17.08.2016 · IWW-Abrufnummer 188069
Sozialgericht Berlin: Urteil vom 23.12.2015 – S 112 KR 764/14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Sozialgericht Berlin
Urt. v. 23.12.2015
Az.: S 112 KR 764/14
Tenor:
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 16. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2014 verurteilt, an den Kläger 97,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von vier Prozent seit dem 1. Februar 2014 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Sprungrevision wird zugelassen, soweit der Klage stattgegeben worden ist. Im Übrigen werden Rechtsmittel nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die beklagte Einzugsstelle dem Kläger Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeberanteil) erstatten muss, die auf den Arbeitnehmeranteil von Gesamtversicherungsbeiträgen an die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) entrichtet wurden.
Der das klagende Land vertretende Eigenbetrieb erbringt operative Dienstleistungen im Rahmen der Unterhaltung und Bewirtschaftung von landeseigenen Berliner Liegenschaften. Die Beigeladenen sind Beschäftigte des Landesbetriebes. Sie waren ab Februar 2009 im Tarifgebiet Ost beschäftigt und bei der Beklagten krankenversichert. Für beide Arbeitnehmer besteht auf arbeits- und tarifvertraglicher Grundlage eine Zusatzversorgung bei der VBL ("Pflichtversicherung"). Vom Gesamtversicherungsbeitrag zur kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung im Abrechnungsverband Ost haben sie die Hälfte zu tragen (Arbeitnehmerbeitrag). Auf diesen Anteil, den der Arbeitgeber an die VBL abführt, wurden bis Ende 2012 Steuern und Sozialversicherungsbeiträge gezahlt. An Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung entfielen auf den Beigeladenen zu 1) in der Zeit von Februar bis Dezember 2009 insgesamt 65,16 EUR (Krankenversicherung 23,97 EUR, Pflegeversicherung 3,31 EUR, Rentenversicherung 33,19 EUR und Arbeitslosenversicherung 4,69 EUR). Für die Arbeitnehmerbeiträge der Beigeladenen zu 2) zur VBL-Ost trug der klagende Arbeitgeber im gleichen Zeitraum - ohne die Beiträge zur Krankenversicherung - insgesamt 31,94 EUR an Sozialversicherungsbeiträgen (Pflegeversicherung 2,54 EUR, Rentenversicherung 25,79 EUR und Arbeitslosenversicherung 3,61 EUR).
Der Kläger beantragte im Dezember 2013 bei der Beklagten unter Hinweis auf ein Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) die Erstattung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen auf die VBL-Beitragsanteile der Beigeladenen. Die Anträge waren unbeziffert und ausdrücklich beschränkt auf das Kalenderjahr 2009. Die Beklagte lehnte die Anträge für Zeiträume bis einschließlich 2010 ab. Eine Erstattung sei nicht möglich, wenn die Steuerfreiheit erst nachträglich im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung beantragt worden sei und der Arbeitnehmer diese erhalten habe.
Angesichts der erst Ende 2011 bekannt gewordenen Umsetzungshinweise der Finanzverwaltung sei eine Korrektur der steuerlichen Behandlung der Eigenbeiträge des Arbeitnehmers nicht mehr im Rahmen der Entgeltabrechnung, sondern nur im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung möglich gewesen. Eine Beitragserstattung scheide daher für die Jahre 2010 und früher regelmäßig aus (Bescheid vom 16. Januar 2014, Widerspruchsbescheid vom 3. April 2014).
