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10.11.2015 · IWW-Abrufnummer 145739

Kammergericht Berlin: Beschluss vom 18.05.2015 – 12 U 124/13

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Kammergericht Berlin

Beschl. v. 18.05.2015

Az.: 12 U 124/13

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Dr. Hollweg-Stapenhorst, die Richterin am Kammergericht Zillmann und den Richter am Kammergericht Spiegel am 18. Mai 2015 b e s c h l o s s e n :
Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

I.

Nach § 513 Absatz 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Klage in der angefochtenen Entscheidung abgewiesen. Das Vorbringen der Klägerin ist auch unter Berücksichtigung ihres Vortrages im zweiten Rechtszug unschlüssig.

1. Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Klägerin sich nicht darauf berufen kann, dass ihre Abrechnung gemäß § 5 Abs. 3 der Vertriebspartnervereinbarung wegen nicht erhobener Einwendungen als anerkannt anzusehen sei. Eine Vereinbarung zwischen Handelsvertreter und Unternehmer, nach der die Provisionsabrechnungen des Unternehmers als anerkannt gelten, wenn der Handelsvertreter nicht innerhalb einer bestimmten Frist Widerspruch erhebt, ist wegen Verstoßes gegen § 87c HGB unwirksam (BGH, Urteil vom 20.09.2006 -VIII ZR 100/05-, hier und nachfolgend zitiert nach juris). In seiner Begründung führt der BGH aus: "Die jahrelange widerspruchslose Hinnahme der Provisionsabrechnungen der Beklagten durch den Kläger ist auch nicht deswegen als Anerkenntnis der Provisionsabrechnungen zu werten, weil dies in Ziffer 5.2. des Versicherungsvertretervertrages so vorgesehen ist. Denn diese Bestimmung ist wegen Verstoßes gegen die zwingende Vorschrift des § 87c HGB unwirksam. Der Annahme eines sich ständig wiederholenden negativen Schuldanerkenntnisses des Handelsvertreters durch Schweigen auf die Provisionsabrechnungen des Unternehmers stehen die dem Schutz des meist wirtschaftlich schwächeren Handelsvertreters dienenden §§ 87a Abs. 5, 87c Abs. 5 HGB entgegen (Senat aaO. unter II 2). Denn diese Annahme führt ebenfalls zu einer gegen die genannten Bestimmungen verstoßenden Beschränkung der Ansprüche des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszugs und Zahlung von Provision für die Zukunft. Sie nötigt ihn, Abrechnungen des Unternehmers künftig zu widersprechen, um insoweit ein (sich ständig wiederholendes) negatives Schuldanerkenntnis zu vermeiden. Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat und auch die Revision nicht verkennt, hat der Bundesgerichtshof deshalb eine Vereinbarung zwischen Handelsvertreter und Unternehmer, nach der dessen Abrechnung mangels Widerspruchs des Handelsvertreters innerhalb einer bestimmten Frist als genehmigt gelten soll, wegen Verstoßes gegen § 87c Abs. 5 HGB als unwirksam angesehen (Urteil vom 20. Februar 1964 - VII ZR 147/62, LM Nr. 4a zu § 87c HGB unter I 3 b bb; vgl. auch Urteil vom 19. November 1982 - I ZR 125/80 = LM Nr. 11 zu § 87a HGB unter I 2 c; Senatsurteil vom 29. November 1995 aaO. unter II 2 b; ebenso OLG München VersR 2004, 470, 471; OLG Koblenz VersR 1980, 623; OLG Karlsruhe BB 1980, 226; OLG Hamm BB 1979, 442). An dieser Rechtsprechung, die auch im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden hat (Ebenroth/Boujong/Joost/Löwisch, HGB, § 87c Rdnr. 50, MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene, § 87c Rdnr. 83, Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, HGB, 2. Aufl., § 87c Rdnr. 20; Hopt, Handelsvertreterrecht, 3. Aufl., § 87c Rdnr. 29), hält der Senat ungeachtet abweichender Auffassungen in Rechtsprechung (OLG Saarbrücken, DB 1985, 2399, OLG Naumburg VersR 1999, 578; LG Frankfurt/Oder VersR 1998, 1238) und Literatur (Müller-Stein, VersR 2001, 830, 831; Segger, VersR 2004, 781, 782; Scherer, BB 1996, 2205, 2209) fest." Diesen Ausführungen schließt der Senat sich an.

