24.08.2020 · IWW-Abrufnummer 217528
Oberlandesgericht Braunschweig: Urteil vom 08.07.2020 – 11 U 151/19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Braunschweig
Urteil
11 U 151/19
8 O 165/18 Landgericht Göttingen
Verkündet am 08.07.2020
In dem Rechtsstreit
der V. AG, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch die Vorstandsmitglieder T.V., Dr. P.-J. H., Dr. A.O. R., D. W., ………
Beklagten und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Dr. J. K. …
gegen
Herrn M. M., Garten- und Landschaftsbaubetrieb M….
Kläger und Berufungsbeklagten,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte kms, …
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht X, den Richter am Oberlandesgericht Y und den Richter am Oberlandesgericht Z auf die mündliche Verhandlung vom 03.06.2020 für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 02.09.2019 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 02.09.2019 sind für die Beklagte ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf eine Wertstufe bis 30.000,- EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag über eine Sachversicherung nach einem angeblichen Einsteigediebstahl in einer Lagerhalle in D. in Anspruch.
Die Parteien schlossen einen Vertrag über eine Firmen-Sachversicherung (vgl. Anlage K 1), dem die Allgemeinen Bedingungen für die Firmen-Sachversicherung (…) zugrunde lagen (vgl. Anlage K 2).
Der Kläger erstattete am 18.01.2018 Strafanzeige bei dem Polizeikommissariat in D. wegen der Entwendung verschiedener Gegenstände aus einer Lagerhalle in D..
Mit Schadenanzeige vom 20.01.2018 (Anlage K 3) zeigte der Kläger den streitgegenständlichen Vorfall bei der Beklagten an.
Das auf die Anzeige des Klägers hin eingeleitete Ermittlungsverfahren mit dem Aktenzeichen 44 UJs 7210/18 wurde von der Staatsanwaltschaft Göttingen eingestellt, weil der Täter nicht ermittelt werden konnte.
Mit E-Mail vom 23.04.2018 (Anlage K 8) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie an ihrer Entscheidung, dass ein Versicherungsfall nicht nachgewiesen werden könne, festhalte.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Zahlung von 29.015,34 EUR nebst Verzugszinsen.
Er behauptet, dass unbekannte Täter in der Zeit vom 16.01.2018, 10.00 Uhr, bis zum 18.01.2018, 12.45 Uhr, von einem Fahrzeug aus an einem 4 m hohen Sektionaltor hochgeklettert seien, sich durch den am oberen Rand des Tores befindlichen Freiraum Zugang zu der verschlossenen Halle verschafft hätten, auf der Innenseite des Tores auf ein dort geparktes Firmenfahrzeug geklettert seien und die in der Lagerhalle befindlichen, in der Klageschrift näher bezeichneten Gegenstände entwendet hätten, deren Neuwert unstreitig bei 29.015,34 EUR netto liegt.
Auf Antrag des Klägers hat das Landgericht Göttingen die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 08.04.2019 durch Versäumnisurteil (Bl. 64. ff. A.) verurteilt, an den Kläger 29.015,34 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 03.05.2019 zugestellte Versäumnisurteil am 17.05.2019 Einspruch eingelegt (Bl. 72 d. A.).
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
das Versäumnisurteil vom 08.04.2019 aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, dass der Kläger die Entwendung nur vorgetäuscht habe, weil das Tor verschlossen gewesen sei, wofür für einen Täter kein Anlass bestanden habe. Hinzu komme die Motivlage, dass der Kläger durch den Bau der Halle zwangsläufig Liquiditätsbedarf gehabt habe, wobei die geltend gemachte Versicherungsleistung bei gleichzeitiger Weiterverwendung der angeblich entwendeten Gegenstände entsprechende Liquidität hätte generieren können.
Darüber hinaus ist die Beklagte der Ansicht, dass sie auch wegen einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls bzw. Gefahrerhöhung leistungsfrei geworden sei, wenn der Täter tatsächlich über das Tor in die Halle geklettert sei. Sie behauptet, dass eine Halle mit einer derartigen Öffnung keinesfalls versichert worden wäre.
