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29.06.2011 · IWW-Abrufnummer 111741

Amtsgericht Köln: Urteil vom 23.11.2010 – 124 C 378/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


124 C 378/10

Tenor:
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand
Der Kläger schloss über einen Versicherungsvermittler bei der Beklagten im Februar 2007 eine fondgebundene Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeits- Zusatzversicherung mit der Vertragsnummer 4.3.810202.89 ab. Versicherungsbeginn war der 01.04.2007, der Ablauf der Versicherung war für den 31.05.2037 vereinbart. Unter dem 21.02.2007 stellte die Beklagte dem Kläger einen Versicherungsschein aus. Aus diesem ergibt sich, dass der Kläger zur Zahlung eines Monatsbeitrages in Höhe von 80,00 € verpflichtet war. In dem Versicherungsschein findet sich unter dem Stichwort "Beitragszahlung" die folgende Bestimmung:

"In Ihrem tariflichen Monatsbeitrag für die Hauptversicherung ist - auf das Jahr verteilt - ein Ratenzuschlag von 16,50 € enthalten. Auf den Beitragsteil für eine eingeschlossene Zusatzversicherung entfällt ein Ratenzuschlag von zusammen 5,0 % des tariflichen Jahresbeitrages für die Zusatzversicherung.

Sie können jederzeit auch eine Änderung der Beitragszahlungsweise für laufende Beiträge beantragen. Der Ratenzuschlag beträgt bei halbjährlicher Zahlungsweise pro Jahr 1,50 € zuzüglich 2,0 % des tariflichen Jahresbeitrages für eine eingeschlossene Zusatzversicherung, bei vierteljährlicher Zahlungsweise pro Jahr 4,50 € zuzüglich 3,0 % des tariflichen Jahresbeitrages für eine eingeschlossene Zusatzversicherung.

Die Beiträge sind bis zum genannten Ablauf der Beitragszahlung am 31.05.2037 zu entrichten, längstens jedoch bis zum Schluss des Versicherungsjahres bzw. - bei Vereinbarung von unter jährlicher Ratenzahlung - bis zum Schluss des Ratenzahlungsabschnitts, in dem Sie sterben."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgelegten Versicherungsschein Bezug genommen. In den Vertrag einbezogen waren die allgemeinen Versicherungsbedingungen für fondgebundene Rentenversicherungen nach Tarif FR und FRS (im Folgenden: AVB). In § 9 Absatz 1 ist das Folgende geregelt:

"Die Beiträge zu Ihrer fondgebundenen Rentenversicherung sind je nach Vereinbarung durch laufende jährliche Beitragszahlungen (Jahresbeiträge) oder in einem einmaligen Beitrag (Einmalbeitrag) zu entrichten. Selbstverständlich können Sie mit uns auch vereinbaren, die Jahresbeiträge in unterjährlichen Raten (halbjährlich, vierteljährlich oder monatlich) zu zahlen. Zahlen Sie die Beiträge in unterjährlichen Raten, werden hierfür Ratenzahlungszuschläge erhoben. Ihre Höhe finden Sie im Versicherungsschein."

Der Kläger zahlte in der Zeit von April 2007 bis einschließlich August 2009 insgesamt 2.320,00 € als Beiträge an die Beklagte.

Mit Schreiben vom 18.06.2010 erklärte der Kläger durch seinen Rechtsanwalt den Widerruf der auf Abschluss des Versicherungsvertrages gerichteten Erklärung. Er verlangte die Rückzahlung der bereits erbrachten Prämien in Höhe von 2.320,00 € bis zum 2. Juli 2010. Als Begründung führte er an, dass die zwischen den Parteien getroffene Prämienzahlungsvereinbarung eine Ratenzahlungsvereinbarung im Sinne von § 488 BGB darstellen würde. Er sei deshalb berechtigt, den Widerruf von dem Vertrag zu erklären, da er nicht ausreichend belehrt worden sei.

Die Beklagte hatte zuvor mit Schreiben vom 13.11.2009 die Anfechtung des Vertrages erklärt. Sie stützte sich dabei auf § 22 VVG in Verbindung mit § 123 Absatz 1 BGB. In dem Schreiben führte die Beklagte aus, dass der Kläger bestimmte Vorerkrankungen bei Abschluss des Versicherungsvertrages verschwiegen habe und dadurch Einfluss auf die Annahmeentscheidung der Beklagten genommen habe. Die Anfechtung führe zur Nichtigkeit der Verträge von Anfang an. Vorsorglich erklärte die Beklagte zudem den Rücktritt vom Versicherungsvertrag wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gemäß §§ 19 ff. VVG.

