09.06.2017 · IWW-Abrufnummer 194401
Hessisches Landessozialgericht: Urteil vom 09.02.2017 – L 1 KR 67/15
Zur Frage der Beitragspflichtigkeit der Abfindung einer Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung.
Landessozialgericht Hessen
Urt. v. 09.02.2017
Az.: L 1 KR 67/15
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 3. Februar 2015 abgeändert.
Der Bescheid der Beklagten vom 9. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2012 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin die auf die Abfindung entrichteten Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten und Arbeitslosenversicherung i.H.v. 1.506,18 € zu erstatten.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Bescheid der Beklagten vom 16. September 2011 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Beitragspflicht hinsichtlich einer einmaligen Zahlung zur Abfindung einer Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung und über den Anspruch auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge.
Die Klägerin ist aufgrund eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses mit der Beigeladenen zu 1 bei der Beklagten versicherungspflichtiges Mitglied. Bei der Beigeladenen zu 1 bestand eine Unterstützungskasse, die Unterstützungseinrichtung der Ärztlichen Verrechnungsstelle Büdingen e.V. und deren Tochterunternehmen e.V., bei der die Klägerin aufgrund von Leistungen der Beigeladenen zu 1 beginnend ab dem 1. August 1984 eine Versorgungsanwartschaft erlangte. Unter dem 18. Mai 2011 schlossen die Klägerin, die Beigeladene zu 1 und die Unterstützungseinrichtung der Ärztlichen Verrechnungsstelle Büdingen e.V. und deren Tochterunternehmen e.V. (Unterstützungskasse) die folgende Abfindungsvereinbarung:
"1. Zwischen der Gesellschaft (Beigeladene zu 1) und der Mitarbeiterin besteht ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis. Die Mitarbeiterin hat eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung nach der ihr von der Gesellschaft gemäß dem Leistungsplan der Unterstützungskasse erteilten Versorgungszusage vom 01.08.1984 bis heute erlangt (Versorgungsanwartschaft). Die Anwartschaft auf eine Altersrente bei Erreichen der Regelaltersgrenze beläuft sich zum 31.12.2010 auf monatlich 99,01 € (brutto).
2. Zwischen den Vertragspartnern besteht Einvernehmen darüber, dass die Mitarbeiterin auf die ihr und ihren Hinterbliebenen zustehende Versorgungsanwartschaft gegen Zahlung einer Abfindung verzichtet. Mit Inkrafttreten dieser Vereinbarung entfallen jegliche Anwartschaften und Ansprüche der Mitarbeiterin und ihrer Hinterbliebenen aus der in Ziffer 1 genannten Versorgungszusage, sowohl gegenüber der Gesellschaft als auch gegenüber der Unterstützungskasse.
3. Die Mitarbeiterin erhält von der Gesellschaft zur Abfindung der Versorgungsanwartschaft eine einmalige Kapitalzahlung in Höhe von 7.665,00 € (brutto).
Dieser Betrag entspricht dem nach Maßgabe von § 3 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 BetrAVG zum 31.12.2010 ermittelten versicherungsmathematischen Barwert der Anwartschaft auf die Hinterbliebenenversorgung. ( ...)
Der sich aus Ziffer 3 ergebende Abfindungsbetrag wird der Mitarbeiterin nach Abzug etwaiger Steuern und Abgaben, die die Mitarbeiterin zu tragen hat (vgl. Ziffer 4), im Monat Mai 2011 in einem Betrag ausgezahlt und auf das Bankkonto der Mitarbeiterin überwiesen.
4. Die auf die Abfindungszahlung entfallenden Abzüge (z.B. einzubehaltende Lohnsteuer und Sozialabgaben) trägt die Mitarbeiterin selbst. ( ...)"
Mit der Lohn-/Gehaltsabrechnung für Mai 2011 wurden von der Beigeladenen zu 1 auf die Abfindung als Einmalzahlung Gesamtsozialversicherungsbeiträge mit einem Arbeitnehmeranteil in Höhe von 1.580,91 € an die Beklagte als Einzugsstelle entrichtet.
Am 22. August 2011 wies die Klägerin die Beklagte hierauf hin, bat diesbezüglich um Überprüfung, da sie mit der Abführung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge nicht einverstanden sei und beantragte deren Erstattung. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 16. September 2011 mit, dass Abfindungen von Anwartschaften auf eine betriebliche Altersversorgung, die während eines laufenden Beschäftigungsverhältnisses gezahlt würden, im Allgemeinen zum beitragspflichtigen (einmalig gezahlten) Arbeitsentgelt gehörten. Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt dieses Schreiben nicht. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 5. Oktober 2011 Widerspruch, an dessen Erledigung sie mit Schreiben vom 22. November 2011 erinnerte. Mit Bescheid vom 9. Dezember 2011 wies die Beklagte erneut darauf hin, dass es sich bei dem gezahlten Abfindungsbetrag um einen geldwerten Vorteil im Sinne eines einmalig gezahltes Arbeitsentgeltes handele, das der Sozialversicherungspflicht unterliege. Hiergegen erhob die Klägerin am 30. Dezember 2011 unter Vorlage ihrer Gehaltsabrechnung von Mai 2011 und der Abfindungsvereinbarung vom 18. Mai 2011 (erneut) Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2012 zurückwies. Abfindungen aus einer Auflösung einer betrieblichen Altersversorgung unterlägen der Steuerpflicht. Ausweislich des Ergebnisses der Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 8./9. März 2005 bezüglich der beitragsrechtlichen Behandlung von Rückkaufswerten aus einer Direktversicherung seien Zahlungen von Rückkaufwerten bei vorzeitiger Kündigung einer Direktversicherung grundsätzlich als Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) anzusehen.