2. Zutreffend geht das Landgericht des Weiteren davon aus, dass die Klage auch deshalb unschlüssig ist, weil die Berechnung der Klageforderung weder rechnerisch noch rechtlich nachvollzogen werden kann. Zu Recht führt das Landgericht aus, dass die Klägerin für eine schlüssige Darlegung der Klageforderung die der Saldoberechnung zu Grunde liegenden gegenseitigen Ansprüche und Leistungen im Einzelnen substantiiert hätte vortragen müssen. An einem solchen Vortrag fehlt es auch unter Berücksichtigung der Berufungsbegründung und des Schriftsatzes vom 15. Januar 2015.

a) Die Klägerin hat schon nicht nachvollziehbar dargelegt, in welcher Höhe sie dem Beklagten Vorschüsse gezahlt haben will. Die Klageschrift enthält hierzu keine Angaben, es handelt sich bei ihr ersichtlich um einen für eine Mehrzahl von Fällen nutzbaren Bausteintext, der jeglicher auf den Einzelfall bezogener Substanz entbehrt. Das im Schriftsatz vom 7. Juni 2013 enthaltene Zahlenwerk ist unübersichtlich und zumindest zum Teil auch unverständlich. Welche Vorschüsse die Klägerin wann an den Beklagten gezahlt haben will, lässt sich diesen Zahlen nicht entnehmen. Auf Seite 5 des vorgenannten Schriftsatzes behauptet die Klägerin, sie habe "Auszahlungen an den Beklagten von insgesamt 5.173,38 € geleistet. In ihrem Schriftsatz vom 15. Januar 2015 trägt die Klägerin vor, der Beklagte habe Vorschüsse in Höhe von Insgesamt 10.440,58 € erhalten. Welcher Betrag zutreffend ist und wie sich der zutreffende Betrag zusammensetzt, lässt sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen.

b) Die Klägerin hat auch nicht nachvollziehbar dargelegt, welche Provisionen der Beklagte - vorbehaltlich seiner Stornohaftung - für welche vermittelten Versicherungsverträge "verdient hat". In den im zweiten Rechtszug eingereichten Schriftsätzen legt die Klägerin lediglich dar, mit welchen Beträgen sie den Beklagten aufgrund seiner Stornohaftung belasten will. Den Gesamtbetrag der dem Beklagten zunächst gutgebrachten Provisionen benennt sie ebenso wenig wie die einzelnen Beträge sowie die diesen Beträgen zugrundeliegenden Vermittlungsleistungen des Beklagten.

c) Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, warum und für welchen Zeitraum der Beklagte in Stornofällen zur Rückzahlung der Provision verpflichtet sein soll. Dem mit der Klageschrift eingereichten Vertriebspartnervertrag ist hierzu Konkretes nicht zu entnehmen. Die in diesem Vertrag genannte Anlage 6 liegt dem Gericht nicht vor.

d) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der der Klage zugrundeliegende Saldo den negativen Saldo aus dem Vertragsverhältnis des Beklagten mit der A GmbH & Co. KG enthält. Nach dem Vortrag der Klägerin handelt es sich um einen Betrag von 1.536,84 €. Warum die Klägerin meint, diesen Betrag in ihre Berechnung einstellen zu dürfen, ist der Akte nicht zu entnehmen.

e) Nicht nachvollziehbar dargelegt hat die Klägerin, warum sie dem Beklagten ein "Leistungspaket" in Rechnung stellt, welches nach dem Vortrag des Beklagten einen Betrag von 1.591,17 € ausmacht, nach dem Vortrag der Klägern (507,35 € + 373,60 €=) 880,95 €. Gemäß § 4 Absatz 6 des Vertrages könnte es sich allenfalls um einen Betrag von brutto 297,50 € handeln. Dass der Beklagte überhaupt zur Zahlung verpflichtet ist, hat die Klägerin nicht dargelegt, da die Anlage 4 zum Vertrag nicht eingereicht worden ist.

f) Mit Schriftsatz vom 16. August 2010 hat der Beklagte weiter vorgetragen, die Klägerin habe sein "Kontokorrentmitarbeiterkonto" ohne Rechtsgrund mit einer Position in Höhe von 5.416,73 € belastet. Die Klägerin hat diesen Vortrag weder bestritten noch hat sie einen Rechtsgrund für diese Belastung vorgetragen.

g) Zutreffend weist das Landgericht darauf hin, dass das (aus Sicht des Senats unverständliche) Zahlenwerk in dem Schriftsatz vom 7. Juni 2013 mit einem Betrag von 6.550,72 € endet, die Klägerin sich aber eines Anspruchs in Höhe von 8.699,41 € berühmt. Auch diesen Widerspruch klärt die Klägerin im zweiten Rechtszug nicht auf.

3. Insgesamt zeigen die obigen Ausführungen, die nicht einmal Anspruch auf Vollständigkeit erheben, dass der Vortrag der Klägerin nicht ansatzweise den Anforderungen entspricht, die an eine schlüssige Klage zu stellen sind.

II.

Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, eine Entscheidung des Senats ist zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

III.

Es wird daher angeregt, die Fortführung der Berufung zu überdenken.

IV.

Es ist beabsichtigt, den Streitwert für den zweiten Rechtszug auf 8.699,41€ festzusetzen.

RechtsgebietHGBVorschriften§ 87c HGB