03.04.2017 · IWW-Abrufnummer 192960
Finanzgericht Köln: Urteil vom 07.12.2016 – 2 K 3652/14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln
2 K 3652/14
Tenor:
Der Feuerschutzsteuerbescheid für Dezember 2013 vom 5. Februar 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. November 2014 wird dahingehend geändert, dass die Steuerfestsetzung unter B. bzgl. der Feuerschutzsteuernachforderung gemäß Prüfungsbericht vom 20. Dezember 2013 für den Prüfungszeitraum 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 auf ... € herabgesetzt wird.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf ...,-- € festgesetzt.
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Tatbestand
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Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Feuerschutzsteuerbescheides und hierbei insbesondere um die Frage, ob die von der Klägerin im Streitzeitraum angebotenen Wohngebäudeversicherungen, bei denen das Feuerrisiko nicht abgesichert ist, der Feuerschutzsteuer unterliegen.
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Die Klägerin bietet unter anderem sog. verbundene Wohngebäudeversicherungen an, bei denen ein Feuerrisiko nicht mit abgesichert ist. Hinsichtlich dieser Versicherungen wurde im Streitzeitraum Versicherungsteuer angemeldet und abgeführt, nicht jedoch Feuerschutzsteuer.
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Der Beklagte führte bei der Klägerin aufgrund der Prüfungsanordnungen vom 26. März 2012 und vom 8. Mai 2012 eine Versicherungsteuer- und Feuerschutzsteueraußenprüfung für den Zeitraum Januar 2008 bis Dezember 2011 durch. Im Rahmen dieserAußenprüfung kam der Betriebsprüfer des Beklagten – unter Bezugnahme auf das BMF‑Schreiben vom 12. Mai 2010 (Bundessteuerblatt I 2010, S. 544) – zu der Feststellung, dass die von der Klägerin im Zeitraum Juli bis Dezember 2011 angebotenen Wohngebäudeversicherungen, bei denen das Feuerrisiko nicht mit abgesichert ist, der Feuerschutzsteuerpflicht zu unterwerfen seien (vgl. wegen der Einzelheiten den Feuerschutzsteuer-Außenprüfungsbericht vom 20. Dezember 2013, Textziffer B I. 7 und II. 4, Bl. 16, 20 der Verwaltungsakte -VA-).
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Im Anschluss an die im Betriebsprüfungsbericht niedergelegten Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte sodann mit Datum vom 5. Februar 2014 einen Feuerschutzsteuerbescheid nach § 9 Abs. 4 Feuerschutzsteuergesetz (FeuerschStG) für den Monat Dezember 2013 (Bl. 19 der Gerichtsakte -GA- sowie Bl. 8 der VA). In diesem Bescheid erfolgte neben der Festsetzung des von der Klägerin mit der eingereichten Steueranmeldung vom 14. Januar 2014 für Dezember 2013 erklärten Steuerbetrags in Höhe von ... € (Steuerfestsetzung unter A.) zusätzlich die Steuerfestsetzung gemäß Prüfungsbericht vom 20. Dezember 2013 für den Prüfungszeitraum 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 (Steuerfestsetzung unter B.) bezüglich eines Steuerbetrags in Höhe von ... €, worauf ein Betrag in Höhe von ... € auf die streitgegenständlichen verbundenen Wohngebäudeversicherungen entfällt.
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Das hiergegen geführte Einspruchsverfahren blieb erfolglos. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 28. November 2014 (Bl. 46 der VA) als unbegründet zurück. Nach den Änderungen des Versicherungsteuergesetzes und des Feuerschutzsteuergesetzes zum 1. Juli 2010 (durch Art. 6, 10-12 des Begleitgesetzes zur zweiten Föderalismusreform vom 10. August 2009, Bundesgesetzblatt I, S. 2702) werde die Feuerschutzsteuer nur noch auf gesetzlich festgelegte Anteile bestimmter Versicherungen erhoben. Seither komme es nicht mehr auf den tatsächlichen Feuerrisikoschutz an. Vielmehr erfasse § 1 Abs. 1 Nr. 2 FeuerschStG nunmehr alle Wohngebäudeversicherungen, unabhängig davon, ob das Feuerrisiko tatsächlich abgesichert sei oder nicht. Demnach seien nach der seit 1. Juli 2010 geltenden Rechtslage nur noch reine Feuerversicherungen einschließlich der Feuer-Betriebsunterbrechungsversicherung, Wohngebäudeversicherungen und Hausratversicherung der Feuerschutzsteuer zu unterwerfen.
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Mit der hiergegen am 12. Dezember 2012 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren, den streitgegenständlichen Feuerschutzsteuerbescheid hinsichtlich der auf die Wohngebäudeversicherungen entfallenden Feuerschutzsteuer abzuändern, weiter. Zur Klagebegründung trägt sie, die Klägerin, im Wesentlichen vor:
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Nach dem klaren Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG, wonach der Feuerschutzsteuer Wohngebäudeversicherungen, bei denen die Versicherung teilweise auf Gefahren entfällt, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können, unterlägen, könnten Wohngebäudeversicherungen nur dann der Feuerschutzsteuer unterliegen, wenn durch diese Versicherungen tatsächlich Feuerrisiken (Brand, Blitzschlag, Explosion, Flugzeugabsturz) abgedeckt seien. Die im Streitfall in Rede stehenden Wohngebäudeversicherungen gewährten, vom Beklagten unbestritten, den Versicherungsnehmern jedoch gerade keinen Schutz gegen derartige Feuerrisiken. Wenn jedoch bei einer verbundenen Wohngebäudeversicherung derartige Gefahren nicht eingeschlossen seien, entfalle die Versicherung ausschließlich auf Gefahren, die nicht Gegenstand einer Feuerversicherung sein könnten. In der Folge könne keine Feuerschutzsteuer entstehen. Mit der Aufnahme des Nebensatzes („bei denen die Versicherung teilweise auf Gefahren entfällt, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können“) habe der Gesetzgeber klargestellt, dass Wohngebäudeversicherungen nicht per se der Feuerschutzsteuer unterliegen, sondern nur dann, wenn sie zumindest auch („teilweise“) vor Feuerrisiken schützen würden. Damit unterlägen Wohngebäudeversicherungen der Feuerschutzsteuer, wenn sie zwar nicht ausschließlich vor Feuerrisiken schützen, jedoch neben dem Schutz anderer Risiken (z.B. Wasserschäden) auch den Schutz vor Feuerrisiken beinhalten würden, so dass für ein- und denselben Versicherungsvertrag sowohl Versicherungsteuer als auch Feuerschutzsteuer abgeführt werden müsse. Erforderlich sei in jedem Falle die tatsächliche Übernahme eines adäquaten Feuerrisikos.
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Wenn Wohngebäudeversicherungen jedoch keinen adäquaten Schutz vor Feuerrisiken bieten würden, entfalle die Versicherung nicht auf Gefahren, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein könnten. In der weiteren Folge unterlägen sie nicht der Feuerschutzsteuer, sondern ausschließlich der Versicherungsteuer.
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Dem entspräche neben der Gesetzessystematik bereits der Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 FeuerschStG. Wenn der Gesetzgeber, wie der Beklagte annimmt, beabsichtigt gehabt hätte, Wohngebäudeversicherungen unabhängig von einem bestehenden Feuerrisikoschutz der Feuerschutzsteuer zu unterwerfen, so hätte es des Nebensatzes in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG nicht bedurft. Vielmehr hätte der Gesetzgeber es dabei belassen können, die „Wohngebäudeversicherungen“ als generell der Feuerschutzsteuer zu unterwerfende Versicherungen zu benennen.
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Entgegen der Ansicht des Beklagten lasse sich auch weder aus der Entstehungsgeschichte der mit Wirkung zum 1. Juli 2010 durch das Begleitgesetz zur zweiten Föderalismusreform erfolgten Gesetzesänderung in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG noch aus der Vorgängerregelung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 FeuerschStG in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1979, BGBl. I 1979, 2353; nachfolgend: FeuerschStG 1979) ein anderes Ergebnis herleiten. Vor dem Hintergrund, dass das geringe Feuerschutzsteueraufkommen nicht zur Finanzierung der Länderausgaben für das Feuerlöschwesen ausgereicht habe (vgl. BT-Drucks. 8/2172, S. 8), seien zur Finanzierung eines leistungsfähigen Brandschutzes erstmals mit § 1 Abs. 1 Nr. 2 FeuerschStG 1979 als Vorgängerregelung der hier streitigen Norm Versicherungen von Gebäuden und Hausrat der Feuerschutzsteuer unterworfen worden, allerdings nur dann, wenn das Versicherungsentgelt teilweise auf Gefahren entfalle, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein könnten. Diese Vorschrift sei auch von der Finanzverwaltung stets so verstanden worden, dass eine Gebäudeversicherung nur dann der Feuerschutzsteuer zu unterwerfen sei, wenn diese Versicherung tatsächlich Feuerrisiken abdecke. Insoweit sei für Gebäudeversicherungen, bei denen ein Feuerrisikoschutz nicht bestanden habe, auch keine Feuerschutzsteuer abzuführen gewesen. So habe der Beklagte in einem noch im Februar 2010 im Internet veröffentlichten Fragen-Antwort-Katalog (FAQ) unter der Antwort zu Frage 13, letzter Absatz, ausdrücklich ausgeführt, dass Wohngebäudeversicherungen nicht der Feuerschutzsteuer unterliegen würden, soweit das Risiko Feuer nicht versichert sei. Unter Hinweis auf die zum 1. Juli 2010 Gesetz gewordene Neufassung von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG sei diese Aussage sodann gestrichen worden. Lediglich mit Rücksicht auf die entstandene Rechtsunsicherheit habe es der Beklagte nicht beanstandet, wenn für gezahlte Versicherungsentgelte von Wohngebäudeversicherungen, die vor dem 1. Juli 2010 fällig gewesen seien, keine Feuerschutzsteuer angemeldet und abgeführt worden sei.
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Zur Begründung für die seitens der Finanzverwaltung geänderte Rechtsauffassung sei lediglich auf den Gesetzeswortlaut in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG in der ab 1. Juli 2010 geltenden Fassung verwiesen worden. Ein Vergleich mit der Vorgängervorschrift (§ 1 Abs. 1 FeuerschStG 1979) zeige jedoch, dass es sich nur um sprachliche Änderungen im Gesetzestext handele. So sei statt von „Versicherungen von Gebäuden“ nunmehr von „Wohngebäudeversicherungen“ die Rede, werde nicht mehr auf das „gezahlte Versicherungsentgelt“, sondern auf die „Versicherungen“ abgestellt und sei statt der Formulierung, dass Gebäudeversicherungen dann der Feuerschutzsteuer zu unterwerfen sind, wenn das Versicherungsentgelt teilweise auf Gefahren entfalle, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein könnten, das Gesetz nunmehr derart ausgestaltet, dass Wohngebäudeversicherungen der Feuerschutzsteuer unterlägen, bei denen die Versicherung teilweise auf Gefahren entfalle, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein könnten. Diese Änderungen im Gesetzeswortlaut hätten lediglich zur Folge, dass nunmehr nur noch Versicherungen für Gebäude, die Wohnzwecken dienten, überhaupt feuerschutzsteuerpflichtig sein könnten. In diesem Zusammenhang sei auch in § 1 Abs. 1 Satz 2 FeuerschStG klarstellend bestimmt, dass das Versicherungsentgelt aus Versicherungen, die nicht in § 1 Abs. 1 Satz 1 FeuerschStG genannt seien, die jedoch teilweise auf Gefahren entfielen, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein könnten, nicht der Feuerschutzsteuer unterliegen würden. Diese Regelung erfasse beispielsweise verbundene Versicherungen, die neben anderen Gefahren zwar auch ein Feuerrisiko von Gebäuden abdecken, die versicherten Gebäude jedoch nicht Wohnzwecken dienen würden.