Das Landgericht Göttingen hat mit Urteil vom 02.09.2019 (Bl. 87 ff. d. A.) das Versäumnisurteil vom 08.04.2019 mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass der Zinssatz nicht bei 9 Prozentpunkten, sondern bei 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz liege. Im Übrigen hat es das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht ausgeführt, dass es dem Kläger gelungen sei, das äußere Bild eines Versicherungsfalles zu beweisen. Es liege eine Spurenlage vor, die genüge, um von dem äußeren Bild eines Einbruchdiebstahls auszugehen. An dem Sektionaltor habe die Polizei in einer Höhe, an die ein vor dem Tor stehender Mensch nicht heranreichen würde, sowohl innen als auch außen Fingerspuren festgestellt. Zudem seien auf den inneren linken Verbindungsscharnieren der Segmentteile 3-4 und 4-5 geringe Schmutzanhaftungen festgestellt worden.
Auch wenn der Kläger gegenüber der Polizei angegeben habe, er könne nicht ausschließen, dass sein Mitarbeiter und er beim Einbau des Tores im Oktober 2017 dort diese Spuren hinterlassen haben könnten, so sei es, insbesondere angesichts des Umstandes, dass sich sämtliche Spuren ausschließlich auf einer Seite des Tores befinden würden, weitaus wahrscheinlicher, dass diese von einem unbekannten Täter, der auf dieser Seite an dem Tor hinauf bzw. heruntergeklettert sei, stammten. Auch die Dreckablagerungen auf den Scharnieren würden dazu passen, dass jemand dort mit seinen Schuhen draufgetreten sei.
Das Gericht sei insbesondere infolge der glaubhaften Angaben des Klägers, die er im Rahmen seiner persönlichen Anhörung gem. § 141 ZPO getätigt habe, davon überzeugt, dass die von dem Kläger vorgebrachten Fahrzeuge und Gerätschaften am 18.01.2018 nicht mehr vorhanden, zuvor jedoch vorhanden gewesen seien.
Die Anschaffung des Baggers und der Werkzeuge habe der Kläger durch das Anlagenkonvolut K 9 nachgewiesen.
Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger einen Einbruch vorgetäuscht und die Gegenstände selbst beiseite geschafft habe, lägen nicht vor.
Die Beklagte führe in diesem Zusammenhang lediglich an, dass ausschließlich der Kläger ein Interesse daran gehabt hätte, dass Tor nach der „Tat“ wieder zu verschließen. Jedoch habe ein Verschließen des Tores auch zur Folge, dass die Tat, wenn sie von einem Dritten ausgeführt werde, gerade in der Wintersaison, in der in einem Gartenbaubetrieb nicht täglich gearbeitet werde, später entdeckt werde. Ergänzend sei in diesem Zusammenhang zu bemerken, dass bei einem Vortäuschen der Tat es jedenfalls nähergelegen hätte, eindeutigere Einspruchspuren zu hinterlassen.
Es könne weiter mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die Tat unter Verwendung eines berechtigten Schlüssels für die neben dem Sektionaltor befindliche Tür erfolgt sei.
Insoweit habe der Zeuge H. M. in seiner Vernehmung glaubhaft bekundet, dass das Schloss zwar aus einer Mietwohnung stamme, von der er nach dem Auszug des Mieters nicht alle Schlüssel zurückerhalten habe. Jedoch sei dieser Auszug bereits 2012 erfolgt. Es dürfte daher ausgeschlossen sein, dass der ehemalige Mieter den bei ihm verbliebenen Schlüssel zur Tatbegehung verwendet haben könnte, zumal er dann nicht nur die verwandtschaftliche Beziehung zwischen seinem ehemaligen Vermieter und dem Kläger gekannt haben müsste, sondern auch hätte vorhersehen müssen, dass sein Vermieter dem Kläger bei Errichtung der Halle ca. 4 Jahre nach der Beendigung des Mietverhältnisses mit einem gebrauchten Schloss aushelfen werde. Zudem sei nicht ersichtlich, dass der Mieter überhaupt noch in der Umgebung wohnhaft sei, was es noch unwahrscheinlicher erscheinen lasse, dass er an der Tatbegehung beteiligt gewesen sein könnte.
