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22.07.2016 · IWW-Abrufnummer 187419

Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 30.08.2013 – 5 U 38/13

Dieses Quellenmaterial (z. B. Original-Urteil) wurde bereits bei dem Gericht bzw. der Behörde angefordert, es liegt uns aber noch nicht vor.

Bitte versuchen Sie es in wenigen Tagen erneut.


Anmerkung:

Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 23. Januar 2013 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wiesbaden wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus den Entscheidungen vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 44.923,80 € festgesetzt.
Gründe


I.

Die Klägerin verlangt nach ordentlicher Kündigung ihres Versicherungsvertretervertrages in Höhe von 44.923,80 € Handelsvertreterausgleich, den sie auf der Grundlage der Grundsätze-Sach der Versicherungswirtschaft berechnet. Die Parteien streiten im Berufungsverfahren um die ausgleichsrechtliche Beachtlichkeit von sogenannten Verwaltungsboni, die die Klägerin von der Beklagten erhalten hatte. Zu den weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands und den erstinstanzlichen Anträgen wird auf das angefochtene Urteil verwiesen (Bl. 72 bis 78 d.A.), zu der Entscheidungsbegründung und dem Vortrag im Berufungsverfahren auf das Anschreiben des Senats vom 18.6.2013 (Bl. 194 bis 197 d.A.).


Die Klägerin hat den Antrag angekündigt,

    das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

    1.) an die Klägerin 44.923,80 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 1.6.2010 zu bezahlen, sowie

    2.) an die Klägerin vorgerichtliche Kosten in Höhe von 1.641,96 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen, hilfsweise, die Klägerin von dem sich auf 1.641,96 € belaufenden Zahlungsanspruch der RAe A gegen die Klägerin, Kostennote vom 22.6.2012, Rechnungsnummer … aus dem Mandatsvertrag in Sachen der Klägerin gegen die Beklagte freizustellen.



Die Beklagte hat angekündigt zu beantragen,

    die Berufung zurückzuweisen.



II.

Die Berufung ist gemäß § 522 Abs.2 ZPO durch einstimmigen Beschluss des Senats zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und eine Entscheidung durch Urteil weder wegen grundsätzlicher Bedeutung noch zur Rechtsfortbildung bzw. Rechtsvereinheitlichung geboten ist. Auch ist von einer mündlichen Verhandlung keine weitere Erkenntnis zur tatsächlichen und rechtlichen Lage zu erwarten, sodass deren Durchführung nicht geboten war.


Zur Begründung der fehlenden Erfolgsaussicht verweist der Senat auf sein Anschreiben vom 18.6.2013 (Bl. 194 bis 197 d.A.), nicht jedoch auf die hilfsweisen Ausführungen auf Seite 3, letzter Absatz, bis Seite 4, erster Absatz (Bl. 196, 197 d.A.). Der Senat hat nämlich die Berechtigung des Ausgleichsanspruchs zu den sog. DD-Provisionen ungeprüft gelassen, weil ein darauf bezogener Ausgleichsanspruch jedenfalls durch eine Zahlung der Beklagten abgedeckt sei. Dann muss aber unterstellt werden, dass der Anwendungsbereich eines Schätzungsermessens nach § 287 Abs.2 ZPO durch die DD-Provisionen grundsätzlich eröffnet worden ist und damit auch die Heranziehung der Grundsätze-Sach, auf die sich die Klägerin stützt. Eine über die bereits erbrachte Zahlung hinausreichende Schätzung kommt aber trotzdem nicht in Betracht, weil feststeht, dass ein weitergehender Anspruch aus § 89b Abs.1, V HGB nicht gegeben ist. Denn die Klägerin hat keine auszugleichenden Provisionsverluste mit Blick auf die Verwaltungsboni erlitten, weil diese nach den getroffenen Vereinbarungen keine Vergütung für Vermittlungstätigkeit darstellten. Das ist im Ergebnis unabhängig davon, ob man die Provisionsverluste des Versicherungsvertreters zu Folgeprovisionen, wie nach früherem Recht vorgesehen, als Anspruchsvoraussetzung behandelt oder man sie, wie in dem für die Klägerin gültigen neuen Recht geregelt, erst im Rahmen der Billigkeitsprüfung berücksichtigt.


Der Senat bleibt bei seinen bisherigen Ausführungen, soweit die Auslegung der Grundsätze-Sach und die Zuordnung der sogenannten Verwaltungsboni zu den dortigen Kriterien betroffen ist. Die ausgezahlten Verwaltungsboni sind im Rahmen der Ausgleichsschätzung unbeachtliche Zuschüsse iSd. Abschnitt I 4 der Grundsätze. Danach werden Zuschüsse und zusätzliche Vergütungen nicht berücksichtigt. Der BGH hat in der Entscheidung vom 23.11.2011 (VIII ZR 203/10 - NJW-RR 2012, 674, Rz. 41) allerdings darauf hingewiesen, dass die in den Folgeprovisionen enthaltenen Anteile für ausgleichsrechtlich grundsätzlich irrelevante Verwaltungsprovisionen gemäß den Grundsätzen-Sach durch die dort vorgesehene prozentuale Kürzung des Ausgleichswerts (Grundsätze-Sach I 3) in der Berechnung eliminiert werden. Zahlungen, die von vorne herein ausschließlich als Verwaltungsvergütung erkennbar sind, sind dementsprechend bei der Ermittlung des Ausgleichswerts von vorne herein nach Abschnitt I 4 ausgenommen, Sie werden in die Pauschalierung - dem Zweck der Grundsätze gemäß - erst gar nicht einbezogen.


Das trifft für die Verwaltungsboni zu. Es ist, worauf der Senat schon hingewiesen hat, nun einmal in der Anlage 1 zum Landesdirektorenvertrag ausdrücklich zwischen den Parteien vereinbart worden (Anl. K 2), dass der Verwaltungsbonus "eine Vergütung für die Verwaltung des Kundenbestandes" sein soll. Auch die Berechnungsstruktur der Verwaltungsboni, also die Zahlung unabhängig von einzelnen Verträgen, deutet auf die ausschließliche Zuordnung zu Verwaltungstätigkeiten hin. Wesentliche neue Aspekte zur Auslegung der entsprechenden Regelung der Grundsätze-Sach sind von der Klägerin mit ihrer Gegenerklärung nicht vorgebracht.


Die Entscheidung hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs.2 Ziff.2 ZPO), sodass dazu ein Urteil und eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs.2 Ziff.1 ZPO nicht geboten waren. Denn eine klärungsbedürftige Rechtsfrage mit Auswirkung für eine unbestimmte Vielzahl von anderen Fällen liegt nicht vor. Es geht um die Auslegung einer Vereinbarung der Versicherungswirtschaft und die darauf bezogene Zuordnung einer nur für einige Vertreter der Beklagten vereinbarten Vergütungsregelung.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10 und 711 ZPO.