Hiergegen hat die Klägerin am 19. Juli 2012 Klage zum Sozialgericht Gießen erhoben und zur Begründung darauf hingewiesen, dass die Rechtsauffassung der Beklagten insbesondere dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 25. August 2004, B 12 KR 30/03 R widerspreche. Bei der gezahlten Abfindung handele es sich demnach gerade nicht um Arbeitsentgelt. Im Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung hätte es ansonsten der Wertung des § 229 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) sowie der gesonderten und eigenständigen Erfassung der Versorgungsbezüge in § 226 SGB V nicht bedurft. In dem Bereich der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung fehle es bereits an einer gesetzlichen Grundlage für die Heranziehung der Abfindung zu Beiträgen. Auch die zwischenzeitliche Änderung des § 229 SGB V führe dadurch, dass vorliegend die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen insgesamt ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nicht überstiegen, nicht zu einer Beitragspflicht des Versorgungsbezuges im Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung. Die Beklagte hat im Klageverfahren an ihrer Rechtsauffassung, dass es sich bei der Abfindung von Versorgungsanwartschaften aus einer Unterstützungskasse um beitragspflichtiges Arbeitsentgelt handele, festgehalten und ergänzend ausgeführt, dass das Urteil des Bundessozialgerichts vom 25. August 2004, B 12 KR 30/03 R rechtlich als überholt bzw. nach dem Besprechungsergebnis der Spitzenorganisation der Sozialversicherung vom 17. März 2005 als nicht überzeugende Einzelfallentscheidung anzusehen sei. Bei einer nicht dem Gesetzeszweck folgenden Verwendung erworbener betrieblicher Versorgungsanwartschaften werde der in der Sozialversicherung für Arbeitgeberzuwendungen bzw. Entgeltumwandlungen zur betrieblichen Altersversorgung geregelten Beitragsfreiheit die Grundlage entzogen. Bezüglich des vom Arbeitgeber bzw. der Versorgungseinrichtung gezahlten Abfindungsbetrages handele es sich somit um einen geldwerten Vorteil für den Beschäftigten, der als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung anzusehen sei. Mit Beschlüssen vom 21. Mai 2014 und vom 8. September 2014 hat das Sozialgericht den Arbeitgeber der Klägerin, die D. GmbH, die Deutsche Rentenversicherung Bund, die Bundesagentur für Arbeit und die Schwenninger Betriebskrankenkasse - Pflegekasse - dem Verfahren notwendig beigeladen und im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 3. Februar 2015 den Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 ergänzend gehört.
Mit Urteil vom 3. Februar 2015 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 19. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2012 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die auf die Abfindung entrichteten Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung i.H.v. 1.580,91 € und zudem der Klägerin ihre zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Beklagte sei zunächst als Einzugsstelle nach § 28 h Abs. 2 Satz 1 SGB IV sowohl für die Entscheidung über die Beitragspflicht hinsichtlich der gezahlten Abfindung als auch hinsichtlich der Entscheidung über die Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zuständig gewesen. Die Abfindung, welche die Klägerin für ihre bei der Unterstützungskasse erworbenen Anwartschaften erhalten habe, sei weder beitragspflichtig als Versorgungsbezug in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung noch handele es sich um Arbeitsentgelt mit einer hieraus folgenden Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Vorliegend sei eine aus einer Unterstützungskasse im Sinne des § 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) erzielte Abfindung gegeben. Die Versorgungsleistung aus einer solchen Unterstützungskasse sei eine Rente der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V, die der Beitragserhebung in der Kranken- und Pflegeversicherung zu Grunde zu legen sei. Die Klägerin habe zwar vorliegend keine Versorgungsleistungen erhalten, sondern eine Kapitalleistung, die bereits vor dem Versorgungsfall und nicht erst nach Beginn der Rentenzahlung zur Abfindung laufender Rentenzahlungen erbracht worden sei. Diese Kapitalleistung falle unter den Anwendungsbereich des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V, nach welchem auch eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung, welche an die Stelle der Versorgungsbezüge trete und vor Eintritt des Versicherungsfalles vereinbart worden sei, beitragspflichtig sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei auch nicht Voraussetzung für die Anwendung von § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V, dass der Versorgungsfall bereits eingetreten sei. Vielmehr sei auch der Fall der Kapitalisierung von Anwartschaften während eines laufenden Beschäftigungsverhältnisses vor Eintritt des Versorgungsfalls erfasst. Dies entspreche auch dem Wortlaut des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V, von dem nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen, welche vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden seien, erfasst seien. Die damit grundsätzlich bestehende Beitragspflicht sei vorliegend jedoch ausgeschlossen, da die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nicht überstiegen (bei der mtl. Bezugsgröße von 2.555,00 € im Jahr 2011 betrage ein Zwanzigstel 127,75 € und ein Einhundertzwanzigstel der Leistung von 7.665,00 € ergebe lediglich einen mtl. Betrag von 63,88 €). Eine Beitragspflicht ergebe sich zudem nicht aus § 14 SGB IV. Nach Absatz 1 Satz 2 der Vorschrift zählten zum Arbeitsentgelt zwar unter bestimmten Voraussetzungen auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet würden. Solche Entgeltanteile seien vorliegend jedoch nicht betroffen. Streitig sei nicht die Beitragspflicht der von der Beigeladenen zu 1 im Rahmen des Aufbaus der Anwartschaften geleisteten regelmäßigen Einzahlungen in die Unterstützungskasse, sondern die für die erworbenen Anwartschaften gezahlte Abfindung. Diese unterfalle zudem nicht dem Arbeitsentgeltbegriff des § 14 SGB IV. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts folge dies aus der Wertung des § 229 SGB V sowie der gesonderten und eigenständigen Erfassung der Versorgungsbezüge im Rahmen der gesetzlichen Regelungen zur Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung. Sei demnach bereits der Anwendungsbereich des § 229 SGB V eröffnet, komme daneben § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V i.V.m. § 14 SGB IV von vorneherein nicht in Betracht. Diese Kategorisierung im Rahmen des SGB V habe entsprechende Auswirkungen auch auf die Beitragspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung. Einnahmen, bei denen es sich um Versorgungsbezüge nach § 29 SGB V handele, könnten auch in diesen Bereichen nicht mehr unter des Begriff des Arbeitsentgelts fallen. Dass es sich insoweit um eine Einzelfallentscheidung des Bundessozialgerichts gehandelt habe, sei für das Gericht nicht nachvollziehbar. Auch durch die Änderung des § 229 SGB V ergebe sich nichts anderes. Die vorgenommene Änderung in § 229 SGB V habe lediglich Auswirkungen auf die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen, jedoch nicht auf die Einordnung als Arbeitsentgelt oder als Versorgungsbezüge.