Die Inhaltsversicherung der Parteien bestehe auf Basis des Neuwerts, der ausweislich 17.1.1 der Versicherungsbedingungen dahingehend definiert sei, dass der Neuwert der Betrag sei, der aufzuwenden sei, um Sachen gleicher Art und Güte im neuwertigen Zustand wieder zu beschaffen.
Dass sich die Kosten, die für die Neuanschaffung vergleichbarer Fahr- bzw. Werkzeuge anfallen würden, auf insgesamt 29.015,34 EUR beliefen, werde seitens der Beklagten nicht in Abrede genommen. Zudem würden diese Kosten durch die Anschaffungsbelege bzw. die Vorlage entsprechender Angebote eines Baumarkts bzw. Onlinehandels belegt. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger auf Grund der Vorsteuerabzugsberechtigung jeweils die Netto-Anschaffungskosten geltend mache, spiele es keine Rolle, dass er die Werkzeuge teilweise nicht neu angeschafft habe.
Es lasse sich nicht feststellen, dass der Kläger den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt habe und die Beklagte daher zur Leistungskürzung nach § 81 Abs. 2 VVG berechtigt wäre.
Bei einer Breite von 30 cm erscheine es schon fraglich, ob ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer damit rechnen müsste, dass ein Mensch durch diesen Spalt hindurchpassen könnte. Jedenfalls unter zusätzlicher Berücksichtigung der Höhe der Öffnung von 4 m müsse sich einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht aufdrängen, dass durch diesen Spalt jemand in die Halle eindringen könnte.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Das Urteil des Landgerichts Göttingen ist dem Beklagtenvertreter am 03.09.2019 zugestellt worden.
Gegen das Urteil hat die Beklagte am 02.10.2019 Berufung eingelegt und sie nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 03.12.2019 begründet.
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft den Nachweis eines Versicherungsfalls angenommen habe. Darüber hinaus habe das Landgericht rechtsfehlerhaft eine Vortäuschung des behaupteten Versicherungsfalls und die grob fahrlässige Herbeiführung eines vermeintlichen Versicherungsfalls abgelehnt.
Die Ausführungen des Landgerichts würden bereits nicht erkennen lassen, dass das Landgericht für die vom ihm zugrunde gelegte Begehung geltenden Beweisanforderungen berücksichtigt habe.
Unter Zugrundelegung seiner eigenen Ausführungen wolle das Landgericht offenbar von einem Einsteigen ausgehen. Gehe es um einen sogen. Einsteigediebstahl, so sei der Nachweis von Spuren erforderlich, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dafür sprechen würden, dass sich der Dieb auf ungewöhnliche, nach den üblichen Gegebenheiten des Bauwerkes nicht vorgesehene Weise Zugang zu seiner Beute verschaffe. Diese Anforderungen habe das Landgericht vorliegend nicht berücksichtigt. Denn die vermeintlichen Spuren eines Einsteigens habe der Kläger selbst als mögliche Spuren des Einbaus des Tores gegenüber der Polizei angegeben. Insbesondere sei insoweit auch festzuhalten, dass vorgefundene Spuren jeweils nur im oberen Bereich des Tores vorhanden gewesen seien, und zwar jeweils auf gleicher Höhe auf beiden Seiten. Kontinuierliche Spuren von unten nach oben oder von oben nach unten fehlten somit vollständig, so dass Spuren durch ein kletterndes Überwinden des Tores nicht nachvollziehbar seien, da dann zwangsläufig und im gesamten Bereich von unten nach oben bzw. von oben nach unten und nicht nur in einzelnen Sektionen Spuren hätten vorgefunden werden müssen. Festzuhalten sei somit, dass bereits auf der Grundlage der eigenen Einlassung des Klägers gegenüber der Polizei keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür bestanden habe, dass die Spuren durch ein angebliches Einsteigen durch Klettern am Tor entstanden seien, sondern vielmehr durch die bzw. bei der Montage des Tores aufgebracht worden seien. Schon auf erster Stufe scheitere daher ein Nachweis eines vermeintlichen Einsteigens, wofür Beweis durch Sachverständigengutachten angeboten werde.