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Ebenso wenig führe das Abstellen auf „Versicherungen“ anstelle des „gezahlten Versicherungsentgelts“ zu einer inhaltlichen Änderung. Entsprechendes gelte für die weitere Änderung im Wortlaut von „wenn“ hin zu „bei denen“.
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Etwas anderes lasse sich auch nicht im Hinblick auf den aus den Gesetzesmaterialien ersichtlichen gesetzgeberischen Willen ableiten. Mit der Gesetzesänderung im Jahre 2010 habe der Gesetzgeber die dem FeuerschStG unterworfenen Versicherungen abschließend benennen wollen (vgl. BT-Drucks. 16/12400 zu Art. 12, S. 29) und durch die Neuregelung den zwischen Bund und Ländern bestehenden Streit, ob bestimmte, im bisherigen Gesetz nicht ausdrücklich genannte Versicherungen mit entsprechendem Schutz vor Feuergefahren (z.B. Kernanlage-Sachversicherung, Terrorversicherung) dem Feuerschutzsteuergesetz unterliegen würden, lösen wollen. Die Regelung betreffend Gebäude sei hierdurch jedoch – bis auf die Einschränkung auf solche Gebäude, die zu Wohnzwecken dienten (Wohngebäudeversicherungen) – unberührt geblieben und ohne Neuregelung übernommen worden. Dies spreche gerade dagegen, dass der Gesetzgeber die bestehende Rechtspraxis ändern und nunmehr Gebäudeversicherungen ohne tatsächliche Absicherung eines Feuerrisikos der Feuerschutzsteuer unterwerfen wollte.
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Zwar habe der Gesetzgeber mit der Neuregelung in § 3 FeuerschStG seit 1. Juli 2010 und die hierdurch geschaffene Zuweisung eines festgelegten Anteils am Versicherungsentgelt zu Gunsten der Feuerschutzsteuer den Anteil der Länder am Steueraufkommen erhöht, dies jedoch ausdrücklich bei ansonsten „gleich bleibenden Versicherungsentgelten“. Auch dadurch werde deutlich, dass der Gesetzgeber keine Ausdehnung der feuerschutzsteuerpflichtigen Versicherungen beabsichtigt habe, insbesondere nicht etwa höhere Steuereinnahmen dadurch habe generieren wollen, dass nunmehr auch Gebäudeversicherungen ohne Feuerrisikoschutz der Feuerschutzsteuer unterlägen. Insoweit hätte es einer entsprechend eindeutigen Regelung bedurft, wenn der Gesetzgeber mit § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG 2010 ein über 30 Jahre bestehendes Verständnis und die entsprechende Gesetzesanwendung in der Rechtspraxis habe abändern wollen. Ein diesbezüglicher Wille des Gesetzgebers sei jedoch nicht erkennbar.
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Schließlich ließen sich für die Ansicht des Beklagten auch nicht Äußerungen seitens des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) heranziehen. In dem vom Beklagten angeführten Schreiben des GDV habe dieser lediglich auf die nunmehr „als gefestigt anzusehende Rechtsauffassung der Finanzverwaltung“ hingewiesen und insoweit empfohlen, diese künftig zu berücksichtigen. Damit sei lediglich ausgedrückt worden, dass nach dem Dafürhalten des GDV der Beklagte seine Meinung zur Auslegung von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG endgültig geändert habe. Dies bestätige sich auch durch ein weiteres, nachfolgendes Schreiben des GDV vom 6. Juni 2011 (Bl. 188 der GA), in dem der GDV gegenüber den Mitgliedern ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass er die „Auffassung der Finanzverwaltung zur Besteuerung von Verträgen ohne Absicherung des Feuerrisikos weiterhin für höchst problematisch“ halte.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des klägerischen Vortrags wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 16. Juli 2015 (Bl. 39 ff. der GA), vom 30. November 2015 (Bl. 71 ff. der GA) und vom 23. März 2016 (Bl. 167 ff. der GA).
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Die Klägerin beantragt,
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1. den Feuerschutzsteuerbescheid für den Monat Dezember 2013 vom 5. Februar 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. November 2014 dahingehend abzuändern, dass die Steuerfestsetzung unter Ziffer B. für den Zeitraum Januar 2008 bis Dezember 2011 auf ... € herabgesetzt wird,
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2. hilfsweise die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
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1. die Klage abzuweisen,
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2. im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
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Zur Begründung trägt der Beklagte im Anschluss an die Einspruchsentscheidung im Wesentlichen vor: Um die Reichweite von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG zu ermitteln, sei neben dem Wortlaut der Gesetzesnorm auf die allgemeinen Auslegungsregeln, insbesondere den historischen Willen des Gesetzgebers abzustellen.
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Vorliegend reiche nach dem Gesetzeswortlaut für das Entstehen der Feuerschutzsteuerpflicht aus, dass bei Wohngebäudeversicherungen die Möglichkeit bestehe, dass die Versicherung ein Feuerrisiko enthalten könne. Es sei gerade nicht erforderlich, dass tatsächlich Feuerrisiken enthalten und damit abgesichert seien. Dies ergebe sich vor allem aus der Verwendung des Wortes „können“ in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 2. Halbsatz FeuerschStG. Diese Formulierung spreche dafür, dass es nicht auf eine tatsächliche Versicherung der Risiken im Versicherungsvertrag ankommen solle, sondern nur auf den mit der Möglichkeitsform ausgedrückten theoretisch denkbaren Fall. Vor diesem Hintergrund seien verbundene Wohngebäudeversicherungen auch bei einer fehlenden tatsächlichen Absicherung von Feuerrisiken feuerschutzsteuerrechtlich zu erfassen, da das Versicherungsprodukt „Wohngebäudeversicherung“ am Markt durchaus mit den feuerspezifischen Risiken angeboten werde. Wenn der Feuerschutz im Grundpaket nicht enthalten sei, könne er jedoch je nach gewünschtem Versicherungsumfang individuell hinzugebucht werden.
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Entgegen der Ansicht der Klägerin sei der eingefügte Relativsatz für das Verständnis von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG unerlässlich, da die Wohngebäudeversicherung eine sog. verbundene Versicherung darstelle und als solche verschiedene Gefahren abdecke. Der Relativsatz verdeutliche insoweit grammatikalisch, dass alle Wohngebäudeversicherungen, unabhängig davon, ob ein Feuerrisiko tatsächlich abgesichert werde oder nicht, der Feuerschutzsteuer unterlägen. Wohngebäudeversicherungen, die ausschließlich das Feuerrisiko abdecken würden, unterfielen bereits der Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FeuerschStG. Fehle der Relativsatz, seien die Tatbestände von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 FeuerschStG kaum voneinander abzugrenzen und würden Wohngebäudeversicherungen schon als Feuerversicherungen anzusehen sein.
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Diese Auslegung werde auch durch die klarstellende Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 FeuerschStG bestätigt, denn damit werde korrespondierend zur hier streitgegenständlichen Norm klargestellt, dass ausschließlich Versicherungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 FeuerschStG der Feuerschutzsteuer unterliegen sollten und alle übrigen Versicherungen, unabhängig davon, ob ein Feuerrisiko tatsächlich abgedeckt sei oder nicht, nicht feuerschutzsteuerpflichtig seien.
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Dies werde durch die Normenhistorie bestätigt. Die Verwaltung dürfe durchaus im Rahmen von Gesetzesänderungen ihre Rechtsauffassung auch zu bereits zuvor vorhandenen Gesetzesformulierungen ändern, wenn sich aus ihrer Sicht auf Grund der konkreten Änderung das Gesamtbild der Norm anders darstelle. Dies sei vorliegend der Fall. In der Gesetzesbegründung werde ausgeführt, dass unter anderem die verbundene Wohngebäudeversicherung durch die Gesetzesänderung wieder in das Feuerschutzsteuergesetz aufgenommen werde, um die Finanzierung eines leistungsfähigen Brandschutzes durch die Länder und die kommunalen Gebietskörperschaften zu gewährleisten (vgl. BT-Drucks. 8/2172, S. 8 unter I. Allgemeines). Aufgrund eines starken Rückgangs des Feuerschutzsteueraufkommens, das im Wesentlichen darauf zurückzuführen sei, dass sich die verbundenen Hausratversicherungen und die verbundenen Gebäudeversicherungen im Laufe der Zeit zu selbständigen Einheitsversicherungen entwickelt hätten, sei die Änderung des Feuerschutzsteuergesetzes dringend geboten gewesen. Der Beklagte habe aufgrund der mit der Gesetzesänderung einhergehenden Unsicherheiten bei der Gesetzesanwendung durch die Steuerpflichtigen lediglich nicht beanstandet, wenn für gezahlte Versicherungsentgelte von Wohngebäudeversicherungen, die vor dem 1. Juli 2011 fällig gewesen seien, keine Feuerschutzsteuer angemeldet worden sei. So sei auch vorliegend im Rahmen der Außenprüfung bei der Klägerin verfahren worden, so dass eine Nachversteuerung erst ab Juli 2011 erfolgt sei.
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Der von der Klägerin angeführte Fragen-Antworten-Katalog mit Sachstand Februar 2010 sei, unabhängig davon, dass es sich hierbei weder um eine Verwaltungsanweisung noch um ein BMF-Schreiben handele, zwischenzeitlich an die geänderte Rechtsauffassung angepasst worden.
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Zudem sei auch der GDV davon ausgegangen, dass aufgrund der Neuregelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG beide existierenden Auffassungen zur Auslegung dieser Norm vertretbar seien (vgl. Tz. 2.2.2 der betriebstechnischen Hinweise zur Umsetzung der Änderungen bei der Versicherung- und Feuerschutzsteuer zum 1. Juli 2010, Bl. 120 GA). Der GDV habe daher mit Schreiben vom 17. Mai 2011 (vgl. Bl. 194 der GA) seinen Mitgliedern empfohlen, die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung für Versicherungsentgelte mit Fälligkeiten ab 1. Juli 2011 „zu berücksichtigen“.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vortrags des Beklagten wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 15. Oktober 2015 (Bl. 53 der GA) und vom 15. Februar 2016 (Bl. 83 ff. der GA).
