besitz mehr hat, weil er nach § 855 BGB nur als Besitzdiener anzusehen ist.
Haben Sie jedoch die Privatnutzung vereinbart, kann der Mitarbeiter den Dienstwagen bis zum Beendigungszeitpunkt nutzen. Denn die Privatnutzung des Dienstwagens ist Vergütungsbestandteil.
- Freistellung: Sprechen Sie eine fristgerechte Kündigung aus und stellen Sie den Außendienstmitarbeiter von seiner Arbeitsverpflichtung frei, müssen Sie diesem dennoch im Freistellungszeitraum den Dienstwagen weiter zur Privatnutzung überlassen. Und Sie müssen die Unterhaltungs- und Reparaturkosten tragen.
- Kündigungsschutzklage: Mit dem Beendigungszeitpunkt, das heißt bei der außerordentlichen Kündigung sofort, bei der ordentlichen Kündigung mit Ablauf der Kündigungsfrist, muss der Außendienstmitarbeiter den Dienstwagen herausgeben. Dies gilt selbst dann, wenn der Außendienstmitarbeiter gegen die Kündigung form- und fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben hat.
Übernahme eines geleasten Pkw bei vorzeitigem Ausscheiden
Unwirksam ist eine Formularklausel im Arbeitsvertrag, wonach der Außendienstmitarbeiter bei Ausscheiden
- den Leasingvertrag bei seinem neuen Arbeitgeber einbringen,
- einen Mitarbeiter finden muss, der das Fahrzeug übernimmt oder
- das Fahrzeug selbst zu übernehmen hat.
Ort der Herausgabe
Ort der Herausgabe ist der Wohnort des Schuldners (§ 269 Absatz 1 BGB). Der Außendienstmitarbeiter muss daher den Wagen nur an seinem Wohnort zur Verfügung stellen, es sei denn, Sie haben im Arbeitsvertrag etwas anderes vereinbart.
Durchsetzung des Herausgabeanspruchs
Gibt der Außendienstmitarbeiter den Dienstwagen nicht heraus, obwohl er hierzu vertraglich verpflichtet ist, können Sie auf He-rausgabe klagen. Der Außendienstmitarbeiter kann jedoch ein Zurückbehaltungsrecht wegen bestehender Gegenansprüche geltend machen. Gegenansprüche können aber nur bestehen, wenn er auch zur privaten Nutzung des Firmen-Pkw berechtigt und somit tatsächlicher Besitzer war.
Wichtig: Von einer einstweiligen Verfügung auf Herausgabe des Pkw ist eher abzuraten. Dann müssten Sie nämlich darlegen, dass die Nichtherausgabe zu einer Rechtsvereitelung oder -erschwerung führen könnte oder aus sonstigen Gründen dringend erforderlich ist.
Nutzungsentschädigung bei Nichtherausgabe
Hat der Außendienstmitarbeiter den Wagen zu Unrecht nicht he-rausgegeben, können Sie von ihm Nutzungsentschädigung verlangen. Deren Höhe ist jedoch auf den steuerlichen geldwerten Vorteil begrenzt.
Haftung bei Beschädigung des Dienstwagens
Bei der Beschädigung eines Dienstwagens sind die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadenausgleichs zu beachten. Danach gilt:
- Sie sind verpflichtet, eine Vollkaskoversicherung mit dem üblichen Selbstbehalt abzuschließen.
- Die Haftung des Außendienstmitarbeiters beschränkt sich auf die übliche Selbstbeteilung (350 Euro bis 500 Euro). Dies gilt auch, wenn der Dienstwagen geleast worden ist.
Wichtig: Eine Haftungserleichterung ist aber auch bei grober Fahrlässigkeit nicht ausgeschlossen. Sie kommt bei einem Missverhältnis zwischen Verdienst und Höhe des Schadens in Betracht, wenn die Existenz des Außendienstmitarbeiters bei voller Inanspruchnahme bedroht ist.
Haftung bei falscher Betankung
Betankt der Arbeitnehmer den Dienstwagen mit Super bleifrei statt mit Diesel, weil er durch ein Gespräch mit dem Tankstellenmitarbeiter an der Zapfsäule abgelenkt war, muss er dem Arbeitgeber 60 Prozent des Schadens ersetzen. Das hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz entschieden und grobe Fahrlässigkeit verneint (Urteil vom 7.1.2008, Az: 5 Sa 371/07; Abruf-Nr. 082253).
Mitverschulden des Arbeitgebers
Ein Mitverschulden des Arbeitgebers kann in seltenen Fällen bestehen (beispielsweise wenn ein nicht verkehrssicheres Fahrzeug überlasen wurde oder zu einer Fahrt ohne Fahrerlaubnis angestiftet wurde).
Mutterschutz und Elternzeit
Ist der unbeschränkte private Gebrauch des Dienstwagens vertraglich vereinbart, so können Sie diesen während der Mutterschutzfrist nicht herausverlangen.
Anders ist es in der Elternzeit: Während der Elternzeit ruhen die wechselseitigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Da keine Vergütungspflicht besteht, können Sie den Dienstwagen herausverlangen.
Unser Tipp: Vereinbaren Sie daher im Arbeitsvertrag, dass Ihr Mitarbeiter das Fahrzeug in der Elternzeit zurückzugeben hat.
Altersteilzeit
In der Ruhephase der Altersteilzeit besteht kein Anspruch auf Dienstwagen, sofern Sie dies nicht ausdrücklich vereinbart haben. Der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers besteht zwar auch in dieser Phase, der Dienstwagen steht ihm aber nicht mehr zur privaten Nutzung zu.
Hintergrund: Mitarbeiter in Altersteilzeit verlieren mit Beginn der Freistellungsphase im Blockmodell ihren Anspruch auf einen Dienstwagen. Die Begründung liegt im Wesentlichen darin, dass keine konkrete Arbeitsleistung mehr erfüllt wird und der Dienstwagen unter keinem Gesichtspunkt mehr zur Ausübung beruflicher Aufgaben benötigt wird (Arbeitsgericht Frankfurt, Urteil vom 2.6.2003, Az: 15 Ca 1957/03).