Mit der Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass die in Rede stehenden Finanzierungsanteile kein sozialversicherungspflichtiges Entgelt seien. Das notwendige Feststellungsinteresse sei u. a. wegen des Risikos von Nachforderungen im Rahmen einer Betriebsprüfung auch aktuell noch gegeben. Der Kläger verlangt ferner die Erstattung des Arbeitgeberanteils an den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen auf die VBL-Finanzierungsanteile für den Beitragszeitraum Februar bis Dezember 2009 in Höhe von zusammen 97,10 EUR (65,16 EUR + 31,94 EUR). Die Sozialversicherungsbeiträge seien insoweit zu Unrecht entrichtet worden, da der Arbeitnehmerbeitrag zur VBL-Pflichtversicherung Ost nicht dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen sei. Zur weiteren Darstellung des klägerischen Vorbringens wird auf die Klagebegründung vom 16. Oktober 2014 sowie auf die Ausführungen in den Schriftsätzen vom 13. November 2015 und 21. Dezember 2015 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2014 aufzuheben und festzustellen, dass die im Gesamtversicherungsbeitrag zur kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung enthaltenen Anteile der Beigeladenen, die der Kläger an die VBL abführt, bis zur Höhe von insgesamt jährlich 4% der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung kein - hilfsweise: teilweise kein - sozialversicherungspflichtiges Entgelt sind, solange die Beigeladenen keine Förderung nach § 3 Nr. 63 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) in Anspruch nehmen,
2. die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 16. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2014 zu verurteilen, an den Kläger 97,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von vier Prozent seit dem 1. Februar 2014 zu zahlen,
3. die Sprungrevision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
1. die Klage abzuweisen,
2. die Sprungrevision, hilfsweise die Berufung zuzulassen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Die in Rede stehenden Zahlungen seien als Zukunftssicherungsleistungen Teil des Arbeitslohnes.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Während des Klageverfahrens hat die Beklagte durch Bescheid vom 20. Januar 2015 und Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2015 den den Beigeladenen zu 1) betreffenden Erstattungsantrag für 2010 abgelehnt. Wegen der dagegen im hiesigen Verfahren erhobenen Anfechtungsklage haben die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 einen Teilverfahrensvergleich geschlossen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens und zur Ergänzung des Sachverhalts wird schließlich Bezug genommen auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der den klägerischen Erstattungsantrag betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten. Vorgelegen hat außerdem die Personalakte der Beigeladenen zu 2).
Entscheidungsgründe
Gegenstand des Klageverfahrens ist nurmehr der Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2014, nachdem die Beteiligten betreffend den Bescheid vom 20. Januar 2015/Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2015 einen Verfahrensvergleich geschlossen und den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Die Klage hat Erfolg, soweit mit ihr die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 97,10 EUR begehrt wird (dazu 2.). Der Feststellungsantrag ist dagegen unzulässig (dazu 1.).
1. Mit der Feststellungsklage kann nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Unter Abs. 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfange Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind (§ 55 Abs. 2 SGG). Ein Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens des den Gegenstand des Prozesses bildenden Rechtsverhältnisses ist regelmäßig zu verneinen, wenn der Kläger seine Rechte mit einer Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), stv. Urteil vom 20. November 2001 - B 1 KR 31/00 R -, SozR 3-5915 § 3 Nr. 1; Urteil vom 25. März 2003 - B 1 KR 29/02 R -, SozR 4-1500 § 55 Nr. 1; Keller, in: Meyer-Ladewig u. a., SGG, 11. Aufl. 2014, § 55, Rn. 19a). So liegt es hier. Im Rahmen der streitgegenständlichen Leistungsklage (Klageantrag zu 2.) ist über die Rechtsfragen zu entscheiden, die der begehrten (Zwischen)Feststellung zu Grunde liegen. Ein darüber hinausgehendes Feststellungsinteresse ist nicht erkennbar. Die vom Kläger behauptete Vorgreiflichkeit des Feststellungsbegehrens für Anmeldezeiträume bis Dezember 2012 ist nicht gegeben. Rechtsunsicherheiten beim Beitragseinzug bestehen seit 2013 nicht mehr. Dem vom Kläger vorgebrachten Risiko möglicher Nachforderungen im Rahmen von zukünftigen Betriebsprüfungen kann mit der Entscheidung über die Leistungsklage ausreichend begegnet werden. Wegen der von allen Sozialleistungsträgern zu erwartenden Rechtstreue bewirkt die Verurteilung zur Erstattung eine faktisch über den Einzelfall hinausreichende Bindung.