Gegen das der Beklagten am 20. Februar 2015 zugestellte Urteil hat diese am 25. Februar 2015 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt und zur Begründung erneut darauf hingewiesen, dass nach ihrer Auffassung die Abfindung von Versorgungsanwartschaften aus einer Unterstützungskasse beitragspflichtiges Arbeitsentgelt darstelle. Sie wiederholt insoweit ihren erstinstanzlichen Vortrag zu der nach ihrer Auffassung zeitlich überholten Entscheidung des Bundessozialgerichts und dem gegenteiligen Besprechungsergebnis der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung und bezieht sich auf einen Beitrag von Uckermann, "Die sozialversicherungsrechtliche Behandlung der Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung" in NZS 2010, 489. Im Weiteren weist sie darauf hin, dass es keinen Unterschied mache, ob der Arbeitgeber vorzeitig eine Direktversicherung/Lebensversicherung kündige und dem Arbeitnehmer den Rückkaufwert auszahle oder ob der Arbeitgeber vorzeitig eine Unterstützungskasse kündige und dem Arbeitnehmer eine Abfindung für erreichte Versorgungsanwartschaften als Entschädigung auszahle. Ob der Arbeitgeber Beiträge auf eine Direktversicherung/Pensionskasse/Unterstützungskasse zahle oder eine Abfindung einer Anwartschaft aus einer betrieblichen Altersvorsorge, sei gleich zu behandeln. Im Prinzip sei dies nur eine gebündelte Beitragszahlung, damit die Klägerin überhaupt einmal Leistungsansprüche gegen die Unterstützungskasse erhalten solle und bisherige Beitragszahlungen und künftig einzustellende Beitragszahlungen der Beigeladenen zu 1 nicht vergebens seien. Dies folge nicht zuletzt auch aus einem Gleichklang von Steuer- und Beitragsrecht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 3. Februar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und den Bescheid vom 16. September 2011 aufzuheben.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Ergänzend weist sie darauf hin, dass die Besprechungsergebnisse der Spitzenverbände für die Gerichte nicht bindend seien.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.
Das Sozialgericht hat zu Unrecht mit Urteil vom 3. Februar 2015 die Beklagte verurteilt, die auf die Abfindung entrichteten Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung zu erstatten.
Die beklagte Krankenkasse ist gemäß § 28 h Abs. 2 Satz 1 SGB IV als Einzugsstelle sachlich zuständig, über die Heranziehung der streitgegenständlichen Abfindung zur Beitragspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung zu entscheiden. Als derjenige Träger, dem die entsprechenden Beiträge zugeflossen sind, ist sie darüber hinaus vorliegend auch zuständig, eine Entscheidung über die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu treffen, § 26 SGB IV. Die Sachentscheidungskompetenz für die Beitragserstattung im Bereich der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung beruht auf den jeweiligen spezialgesetzlichen Ermächtigungen (§ 211 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI, § 351 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - SGB III i.V.m. den Gemeinsamen Grundsätzen für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aus einer Beschäftigung in der Fassung vom 21. November 2006, zuletzt geändert am 18. November 2015 - BeitrVer ErstGs -), worauf bereits das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat. Anhaltspunkte für die nach den BeitrVerErstGs vorgesehenen Ausnahmetatbestände einer ausschließlichen Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers beziehungsweise der Agentur für Arbeit sind vorliegend nicht ersichtlich.
Hierzu hat der Senat im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 9. Februar 2017 die Klägerin angehört.
Für den Bereich der Pflegeversicherung fehlt hierfür jedoch eine gesetzliche Grundlage (vgl. hierzu bereits: Bundessozialgericht, Urteil vom 25. August 2004, B 12 KR 30/03 R - juris -).
Das Sozialgericht ist zudem im Rahmen seines Urteils vom 3. Februar 2015 von einem Bescheid vom 19. Dezember 2011 ausgegangen, wobei der streitgegenständliche Bescheid vom 9. Dezember 2011 datiert, sodass der Urteilstenor insoweit abzuändern war. Im Rahmen der Entscheidung über die Berufung kann das Rechtsmittelgericht auch Berichtigungen der Entscheidung der Vorinstanz in entsprechender Anwendung des § 138 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vornehmen (Wolff-Dellen in: Breitkreuz/Fichte, SGG, Kommentar, Stand: 2. Auflage 2014, § 138 Rdnr. 19 m.w.N.).
Im Übrigen war die Berufung jedoch zurückzuweisen. Zu Recht hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, die auf die Abfindung entrichteten Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zu erstatten und insoweit die entgegenstehenden Bescheide der Beklagten aufgehoben. Diese sind auch insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Soweit die Beklagte in den streitgegenständlichen Bescheiden auch über die Erstattung der Beiträge zur Pflegeversicherung entschieden hat, fehlte ihr hierfür bereits die Zuständigkeit.
Nach § 26 Abs. 2 1. Halbsatz SGB IV sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten. Beiträge sind zu Unrecht entrichtet, wenn sie ohne Rechtsgrund gezahlt wurden. Dies ist vorliegend der Fall. Die streitgegenständliche Abfindung ist nicht beitragspflichtig. Es handelt sich um eine Kapitalleistung im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V, die aufgrund ihrer Höhe nicht zur Beitragspflicht im Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung führt und die auch kein Arbeitsentgelt gemäß § 14 Abs. 1 SGB IV darstellt, das bei versicherungspflichtigen Beschäftigten in allen Versicherungszweigen der Beitragsbemessung zu Grunde gelegt wird. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf die ausführlichen und zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug, § 153 Abs. 2 SGG.
Lediglich ergänzend weist der Senat auf folgendes hin:
Im Bereich der streitgegenständlichen Abfindung bestimmt § 229 Abs. 1 SGB V als abschließende Spezialregelung über das Beitragsrecht der Kranken- und Pflegeversicherung hinaus mittelbar auch für die anderen Versicherungszweige die Grenzen ihrer beitragsrechtlichen Berücksichtigungsfähigkeit als Arbeitsentgelt. Das Bundessozialgericht hat diesbezüglich gerade im Blick auf die Neuregelung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V zum 1. Januar 2004 durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG - vom 14. November 2003, BGBl I S. 2190) in seiner Entscheidung vom 25. August 2004, B 12 KR 30/03 R ausgeführt:
"Soweit daher unabhängig von seiner konkreten Anwendbarkeit im Einzelfall der thematische Anwendungsbereich des § 229 SGB V eröffnet ist, kommt daneben § 226 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V i.V.m. § 14 SGB IV von vorneherein nicht als einschlägig in Betracht. Unter diesen Umständen ist der Anwendungsbereich des § 226 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V i.V.m. § 14 SGB IV auch nicht etwa deshalb wieder eröffnet, weil die hier noch anwendbare Fassung des § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V aF eine Abfindung nicht erfasst, die - wie hier - bereits vor Eintritt des Versorgungsfalls zugesagt war und die daher nicht an die Stelle laufender Versorgungsbezüge tritt."
