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· Fachbeitrag · Untervertreter

OLG Düsseldorf bejaht Rückforderung nicht verdienter Vorschüsse

von Rechtsanwalt Bernhard Schleicher, Kanzlei Dr. Heinicke, Eggebrecht, Ossenforth & Kollegen, München.

| Die Rückforderung von Vorschüssen nach Vertragsbeendigung ist ein ewiges Streitthema zwischen Vertretern und Unternehmen. Das OLG Düsseldorf hat in einem solchen Streit zwischen Untervertreter und Unternehmen dem Unternehmen den Rückforderungsanspruch zugesprochen. |

Streit um Vorschüsse bei Ausscheiden

Das klagende Unternehmen schloss mit dem Untervertreter einen Handelsvertretervertrag über die Vermittlung von Versicherungen, Bausparverträgen und Kapitalanlagen. Darin war geregelt, dass der Untervertreter Vorschüsse auf zu erwartende Provisionseinnahmen erhalten konnte, die er jeweils beantragen musste und die ihm das Unternehmen im Einzelfall bewilligte. Im Handelsvertretervertrag war ferner geregelt, dass die Vorschüsse in das Abrechnungskonto des Untervertreters als Belastungen eingebucht werden und zurückzuzahlen sind, wenn sie nicht ins Verdienen gebracht werden.

 

Drei Jahre später kündigte das Unternehmen den Handelsvertretervertrag und verlangte gut 92.000,00 Euro zurück. Das LG Düsseldorf hat die Rückzahlungsklage des Unternehmens abgewiesen. Das OLG hat die Entscheidung aufgehoben und den Untervertreter verurteilt, diesen Betrag zurückzuzahlen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 1.8.2013 Az. I-16 U 183/12; Abruf-Nr. 141523).

Rückzahlungsanspruch besteht

Das OLG Düsseldorf stellt in seinen Entscheidungsgründen zunächst klar, dass es sich der bisherigen Rechtsprechung zu diesem Bereich anschließt.

 

  • Demnach sind Rückforderungsklauseln unwirksam, wenn die Rückzahlungsverpflichtung unmittelbar oder mittelbar an die Beendigung des Vertragsverhältnisses geknüpft ist, wenn also zum Beispiel vereinbart ist, dass die nicht verdienten Vorschüsse im Falle einer Kündigung des Vertragsverhältnisses zurückzuzahlen sind. Dies verstößt gegen den Grundgedanken des § 89a Abs. 1 Satz 1 HGB, der beiden Vertragsparteien garantiert, dass diese das Vertragsverhältnis stets ordentlich kündigen können. Droht nun für den Fall einer Kündigung eine erhebliche Rückzahlung, so wird dieses Recht des Vertreters stark eingeschränkt.

 

  • Auch kann es der Rückforderung von Vorschüssen entgegenstehen, wenn diese über einen langen Zeitraum ähnlich einem Einkommen eines Arbeitnehmers und ohne Relation zu den zu erwartenden tatsächlichen Provisionseinnahmen an den Vertreter bezahlt werden.

 

Zwei Aspekte in der vertraglichen Gestaltung waren für die Entscheidung des OLG ausschlaggebend, den Rückzahlungsanspruch im Urteilsfall zu bejahen:

 

1. Rückzahlungsverpflichtung nicht an Vertragsbeendigung geknüpft

Zum einen war die Rückzahlungsverpflichtung nicht verdienter Vorschüsse vertraglich nicht an die Vertragsbeendigung geknüpft. Das Unternehmen hätte die nicht verdienten Vorschüsse jederzeit zurückfordern können. Geschieht dies faktisch erst nach Vertragsende, so ist dies nicht ausreichend, da es eben an einer auch nur mittelbaren Verknüpfung zwischen dem Vertragsende und der Rückzahlungsverpflichtung fehlt.

 

2. Angemessene Vorschusszahlungen

Zum anderen zeigte eine Gegenüberstellung, dass die Vorschusszahlungen nicht völlig außerhalb der realistischen Provisionseinnahmen lagen. Die tatsächlich verdienten Provisionen lagen in der Regel über den Vorschussbeträgen, sodass der Vertreter über die Hälfte dessen, was er erhalten hatte, auch in Form von Provisionseinnahmen tatsächlich verdient hatte.

 

Wichtig | Außerdem waren die Vorschüsse im Einzelfall beantragt und bewilligt worden. Das zeigt, dass sich die Vertragsparteien jeweils mit der Angemessenheit der Vorschusszahlung auseinandergesetzt haben. Das spricht gerade dagegen, dass man mit den Vorschüssen ein pauschales Entgelt wie bei dem regelmäßigen Einkommen eines Arbeitnehmers gewähren wollte.

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PRAXISHINWEISE |  

  • Die Entscheidung, die im Fall eines Untervertreters im Verhältnis zu einem Unternehmen ergangen ist, ist 1:1 auf den Fall des Vertreters im Verhältnis zu seinem Versicherer übertragbar.
  • Die Entscheidung ist vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung gut begründet und auch richtig und nachvollziehbar, wenngleich sie für den Untervertreter schlecht ausgefallen ist.
  • Vorschusszahlungen sind mit Vorsicht zu genießen. Sie gaukeln oft stabile Einnahmen vor, obwohl sie nicht ins Verdienen gebracht werden. Verlangt das Unternehmen oder der Versicherer von Ihnen Vorschüsse zurück, sollten Sie die Klauseln in jedem Falle einer Prüfung unterziehen, weil ein Rückzahlungsanspruch aus mehreren Gründen unwirksam sein kann. Es kommt immer auf den speziellen Einzelfall an. Dies zeigt auch die differenzierte Entscheidung des OLG in diesem Fall - und die Vielzahl der Urteile, die wir Ihnen im „WVV“ vorgestellt haben.
 

Weiterführende Hinweise

  • Beitrag „Agentur scheitert mit Rückforderung von Provisionsvorschüssen“, WVV 3/2013, Seite 2
  • Beitrag „Auskunft über Fremdvermittlung und Vorschussrückforderung bei Kündigung“, WVV 11/2012, Seite 5
  • Beitrag „Gesellschaft muss Provisionsrückforderung trotz separaten Darlehensvertrags beweisen“, WVV 2/2012, Seite 5
Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 7 | ID 42697782