Der Kläger ist der Ansicht, dass er bei Abschluss des Versicherungsvertrages entsprechend den Regelungen über den Verbraucherkredit hätte belehrt werden müssen. Mangels Belehrung, was insoweit unstreitig ist, stehe ihm deshalb ein zeitlich unbegrenztes Widerrufsrecht gemäß § 355 Absatz 3 BGB zu. Zwischen den Parteien sei nämlich ein Ratenzuschlag für eine unterjährliche Zahlungsweise der Prämien vereinbart worden. Die unterjährliche Zahlung führe dazu, dass der Kläger mehr zahlen müsse als bei einer jährlichen Zahlungsweise. Die Angabe des effektiven Jahreszinses wäre deshalb zum Schutz des Verbrauchers erforderlich gewesen.

Der Kläger bestreitet, bei Abschluss des Versicherungsvertrages falsche Angaben gemacht zu haben. Dazu behauptet er, dass er gegenüber dem Versicherungsvermittler vollständig Auskunft erteilt habe und dieser die Antworten dann selbsttätig angekreuzt habe. Dies sei der Beklagten zuzurechnen, da der Vermittler in ihrem Lager stehe. Der Kläger behauptet des Weiteren, dass er die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung auch nicht akzeptiert habe. Er ist der Ansicht, dass er deswegen weiterhin den Widerruf des Vertrages erklären könne.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.320,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 03.07.2010 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 272,87 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, dass die monatliche Zahlungsweise vom Kläger gewünscht worden sei und dieser vollständig aufgeklärt worden sei über die Ratenzahlungszuschläge. Sie ist der Ansicht, dass der Kläger den Vertrag nicht nach den Vorschriften über den Verbraucherkredit widerrufen könne. Dies ergebe sich daraus, dass es sich nicht um einen Verbraucherkredit in diesem Sinne handele. Sie ist außerdem der Ansicht, dass der Widerruf durch den Kläger nicht möglich sei, da sie den Vertrag bereits vorher wirksam angefochten habe. Dazu behauptet sie, dass sie durch den Kläger bei Abschluss des Vertrages darüber getäuscht worden sei, dass dieser bereits seit mehreren Jahren an Atemwegsbeschwerden gelitten habe. Dies sei durch den behandelnden Arzt bereits im Jahre 2002 festgestellt worden. Sie dadurch arglistig getäuscht worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorgelegten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Rückzahlung der bereits erbrachten Prämien in Höhe von 2.320,00 €. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus §§ 506 Absatz 1, 3, § 495 Absatz 1, 355, 357 Absatz 1 Satz 1, 346 Absatz 1 BGB neue Fassung.

Einem solchen Rückzahlungsanspruch steht bereits entgegen, dass dem Kläger kein entsprechendes Widerrufsrecht nach diesen Vorschriften zusteht.

Ein Widerrufsrecht gemäß §§ 355, 495, 506 BGB neue Fassung (der bisherige § 499 BGB alte Fassung wurde mit Wirkung vom 11.06.2010 in § 506 BGB neue Fassung umgewandelt und neu gefasst) setzt voraus, dass die Beklagte dem Kläger einen entgeltlichen Zahlungsaufschub in diesem Sinne gewährt hat. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Ein Zahlungsaufschub liegt vor, wenn die vereinbarte Fälligkeit der vom Verbraucher geschuldeten Zahlung abweichend vom dispositiven Recht gegen Entgelt hinaus geschoben wird, um dem Verbraucher die Zahlung des vereinbarten Preises zu erleichtern. Eine bloße Fälligkeitsvereinbarung genügt dafür nicht (Palandt/ Weidenkaff, BGB, 2010, Vorbemerkung von § 499, Randnr. 3). Ein Teilzahlungsgeschäft ist ein Vertrag, der die Lieferung einer bestimmten Sache oder die Erbringung einer bestimmten anderen Leistung gegen Teilzahlung zum Gegenstand hat (§ 506 Absatz 3 BGB neue Fassung).

Vorliegend ist bereits die Anwendung der §§ 495, 506 BGB neue Fassung auf Versicherungsverträge fraglich. Dies ergibt sich daraus, dass nach der Entstehungsgeschichte die verbraucherkreditrechtlichen Vorschriften auf Versicherungsverträge nicht anwendbar sein sollten. Das Verbraucherkreditgesetz, das der Vorläufer der §§ 499 ff. BGB war, enthielt in seiner Begründung den folgenden Hinweis:

"Dauerschuldverhältnisse mit laufenden Zahlungen fallen allerdings nicht schon dann unter den Entwurf, wenn die Tarife nach der Zahlungsweise (monatlich, vierteljährlich usw.) gestaffelt werden, wie dies zum Beispiel bei Versicherungsverträgen angetroffen wird. Bei dieser Tarifgestaltung liegt kein Zahlungsaufschub vor, vielmehr stehen Rabattgesichtspunkte im Vordergrund".