Dass sich dieser oben dargestellte Charakter des § 229 Abs. 1 SGB V durch seine Neuregelung zum 1. Januar 2004 geändert haben soll, erschließt sich dem Senat gerade vor dem Hintergrund der Gesetzesbegründung nicht (so auch: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24. März 2015, L 11 R 1130/14; vgl. zudem: Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 27. November 2009, L 6 R 72/06 unter Verweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 7. März 2007, B 12 KR 4/06 R - juris -). Mit der ab 1. Januar 2004 erfolgten Erweiterung der Beitragspflicht nicht regelmäßig wiederkehrender Leistungen auf Kapitalleistungen sollten im Interesse einer möglichst vollständigen Erfassung von Versorgungsbezügen Umgehungsmöglichkeiten bei der Beitragspflicht für Versorgungsbezüge beseitigt und mit der Einbeziehung auch von Kapitalleistungen - neben den bis dahin schon beitragspflichtigen Kapitalabfindungen - aus Gründen der gleichmäßigen Behandlung aller Betroffenen Lücken in der Beitragspflicht geschlossen werden (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen zum Entwurf eines GMG, BT-Drucks 15/1525 S. 139). Beabsichtigt war - im Hinblick auf deren gleichartige Verwurzelung in der früheren Erwerbstätigkeit - eine Gleichstellung kapitalisierter Versorgungsleistungen miteinander und mit laufenden Versorgungsleistungen ohne Berücksichtigung von Zahlungsmodalitäten (vgl. zur Motivlage des Gesetzgebers ausführlich: Bundessozialgericht, Urteil vom 25. April 2012, B 12 KR 26/10 R - juris -).
Unabdingbare Voraussetzung für die Anwendung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V ist zudem nicht, wie von den Spitzenorganisationen der Sozialversicherung noch in ihrem Besprechungsergebnis vom März 2005 vertreten, der Eintritt des Versorgungsfalls (so auch: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24. März 2015, L 11 R 1130/14 - juris -; Sieben in: Figge, Sozialversicherungsrecht - Beitragsrecht -, Stand: 113. Lieferung 11/2016, 5.4. Abfindungen und Anwartschaften für eine betriebliche Altersversorgung). Hierzu weist das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 25. April 2012, B 12 KR 26/10 R ausdrücklich auf folgendes hin:
"Soweit Regelung 2 des § 229 Abs 1 S 3 SGB V den Terminus "vor Eintritt des Versicherungsfalls" enthält, ist dieser auf Grund seiner syntaktischen Verknüpfung lediglich dahin zu verstehen, dass die Kapitalleistung bis zu diesem Zeitpunkt vereinbart oder zugesagt worden sein muss. (...) Dass die Beitragspflicht einer Kapitalleistung nach § 229 Abs 1 S 3 Regelung 2 SGB V darüber hinaus - wie diejenige einer Kapitalabfindung nach Regelung 1 (dazu unten (bb)) - erfordert, dass sie nach Eintritt des vertraglich vereinbarten Versicherungsfalls gezahlt wird, ergibt sich aus dieser Verbindung nicht."
Der Senat schließt sich insoweit nach eigener Überprüfung der vom Bundessozialgericht vertretenen Rechtsauffassung vollumfänglich an.
Bezüglich der Besprechungsergebnisse der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger weist der Senat zudem darauf hin, dass die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit an derartige Abreden zwischen Sozialversicherungsträgern und ihren Verbänden nicht gebunden sind, da sie als bloße verwaltungsinterne Auslegungs- und Abgrenzungshilfen keine Rechtsnormqualität besitzen (Bundessozialgericht, Urteil vom 3. Juli 2013, B 12 KR 8/11 R - juris -). Im Weiteren ist lediglich ergänzend auszuführen, dass die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung insoweit ihre Rechtsauffassung geändert haben. So wird im Besprechungsergebnis im Rahmen der Niederschrift vom 20. April 2016 zu Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs ausgeführt:
"Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Sozialgerichtsbarkeit die vor dem Eintritt des Versicherungsfalles ausgezahlten Abfindungen von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, und zwar sowohl nach beendetem als auch bei bestehendem Beschäftigungsverhältnis, als Versorgungsbezüge in Form einer Kapitalleistung nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V bewertet. Vor diesem Hintergrund kann die bisherige gegensätzliche beitragsrechtliche Bewertung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung, die insbesondere davon geprägt ist, für das Vorliegen eines Versorgungsbezugs stets den Eintritt des jeweils vereinbarten Versicherungsfalles bzw. einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Ausscheiden aus der Beschäftigung und Eintritt in den Ruhestand vorauszusetzen, nicht weiter aufrecht erhalten werden.
Nach Auffassung der Besprechungsteilnehmer ist bei der beitragsrechtlichen Behandlung von Abfindungen von Versorgungsanwartschaften inzwischen von einer ständigen Rechtsprechung des BSG auszugehen, der eine über den entschiedenen Einzelfall hinausgehende generelle Bedeutung beizumessen ist. Insofern ist die bisherige beitragsrechtliche Beurteilung von vor Eintritt des Versorgungsfalles gezahlten Abfindungen von gesetzlich oder vertraglich unverfallbaren und verfallbaren Anwartschaften auf eine betriebliche Altersversorgung dahingehend anzupassen, dass diese Abfindungen kein Arbeitsentgelt nach § 14 SGB IV mehr darstellen."
Die von der Beklagten gewählte steuerrechtliche Betrachtung kann zu keiner Änderung der rechtlichen Beurteilung führen. Insoweit besteht zwischen Steuerrecht und dem sozialversicherungsrechtlichen Beitragsrecht gerade keine Kompatibilität (vgl. hierzu: Bundessozialgericht, Urteil vom 7. März 2007, B 12 KR 4/06 R - juris -)
Im Weiteren war der Ausgangsbescheid der Beklagten vom 16. September 2011 aufzuheben. Ausnahmsweise können im Wege der Klageänderung im Sinne der Klageerweiterung gemäß § 99 SGG bei Einverständnis aller Beteiligten Ansprüche zum Gegenstand des Berufungsrechtszugs gemacht werden, über die das Sozialgericht nicht entschieden hat (sog. Heraufholen von Prozessresten, vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, Kommentar, 11. Auflage 2014, § 99 Rdnr. 12 und Keller, a.a.O., § 140 Rdnr. 2a m.w.N.). Insoweit liegen von allen Beteiligten Einverständniserklärungen vor. Zudem wäre die Sachdienlichkeit der Klageänderung zu bejahen, da der Streit zwischen den Beteiligten in einem Verfahren beigelegt und endgültig bereinigt werden kann, sodass ein neuer Prozess vermieden wird (vgl. insoweit ausführlich: Leitherer, a.a.O., § 99 Rdnr. 10 und Keller, a.a.O., § 140 Rdnr. 2a).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Nach der Auffassung des Senats kam vorliegend eine Kostenquotelung aufgrund des geringen Anteils des Obsiegens der Beklagten nicht in Betracht. Kosten der Beigeladenen sind keine zu erstatten, da diese keine Anträge gestellt haben (Leitherer, a.a.O., § 193 Rdnr. 11a).