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Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist begründet.
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I. Der Feuerschutzsteuerbescheid vom 5. Februar 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. November 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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Zwar ist der angefochtene Feuerschutzsteuerbescheid hinsichtlich der vom Beklagten geltend gemachten Steuernachforderung (formal) zutreffend für den Monat Dezember 2013 ergangen (dazu unter I.1.). Gleichwohl ist dieser Bescheid rechtswidrig, da der Beklagte zu Unrecht die streitgegenständlichen Wohngebäudeversicherungen der Feuerschutzsteuer unterworfen hat (dazu unter I.2.).
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1. Der angefochtene Feuerschutzsteuerbescheid ist nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil die streitgegenständliche Steuernachforderung – soweit sie materiell-rechtlich berechtigt wäre – nicht dem Grunde nach für Dezember 2013 hätte festgesetzt werden können. Vielmehr hat der Beklagte mit dem Monat Dezember 2013 einen – für Steuernachforderungen auf Grund einer Außenprüfung für den Zeitraum Januar 2008 bis Dezember 2011 – grundsätzlich zulässigen Anmeldungszeitraum im Sinne von § 9 Abs. 4 FeuerschStG in der im Streitzeitraum maßgeblichen Fassung (FeuerschStG a.F.) gewählt, um die seiner Ansicht nach gerechtfertigte Steuernachforderung festzusetzen.
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a) Nach § 9 Abs. 4 FeuerschStG a.F. galt bis zum 30. Dezember 2014, dass aufgrund einer Außenprüfung nachzuentrichtenden Steuerbeträge „zusammen mit der Steuer für den laufenden Anmeldungszeitraum festzusetzen“ sind.
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Der Gesetzgeber verfolgte mit dieser Regelung – wie auch mit der entsprechenden früheren, bis 11. Dezember 2012 geltenden Regelung in § 10 Abs. 4 VersStG a.F. – einen Vereinfachungszweck im Zusammenhang mit der durch das Steuerbereinigungsgesetz 1985 geschaffenen Neuregelung des Steueranmeldungsverfahrens im VersStG. Hiernach sollte die Nachforderung der Steuerbeträge möglichst wenig Verwaltungsaufwand verursachen (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 10/1636, S. 77 zur identischen Neuregelung in § 10 Abs. 4 VersStG). Der Vereinfachungszweck besteht darin, dass die Finanzbehörde nach einer Außenprüfung nicht für jede einzelne zu korrigierende Versicherungsteueranmeldung – regelmäßig die für einen jeden Kalendermonat des Prüfungszeitraums abgegebene Anmeldung (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 FeuerschStG; § 8 Abs. 2 Satz 1 VersStG) – einen Änderungsbescheid zu erlassen, sondern alle Änderungen in einem Bescheid zusammenzufassen hat (vgl. auch BFH-Urteil vom 13. Dezember 2011 – II R 26/10, BFHE 236, 212, BStBl II 2013, 596).
41
Mit Wirkung zum 31. Dezember 2014 ist § 9 Abs. 4 FeuerschStG durch Gesetz vom 22. Dezember 2014 (BGBl. I 2014, 2417, 2429, Art. 13) dergestalt geändert worden, dass nunmehr Steuerbeträge, die aufgrund einer Außenprüfung nachzuentrichten oder zu erstatten sind, zusammen mit der Steuer für den letzten Monat, das letzte Quartal oder das letzte Kalenderjahr des Prüfungszeitraums festzusetzen sind.
42
b) Für den vorliegenden Streitfall ist § 9 Abs. 4 FeuerschStG a.F. – und nicht § 9 Abs. 4 FeuerschStG in der seit 31. Dezember 2014 geltenden Fassung – maßgeblich, da es für die Anwendbarkeit von Verfahrensvorschriften grundsätzlich auf das zum Zeitpunkt der zu beurteilenden behördlichen Handlung geltende Recht ankommt. Hier galt zum Zeitpunkt der Auswertung der Prüfungsfeststellungen und des Erlasses des streitgegenständlichen Feuerschutzsteuerbescheides, d.h. im Februar 2014, noch § 9 Abs. 4 FeuerschStG a.F.
43
c) Hiernach erlaubt § 9 Abs. 4 FeuerschStG a.F. abweichend von den allgemeinen Korrekturvorschriften eine „zusammenfassende Korrektur“ nur insoweit, als diese Korrektur-Steuerfestsetzung zusammen mit einem „laufenden Anmeldungszeitraum“ erfolgt. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2011 – II R 26/10, BFHE 236, 212, BStBl II 2013, 596 zur identischen Regelung in § 10 Abs. 4 VersStG), der sich der Senat anschließt, ist mit dem Begriff des laufenden Anmeldungszeitraums zwar kein bestimmter Anmeldungszeitraum festgelegt, jedoch muss der Anmeldungszeitraum, für den die Korrektur-Steuerfestsetzung erfolgt, nach Abschluss der Außenprüfung liegen (vgl. auch FG Köln, Urteil vom 15. Januar 2015, 2 K 3741/12, EFG 2015, 1145).
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Vorliegend genügte der Beklagte mit dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheids der formalen Anforderung im Hinblick auf den zutreffenden Anmeldungszeitraums im Sinne von § 9 Abs. 4 FeuerschStG a.F., denn mit dem Monat Dezember 2013 hat der Beklagte einen „Korrektur-Anmeldungszeitraum“ gewählt, der nach Abschluss derAußenprüfung betreffend den Zeitraum Januar 2008 bis Dezember 2011 liegt. Insoweit genügt es jedenfalls, wenn der laufende Anmeldungszeitraum später als die Außenprüfung endet. In der Regel – vorbehaltlich der Besonderheiten des Einzelfalls – ist eine Außenprüfung mit Zusendung des Prüfungsberichtes abgeschlossen (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 8. Juli 2009 – XI R 64/07, BFHE 226, 19, BStBl II 2010, 4). Diese Sichtweise entspricht auch der Regelung in § 202 Abs. 1 AO, wonach über das Ergebnis der Außenprüfung ein schriftlicher Bericht ergeht. Hier wurde – mangels anderweitiger Erkenntnisse und mangels eines entgegenstehenden Vortrags der Beteiligten – die bei der Klägerin durchgeführte Feuerschutzsteuer-Außenprüfung (spätestens) mit der Fertigung und Übersendung des Betriebsprüfungsberichts am 20. Dezember 2013 abgeschlossen. Der Anmeldungszeitraum Dezember 2013 dauerte zu diesem Zeitpunkt noch an und endete erst nach Ablauf der Außenprüfung. Darauf, ob gegebenenfalls bereits zuvor alle Prüfungshandlungen abgeschlossen und damit schon zu einem früheren Zeitpunkt ein Abschluss der Außenprüfung angenommen werden könnte, kommt es nicht an.
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2. Der angefochtene Feuerschutzsteuerbescheid ist gleichwohl rechtswidrig, denn die streitgegenständlichen Wohngebäudeversicherungen, bei denen kein Feuerrisiko abgesichert ist, unterliegen nicht der Feuerschutzsteuer. Es handelt sich bei diesen Wohngebäudeversicherungen gerade nicht um Versicherungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 FeuerschStG, d.h. um Versicherungen, die teilweise auf Gefahren entfallen, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können.
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a) Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 FeuerschStG in der durch Art. 12 des Begleitgesetzes zur zweiten Föderalismusreform vom 10. August 2009 (BGBl I 2009, 2702) geschaffenen, seit dem 1. Juli 2010 und mithin für den Streitzeitraum 2011 geltenden Fassung unterliegt der Feuerschutzsteuer die Entgegennahme des Versicherungsentgelts nur aus Feuerversicherungen einschließlich Feuer-Betriebsunterbrechungsversicherungen (Nr. 1), Wohngebäudeversicherungen, bei denen die Versicherung teilweise auf Gefahren entfällt, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können (Nr. 2) und Hausratversicherungen, bei denen die Versicherung teilweise auf Gefahren entfällt, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können (Nr. 3). Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 FeuerschStG unterliegt das Versicherungsentgelt aus Versicherungen, die nicht in Satz 1 Nr. 1 bis 3 genannt werden, die jedoch teilweise auf Gefahren entfallen, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können, nicht der Feuerschutzsteuer.
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Abweichend hiervon war das Gesetz bis zum 30. Juni 2010 derart gefasst, dass nach § 1 Nr. 2 FeuerschStG a.F. der Feuerschutzsteuer Versicherungen von Gebäuden und von Hausrat, wenn das Versicherungsentgelt teilweise auf Gefahren entfällt, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können, unterliegen.
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b) Vor diesem Hintergrund sind die Voraussetzungen einer Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG hier nicht erfüllt. Wohngebäudeversicherungen unterliegen nur dann der Feuerschutzsteuer, wenn die jeweils zu beurteilende Versicherung tatsächlich auch ein Feuerrisiko absichert. Insoweit kommt es auf eine konkrete Betrachtung der tatsächlich versicherten Risiken an; eine abstrakte Betrachtung dergestalt, dass es maßgeblich ist, welche Risiken (potentiell) Gegenstand einer Wohngebäudeversicherung sein können, genügt demgegenüber nicht.
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aa) Dies ergibt sich zunächst bereits aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG. Danach werden Wohngebäudeversicherungen gerade unter weiteren Voraussetzungen als der Feuerschutzsteuer unterliegende Versicherungen genannt. Es sind explizit nur die Wohngebäudeversicherungen erfasst, „bei denen die Versicherung teilweise auf Gefahren entfällt, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können“. Wenn Wohngebäudeversicherungen unabhängig davon, ob sie tatsächlich Feuerrisiken, d.h. Gefahren, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können, abdecken, der Feuerschutzsteuer unterliegen sollten, mithin es ausreichend sein sollte, dass Wohngebäudeversicherungen typischerweise (potentiell) Feuerrisiken erfassen, hätte es des ergänzenden Relativsatzes in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG nicht bedurft.
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Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Verwendung des Wortes „können“ am Ende von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG. Vielmehr erklärt sich die Verwendung des Wortes „können“ dadurch, dass von dem Tatbestand gerade der Fall erfasst sein soll, dass ein Feuerrisiko, dass sich auch durch eine (eigenständige) Feuerversicherung absichern ließe (und damit nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FeuerschStG feuerschutzsteuerpflichtig wäre), tatsächlich aber nicht durch eine solche Feuerversicherung, sondern stattdessen im Rahmen einer Wohngebäudeversicherung mitversichert wird. Mit der Verwendung der Möglichkeitsform in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG am Ende („können“) werden daher zutreffend die tatsächlichen Gegebenheiten beschrieben, die vom Tatbestand erfasst sein sollen. Dieser bezieht sich nämlich gerade auf den Fall, dass ein Feuerrisiko zwar in einer Feuerversicherung abgesichert werden könnte, tatsächlich aber nicht mit einer Feuerversicherung, sondern stattdessen mit einer Wohngebäudeversicherung abgesichert wird.