2. Der Kläger verfolgt das bezifferte Erstattungsbegehren zulässigerweise mit der kombinierten (Teil-)Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG). Diese Klage ist auch begründet.
Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch ist § 26 Abs. 2 Halbsatz 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV). Nach § 26 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB IV (i. d. F. des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl I 2330, 2331) sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten. Gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB IV (i. d. F. desselben Gesetzes) steht der Erstattungsanspruch demjenigen zu, der die Beiträge getragen hat. Die vom Kläger (u. a.) für die Zeit vom 1. Februar 2009 bis 31. Dezember 2009 auf Finanzierungsanteile der Beigeladenen am Gesamtversicherungsbeitrag zur kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung gezahlten Arbeitgeber- bzw. Arbeitnehmersozialversicherungsbeiträge sind zu Unrecht entrichtet worden. Sie sind als steuerfreie Arbeitgeberbeiträge auch beitragsfrei. Über die aus § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG folgende Steuerfreiheit der VBL-Finanzierungsanteile der Beigeladenen besteht zwischen den Beteiligten im Lichte des BFH-Urteils vom 9. Dezember 2010 - VI R 57/08 - (BFHE 232, 158 ff.) zu Recht kein Streit. Geklärt ist zudem, dass Ausschlussgründe nach § 3 Nr. 63 Satz 2 EStG bei den Beigeladenen im streitbetroffenen Zeitraum nicht vorliegen.
Aufgrund der Steuerfreiheit gehören die Finanzierungsanteile der Beigeladenen am Gesamtversicherungsbeitrag nicht zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt. Sie unterfallen zwar dem Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Diese weite positive Geltungsanordnung erfährt jedoch zahlreiche Einschränkungen durch die auf der Grundlage von § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB IV erlassene Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (Sozialversicherungsentgeltverordnung - SvEV) vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3385). So regelt § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 SvEV in ermächtigungskonformer Weise, dass steuerfreie Zuwendungen an Pensionskassen, Pensionsfonds oder Direktversicherungen nach § 3 Nr. 63 Satz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes bis zu einer bestimmten Höhe nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind. Bei § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 SvEV handelt es sich um einen verweisenden Rechtssatz, konkret um einen solchen, der in seinem Tatbestand auf den eines anderen verweist. Mit der ausdrücklichen tatbestandsmäßigen Verweisung auf "steuerfreie Zuwendungen nach § 3 Nr. 63 Satz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes" bringt der Verordnungsgeber zum Ausdruck, dass die Steuerfreiheit einer Zuwendung stets ihre Zurechnung zum sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt ausschließt. Die mit der erwähnten BFH-Entscheidung und dem Rundschreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 25. November 2011 geklärte Steuerfreiheit der in Rede stehenden Arbeitnehmer-Finanzierungsanteile hat deswegen gleichzeitig ihre sozialversicherungsrechtliche Beitragsfreiheit zur Folge.
Hiervon ist vorliegend keine Ausnahme zu machen. Zwar bestimmt § 1 Abs. 1 Satz 2 SvEV, dass (u. a.) die in Nr. 9 a. a. O. genannten Zuwendungen dem Arbeitsentgelt nur dann nicht zuzurechnen sind, soweit diese vom Arbeitgeber oder von einem Dritten mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum lohnsteuerfrei belassen oder pauschal besteuert werden. Diese einschränkende Bestimmung ist jedoch erst durch den am 22. April 2015 in Kraft getretenen Art. 13 des Fünften Gesetzes zur Änderung des SGB IV (BGBl. I S. 583) eingefügt worden und erfasst den zu beurteilenden Sachverhalt mithin schon in zeitlicher Hinsicht nicht. Dem hier maßgeblichen Recht lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch kein ungeschriebener Grundsatz entnehmen, wonach die Beitragsfreiheit nur bei lohnsteuerfreier Behandlung durch den Arbeitgeber gegeben ist. Die 15. Kammer des Sozialgerichts Dresden hat im Urteil vom 8. Juli 2015 - S 15 KR 1000/12 - [...], Rdnrn. 39 ff., ausführlich begründet, dass und warum der SvEV ein solcher Grundsatz zuvor nicht immanent war und sich auch aus anderen Rechtssätzen nicht ergab. Die erkennende Kammer hält diese Ausführungen nach eigener Prüfung für überzeugend, schließt sich ihnen an und verweist darauf.