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Urt. v. 09.02.2017
Az.: L 1 KR 67/15
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 3. Februar 2015 abgeändert.
Der Bescheid der Beklagten vom 9. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2012 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin die auf die Abfindung entrichteten Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten und Arbeitslosenversicherung i.H.v. 1.506,18 € zu erstatten.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Bescheid der Beklagten vom 16. September 2011 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Beitragspflicht hinsichtlich einer einmaligen Zahlung zur Abfindung einer Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung und über den Anspruch auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge.
Die Klägerin ist aufgrund eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses mit der Beigeladenen zu 1 bei der Beklagten versicherungspflichtiges Mitglied. Bei der Beigeladenen zu 1 bestand eine Unterstützungskasse, die Unterstützungseinrichtung der Ärztlichen Verrechnungsstelle Büdingen e.V. und deren Tochterunternehmen e.V., bei der die Klägerin aufgrund von Leistungen der Beigeladenen zu 1 beginnend ab dem 1. August 1984 eine Versorgungsanwartschaft erlangte. Unter dem 18. Mai 2011 schlossen die Klägerin, die Beigeladene zu 1 und die Unterstützungseinrichtung der Ärztlichen Verrechnungsstelle Büdingen e.V. und deren Tochterunternehmen e.V. (Unterstützungskasse) die folgende Abfindungsvereinbarung:
"1. Zwischen der Gesellschaft (Beigeladene zu 1) und der Mitarbeiterin besteht ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis. Die Mitarbeiterin hat eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung nach der ihr von der Gesellschaft gemäß dem Leistungsplan der Unterstützungskasse erteilten Versorgungszusage vom 01.08.1984 bis heute erlangt (Versorgungsanwartschaft). Die Anwartschaft auf eine Altersrente bei Erreichen der Regelaltersgrenze beläuft sich zum 31.12.2010 auf monatlich 99,01 € (brutto).
2. Zwischen den Vertragspartnern besteht Einvernehmen darüber, dass die Mitarbeiterin auf die ihr und ihren Hinterbliebenen zustehende Versorgungsanwartschaft gegen Zahlung einer Abfindung verzichtet. Mit Inkrafttreten dieser Vereinbarung entfallen jegliche Anwartschaften und Ansprüche der Mitarbeiterin und ihrer Hinterbliebenen aus der in Ziffer 1 genannten Versorgungszusage, sowohl gegenüber der Gesellschaft als auch gegenüber der Unterstützungskasse.
3. Die Mitarbeiterin erhält von der Gesellschaft zur Abfindung der Versorgungsanwartschaft eine einmalige Kapitalzahlung in Höhe von 7.665,00 € (brutto).
Dieser Betrag entspricht dem nach Maßgabe von § 3 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 BetrAVG zum 31.12.2010 ermittelten versicherungsmathematischen Barwert der Anwartschaft auf die Hinterbliebenenversorgung. ( ...)
Der sich aus Ziffer 3 ergebende Abfindungsbetrag wird der Mitarbeiterin nach Abzug etwaiger Steuern und Abgaben, die die Mitarbeiterin zu tragen hat (vgl. Ziffer 4), im Monat Mai 2011 in einem Betrag ausgezahlt und auf das Bankkonto der Mitarbeiterin überwiesen.
4. Die auf die Abfindungszahlung entfallenden Abzüge (z.B. einzubehaltende Lohnsteuer und Sozialabgaben) trägt die Mitarbeiterin selbst. ( ...)"
Mit der Lohn-/Gehaltsabrechnung für Mai 2011 wurden von der Beigeladenen zu 1 auf die Abfindung als Einmalzahlung Gesamtsozialversicherungsbeiträge mit einem Arbeitnehmeranteil in Höhe von 1.580,91 € an die Beklagte als Einzugsstelle entrichtet.
Am 22. August 2011 wies die Klägerin die Beklagte hierauf hin, bat diesbezüglich um Überprüfung, da sie mit der Abführung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge nicht einverstanden sei und beantragte deren Erstattung. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 16. September 2011 mit, dass Abfindungen von Anwartschaften auf eine betriebliche Altersversorgung, die während eines laufenden Beschäftigungsverhältnisses gezahlt würden, im Allgemeinen zum beitragspflichtigen (einmalig gezahlten) Arbeitsentgelt gehörten. Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt dieses Schreiben nicht. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 5. Oktober 2011 Widerspruch, an dessen Erledigung sie mit Schreiben vom 22. November 2011 erinnerte. Mit Bescheid vom 9. Dezember 2011 wies die Beklagte erneut darauf hin, dass es sich bei dem gezahlten Abfindungsbetrag um einen geldwerten Vorteil im Sinne eines einmalig gezahltes Arbeitsentgeltes handele, das der Sozialversicherungspflicht unterliege. Hiergegen erhob die Klägerin am 30. Dezember 2011 unter Vorlage ihrer Gehaltsabrechnung von Mai 2011 und der Abfindungsvereinbarung vom 18. Mai 2011 (erneut) Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2012 zurückwies. Abfindungen aus einer Auflösung einer betrieblichen Altersversorgung unterlägen der Steuerpflicht. Ausweislich des Ergebnisses der Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 8./9. März 2005 bezüglich der beitragsrechtlichen Behandlung von Rückkaufswerten aus einer Direktversicherung seien Zahlungen von Rückkaufwerten bei vorzeitiger Kündigung einer Direktversicherung grundsätzlich als Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) anzusehen.