Das Verbraucherkreditgesetz wurde mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in das BGB integriert, ohne dass der Inhalt wesentlich verändert worden ist (Palandt/Weidenkaff, BGB, 2010, Vorbemerkung zu den §§ 491 bis 498, Randnr. 1).

Auch für den vorliegenden Fall ergibt sich nichts anderes. Zwar sollte ausweislich der Vereinbarung in dem Versicherungsschein für eine unterjährliche Zahlung ein Zuschlag durch den Versicherungsnehmer entrichtet werden. Es handelt sich jedoch letztlich nur um eine Frage der Formulierung durch den Versicherer, welche Summe den maßgeblichen Ausgangsbetrag für die Frage bildet, ob ein Rabatt oder ein Zuschlag gewährt wird. Das heißt, es kann in der Sache keinen Unterschied machen, ob für eine jährliche bzw. halbjährliche Zahlungsweise ein Rabatt im Vergleich zu einer monatlichen Zahlungsweise gewährt wird oder ob der Versicherer einen Zuschlag für eine unterjährliche Zahlungsweise erhebt. Eine Differenzierung in rechtlicher Hinsicht kann daran nicht geknüpft werden.

Des Weiteren ergibt sich auch aus der Rechtsprechung des BGH, dass bei Dauerschuldverhältnissen ein Kredit nur unter bestimmten Voraussetzungen angenommen werden kann. Ein Kredit im Sinne des Verbraucherkreditgesetzes liege nur dann vor, wenn dem zur Leistung verpflichteten Vertragspartner, das heißt dem Versicherungsnehmer, Mittel zur Verfügung gestellt würden, über die er ohne die getroffene Ratenzahlungsvereinbarung nicht verfüge (BGH NJW 1996, 457 [BGH 16.11.1995 - I ZR 177/93]). Von einem Zahlungsaufschub im Sinne der §§ 499 ff. BGB könne hingegen nicht gesprochen werden, wenn die im Vertrag vorgesehene Zahlungsvereinbarung in Zeitabschnitten dem dispositiven Recht entspreche oder davon nicht zu Gunsten des Zahlungsverpflichteten abgewichen werde, denn in einem solchen Fall bringe die vertragliche Regelung der Ratenzahlung dem Zahlungsverpflichteten keine wirtschaftliche Besserstellung (BGH a.a.O.).

Diese Rechtsprechung führt im vorliegenden Fall dazu, dass die Vorschriften des §§ 506 Absatz 1, 3 BGB neue Fassung nicht anwendbar sind. Das Versicherungsvertragsgesetz sieht nur für die Erstprämie bzw. eine Einmalprämie eine Fälligkeitsbestimmung vor (§ 33 VVG neue Fassung). Nur durch diese Vorschrift wird die Fälligkeit der Prämie besonders geregelt. Für die laufende Prämienzahlung ist zur Bestimmung der Fälligkeit aus § 271 Absatz 1 BGB abzustellen (OLG Köln, Beschluss vom 9. Juli 2010, Aktenzeichen 20 U 51/10). Die Parteien haben auf Wunsch des Klägers vorliegend eine monatliche Zahlung und damit eine monatliche Fälligkeit der Prämien vertraglich vereinbart. Daraus ergibt sich, dass es sich nicht um einen den Versicherungsnehmer begünstigenden Zahlungsaufschub handelt (vgl. dazu: OLG Köln, a.a.O..; Amtsgericht Charlottenburg, Urteil v. 12.05.2010, Aktenzeichen 229 C 20/10). Auf Grund der zwischen den Parteien getroffenen vertraglichen Vereinbarung ist es gerade nicht so, dass Teilbeträge der Prämien gegen Entgelt später als gesetzlich bestimmt fällig gestellt werden.

Andere Gesichtspunkte, auf Grund derer die Einordnung des vorliegenden Vertrages unter die Vorschriften des Verbraucherkredits vorzunehmen wäre, sind nicht ersichtlich.

Im Ergebnis kann es deshalb dahinstehen, ob ein Widerruf des Vertrages von Seiten des Klägers bereits dadurch ausgeschlossen war, dass die Beklagte den Vertrag wirksam angefochten hat.

Andere Gesichtspunkte, auf Grund derer der Kläger die Rückzahlung der von ihm bereits erbrachten Prämien verlangen kann, werden von Seiten des Klägers nicht vorgetragen.

Mangels Hauptforderung stehen dem Kläger auch keine Nebenforderungen, wie Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, zu.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Absatz 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 2.320,00 €

RechtsgebietBGBVorschriften§ 495 BGB § 506 Abs. 1 BGB