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Zudem spricht auch die Verwendung des Wortes „entfällt“ in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG („Wohngebäudeversicherungen, bei denen die Versicherung teilweise auf Gefahren entfällt, …“) dafür, dass nicht lediglich eine potentielle Versicherbarkeit genügt, sondern es darauf ankommen, ob bei den zu beurteilenden Versicherungen nach den Versicherungsbedingungen tatsächlich Feuerrisiken abgesichert sind.
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Dieser Auslegung stehen auch nicht die Änderungen im Gesetzeswortlaut im Vergleich zu der bis zum 30. Juni 2010 geltenden Fassung von § 1 Abs. 1 Nr. 2 FeuerschStG entgegen. Denn auch nach dieser früheren Gesetzesfassung waren seinerzeit Versicherungen von Gebäuden und von Hausrat nur dann der Feuerschutzsteuer unterworfen, wenn diese Versicherungen tatsächlich (zumindest teilweise) auch Feuerrisiken erfasst hatten. Durch die seinerzeit maßgebliche Formulierung, dass dies gilt, „wenn das Versicherungsentgelt" teilweise auf Gefahren entfällt, …“, war dies in gleicher Weise klargestellt wie durch die heutige Formulierung, wonach maßgeblich ist, dass „die Versicherung teilweise auf Gefahren entfällt, …d“.
53
bb) Die Gesetzessystematik in § 1 Abs. 1 FeuerschStG spricht ebenfalls dafür, dass der Feuerschutzsteuer nur solche Versicherungen unterliegen, bei denen tatsächlich Feuerrisiken, zumindest teilweise, Versicherungsgegenstand sind. Insbesondere ist nicht ersichtlich – wie der Beklagte meint –, dass die Anwendungsbereiche von Nr. 1 und Nr. 2 des § 1 Abs. 1 Satz 1 FeuerschStG ohne den Relativsatz in Nr. 2 nicht abgrenzbar wären. Alle drei Tatbestandsalternativen von § 1 Abs. 1 Satz 1 FeuerschStG setzen voraus, dass nach dem tatsächlichen Versicherungsgegenstand Feuerrisiken abgesichert werden. Soweit ausschließlich Feuerrisiken erfasst werden, handelt es sich um eine Feuerversicherung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FeuerschStG. Soweit eine Versicherung nur teilweise Risiken erfasst, unterliegt sie unter der weiteren Voraussetzung, dass es sich entweder um eine Wohngebäudeversicherung im Sinne von Nr. 2 oder um eine Hausratversicherung im Sinne von Nr. 3 handelt, der Feuerschutzsteuer. Anders als Nr. 1 erfassen Nr. 2 und Nr. 3 demnach Versicherungen, die nur teilweise Feuerrisiken abdecken (so auch Medert/Axer/Voß, § 5 VersStG Rn. 77 f.).
54
Da maßgeblich ist, welche Risiken tatsächlich Gegenstand einer Versicherung ist, wären beispielsweise „Wohngebäudeversicherungen“, bei denen in den Versicherungsbedingungen sämtliche Risiken außer Feuer ausgeschlossen wären, bereits als (reine) Feuerversicherungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FeuerschStG anzusehen (so auch Medert/Axer/Voß, § 5 VersStG Rn. 81); der Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG wäre hingegen nicht eröffnet, da eine solche Versicherung gerade nicht nur teilweise – sondern vollständig – auf Gefahren entfällt, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können.
55
Schließlich entspricht dem auch die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Steuern insoweit, als diese zwischen Versicherungsteuer und Feuerschutzsteuer aufgeteilt wird. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 FeuerschStG ist die Bemessungsgrundlage für die Feuerschutzsteuer bei Wohngebäudeversicherungen ein Anteil von 14 % des Gesamtbetrages des Versicherungsentgelts. Der Steuersatz beträgt nach § 4 Abs. 1 FeuerschStG 19 %. Der jeweils nicht in die Bemessungsgrundlage für die Feuerschutzsteuer einbezogene Anteil des Versicherungsentgelts unterliegt nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VersStG der Versicherungsteuer zu einem Steuersatz in Höhe von ebenfalls 19 % (ebenso Medert/Axer/Voß, § 5 VersStG Rn. 77).
56
cc) Dieses Ergebnis bestätigt sich durch die Gesetzeshistorie. Hieraus ergibt sich, dass die zum 1. Juli 2010 vorgenommene Gesetzesänderung dem Ziel diente, die doppelte Belastung des Versicherungsentgelts sowohl mit Versicherungsteuer als auch mit Feuerschutzsteuer zu beenden und materiell-rechtliche Überschneidungen bzw. Abgrenzungsprobleme hinsichtlich der Tatbestände im Versicherungsteuergesetz einerseits und im Feuerschutzsteuergesetz andererseits zu beseitigen (vgl. BT-Drucks. 16/12400, S. 17, 29). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Wortlautänderung den Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 Nr. 2 FeuerschStG, wie er schon vor dieser Gesetzesänderung bestand, erweitern und damit Wohngebäudeversicherungen unabhängig davon, ob sie tatsächlich Feuerrisiken abdecken, der Feuerschutzsteuer unterwerfen wollte, lassen sich aus den Gesetzesmaterialien gerade nicht entnehmen. Insoweit blieb mit der Gesetzesänderung im Jahre 2010 die ursprüngliche Intention des Gesetzgebers im Hinblick auf den Anwendungsbereich der Feuerschutzsteuer bei Wohngebäudeversicherungen, wie sie bereits im Zusammenhang mit der erstmaligen im Feuerschutzsteuergesetz durch die im Jahre 1979 geschaffene ursprüngliche (und bis 30. Juni 2010 geltende) Fassung des maßgeblichen Tatbestandes bestand, unverändert fort.
57
Im Jahre 1979 hatte der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. Januar 1980 das Feuerschutzsteuergesetz erlassen und damit die Erhebung der Feuerschutzsteuer umfassend und bundeseinheitlich neu geregelt. Hintergrund dieser Gesetzgebung war insbesondere, dass der Gesetzgeber dem Rückgang des Feuerschutzsteueraufkommens entgegenwirken wollte. Dieser war dadurch eingetreten, dass sich die sog. verbundenen Gebäudeversicherungen im Laufe der Zeit zu selbständigen Einheitsversicherungen entwickelt hatten (vgl. BT-Drucks. 8/2172, S. 8). Diese Versicherungen konnten jedoch – nach damaliger Gesetzesfassung – nicht mehr der Feuerschutzsteuer unterworfen werden, selbst wenn dadurch tatsächlich auch Feuerrisiken mit abgesichert waren (vgl. auch Medert/Axer/Voß, § 5 VersStG Rn. 84). Denn bis dahin galten verschiedene Feuerschutzsteuergesetze bzw. Durchführungsverordnungen der Länder bzw. fortgeltendes Recht des Deutschen Reiches, die jedoch nur reine Feuerversicherungen erfassten (vgl. § 1 Abs. 1 FeuerschStG 1939 vom 1. Februar 1939, RGBl. I, 113). Von diesen Regelungen gerade nicht erfasst werden konnten Versicherungen, die zwar auch, jedoch nicht ausschließlich Feuerrisiken absicherten, mithin keine (reinen) Feuerversicherungen, sondern sog. verbundene (Gebäude-) Versicherungen darstellten.
58
Dem mit der Anerkennung der verbundenen Versicherungen als selbständige (Einheits)Versicherungen einhergehenden Rückgang des Feuerschutzsteueraufkommens ist der Gesetzgeber mit Schaffung des Feuerschutzsteuergesetzes 1979 dadurch entgegengetreten, dass nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 FeuerschStG 1979 e„Versicherungen von Gebäuden und von Hausrat“ wieder der Feuerschutzsteuer unterworfen wurden, „wenn das Versicherungsentgelt teilweise auf Gefahren entfällt, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können“. Bereits nach dieser Gesetzesfassung wurde darauf abgestellt, dass feuerschutzsteuerpflichtig Versicherungen sind, die Risiken absichern, „die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können“. Diese gesetzliche Regelung zielte gerade auf die sich am Versicherungsmarkt neu entwickelten Versicherungsprodukte ab, die keine reinen Feuerversicherungen waren, nach den Versicherungsbedingungen jedoch auch Feuerrisiken absicherten.
59
Gleichwohl knüpfte das Feuerschutzsteuergesetz 1979 an die Vorgängerregelungen insoweit an, als sich am materiell-rechtlichen Regelungsgehalt nichts ändern sollte, mithin auch nach § 1 Abs. 1 FeuerschStG 1979 nur die Versicherungen erfasst sein sollten, die tatsächlich auch Feuerrisiken abdecken.
60
dd) Ein darüber hinausgehender, abweichender subjektiver Wille des Gesetzgebers dahingehend, mit der seit dem 1. Juli 2010 geltenden Gesetzesfassung Wohngebäudeversicherungen stets der Versicherungsteuer zu unterwerfen, unabhängig davon, ob die Versicherungen tatsächlich Feuerrisiken absichern oder nicht, ist aus der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 8/2172, S. 8; BT-Drucks. 16/12400, S. 29), aber auch aus sonstigen Umständen – entgegen der Ansicht des Beklagten – nicht ersichtlich.
61
Im Übrigen hätte sich eine entsprechende gesetzgeberische Intention dahingehend, Wohngebäudeversicherungen stets vom Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG zu erfassen, so ein entsprechender Regelungswille denn tatsächlich vorgelegen haben sollte, jedenfalls nicht hinreichend im Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG niedergeschlagen. Der gesetzgeberische Wille kann bei der Auslegung eines Gesetzes (nur) insoweit Berücksichtigung finden, als dieser Wille im Gesetzeswortlaut selbst hinreichend bestimmt Ausdruck gefunden hat (sog. objektivierter Wille des Gesetzgebers, vgl. dazu BVerfG-Entscheidungen vom 17. Mai 1960, 2 BvL 11/59, 2 BvL 11/60, BVerfGE 11, 126; vom 9. Mai 1978, 2 BvR 952/75, BVerfGE 48, 246; BFH-Urteile vom 21. Oktober 2010 IV R 23/08, BFHE 231, 544, BStBl II 2011, 277; vom 28. Juli 2011 VI R 5/10, BFHE 234, 262, BStBl II 2012, 553; Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 5 Rz. 52 und 62). Insoweit geht es zu Lasten der Finanzverwaltung, dass der Gesetzgeber, wenn er, wie der Beklagte meint, Wohngebäudeversicherungen unabhängig davon, ob tatsächlich Feuerrisiken abgesichert sind oder nicht, der Feuerschutzsteuer unterwerfen wollte, dies jedenfalls nicht hinreichend klar in § 1 Abs. 1 FeuerschStG in der seit 1. Juli 2010 geltenden Fassung geregelt hat.
62
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
63
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO, §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
64
IV. Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
65
V. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52, 63 des Gerichtskostengesetzes.