Hiergegen hat die Klägerin am 19. Juli 2012 Klage zum Sozialgericht Gießen erhoben und zur Begründung darauf hingewiesen, dass die Rechtsauffassung der Beklagten insbesondere dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 25. August 2004, B 12 KR 30/03 R widerspreche. Bei der gezahlten Abfindung handele es sich demnach gerade nicht um Arbeitsentgelt. Im Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung hätte es ansonsten der Wertung des § 229 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) sowie der gesonderten und eigenständigen Erfassung der Versorgungsbezüge in § 226 SGB V nicht bedurft. In dem Bereich der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung fehle es bereits an einer gesetzlichen Grundlage für die Heranziehung der Abfindung zu Beiträgen. Auch die zwischenzeitliche Änderung des § 229 SGB V führe dadurch, dass vorliegend die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen insgesamt ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nicht überstiegen, nicht zu einer Beitragspflicht des Versorgungsbezuges im Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung. Die Beklagte hat im Klageverfahren an ihrer Rechtsauffassung, dass es sich bei der Abfindung von Versorgungsanwartschaften aus einer Unterstützungskasse um beitragspflichtiges Arbeitsentgelt handele, festgehalten und ergänzend ausgeführt, dass das Urteil des Bundessozialgerichts vom 25. August 2004, B 12 KR 30/03 R rechtlich als überholt bzw. nach dem Besprechungsergebnis der Spitzenorganisation der Sozialversicherung vom 17. März 2005 als nicht überzeugende Einzelfallentscheidung anzusehen sei. Bei einer nicht dem Gesetzeszweck folgenden Verwendung erworbener betrieblicher Versorgungsanwartschaften werde der in der Sozialversicherung für Arbeitgeberzuwendungen bzw. Entgeltumwandlungen zur betrieblichen Altersversorgung geregelten Beitragsfreiheit die Grundlage entzogen. Bezüglich des vom Arbeitgeber bzw. der Versorgungseinrichtung gezahlten Abfindungsbetrages handele es sich somit um einen geldwerten Vorteil für den Beschäftigten, der als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung anzusehen sei. Mit Beschlüssen vom 21. Mai 2014 und vom 8. September 2014 hat das Sozialgericht den Arbeitgeber der Klägerin, die D. GmbH, die Deutsche Rentenversicherung Bund, die Bundesagentur für Arbeit und die Schwenninger Betriebskrankenkasse - Pflegekasse - dem Verfahren notwendig beigeladen und im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 3. Februar 2015 den Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 ergänzend gehört.
Mit Urteil vom 3. Februar 2015 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 19. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2012 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die auf die Abfindung entrichteten Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung i.H.v. 1.580,91 € und zudem der Klägerin ihre zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Beklagte sei zunächst als Einzugsstelle nach § 28 h Abs. 2 Satz 1 SGB IV sowohl für die Entscheidung über die Beitragspflicht hinsichtlich der gezahlten Abfindung als auch hinsichtlich der Entscheidung über die Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zuständig gewesen. Die Abfindung, welche die Klägerin für ihre bei der Unterstützungskasse erworbenen Anwartschaften erhalten habe, sei weder beitragspflichtig als Versorgungsbezug in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung noch handele es sich um Arbeitsentgelt mit einer hieraus folgenden Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Vorliegend sei eine aus einer Unterstützungskasse im Sinne des § 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) erzielte Abfindung gegeben. Die Versorgungsleistung aus einer solchen Unterstützungskasse sei eine Rente der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V, die der Beitragserhebung in der Kranken- und Pflegeversicherung zu Grunde zu legen sei. Die Klägerin habe zwar vorliegend keine Versorgungsleistungen erhalten, sondern eine Kapitalleistung, die bereits vor dem Versorgungsfall und nicht erst nach Beginn der Rentenzahlung zur Abfindung laufender Rentenzahlungen erbracht worden sei. Diese Kapitalleistung falle unter den Anwendungsbereich des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V, nach welchem auch eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung, welche an die Stelle der Versorgungsbezüge trete und vor Eintritt des Versicherungsfalles vereinbart worden sei, beitragspflichtig sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei auch nicht Voraussetzung für die Anwendung von § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V, dass der Versorgungsfall bereits eingetreten sei. Vielmehr sei auch der Fall der Kapitalisierung von Anwartschaften während eines laufenden Beschäftigungsverhältnisses vor Eintritt des Versorgungsfalls erfasst. Dies entspreche auch dem Wortlaut des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V, von dem nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen, welche vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden seien, erfasst seien. Die damit grundsätzlich bestehende Beitragspflicht sei vorliegend jedoch ausgeschlossen, da die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nicht überstiegen (bei der mtl. Bezugsgröße von 2.555,00 € im Jahr 2011 betrage ein Zwanzigstel 127,75 € und ein Einhundertzwanzigstel der Leistung von 7.665,00 € ergebe lediglich einen mtl. Betrag von 63,88 €). Eine Beitragspflicht ergebe sich zudem nicht aus § 14 SGB IV. Nach Absatz 1 Satz 2 der Vorschrift zählten zum Arbeitsentgelt zwar unter bestimmten Voraussetzungen auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet würden. Solche Entgeltanteile seien vorliegend jedoch nicht betroffen. Streitig sei nicht die Beitragspflicht der von der Beigeladenen zu 1 im Rahmen des Aufbaus der Anwartschaften geleisteten regelmäßigen Einzahlungen in die Unterstützungskasse, sondern die für die erworbenen Anwartschaften gezahlte Abfindung. Diese unterfalle zudem nicht dem Arbeitsentgeltbegriff des § 14 SGB IV. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts folge dies aus der Wertung des § 229 SGB V sowie der gesonderten und eigenständigen Erfassung der Versorgungsbezüge im Rahmen der gesetzlichen Regelungen zur Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung. Sei demnach bereits der Anwendungsbereich des § 229 SGB V eröffnet, komme daneben § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V i.V.m. § 14 SGB IV von vorneherein nicht in Betracht. Diese Kategorisierung im Rahmen des SGB V habe entsprechende Auswirkungen auch auf die Beitragspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung. Einnahmen, bei denen es sich um Versorgungsbezüge nach § 29 SGB V handele, könnten auch in diesen Bereichen nicht mehr unter des Begriff des Arbeitsentgelts fallen. Dass es sich insoweit um eine Einzelfallentscheidung des Bundessozialgerichts gehandelt habe, sei für das Gericht nicht nachvollziehbar. Auch durch die Änderung des § 229 SGB V ergebe sich nichts anderes. Die vorgenommene Änderung in § 229 SGB V habe lediglich Auswirkungen auf die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen, jedoch nicht auf die Einordnung als Arbeitsentgelt oder als Versorgungsbezüge.