Die erhobenen Erstattungsansprüche scheitern nicht an den Verfallklauseln des § 26 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB IV. Nach den im Klageverfahren getroffenen Feststellungen haben die Träger der Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs keine erstattungsschädlichen Leistungen an die Beigeladenen erbracht. Derartige Leistungen waren von diesen Trägern auch nicht zu erbringen. Das gleiche gilt betreffend den Beigeladenen zu 1) für die Beklagte als Trägerin der Krankenversicherung. Betreffend die Beigeladene zu 2), die 2009 zeitweise Krankengeld bzw. Kinderpflegekrankengeld bezogen hatte, macht der Kläger keine Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen geltend.
Gegenüber den Erstattungsansprüchen hat die Beklagte die Einrede der Verjährung nicht ausgeübt. Dieses Einrederecht besteht vorliegend auch nicht. Für die Verjährung ist § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV maßgeblich. Danach verjährt der Erstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Ansprüche wegen der 2009 entrichteten Beiträge wären mit Ablauf des Jahres 2013 verjährt. Die Verjährung wurde jedoch gehemmt durch die noch im Dezember 2013 bei der Beklagten eingegangenen schriftlichen Erstattungsanträge des Klägers sowie durch den von ihm erhobenen Widerspruch (vgl. § 27 Abs. 3 Satz 2 SGB IV) bzw. durch die 2014 erfolgte Klageerhebung (vgl. § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB IV i. V. m. § 204 Abs. 1 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch).
Die Erstattungsansprüche sind in der zuletzt geltend gemachten Höhe begründet. Die Beklagte hat die Richtigkeit der vom Kläger im Klageverfahren schließlich sorgfältig vorgenommenen Bezifferung der Erstattungsansprüche für 2009 geprüft und bestätigt. Auch das Gericht sieht keinen Anlass, an den Berechnungsergebnissen zu zweifeln. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 27 Abs. 1 Satz 1 Regelung 1 SGB IV.
Damit schuldet die Beklagte als Krankenkasse die Erstattung der entrichteten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Zugleich hat sie als Einzugsstelle die Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu erstatten (vgl. Ziffer 4.3.1. der Gemeinsamen Grundsätze der Spitzenverbände der Krankenkassen, der Deutschen Rentenversicherung Bund sowie die Bundesagentur für Arbeit für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aus einer Beschäftigung vom 21. November 2006). Ausschließliche Zuständigkeiten nach Ziff. 4.3.2. oder 4.3.3. der genannten Grundsätze sind nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 155 Abs. 1 Satz 1 Regelung 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Das Gericht hat die Sprungrevision zugelassen, jedoch beschränkt auf die bezifferte (kombinierte Teilanfechtungs- und) Leistungsklage (Antrag zu 2.). Insoweit hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 161 Abs. 2 i. V. m. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG), weil zahlreiche Krankenkassen in gleichgelagerten Fällen die Erstattung unter Berufung auf das der Position der Beklagten zu Grunde liegende Besprechungsergebnis des GKV-Spitzenverbandes vom 14./15. November 2012 sowie das Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes vom 29. Mai 2013 verweigern. Im Übrigen, d. h. betreffend den - wertbedingt ebenfalls zulassungspflichtigen - Feststellungsantrag, liegen weder Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 144 Abs. 2 SGG) noch für eine Zulassung der Sprungrevision vor.