2 K 3652/14
Tenor:
Der Feuerschutzsteuerbescheid für Dezember 2013 vom 5. Februar 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. November 2014 wird dahingehend geändert, dass die Steuerfestsetzung unter B. bzgl. der Feuerschutzsteuernachforderung gemäß Prüfungsbericht vom 20. Dezember 2013 für den Prüfungszeitraum 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 auf ... € herabgesetzt wird.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf ...,-- € festgesetzt.
1
Tatbestand
2
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Feuerschutzsteuerbescheides und hierbei insbesondere um die Frage, ob die von der Klägerin im Streitzeitraum angebotenen Wohngebäudeversicherungen, bei denen das Feuerrisiko nicht abgesichert ist, der Feuerschutzsteuer unterliegen.
3
Die Klägerin bietet unter anderem sog. verbundene Wohngebäudeversicherungen an, bei denen ein Feuerrisiko nicht mit abgesichert ist. Hinsichtlich dieser Versicherungen wurde im Streitzeitraum Versicherungsteuer angemeldet und abgeführt, nicht jedoch Feuerschutzsteuer.
4
Der Beklagte führte bei der Klägerin aufgrund der Prüfungsanordnungen vom 26. März 2012 und vom 8. Mai 2012 eine Versicherungsteuer- und Feuerschutzsteueraußenprüfung für den Zeitraum Januar 2008 bis Dezember 2011 durch. Im Rahmen dieserAußenprüfung kam der Betriebsprüfer des Beklagten – unter Bezugnahme auf das BMF‑Schreiben vom 12. Mai 2010 (Bundessteuerblatt I 2010, S. 544) – zu der Feststellung, dass die von der Klägerin im Zeitraum Juli bis Dezember 2011 angebotenen Wohngebäudeversicherungen, bei denen das Feuerrisiko nicht mit abgesichert ist, der Feuerschutzsteuerpflicht zu unterwerfen seien (vgl. wegen der Einzelheiten den Feuerschutzsteuer-Außenprüfungsbericht vom 20. Dezember 2013, Textziffer B I. 7 und II. 4, Bl. 16, 20 der Verwaltungsakte -VA-).
5
Im Anschluss an die im Betriebsprüfungsbericht niedergelegten Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte sodann mit Datum vom 5. Februar 2014 einen Feuerschutzsteuerbescheid nach § 9 Abs. 4 Feuerschutzsteuergesetz (FeuerschStG) für den Monat Dezember 2013 (Bl. 19 der Gerichtsakte -GA- sowie Bl. 8 der VA). In diesem Bescheid erfolgte neben der Festsetzung des von der Klägerin mit der eingereichten Steueranmeldung vom 14. Januar 2014 für Dezember 2013 erklärten Steuerbetrags in Höhe von ... € (Steuerfestsetzung unter A.) zusätzlich die Steuerfestsetzung gemäß Prüfungsbericht vom 20. Dezember 2013 für den Prüfungszeitraum 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 (Steuerfestsetzung unter B.) bezüglich eines Steuerbetrags in Höhe von ... €, worauf ein Betrag in Höhe von ... € auf die streitgegenständlichen verbundenen Wohngebäudeversicherungen entfällt.
6
Das hiergegen geführte Einspruchsverfahren blieb erfolglos. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 28. November 2014 (Bl. 46 der VA) als unbegründet zurück. Nach den Änderungen des Versicherungsteuergesetzes und des Feuerschutzsteuergesetzes zum 1. Juli 2010 (durch Art. 6, 10-12 des Begleitgesetzes zur zweiten Föderalismusreform vom 10. August 2009, Bundesgesetzblatt I, S. 2702) werde die Feuerschutzsteuer nur noch auf gesetzlich festgelegte Anteile bestimmter Versicherungen erhoben. Seither komme es nicht mehr auf den tatsächlichen Feuerrisikoschutz an. Vielmehr erfasse § 1 Abs. 1 Nr. 2 FeuerschStG nunmehr alle Wohngebäudeversicherungen, unabhängig davon, ob das Feuerrisiko tatsächlich abgesichert sei oder nicht. Demnach seien nach der seit 1. Juli 2010 geltenden Rechtslage nur noch reine Feuerversicherungen einschließlich der Feuer-Betriebsunterbrechungsversicherung, Wohngebäudeversicherungen und Hausratversicherung der Feuerschutzsteuer zu unterwerfen.
7
Mit der hiergegen am 12. Dezember 2012 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren, den streitgegenständlichen Feuerschutzsteuerbescheid hinsichtlich der auf die Wohngebäudeversicherungen entfallenden Feuerschutzsteuer abzuändern, weiter. Zur Klagebegründung trägt sie, die Klägerin, im Wesentlichen vor:
8
Nach dem klaren Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG, wonach der Feuerschutzsteuer Wohngebäudeversicherungen, bei denen die Versicherung teilweise auf Gefahren entfällt, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können, unterlägen, könnten Wohngebäudeversicherungen nur dann der Feuerschutzsteuer unterliegen, wenn durch diese Versicherungen tatsächlich Feuerrisiken (Brand, Blitzschlag, Explosion, Flugzeugabsturz) abgedeckt seien. Die im Streitfall in Rede stehenden Wohngebäudeversicherungen gewährten, vom Beklagten unbestritten, den Versicherungsnehmern jedoch gerade keinen Schutz gegen derartige Feuerrisiken. Wenn jedoch bei einer verbundenen Wohngebäudeversicherung derartige Gefahren nicht eingeschlossen seien, entfalle die Versicherung ausschließlich auf Gefahren, die nicht Gegenstand einer Feuerversicherung sein könnten. In der Folge könne keine Feuerschutzsteuer entstehen. Mit der Aufnahme des Nebensatzes („bei denen die Versicherung teilweise auf Gefahren entfällt, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können“) habe der Gesetzgeber klargestellt, dass Wohngebäudeversicherungen nicht per se der Feuerschutzsteuer unterliegen, sondern nur dann, wenn sie zumindest auch („teilweise“) vor Feuerrisiken schützen würden. Damit unterlägen Wohngebäudeversicherungen der Feuerschutzsteuer, wenn sie zwar nicht ausschließlich vor Feuerrisiken schützen, jedoch neben dem Schutz anderer Risiken (z.B. Wasserschäden) auch den Schutz vor Feuerrisiken beinhalten würden, so dass für ein- und denselben Versicherungsvertrag sowohl Versicherungsteuer als auch Feuerschutzsteuer abgeführt werden müsse. Erforderlich sei in jedem Falle die tatsächliche Übernahme eines adäquaten Feuerrisikos.
9
Wenn Wohngebäudeversicherungen jedoch keinen adäquaten Schutz vor Feuerrisiken bieten würden, entfalle die Versicherung nicht auf Gefahren, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein könnten. In der weiteren Folge unterlägen sie nicht der Feuerschutzsteuer, sondern ausschließlich der Versicherungsteuer.
10
Dem entspräche neben der Gesetzessystematik bereits der Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 FeuerschStG. Wenn der Gesetzgeber, wie der Beklagte annimmt, beabsichtigt gehabt hätte, Wohngebäudeversicherungen unabhängig von einem bestehenden Feuerrisikoschutz der Feuerschutzsteuer zu unterwerfen, so hätte es des Nebensatzes in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG nicht bedurft. Vielmehr hätte der Gesetzgeber es dabei belassen können, die „Wohngebäudeversicherungen“ als generell der Feuerschutzsteuer zu unterwerfende Versicherungen zu benennen.
11
Entgegen der Ansicht des Beklagten lasse sich auch weder aus der Entstehungsgeschichte der mit Wirkung zum 1. Juli 2010 durch das Begleitgesetz zur zweiten Föderalismusreform erfolgten Gesetzesänderung in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG noch aus der Vorgängerregelung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 FeuerschStG in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1979, BGBl. I 1979, 2353; nachfolgend: FeuerschStG 1979) ein anderes Ergebnis herleiten. Vor dem Hintergrund, dass das geringe Feuerschutzsteueraufkommen nicht zur Finanzierung der Länderausgaben für das Feuerlöschwesen ausgereicht habe (vgl. BT-Drucks. 8/2172, S. 8), seien zur Finanzierung eines leistungsfähigen Brandschutzes erstmals mit § 1 Abs. 1 Nr. 2 FeuerschStG 1979 als Vorgängerregelung der hier streitigen Norm Versicherungen von Gebäuden und Hausrat der Feuerschutzsteuer unterworfen worden, allerdings nur dann, wenn das Versicherungsentgelt teilweise auf Gefahren entfalle, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein könnten. Diese Vorschrift sei auch von der Finanzverwaltung stets so verstanden worden, dass eine Gebäudeversicherung nur dann der Feuerschutzsteuer zu unterwerfen sei, wenn diese Versicherung tatsächlich Feuerrisiken abdecke. Insoweit sei für Gebäudeversicherungen, bei denen ein Feuerrisikoschutz nicht bestanden habe, auch keine Feuerschutzsteuer abzuführen gewesen. So habe der Beklagte in einem noch im Februar 2010 im Internet veröffentlichten Fragen-Antwort-Katalog (FAQ) unter der Antwort zu Frage 13, letzter Absatz, ausdrücklich ausgeführt, dass Wohngebäudeversicherungen nicht der Feuerschutzsteuer unterliegen würden, soweit das Risiko Feuer nicht versichert sei. Unter Hinweis auf die zum 1. Juli 2010 Gesetz gewordene Neufassung von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG sei diese Aussage sodann gestrichen worden. Lediglich mit Rücksicht auf die entstandene Rechtsunsicherheit habe es der Beklagte nicht beanstandet, wenn für gezahlte Versicherungsentgelte von Wohngebäudeversicherungen, die vor dem 1. Juli 2010 fällig gewesen seien, keine Feuerschutzsteuer angemeldet und abgeführt worden sei.
12
Zur Begründung für die seitens der Finanzverwaltung geänderte Rechtsauffassung sei lediglich auf den Gesetzeswortlaut in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG in der ab 1. Juli 2010 geltenden Fassung verwiesen worden. Ein Vergleich mit der Vorgängervorschrift (§ 1 Abs. 1 FeuerschStG 1979) zeige jedoch, dass es sich nur um sprachliche Änderungen im Gesetzestext handele. So sei statt von „Versicherungen von Gebäuden“ nunmehr von „Wohngebäudeversicherungen“ die Rede, werde nicht mehr auf das „gezahlte Versicherungsentgelt“, sondern auf die „Versicherungen“ abgestellt und sei statt der Formulierung, dass Gebäudeversicherungen dann der Feuerschutzsteuer zu unterwerfen sind, wenn das Versicherungsentgelt teilweise auf Gefahren entfalle, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein könnten, das Gesetz nunmehr derart ausgestaltet, dass Wohngebäudeversicherungen der Feuerschutzsteuer unterlägen, bei denen die Versicherung teilweise auf Gefahren entfalle, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein könnten. Diese Änderungen im Gesetzeswortlaut hätten lediglich zur Folge, dass nunmehr nur noch Versicherungen für Gebäude, die Wohnzwecken dienten, überhaupt feuerschutzsteuerpflichtig sein könnten. In diesem Zusammenhang sei auch in § 1 Abs. 1 Satz 2 FeuerschStG klarstellend bestimmt, dass das Versicherungsentgelt aus Versicherungen, die nicht in § 1 Abs. 1 Satz 1 FeuerschStG genannt seien, die jedoch teilweise auf Gefahren entfielen, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein könnten, nicht der Feuerschutzsteuer unterliegen würden. Diese Regelung erfasse beispielsweise verbundene Versicherungen, die neben anderen Gefahren zwar auch ein Feuerrisiko von Gebäuden abdecken, die versicherten Gebäude jedoch nicht Wohnzwecken dienen würden.