Gegen das der Beklagten am 20. Februar 2015 zugestellte Urteil hat diese am 25. Februar 2015 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt und zur Begründung erneut darauf hingewiesen, dass nach ihrer Auffassung die Abfindung von Versorgungsanwartschaften aus einer Unterstützungskasse beitragspflichtiges Arbeitsentgelt darstelle. Sie wiederholt insoweit ihren erstinstanzlichen Vortrag zu der nach ihrer Auffassung zeitlich überholten Entscheidung des Bundessozialgerichts und dem gegenteiligen Besprechungsergebnis der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung und bezieht sich auf einen Beitrag von Uckermann, "Die sozialversicherungsrechtliche Behandlung der Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung" in NZS 2010, 489. Im Weiteren weist sie darauf hin, dass es keinen Unterschied mache, ob der Arbeitgeber vorzeitig eine Direktversicherung/Lebensversicherung kündige und dem Arbeitnehmer den Rückkaufwert auszahle oder ob der Arbeitgeber vorzeitig eine Unterstützungskasse kündige und dem Arbeitnehmer eine Abfindung für erreichte Versorgungsanwartschaften als Entschädigung auszahle. Ob der Arbeitgeber Beiträge auf eine Direktversicherung/Pensionskasse/Unterstützungskasse zahle oder eine Abfindung einer Anwartschaft aus einer betrieblichen Altersvorsorge, sei gleich zu behandeln. Im Prinzip sei dies nur eine gebündelte Beitragszahlung, damit die Klägerin überhaupt einmal Leistungsansprüche gegen die Unterstützungskasse erhalten solle und bisherige Beitragszahlungen und künftig einzustellende Beitragszahlungen der Beigeladenen zu 1 nicht vergebens seien. Dies folge nicht zuletzt auch aus einem Gleichklang von Steuer- und Beitragsrecht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 3. Februar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und den Bescheid vom 16. September 2011 aufzuheben.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Ergänzend weist sie darauf hin, dass die Besprechungsergebnisse der Spitzenverbände für die Gerichte nicht bindend seien.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.
Das Sozialgericht hat zu Unrecht mit Urteil vom 3. Februar 2015 die Beklagte verurteilt, die auf die Abfindung entrichteten Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung zu erstatten.
Die beklagte Krankenkasse ist gemäß § 28 h Abs. 2 Satz 1 SGB IV als Einzugsstelle sachlich zuständig, über die Heranziehung der streitgegenständlichen Abfindung zur Beitragspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung zu entscheiden. Als derjenige Träger, dem die entsprechenden Beiträge zugeflossen sind, ist sie darüber hinaus vorliegend auch zuständig, eine Entscheidung über die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu treffen, § 26 SGB IV. Die Sachentscheidungskompetenz für die Beitragserstattung im Bereich der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung beruht auf den jeweiligen spezialgesetzlichen Ermächtigungen (§ 211 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI, § 351 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - SGB III i.V.m. den Gemeinsamen Grundsätzen für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aus einer Beschäftigung in der Fassung vom 21. November 2006, zuletzt geändert am 18. November 2015 - BeitrVer ErstGs -), worauf bereits das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat. Anhaltspunkte für die nach den BeitrVerErstGs vorgesehenen Ausnahmetatbestände einer ausschließlichen Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers beziehungsweise der Agentur für Arbeit sind vorliegend nicht ersichtlich.
Hierzu hat der Senat im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 9. Februar 2017 die Klägerin angehört.
Für den Bereich der Pflegeversicherung fehlt hierfür jedoch eine gesetzliche Grundlage (vgl. hierzu bereits: Bundessozialgericht, Urteil vom 25. August 2004, B 12 KR 30/03 R - juris -).
Das Sozialgericht ist zudem im Rahmen seines Urteils vom 3. Februar 2015 von einem Bescheid vom 19. Dezember 2011 ausgegangen, wobei der streitgegenständliche Bescheid vom 9. Dezember 2011 datiert, sodass der Urteilstenor insoweit abzuändern war. Im Rahmen der Entscheidung über die Berufung kann das Rechtsmittelgericht auch Berichtigungen der Entscheidung der Vorinstanz in entsprechender Anwendung des § 138 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vornehmen (Wolff-Dellen in: Breitkreuz/Fichte, SGG, Kommentar, Stand: 2. Auflage 2014, § 138 Rdnr. 19 m.w.N.).
Im Übrigen war die Berufung jedoch zurückzuweisen. Zu Recht hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, die auf die Abfindung entrichteten Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zu erstatten und insoweit die entgegenstehenden Bescheide der Beklagten aufgehoben. Diese sind auch insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Soweit die Beklagte in den streitgegenständlichen Bescheiden auch über die Erstattung der Beiträge zur Pflegeversicherung entschieden hat, fehlte ihr hierfür bereits die Zuständigkeit.
Nach § 26 Abs. 2 1. Halbsatz SGB IV sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten. Beiträge sind zu Unrecht entrichtet, wenn sie ohne Rechtsgrund gezahlt wurden. Dies ist vorliegend der Fall. Die streitgegenständliche Abfindung ist nicht beitragspflichtig. Es handelt sich um eine Kapitalleistung im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V, die aufgrund ihrer Höhe nicht zur Beitragspflicht im Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung führt und die auch kein Arbeitsentgelt gemäß § 14 Abs. 1 SGB IV darstellt, das bei versicherungspflichtigen Beschäftigten in allen Versicherungszweigen der Beitragsbemessung zu Grunde gelegt wird. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf die ausführlichen und zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug, § 153 Abs. 2 SGG.
Lediglich ergänzend weist der Senat auf folgendes hin:
Im Bereich der streitgegenständlichen Abfindung bestimmt § 229 Abs. 1 SGB V als abschließende Spezialregelung über das Beitragsrecht der Kranken- und Pflegeversicherung hinaus mittelbar auch für die anderen Versicherungszweige die Grenzen ihrer beitragsrechtlichen Berücksichtigungsfähigkeit als Arbeitsentgelt. Das Bundessozialgericht hat diesbezüglich gerade im Blick auf die Neuregelung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V zum 1. Januar 2004 durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG - vom 14. November 2003, BGBl I S. 2190) in seiner Entscheidung vom 25. August 2004, B 12 KR 30/03 R ausgeführt:
"Soweit daher unabhängig von seiner konkreten Anwendbarkeit im Einzelfall der thematische Anwendungsbereich des § 229 SGB V eröffnet ist, kommt daneben § 226 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V i.V.m. § 14 SGB IV von vorneherein nicht als einschlägig in Betracht. Unter diesen Umständen ist der Anwendungsbereich des § 226 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V i.V.m. § 14 SGB IV auch nicht etwa deshalb wieder eröffnet, weil die hier noch anwendbare Fassung des § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V aF eine Abfindung nicht erfasst, die - wie hier - bereits vor Eintritt des Versorgungsfalls zugesagt war und die daher nicht an die Stelle laufender Versorgungsbezüge tritt."