Urt. v. 23.12.2015
Az.: S 112 KR 764/14
Tenor:
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 16. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2014 verurteilt, an den Kläger 97,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von vier Prozent seit dem 1. Februar 2014 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Sprungrevision wird zugelassen, soweit der Klage stattgegeben worden ist. Im Übrigen werden Rechtsmittel nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die beklagte Einzugsstelle dem Kläger Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeberanteil) erstatten muss, die auf den Arbeitnehmeranteil von Gesamtversicherungsbeiträgen an die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) entrichtet wurden.
Der das klagende Land vertretende Eigenbetrieb erbringt operative Dienstleistungen im Rahmen der Unterhaltung und Bewirtschaftung von landeseigenen Berliner Liegenschaften. Die Beigeladenen sind Beschäftigte des Landesbetriebes. Sie waren ab Februar 2009 im Tarifgebiet Ost beschäftigt und bei der Beklagten krankenversichert. Für beide Arbeitnehmer besteht auf arbeits- und tarifvertraglicher Grundlage eine Zusatzversorgung bei der VBL ("Pflichtversicherung"). Vom Gesamtversicherungsbeitrag zur kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung im Abrechnungsverband Ost haben sie die Hälfte zu tragen (Arbeitnehmerbeitrag). Auf diesen Anteil, den der Arbeitgeber an die VBL abführt, wurden bis Ende 2012 Steuern und Sozialversicherungsbeiträge gezahlt. An Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung entfielen auf den Beigeladenen zu 1) in der Zeit von Februar bis Dezember 2009 insgesamt 65,16 EUR (Krankenversicherung 23,97 EUR, Pflegeversicherung 3,31 EUR, Rentenversicherung 33,19 EUR und Arbeitslosenversicherung 4,69 EUR). Für die Arbeitnehmerbeiträge der Beigeladenen zu 2) zur VBL-Ost trug der klagende Arbeitgeber im gleichen Zeitraum - ohne die Beiträge zur Krankenversicherung - insgesamt 31,94 EUR an Sozialversicherungsbeiträgen (Pflegeversicherung 2,54 EUR, Rentenversicherung 25,79 EUR und Arbeitslosenversicherung 3,61 EUR).
Der Kläger beantragte im Dezember 2013 bei der Beklagten unter Hinweis auf ein Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) die Erstattung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen auf die VBL-Beitragsanteile der Beigeladenen. Die Anträge waren unbeziffert und ausdrücklich beschränkt auf das Kalenderjahr 2009. Die Beklagte lehnte die Anträge für Zeiträume bis einschließlich 2010 ab. Eine Erstattung sei nicht möglich, wenn die Steuerfreiheit erst nachträglich im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung beantragt worden sei und der Arbeitnehmer diese erhalten habe.
Angesichts der erst Ende 2011 bekannt gewordenen Umsetzungshinweise der Finanzverwaltung sei eine Korrektur der steuerlichen Behandlung der Eigenbeiträge des Arbeitnehmers nicht mehr im Rahmen der Entgeltabrechnung, sondern nur im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung möglich gewesen. Eine Beitragserstattung scheide daher für die Jahre 2010 und früher regelmäßig aus (Bescheid vom 16. Januar 2014, Widerspruchsbescheid vom 3. April 2014).