13
Ebenso wenig führe das Abstellen auf „Versicherungen“ anstelle des „gezahlten Versicherungsentgelts“ zu einer inhaltlichen Änderung. Entsprechendes gelte für die weitere Änderung im Wortlaut von „wenn“ hin zu „bei denen“.
14
Etwas anderes lasse sich auch nicht im Hinblick auf den aus den Gesetzesmaterialien ersichtlichen gesetzgeberischen Willen ableiten. Mit der Gesetzesänderung im Jahre 2010 habe der Gesetzgeber die dem FeuerschStG unterworfenen Versicherungen abschließend benennen wollen (vgl. BT-Drucks. 16/12400 zu Art. 12, S. 29) und durch die Neuregelung den zwischen Bund und Ländern bestehenden Streit, ob bestimmte, im bisherigen Gesetz nicht ausdrücklich genannte Versicherungen mit entsprechendem Schutz vor Feuergefahren (z.B. Kernanlage-Sachversicherung, Terrorversicherung) dem Feuerschutzsteuergesetz unterliegen würden, lösen wollen. Die Regelung betreffend Gebäude sei hierdurch jedoch – bis auf die Einschränkung auf solche Gebäude, die zu Wohnzwecken dienten (Wohngebäudeversicherungen) – unberührt geblieben und ohne Neuregelung übernommen worden. Dies spreche gerade dagegen, dass der Gesetzgeber die bestehende Rechtspraxis ändern und nunmehr Gebäudeversicherungen ohne tatsächliche Absicherung eines Feuerrisikos der Feuerschutzsteuer unterwerfen wollte.
15
Zwar habe der Gesetzgeber mit der Neuregelung in § 3 FeuerschStG seit 1. Juli 2010 und die hierdurch geschaffene Zuweisung eines festgelegten Anteils am Versicherungsentgelt zu Gunsten der Feuerschutzsteuer den Anteil der Länder am Steueraufkommen erhöht, dies jedoch ausdrücklich bei ansonsten „gleich bleibenden Versicherungsentgelten“. Auch dadurch werde deutlich, dass der Gesetzgeber keine Ausdehnung der feuerschutzsteuerpflichtigen Versicherungen beabsichtigt habe, insbesondere nicht etwa höhere Steuereinnahmen dadurch habe generieren wollen, dass nunmehr auch Gebäudeversicherungen ohne Feuerrisikoschutz der Feuerschutzsteuer unterlägen. Insoweit hätte es einer entsprechend eindeutigen Regelung bedurft, wenn der Gesetzgeber mit § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG 2010 ein über 30 Jahre bestehendes Verständnis und die entsprechende Gesetzesanwendung in der Rechtspraxis habe abändern wollen. Ein diesbezüglicher Wille des Gesetzgebers sei jedoch nicht erkennbar.
16
Schließlich ließen sich für die Ansicht des Beklagten auch nicht Äußerungen seitens des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) heranziehen. In dem vom Beklagten angeführten Schreiben des GDV habe dieser lediglich auf die nunmehr „als gefestigt anzusehende Rechtsauffassung der Finanzverwaltung“ hingewiesen und insoweit empfohlen, diese künftig zu berücksichtigen. Damit sei lediglich ausgedrückt worden, dass nach dem Dafürhalten des GDV der Beklagte seine Meinung zur Auslegung von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG endgültig geändert habe. Dies bestätige sich auch durch ein weiteres, nachfolgendes Schreiben des GDV vom 6. Juni 2011 (Bl. 188 der GA), in dem der GDV gegenüber den Mitgliedern ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass er die „Auffassung der Finanzverwaltung zur Besteuerung von Verträgen ohne Absicherung des Feuerrisikos weiterhin für höchst problematisch“ halte.
17
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des klägerischen Vortrags wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 16. Juli 2015 (Bl. 39 ff. der GA), vom 30. November 2015 (Bl. 71 ff. der GA) und vom 23. März 2016 (Bl. 167 ff. der GA).
18
Die Klägerin beantragt,
19
20
1. den Feuerschutzsteuerbescheid für den Monat Dezember 2013 vom 5. Februar 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. November 2014 dahingehend abzuändern, dass die Steuerfestsetzung unter Ziffer B. für den Zeitraum Januar 2008 bis Dezember 2011 auf ... € herabgesetzt wird,
21
2. hilfsweise die Revision zuzulassen.
22
Der Beklagte beantragt,
23
24
1. die Klage abzuweisen,
25
2. im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
26
Zur Begründung trägt der Beklagte im Anschluss an die Einspruchsentscheidung im Wesentlichen vor: Um die Reichweite von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG zu ermitteln, sei neben dem Wortlaut der Gesetzesnorm auf die allgemeinen Auslegungsregeln, insbesondere den historischen Willen des Gesetzgebers abzustellen.
27
Vorliegend reiche nach dem Gesetzeswortlaut für das Entstehen der Feuerschutzsteuerpflicht aus, dass bei Wohngebäudeversicherungen die Möglichkeit bestehe, dass die Versicherung ein Feuerrisiko enthalten könne. Es sei gerade nicht erforderlich, dass tatsächlich Feuerrisiken enthalten und damit abgesichert seien. Dies ergebe sich vor allem aus der Verwendung des Wortes „können“ in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 2. Halbsatz FeuerschStG. Diese Formulierung spreche dafür, dass es nicht auf eine tatsächliche Versicherung der Risiken im Versicherungsvertrag ankommen solle, sondern nur auf den mit der Möglichkeitsform ausgedrückten theoretisch denkbaren Fall. Vor diesem Hintergrund seien verbundene Wohngebäudeversicherungen auch bei einer fehlenden tatsächlichen Absicherung von Feuerrisiken feuerschutzsteuerrechtlich zu erfassen, da das Versicherungsprodukt „Wohngebäudeversicherung“ am Markt durchaus mit den feuerspezifischen Risiken angeboten werde. Wenn der Feuerschutz im Grundpaket nicht enthalten sei, könne er jedoch je nach gewünschtem Versicherungsumfang individuell hinzugebucht werden.
28
Entgegen der Ansicht der Klägerin sei der eingefügte Relativsatz für das Verständnis von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG unerlässlich, da die Wohngebäudeversicherung eine sog. verbundene Versicherung darstelle und als solche verschiedene Gefahren abdecke. Der Relativsatz verdeutliche insoweit grammatikalisch, dass alle Wohngebäudeversicherungen, unabhängig davon, ob ein Feuerrisiko tatsächlich abgesichert werde oder nicht, der Feuerschutzsteuer unterlägen. Wohngebäudeversicherungen, die ausschließlich das Feuerrisiko abdecken würden, unterfielen bereits der Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FeuerschStG. Fehle der Relativsatz, seien die Tatbestände von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 FeuerschStG kaum voneinander abzugrenzen und würden Wohngebäudeversicherungen schon als Feuerversicherungen anzusehen sein.
29
Diese Auslegung werde auch durch die klarstellende Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 FeuerschStG bestätigt, denn damit werde korrespondierend zur hier streitgegenständlichen Norm klargestellt, dass ausschließlich Versicherungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 FeuerschStG der Feuerschutzsteuer unterliegen sollten und alle übrigen Versicherungen, unabhängig davon, ob ein Feuerrisiko tatsächlich abgedeckt sei oder nicht, nicht feuerschutzsteuerpflichtig seien.
30
Dies werde durch die Normenhistorie bestätigt. Die Verwaltung dürfe durchaus im Rahmen von Gesetzesänderungen ihre Rechtsauffassung auch zu bereits zuvor vorhandenen Gesetzesformulierungen ändern, wenn sich aus ihrer Sicht auf Grund der konkreten Änderung das Gesamtbild der Norm anders darstelle. Dies sei vorliegend der Fall. In der Gesetzesbegründung werde ausgeführt, dass unter anderem die verbundene Wohngebäudeversicherung durch die Gesetzesänderung wieder in das Feuerschutzsteuergesetz aufgenommen werde, um die Finanzierung eines leistungsfähigen Brandschutzes durch die Länder und die kommunalen Gebietskörperschaften zu gewährleisten (vgl. BT-Drucks. 8/2172, S. 8 unter I. Allgemeines). Aufgrund eines starken Rückgangs des Feuerschutzsteueraufkommens, das im Wesentlichen darauf zurückzuführen sei, dass sich die verbundenen Hausratversicherungen und die verbundenen Gebäudeversicherungen im Laufe der Zeit zu selbständigen Einheitsversicherungen entwickelt hätten, sei die Änderung des Feuerschutzsteuergesetzes dringend geboten gewesen. Der Beklagte habe aufgrund der mit der Gesetzesänderung einhergehenden Unsicherheiten bei der Gesetzesanwendung durch die Steuerpflichtigen lediglich nicht beanstandet, wenn für gezahlte Versicherungsentgelte von Wohngebäudeversicherungen, die vor dem 1. Juli 2011 fällig gewesen seien, keine Feuerschutzsteuer angemeldet worden sei. So sei auch vorliegend im Rahmen der Außenprüfung bei der Klägerin verfahren worden, so dass eine Nachversteuerung erst ab Juli 2011 erfolgt sei.
31
Der von der Klägerin angeführte Fragen-Antworten-Katalog mit Sachstand Februar 2010 sei, unabhängig davon, dass es sich hierbei weder um eine Verwaltungsanweisung noch um ein BMF-Schreiben handele, zwischenzeitlich an die geänderte Rechtsauffassung angepasst worden.
32
Zudem sei auch der GDV davon ausgegangen, dass aufgrund der Neuregelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG beide existierenden Auffassungen zur Auslegung dieser Norm vertretbar seien (vgl. Tz. 2.2.2 der betriebstechnischen Hinweise zur Umsetzung der Änderungen bei der Versicherung- und Feuerschutzsteuer zum 1. Juli 2010, Bl. 120 GA). Der GDV habe daher mit Schreiben vom 17. Mai 2011 (vgl. Bl. 194 der GA) seinen Mitgliedern empfohlen, die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung für Versicherungsentgelte mit Fälligkeiten ab 1. Juli 2011 „zu berücksichtigen“.
33
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vortrags des Beklagten wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 15. Oktober 2015 (Bl. 53 der GA) und vom 15. Februar 2016 (Bl. 83 ff. der GA).