Dass sich dieser oben dargestellte Charakter des § 229 Abs. 1 SGB V durch seine Neuregelung zum 1. Januar 2004 geändert haben soll, erschließt sich dem Senat gerade vor dem Hintergrund der Gesetzesbegründung nicht (so auch: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24. März 2015, L 11 R 1130/14; vgl. zudem: Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 27. November 2009, L 6 R 72/06 unter Verweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 7. März 2007, B 12 KR 4/06 R - juris -). Mit der ab 1. Januar 2004 erfolgten Erweiterung der Beitragspflicht nicht regelmäßig wiederkehrender Leistungen auf Kapitalleistungen sollten im Interesse einer möglichst vollständigen Erfassung von Versorgungsbezügen Umgehungsmöglichkeiten bei der Beitragspflicht für Versorgungsbezüge beseitigt und mit der Einbeziehung auch von Kapitalleistungen - neben den bis dahin schon beitragspflichtigen Kapitalabfindungen - aus Gründen der gleichmäßigen Behandlung aller Betroffenen Lücken in der Beitragspflicht geschlossen werden (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen zum Entwurf eines GMG, BT-Drucks 15/1525 S. 139). Beabsichtigt war - im Hinblick auf deren gleichartige Verwurzelung in der früheren Erwerbstätigkeit - eine Gleichstellung kapitalisierter Versorgungsleistungen miteinander und mit laufenden Versorgungsleistungen ohne Berücksichtigung von Zahlungsmodalitäten (vgl. zur Motivlage des Gesetzgebers ausführlich: Bundessozialgericht, Urteil vom 25. April 2012, B 12 KR 26/10 R - juris -).
Unabdingbare Voraussetzung für die Anwendung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V ist zudem nicht, wie von den Spitzenorganisationen der Sozialversicherung noch in ihrem Besprechungsergebnis vom März 2005 vertreten, der Eintritt des Versorgungsfalls (so auch: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24. März 2015, L 11 R 1130/14 - juris -; Sieben in: Figge, Sozialversicherungsrecht - Beitragsrecht -, Stand: 113. Lieferung 11/2016, 5.4. Abfindungen und Anwartschaften für eine betriebliche Altersversorgung). Hierzu weist das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 25. April 2012, B 12 KR 26/10 R ausdrücklich auf folgendes hin:
"Soweit Regelung 2 des § 229 Abs 1 S 3 SGB V den Terminus "vor Eintritt des Versicherungsfalls" enthält, ist dieser auf Grund seiner syntaktischen Verknüpfung lediglich dahin zu verstehen, dass die Kapitalleistung bis zu diesem Zeitpunkt vereinbart oder zugesagt worden sein muss. (...) Dass die Beitragspflicht einer Kapitalleistung nach § 229 Abs 1 S 3 Regelung 2 SGB V darüber hinaus - wie diejenige einer Kapitalabfindung nach Regelung 1 (dazu unten (bb)) - erfordert, dass sie nach Eintritt des vertraglich vereinbarten Versicherungsfalls gezahlt wird, ergibt sich aus dieser Verbindung nicht."
Der Senat schließt sich insoweit nach eigener Überprüfung der vom Bundessozialgericht vertretenen Rechtsauffassung vollumfänglich an.
Bezüglich der Besprechungsergebnisse der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger weist der Senat zudem darauf hin, dass die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit an derartige Abreden zwischen Sozialversicherungsträgern und ihren Verbänden nicht gebunden sind, da sie als bloße verwaltungsinterne Auslegungs- und Abgrenzungshilfen keine Rechtsnormqualität besitzen (Bundessozialgericht, Urteil vom 3. Juli 2013, B 12 KR 8/11 R - juris -). Im Weiteren ist lediglich ergänzend auszuführen, dass die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung insoweit ihre Rechtsauffassung geändert haben. So wird im Besprechungsergebnis im Rahmen der Niederschrift vom 20. April 2016 zu Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs ausgeführt:
"Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Sozialgerichtsbarkeit die vor dem Eintritt des Versicherungsfalles ausgezahlten Abfindungen von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, und zwar sowohl nach beendetem als auch bei bestehendem Beschäftigungsverhältnis, als Versorgungsbezüge in Form einer Kapitalleistung nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V bewertet. Vor diesem Hintergrund kann die bisherige gegensätzliche beitragsrechtliche Bewertung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung, die insbesondere davon geprägt ist, für das Vorliegen eines Versorgungsbezugs stets den Eintritt des jeweils vereinbarten Versicherungsfalles bzw. einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Ausscheiden aus der Beschäftigung und Eintritt in den Ruhestand vorauszusetzen, nicht weiter aufrecht erhalten werden.
Nach Auffassung der Besprechungsteilnehmer ist bei der beitragsrechtlichen Behandlung von Abfindungen von Versorgungsanwartschaften inzwischen von einer ständigen Rechtsprechung des BSG auszugehen, der eine über den entschiedenen Einzelfall hinausgehende generelle Bedeutung beizumessen ist. Insofern ist die bisherige beitragsrechtliche Beurteilung von vor Eintritt des Versorgungsfalles gezahlten Abfindungen von gesetzlich oder vertraglich unverfallbaren und verfallbaren Anwartschaften auf eine betriebliche Altersversorgung dahingehend anzupassen, dass diese Abfindungen kein Arbeitsentgelt nach § 14 SGB IV mehr darstellen."
Die von der Beklagten gewählte steuerrechtliche Betrachtung kann zu keiner Änderung der rechtlichen Beurteilung führen. Insoweit besteht zwischen Steuerrecht und dem sozialversicherungsrechtlichen Beitragsrecht gerade keine Kompatibilität (vgl. hierzu: Bundessozialgericht, Urteil vom 7. März 2007, B 12 KR 4/06 R - juris -)
Im Weiteren war der Ausgangsbescheid der Beklagten vom 16. September 2011 aufzuheben. Ausnahmsweise können im Wege der Klageänderung im Sinne der Klageerweiterung gemäß § 99 SGG bei Einverständnis aller Beteiligten Ansprüche zum Gegenstand des Berufungsrechtszugs gemacht werden, über die das Sozialgericht nicht entschieden hat (sog. Heraufholen von Prozessresten, vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, Kommentar, 11. Auflage 2014, § 99 Rdnr. 12 und Keller, a.a.O., § 140 Rdnr. 2a m.w.N.). Insoweit liegen von allen Beteiligten Einverständniserklärungen vor. Zudem wäre die Sachdienlichkeit der Klageänderung zu bejahen, da der Streit zwischen den Beteiligten in einem Verfahren beigelegt und endgültig bereinigt werden kann, sodass ein neuer Prozess vermieden wird (vgl. insoweit ausführlich: Leitherer, a.a.O., § 99 Rdnr. 10 und Keller, a.a.O., § 140 Rdnr. 2a).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Nach der Auffassung des Senats kam vorliegend eine Kostenquotelung aufgrund des geringen Anteils des Obsiegens der Beklagten nicht in Betracht. Kosten der Beigeladenen sind keine zu erstatten, da diese keine Anträge gestellt haben (Leitherer, a.a.O., § 193 Rdnr. 11a).
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.