Mit der Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass die in Rede stehenden Finanzierungsanteile kein sozialversicherungspflichtiges Entgelt seien. Das notwendige Feststellungsinteresse sei u. a. wegen des Risikos von Nachforderungen im Rahmen einer Betriebsprüfung auch aktuell noch gegeben. Der Kläger verlangt ferner die Erstattung des Arbeitgeberanteils an den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen auf die VBL-Finanzierungsanteile für den Beitragszeitraum Februar bis Dezember 2009 in Höhe von zusammen 97,10 EUR (65,16 EUR + 31,94 EUR). Die Sozialversicherungsbeiträge seien insoweit zu Unrecht entrichtet worden, da der Arbeitnehmerbeitrag zur VBL-Pflichtversicherung Ost nicht dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen sei. Zur weiteren Darstellung des klägerischen Vorbringens wird auf die Klagebegründung vom 16. Oktober 2014 sowie auf die Ausführungen in den Schriftsätzen vom 13. November 2015 und 21. Dezember 2015 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2014 aufzuheben und festzustellen, dass die im Gesamtversicherungsbeitrag zur kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung enthaltenen Anteile der Beigeladenen, die der Kläger an die VBL abführt, bis zur Höhe von insgesamt jährlich 4% der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung kein - hilfsweise: teilweise kein - sozialversicherungspflichtiges Entgelt sind, solange die Beigeladenen keine Förderung nach § 3 Nr. 63 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) in Anspruch nehmen,
2. die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 16. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2014 zu verurteilen, an den Kläger 97,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von vier Prozent seit dem 1. Februar 2014 zu zahlen,
3. die Sprungrevision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
1. die Klage abzuweisen,
2. die Sprungrevision, hilfsweise die Berufung zuzulassen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Die in Rede stehenden Zahlungen seien als Zukunftssicherungsleistungen Teil des Arbeitslohnes.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Während des Klageverfahrens hat die Beklagte durch Bescheid vom 20. Januar 2015 und Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2015 den den Beigeladenen zu 1) betreffenden Erstattungsantrag für 2010 abgelehnt. Wegen der dagegen im hiesigen Verfahren erhobenen Anfechtungsklage haben die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 einen Teilverfahrensvergleich geschlossen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens und zur Ergänzung des Sachverhalts wird schließlich Bezug genommen auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der den klägerischen Erstattungsantrag betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten. Vorgelegen hat außerdem die Personalakte der Beigeladenen zu 2).
Entscheidungsgründe
Gegenstand des Klageverfahrens ist nurmehr der Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2014, nachdem die Beteiligten betreffend den Bescheid vom 20. Januar 2015/Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2015 einen Verfahrensvergleich geschlossen und den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Die Klage hat Erfolg, soweit mit ihr die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 97,10 EUR begehrt wird (dazu 2.). Der Feststellungsantrag ist dagegen unzulässig (dazu 1.).
1. Mit der Feststellungsklage kann nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Unter Abs. 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfange Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind (§ 55 Abs. 2 SGG). Ein Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens des den Gegenstand des Prozesses bildenden Rechtsverhältnisses ist regelmäßig zu verneinen, wenn der Kläger seine Rechte mit einer Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), stv. Urteil vom 20. November 2001 - B 1 KR 31/00 R -, SozR 3-5915 § 3 Nr. 1; Urteil vom 25. März 2003 - B 1 KR 29/02 R -, SozR 4-1500 § 55 Nr. 1; Keller, in: Meyer-Ladewig u. a., SGG, 11. Aufl. 2014, § 55, Rn. 19a). So liegt es hier. Im Rahmen der streitgegenständlichen Leistungsklage (Klageantrag zu 2.) ist über die Rechtsfragen zu entscheiden, die der begehrten (Zwischen)Feststellung zu Grunde liegen. Ein darüber hinausgehendes Feststellungsinteresse ist nicht erkennbar. Die vom Kläger behauptete Vorgreiflichkeit des Feststellungsbegehrens für Anmeldezeiträume bis Dezember 2012 ist nicht gegeben. Rechtsunsicherheiten beim Beitragseinzug bestehen seit 2013 nicht mehr. Dem vom Kläger vorgebrachten Risiko möglicher Nachforderungen im Rahmen von zukünftigen Betriebsprüfungen kann mit der Entscheidung über die Leistungsklage ausreichend begegnet werden. Wegen der von allen Sozialleistungsträgern zu erwartenden Rechtstreue bewirkt die Verurteilung zur Erstattung eine faktisch über den Einzelfall hinausreichende Bindung.