34
Entscheidungsgründe
35
Die zulässige Klage ist begründet.
36
I. Der Feuerschutzsteuerbescheid vom 5. Februar 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. November 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
37
Zwar ist der angefochtene Feuerschutzsteuerbescheid hinsichtlich der vom Beklagten geltend gemachten Steuernachforderung (formal) zutreffend für den Monat Dezember 2013 ergangen (dazu unter I.1.). Gleichwohl ist dieser Bescheid rechtswidrig, da der Beklagte zu Unrecht die streitgegenständlichen Wohngebäudeversicherungen der Feuerschutzsteuer unterworfen hat (dazu unter I.2.).
38
1. Der angefochtene Feuerschutzsteuerbescheid ist nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil die streitgegenständliche Steuernachforderung – soweit sie materiell-rechtlich berechtigt wäre – nicht dem Grunde nach für Dezember 2013 hätte festgesetzt werden können. Vielmehr hat der Beklagte mit dem Monat Dezember 2013 einen – für Steuernachforderungen auf Grund einer Außenprüfung für den Zeitraum Januar 2008 bis Dezember 2011 – grundsätzlich zulässigen Anmeldungszeitraum im Sinne von § 9 Abs. 4 FeuerschStG in der im Streitzeitraum maßgeblichen Fassung (FeuerschStG a.F.) gewählt, um die seiner Ansicht nach gerechtfertigte Steuernachforderung festzusetzen.
39
a) Nach § 9 Abs. 4 FeuerschStG a.F. galt bis zum 30. Dezember 2014, dass aufgrund einer Außenprüfung nachzuentrichtenden Steuerbeträge „zusammen mit der Steuer für den laufenden Anmeldungszeitraum festzusetzen“ sind.
40
Der Gesetzgeber verfolgte mit dieser Regelung – wie auch mit der entsprechenden früheren, bis 11. Dezember 2012 geltenden Regelung in § 10 Abs. 4 VersStG a.F. – einen Vereinfachungszweck im Zusammenhang mit der durch das Steuerbereinigungsgesetz 1985 geschaffenen Neuregelung des Steueranmeldungsverfahrens im VersStG. Hiernach sollte die Nachforderung der Steuerbeträge möglichst wenig Verwaltungsaufwand verursachen (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 10/1636, S. 77 zur identischen Neuregelung in § 10 Abs. 4 VersStG). Der Vereinfachungszweck besteht darin, dass die Finanzbehörde nach einer Außenprüfung nicht für jede einzelne zu korrigierende Versicherungsteueranmeldung – regelmäßig die für einen jeden Kalendermonat des Prüfungszeitraums abgegebene Anmeldung (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 FeuerschStG; § 8 Abs. 2 Satz 1 VersStG) – einen Änderungsbescheid zu erlassen, sondern alle Änderungen in einem Bescheid zusammenzufassen hat (vgl. auch BFH-Urteil vom 13. Dezember 2011 – II R 26/10, BFHE 236, 212, BStBl II 2013, 596).
41
Mit Wirkung zum 31. Dezember 2014 ist § 9 Abs. 4 FeuerschStG durch Gesetz vom 22. Dezember 2014 (BGBl. I 2014, 2417, 2429, Art. 13) dergestalt geändert worden, dass nunmehr Steuerbeträge, die aufgrund einer Außenprüfung nachzuentrichten oder zu erstatten sind, zusammen mit der Steuer für den letzten Monat, das letzte Quartal oder das letzte Kalenderjahr des Prüfungszeitraums festzusetzen sind.
42
b) Für den vorliegenden Streitfall ist § 9 Abs. 4 FeuerschStG a.F. – und nicht § 9 Abs. 4 FeuerschStG in der seit 31. Dezember 2014 geltenden Fassung – maßgeblich, da es für die Anwendbarkeit von Verfahrensvorschriften grundsätzlich auf das zum Zeitpunkt der zu beurteilenden behördlichen Handlung geltende Recht ankommt. Hier galt zum Zeitpunkt der Auswertung der Prüfungsfeststellungen und des Erlasses des streitgegenständlichen Feuerschutzsteuerbescheides, d.h. im Februar 2014, noch § 9 Abs. 4 FeuerschStG a.F.
43
c) Hiernach erlaubt § 9 Abs. 4 FeuerschStG a.F. abweichend von den allgemeinen Korrekturvorschriften eine „zusammenfassende Korrektur“ nur insoweit, als diese Korrektur-Steuerfestsetzung zusammen mit einem „laufenden Anmeldungszeitraum“ erfolgt. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2011 – II R 26/10, BFHE 236, 212, BStBl II 2013, 596 zur identischen Regelung in § 10 Abs. 4 VersStG), der sich der Senat anschließt, ist mit dem Begriff des laufenden Anmeldungszeitraums zwar kein bestimmter Anmeldungszeitraum festgelegt, jedoch muss der Anmeldungszeitraum, für den die Korrektur-Steuerfestsetzung erfolgt, nach Abschluss der Außenprüfung liegen (vgl. auch FG Köln, Urteil vom 15. Januar 2015, 2 K 3741/12, EFG 2015, 1145).
44
Vorliegend genügte der Beklagte mit dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheids der formalen Anforderung im Hinblick auf den zutreffenden Anmeldungszeitraums im Sinne von § 9 Abs. 4 FeuerschStG a.F., denn mit dem Monat Dezember 2013 hat der Beklagte einen „Korrektur-Anmeldungszeitraum“ gewählt, der nach Abschluss derAußenprüfung betreffend den Zeitraum Januar 2008 bis Dezember 2011 liegt. Insoweit genügt es jedenfalls, wenn der laufende Anmeldungszeitraum später als die Außenprüfung endet. In der Regel – vorbehaltlich der Besonderheiten des Einzelfalls – ist eine Außenprüfung mit Zusendung des Prüfungsberichtes abgeschlossen (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 8. Juli 2009 – XI R 64/07, BFHE 226, 19, BStBl II 2010, 4). Diese Sichtweise entspricht auch der Regelung in § 202 Abs. 1 AO, wonach über das Ergebnis der Außenprüfung ein schriftlicher Bericht ergeht. Hier wurde – mangels anderweitiger Erkenntnisse und mangels eines entgegenstehenden Vortrags der Beteiligten – die bei der Klägerin durchgeführte Feuerschutzsteuer-Außenprüfung (spätestens) mit der Fertigung und Übersendung des Betriebsprüfungsberichts am 20. Dezember 2013 abgeschlossen. Der Anmeldungszeitraum Dezember 2013 dauerte zu diesem Zeitpunkt noch an und endete erst nach Ablauf der Außenprüfung. Darauf, ob gegebenenfalls bereits zuvor alle Prüfungshandlungen abgeschlossen und damit schon zu einem früheren Zeitpunkt ein Abschluss der Außenprüfung angenommen werden könnte, kommt es nicht an.
45
2. Der angefochtene Feuerschutzsteuerbescheid ist gleichwohl rechtswidrig, denn die streitgegenständlichen Wohngebäudeversicherungen, bei denen kein Feuerrisiko abgesichert ist, unterliegen nicht der Feuerschutzsteuer. Es handelt sich bei diesen Wohngebäudeversicherungen gerade nicht um Versicherungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 FeuerschStG, d.h. um Versicherungen, die teilweise auf Gefahren entfallen, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können.
46
a) Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 FeuerschStG in der durch Art. 12 des Begleitgesetzes zur zweiten Föderalismusreform vom 10. August 2009 (BGBl I 2009, 2702) geschaffenen, seit dem 1. Juli 2010 und mithin für den Streitzeitraum 2011 geltenden Fassung unterliegt der Feuerschutzsteuer die Entgegennahme des Versicherungsentgelts nur aus Feuerversicherungen einschließlich Feuer-Betriebsunterbrechungsversicherungen (Nr. 1), Wohngebäudeversicherungen, bei denen die Versicherung teilweise auf Gefahren entfällt, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können (Nr. 2) und Hausratversicherungen, bei denen die Versicherung teilweise auf Gefahren entfällt, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können (Nr. 3). Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 FeuerschStG unterliegt das Versicherungsentgelt aus Versicherungen, die nicht in Satz 1 Nr. 1 bis 3 genannt werden, die jedoch teilweise auf Gefahren entfallen, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können, nicht der Feuerschutzsteuer.
47
Abweichend hiervon war das Gesetz bis zum 30. Juni 2010 derart gefasst, dass nach § 1 Nr. 2 FeuerschStG a.F. der Feuerschutzsteuer Versicherungen von Gebäuden und von Hausrat, wenn das Versicherungsentgelt teilweise auf Gefahren entfällt, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können, unterliegen.
48
b) Vor diesem Hintergrund sind die Voraussetzungen einer Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG hier nicht erfüllt. Wohngebäudeversicherungen unterliegen nur dann der Feuerschutzsteuer, wenn die jeweils zu beurteilende Versicherung tatsächlich auch ein Feuerrisiko absichert. Insoweit kommt es auf eine konkrete Betrachtung der tatsächlich versicherten Risiken an; eine abstrakte Betrachtung dergestalt, dass es maßgeblich ist, welche Risiken (potentiell) Gegenstand einer Wohngebäudeversicherung sein können, genügt demgegenüber nicht.
49
aa) Dies ergibt sich zunächst bereits aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG. Danach werden Wohngebäudeversicherungen gerade unter weiteren Voraussetzungen als der Feuerschutzsteuer unterliegende Versicherungen genannt. Es sind explizit nur die Wohngebäudeversicherungen erfasst, „bei denen die Versicherung teilweise auf Gefahren entfällt, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können“. Wenn Wohngebäudeversicherungen unabhängig davon, ob sie tatsächlich Feuerrisiken, d.h. Gefahren, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können, abdecken, der Feuerschutzsteuer unterliegen sollten, mithin es ausreichend sein sollte, dass Wohngebäudeversicherungen typischerweise (potentiell) Feuerrisiken erfassen, hätte es des ergänzenden Relativsatzes in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG nicht bedurft.
50
Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Verwendung des Wortes „können“ am Ende von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG. Vielmehr erklärt sich die Verwendung des Wortes „können“ dadurch, dass von dem Tatbestand gerade der Fall erfasst sein soll, dass ein Feuerrisiko, dass sich auch durch eine (eigenständige) Feuerversicherung absichern ließe (und damit nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FeuerschStG feuerschutzsteuerpflichtig wäre), tatsächlich aber nicht durch eine solche Feuerversicherung, sondern stattdessen im Rahmen einer Wohngebäudeversicherung mitversichert wird. Mit der Verwendung der Möglichkeitsform in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG am Ende („können“) werden daher zutreffend die tatsächlichen Gegebenheiten beschrieben, die vom Tatbestand erfasst sein sollen. Dieser bezieht sich nämlich gerade auf den Fall, dass ein Feuerrisiko zwar in einer Feuerversicherung abgesichert werden könnte, tatsächlich aber nicht mit einer Feuerversicherung, sondern stattdessen mit einer Wohngebäudeversicherung abgesichert wird.
