29.07.2020 · IWW-Abrufnummer 217098
Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 15.07.2020 – 20 W 21/20
Verspricht eine Betriebsschließungsversicherung Deckungsschutz für „nur die im Folgenden aufgeführten (vgl. §§ 6 und 7 IfSG)“ Krankheiten und Krankheitserreger, wobei Covid-19 und Sars-Cov-2 (auch sinngemäß) nicht genannt sind, besteht kein Versicherungsschutz bei Betriebsschließungen wegen des neuartigen Corona-Virus. Der Klammerzusatz („vgl. §§ 6 und 7 IfSG“) führt bei diesem Wortlaut nicht etwa zu einer Auslegung dahin, dass „dynamisch“ (auch) auf spätere Änderungen des Infektionsschutzgesetzes verwiesen werde.
Hinweis: Im Streitfall war der Versicherungsvertrag geschlossen vor dem 23. Mai 2020 (In-Kraft-Treten einer Änderung des Infektionsschutzgesetzes) und auch vor der Verordnung über die Ausdehnung der Meldepflicht vom 30. Januar 2020.
In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 16. Juni 2020 auf Kosten der Antragstellerin zurückge-wiesen. Verfahrenswert: 26.962 EUR.
Gründe:
2Zu Recht und mit zutreffenden Gründen hat das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
3Auf den angefochtenen Beschluss (GA 13 ff.) wird Bezug genommen. Die Einwände der Beschwerde (GA 18 ff.), auf die ebenfalls Bezug genommen wird, greifen nicht durch.
41.
5Der geltend gemachte Anspruch auf Leistungen aus der Betriebsschließungsversicherung besteht nicht.
6Die Aufzählung der „versicherten“ Krankheiten und Krankheitserreger in Teil B Nr. 8.2.2 der vereinbarten Bedingungen (GA 3 = S. 3 der Antragsschrift) ist abschließend. Der Wortlaut „nur die im Folgenden aufgeführten (vgl. §§ 6 und 7 IfSG)“ und die anschließende ausführliche Auflistung einer Vielzahl von Krankheiten und Erregern macht dem ‒ für die Auslegung maßgeblichen ‒ durchschnittlichen Versicherungsnehmer deutlich, dass der Versicherer nur für die benannten, vom Versicherer einschätzbaren Risiken einstehen will. Der Hinweis „vgl. §§ 6 und 7 IfSG“ kann vor diesem Hintergrund nicht dahin verstanden werden, dass der Versicherer auch für eine spätere ‒ hier nach Auffassung der Antragstellerin erfolgte ‒ Erweiterung des Gesetzes Versicherungsschutz gewähren würde. Dass der Versicherungsnehmer an einem umfassenden Versicherungsschutz interessiert ist, ist ‒ selbstverständlich ‒ richtig, vermag aber an dieser Auslegung nichts zu ändern.
72.
8Zudem hat ‒ unabhängig davon ‒ das Landgericht zu Recht auch einen Verfügungsgrund verneint. Unter Berücksichtigung aller Umstände wäre ‒ auf der Grundlage des Vortrags der Antragstellerin ‒ eine Vorwegnahme der Hauptsache hier nicht gerechtfertigt.