2. Der Kläger verfolgt das bezifferte Erstattungsbegehren zulässigerweise mit der kombinierten (Teil-)Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG). Diese Klage ist auch begründet.
Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch ist § 26 Abs. 2 Halbsatz 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV). Nach § 26 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB IV (i. d. F. des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl I 2330, 2331) sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten. Gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB IV (i. d. F. desselben Gesetzes) steht der Erstattungsanspruch demjenigen zu, der die Beiträge getragen hat. Die vom Kläger (u. a.) für die Zeit vom 1. Februar 2009 bis 31. Dezember 2009 auf Finanzierungsanteile der Beigeladenen am Gesamtversicherungsbeitrag zur kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung gezahlten Arbeitgeber- bzw. Arbeitnehmersozialversicherungsbeiträge sind zu Unrecht entrichtet worden. Sie sind als steuerfreie Arbeitgeberbeiträge auch beitragsfrei. Über die aus § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG folgende Steuerfreiheit der VBL-Finanzierungsanteile der Beigeladenen besteht zwischen den Beteiligten im Lichte des BFH-Urteils vom 9. Dezember 2010 - VI R 57/08 - (BFHE 232, 158 ff.) zu Recht kein Streit. Geklärt ist zudem, dass Ausschlussgründe nach § 3 Nr. 63 Satz 2 EStG bei den Beigeladenen im streitbetroffenen Zeitraum nicht vorliegen.
Aufgrund der Steuerfreiheit gehören die Finanzierungsanteile der Beigeladenen am Gesamtversicherungsbeitrag nicht zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt. Sie unterfallen zwar dem Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Diese weite positive Geltungsanordnung erfährt jedoch zahlreiche Einschränkungen durch die auf der Grundlage von § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB IV erlassene Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (Sozialversicherungsentgeltverordnung - SvEV) vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3385). So regelt § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 SvEV in ermächtigungskonformer Weise, dass steuerfreie Zuwendungen an Pensionskassen, Pensionsfonds oder Direktversicherungen nach § 3 Nr. 63 Satz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes bis zu einer bestimmten Höhe nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind. Bei § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 SvEV handelt es sich um einen verweisenden Rechtssatz, konkret um einen solchen, der in seinem Tatbestand auf den eines anderen verweist. Mit der ausdrücklichen tatbestandsmäßigen Verweisung auf "steuerfreie Zuwendungen nach § 3 Nr. 63 Satz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes" bringt der Verordnungsgeber zum Ausdruck, dass die Steuerfreiheit einer Zuwendung stets ihre Zurechnung zum sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt ausschließt. Die mit der erwähnten BFH-Entscheidung und dem Rundschreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 25. November 2011 geklärte Steuerfreiheit der in Rede stehenden Arbeitnehmer-Finanzierungsanteile hat deswegen gleichzeitig ihre sozialversicherungsrechtliche Beitragsfreiheit zur Folge.
Hiervon ist vorliegend keine Ausnahme zu machen. Zwar bestimmt § 1 Abs. 1 Satz 2 SvEV, dass (u. a.) die in Nr. 9 a. a. O. genannten Zuwendungen dem Arbeitsentgelt nur dann nicht zuzurechnen sind, soweit diese vom Arbeitgeber oder von einem Dritten mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum lohnsteuerfrei belassen oder pauschal besteuert werden. Diese einschränkende Bestimmung ist jedoch erst durch den am 22. April 2015 in Kraft getretenen Art. 13 des Fünften Gesetzes zur Änderung des SGB IV (BGBl. I S. 583) eingefügt worden und erfasst den zu beurteilenden Sachverhalt mithin schon in zeitlicher Hinsicht nicht. Dem hier maßgeblichen Recht lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch kein ungeschriebener Grundsatz entnehmen, wonach die Beitragsfreiheit nur bei lohnsteuerfreier Behandlung durch den Arbeitgeber gegeben ist. Die 15. Kammer des Sozialgerichts Dresden hat im Urteil vom 8. Juli 2015 - S 15 KR 1000/12 - [...], Rdnrn. 39 ff., ausführlich begründet, dass und warum der SvEV ein solcher Grundsatz zuvor nicht immanent war und sich auch aus anderen Rechtssätzen nicht ergab. Die erkennende Kammer hält diese Ausführungen nach eigener Prüfung für überzeugend, schließt sich ihnen an und verweist darauf.