51
Zudem spricht auch die Verwendung des Wortes „entfällt“ in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG („Wohngebäudeversicherungen, bei denen die Versicherung teilweise auf Gefahren entfällt, …“) dafür, dass nicht lediglich eine potentielle Versicherbarkeit genügt, sondern es darauf ankommen, ob bei den zu beurteilenden Versicherungen nach den Versicherungsbedingungen tatsächlich Feuerrisiken abgesichert sind.
52
Dieser Auslegung stehen auch nicht die Änderungen im Gesetzeswortlaut im Vergleich zu der bis zum 30. Juni 2010 geltenden Fassung von § 1 Abs. 1 Nr. 2 FeuerschStG entgegen. Denn auch nach dieser früheren Gesetzesfassung waren seinerzeit Versicherungen von Gebäuden und von Hausrat nur dann der Feuerschutzsteuer unterworfen, wenn diese Versicherungen tatsächlich (zumindest teilweise) auch Feuerrisiken erfasst hatten. Durch die seinerzeit maßgebliche Formulierung, dass dies gilt, „wenn das Versicherungsentgelt" teilweise auf Gefahren entfällt, …“, war dies in gleicher Weise klargestellt wie durch die heutige Formulierung, wonach maßgeblich ist, dass „die Versicherung teilweise auf Gefahren entfällt, …d“.
53
bb) Die Gesetzessystematik in § 1 Abs. 1 FeuerschStG spricht ebenfalls dafür, dass der Feuerschutzsteuer nur solche Versicherungen unterliegen, bei denen tatsächlich Feuerrisiken, zumindest teilweise, Versicherungsgegenstand sind. Insbesondere ist nicht ersichtlich – wie der Beklagte meint –, dass die Anwendungsbereiche von Nr. 1 und Nr. 2 des § 1 Abs. 1 Satz 1 FeuerschStG ohne den Relativsatz in Nr. 2 nicht abgrenzbar wären. Alle drei Tatbestandsalternativen von § 1 Abs. 1 Satz 1 FeuerschStG setzen voraus, dass nach dem tatsächlichen Versicherungsgegenstand Feuerrisiken abgesichert werden. Soweit ausschließlich Feuerrisiken erfasst werden, handelt es sich um eine Feuerversicherung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FeuerschStG. Soweit eine Versicherung nur teilweise Risiken erfasst, unterliegt sie unter der weiteren Voraussetzung, dass es sich entweder um eine Wohngebäudeversicherung im Sinne von Nr. 2 oder um eine Hausratversicherung im Sinne von Nr. 3 handelt, der Feuerschutzsteuer. Anders als Nr. 1 erfassen Nr. 2 und Nr. 3 demnach Versicherungen, die nur teilweise Feuerrisiken abdecken (so auch Medert/Axer/Voß, § 5 VersStG Rn. 77 f.).
54
Da maßgeblich ist, welche Risiken tatsächlich Gegenstand einer Versicherung ist, wären beispielsweise „Wohngebäudeversicherungen“, bei denen in den Versicherungsbedingungen sämtliche Risiken außer Feuer ausgeschlossen wären, bereits als (reine) Feuerversicherungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FeuerschStG anzusehen (so auch Medert/Axer/Voß, § 5 VersStG Rn. 81); der Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG wäre hingegen nicht eröffnet, da eine solche Versicherung gerade nicht nur teilweise – sondern vollständig – auf Gefahren entfällt, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können.
55
Schließlich entspricht dem auch die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Steuern insoweit, als diese zwischen Versicherungsteuer und Feuerschutzsteuer aufgeteilt wird. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 FeuerschStG ist die Bemessungsgrundlage für die Feuerschutzsteuer bei Wohngebäudeversicherungen ein Anteil von 14 % des Gesamtbetrages des Versicherungsentgelts. Der Steuersatz beträgt nach § 4 Abs. 1 FeuerschStG 19 %. Der jeweils nicht in die Bemessungsgrundlage für die Feuerschutzsteuer einbezogene Anteil des Versicherungsentgelts unterliegt nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VersStG der Versicherungsteuer zu einem Steuersatz in Höhe von ebenfalls 19 % (ebenso Medert/Axer/Voß, § 5 VersStG Rn. 77).
56
cc) Dieses Ergebnis bestätigt sich durch die Gesetzeshistorie. Hieraus ergibt sich, dass die zum 1. Juli 2010 vorgenommene Gesetzesänderung dem Ziel diente, die doppelte Belastung des Versicherungsentgelts sowohl mit Versicherungsteuer als auch mit Feuerschutzsteuer zu beenden und materiell-rechtliche Überschneidungen bzw. Abgrenzungsprobleme hinsichtlich der Tatbestände im Versicherungsteuergesetz einerseits und im Feuerschutzsteuergesetz andererseits zu beseitigen (vgl. BT-Drucks. 16/12400, S. 17, 29). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Wortlautänderung den Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 Nr. 2 FeuerschStG, wie er schon vor dieser Gesetzesänderung bestand, erweitern und damit Wohngebäudeversicherungen unabhängig davon, ob sie tatsächlich Feuerrisiken abdecken, der Feuerschutzsteuer unterwerfen wollte, lassen sich aus den Gesetzesmaterialien gerade nicht entnehmen. Insoweit blieb mit der Gesetzesänderung im Jahre 2010 die ursprüngliche Intention des Gesetzgebers im Hinblick auf den Anwendungsbereich der Feuerschutzsteuer bei Wohngebäudeversicherungen, wie sie bereits im Zusammenhang mit der erstmaligen im Feuerschutzsteuergesetz durch die im Jahre 1979 geschaffene ursprüngliche (und bis 30. Juni 2010 geltende) Fassung des maßgeblichen Tatbestandes bestand, unverändert fort.
57
Im Jahre 1979 hatte der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. Januar 1980 das Feuerschutzsteuergesetz erlassen und damit die Erhebung der Feuerschutzsteuer umfassend und bundeseinheitlich neu geregelt. Hintergrund dieser Gesetzgebung war insbesondere, dass der Gesetzgeber dem Rückgang des Feuerschutzsteueraufkommens entgegenwirken wollte. Dieser war dadurch eingetreten, dass sich die sog. verbundenen Gebäudeversicherungen im Laufe der Zeit zu selbständigen Einheitsversicherungen entwickelt hatten (vgl. BT-Drucks. 8/2172, S. 8). Diese Versicherungen konnten jedoch – nach damaliger Gesetzesfassung – nicht mehr der Feuerschutzsteuer unterworfen werden, selbst wenn dadurch tatsächlich auch Feuerrisiken mit abgesichert waren (vgl. auch Medert/Axer/Voß, § 5 VersStG Rn. 84). Denn bis dahin galten verschiedene Feuerschutzsteuergesetze bzw. Durchführungsverordnungen der Länder bzw. fortgeltendes Recht des Deutschen Reiches, die jedoch nur reine Feuerversicherungen erfassten (vgl. § 1 Abs. 1 FeuerschStG 1939 vom 1. Februar 1939, RGBl. I, 113). Von diesen Regelungen gerade nicht erfasst werden konnten Versicherungen, die zwar auch, jedoch nicht ausschließlich Feuerrisiken absicherten, mithin keine (reinen) Feuerversicherungen, sondern sog. verbundene (Gebäude-) Versicherungen darstellten.
58
Dem mit der Anerkennung der verbundenen Versicherungen als selbständige (Einheits)Versicherungen einhergehenden Rückgang des Feuerschutzsteueraufkommens ist der Gesetzgeber mit Schaffung des Feuerschutzsteuergesetzes 1979 dadurch entgegengetreten, dass nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 FeuerschStG 1979 e„Versicherungen von Gebäuden und von Hausrat“ wieder der Feuerschutzsteuer unterworfen wurden, „wenn das Versicherungsentgelt teilweise auf Gefahren entfällt, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können“. Bereits nach dieser Gesetzesfassung wurde darauf abgestellt, dass feuerschutzsteuerpflichtig Versicherungen sind, die Risiken absichern, „die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können“. Diese gesetzliche Regelung zielte gerade auf die sich am Versicherungsmarkt neu entwickelten Versicherungsprodukte ab, die keine reinen Feuerversicherungen waren, nach den Versicherungsbedingungen jedoch auch Feuerrisiken absicherten.
59
Gleichwohl knüpfte das Feuerschutzsteuergesetz 1979 an die Vorgängerregelungen insoweit an, als sich am materiell-rechtlichen Regelungsgehalt nichts ändern sollte, mithin auch nach § 1 Abs. 1 FeuerschStG 1979 nur die Versicherungen erfasst sein sollten, die tatsächlich auch Feuerrisiken abdecken.
60
dd) Ein darüber hinausgehender, abweichender subjektiver Wille des Gesetzgebers dahingehend, mit der seit dem 1. Juli 2010 geltenden Gesetzesfassung Wohngebäudeversicherungen stets der Versicherungsteuer zu unterwerfen, unabhängig davon, ob die Versicherungen tatsächlich Feuerrisiken absichern oder nicht, ist aus der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 8/2172, S. 8; BT-Drucks. 16/12400, S. 29), aber auch aus sonstigen Umständen – entgegen der Ansicht des Beklagten – nicht ersichtlich.
61
Im Übrigen hätte sich eine entsprechende gesetzgeberische Intention dahingehend, Wohngebäudeversicherungen stets vom Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG zu erfassen, so ein entsprechender Regelungswille denn tatsächlich vorgelegen haben sollte, jedenfalls nicht hinreichend im Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeuerschStG niedergeschlagen. Der gesetzgeberische Wille kann bei der Auslegung eines Gesetzes (nur) insoweit Berücksichtigung finden, als dieser Wille im Gesetzeswortlaut selbst hinreichend bestimmt Ausdruck gefunden hat (sog. objektivierter Wille des Gesetzgebers, vgl. dazu BVerfG-Entscheidungen vom 17. Mai 1960, 2 BvL 11/59, 2 BvL 11/60, BVerfGE 11, 126; vom 9. Mai 1978, 2 BvR 952/75, BVerfGE 48, 246; BFH-Urteile vom 21. Oktober 2010 IV R 23/08, BFHE 231, 544, BStBl II 2011, 277; vom 28. Juli 2011 VI R 5/10, BFHE 234, 262, BStBl II 2012, 553; Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 5 Rz. 52 und 62). Insoweit geht es zu Lasten der Finanzverwaltung, dass der Gesetzgeber, wenn er, wie der Beklagte meint, Wohngebäudeversicherungen unabhängig davon, ob tatsächlich Feuerrisiken abgesichert sind oder nicht, der Feuerschutzsteuer unterwerfen wollte, dies jedenfalls nicht hinreichend klar in § 1 Abs. 1 FeuerschStG in der seit 1. Juli 2010 geltenden Fassung geregelt hat.
62
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
63
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO, §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
64
IV. Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
65
V. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52, 63 des Gerichtskostengesetzes.