Die erhobenen Erstattungsansprüche scheitern nicht an den Verfallklauseln des § 26 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB IV. Nach den im Klageverfahren getroffenen Feststellungen haben die Träger der Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs keine erstattungsschädlichen Leistungen an die Beigeladenen erbracht. Derartige Leistungen waren von diesen Trägern auch nicht zu erbringen. Das gleiche gilt betreffend den Beigeladenen zu 1) für die Beklagte als Trägerin der Krankenversicherung. Betreffend die Beigeladene zu 2), die 2009 zeitweise Krankengeld bzw. Kinderpflegekrankengeld bezogen hatte, macht der Kläger keine Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen geltend.
Gegenüber den Erstattungsansprüchen hat die Beklagte die Einrede der Verjährung nicht ausgeübt. Dieses Einrederecht besteht vorliegend auch nicht. Für die Verjährung ist § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV maßgeblich. Danach verjährt der Erstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Ansprüche wegen der 2009 entrichteten Beiträge wären mit Ablauf des Jahres 2013 verjährt. Die Verjährung wurde jedoch gehemmt durch die noch im Dezember 2013 bei der Beklagten eingegangenen schriftlichen Erstattungsanträge des Klägers sowie durch den von ihm erhobenen Widerspruch (vgl. § 27 Abs. 3 Satz 2 SGB IV) bzw. durch die 2014 erfolgte Klageerhebung (vgl. § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB IV i. V. m. § 204 Abs. 1 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch).
Die Erstattungsansprüche sind in der zuletzt geltend gemachten Höhe begründet. Die Beklagte hat die Richtigkeit der vom Kläger im Klageverfahren schließlich sorgfältig vorgenommenen Bezifferung der Erstattungsansprüche für 2009 geprüft und bestätigt. Auch das Gericht sieht keinen Anlass, an den Berechnungsergebnissen zu zweifeln. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 27 Abs. 1 Satz 1 Regelung 1 SGB IV.
Damit schuldet die Beklagte als Krankenkasse die Erstattung der entrichteten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Zugleich hat sie als Einzugsstelle die Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu erstatten (vgl. Ziffer 4.3.1. der Gemeinsamen Grundsätze der Spitzenverbände der Krankenkassen, der Deutschen Rentenversicherung Bund sowie die Bundesagentur für Arbeit für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aus einer Beschäftigung vom 21. November 2006). Ausschließliche Zuständigkeiten nach Ziff. 4.3.2. oder 4.3.3. der genannten Grundsätze sind nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 155 Abs. 1 Satz 1 Regelung 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Das Gericht hat die Sprungrevision zugelassen, jedoch beschränkt auf die bezifferte (kombinierte Teilanfechtungs- und) Leistungsklage (Antrag zu 2.). Insoweit hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 161 Abs. 2 i. V. m. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG), weil zahlreiche Krankenkassen in gleichgelagerten Fällen die Erstattung unter Berufung auf das der Position der Beklagten zu Grunde liegende Besprechungsergebnis des GKV-Spitzenverbandes vom 14./15. November 2012 sowie das Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes vom 29. Mai 2013 verweigern. Im Übrigen, d. h. betreffend den - wertbedingt ebenfalls zulassungspflichtigen - Feststellungsantrag, liegen weder Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 144 Abs. 2 SGG) noch für eine Zulassung der Sprungrevision vor.