Jedenfalls habe jedoch eine erhebliche Verletzung rechtlichen Gehörs vorgelegen, indem das Landgericht der Beklagten nicht zum Nachweis der überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung der behaupteten Entwendung ermöglicht habe bzw. dem Beweisangebot der Beklagten nicht nachgegangen sei. Die Beklagte habe insoweit konkret vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass es sich bei den Spuren am Tor nicht um Spuren des Einsteigens oder des Kletterns am Tor handele. Die Nichteinholung des insoweit angebotenen Sachverständigengutachtens stelle eine rechtserhebliche Verletzung rechtlichen Gehörs dar, da bei entsprechender Einholung der Vortrag der Beklagten sich erwiesen hätte, dass es sich bei den Spuren nicht um Spuren des Kletterns oder des Einsteigens über das Tor gehandelt habe, wofür Beweis durch Sachverständigengutachten angeboten werde. Soweit das Landgericht ausführe, dass es angeblich wesentlich wahrscheinlicher sei, dass Spuren dabei entstanden seien, dass jemand daran hinauf- bzw. heruntergeklettert sei, so stelle diese Wertung eine fehlerhafte Beweiswürdigung dar, da für diese Bewertung keine Begründung abgegeben und zudem das Beweisangebot der Beklagten vollständig übergangen werde. Ebenso gelte dies auch für die weiteren Bewertungen des Gerichts, wonach angeblich die Dreckablagerungen auf den Scharnieren nicht im Zusammenhang mit dem Einbau des Tores zu erwarten gewesen seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Göttingen ‒ 8 O 165/18 ‒ unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 08.04.2019 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das landgerichtliche Urteil. Für den von ihm behaupteten Entwendungshergang bietet er Beweis durch Sachverständigengutachten an.
Der Senat hat Beweis erhoben gem. Beweisbeschluss vom 20.04.2020 (Bl. 158 ff. d. A.) durch Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen H. L.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 03.06.2020 (Bl. 182 ff. d. A.) Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
1.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von 29.015,34 EUR aus der zwischen den Parteien geschlossenen Firmen-Sachversicherung.
a.)
Die von dem Kläger bei der Beklagten abgeschlossene Firmen-Sachversicherung umfasst ausweislich der Anlage K 1 u. a. auch eine Inhaltsversicherung mit der versicherten Gefahr: Einbruchdiebstahl zum Neuwert mit Dynamik betreffend das streitgegenständliche Betriebsgebäude mit einer Versicherungssumme in Höhe von 50.000,- EUR.
b.)
Der Versicherungsfall ist eingetreten.
Gem. B 4.1.2.1 ABFS 2012 leistet der Versicherer Entschädigung für versicherte Sachen gem. Nr. 1, die durch Einbruchdiebstahl zerstört oder beschädigt werden oder abhanden kommen. Ein Einbruchdiebstahl liegt gem. B 6.1.1 ABFS 2012 vor, wenn der Dieb in einen Raum eines Gebäudes einbricht, einsteigt oder mittels eines Schlüssels, dessen Anfertigung für das Schloss nicht von einer dazu berechtigten Person veranlasst oder gebilligt worden ist (falscher Schlüssel) oder mittels anderer Werkzeuge eindringt; der Gebrauch eines falschen Schlüssels ist nicht schon dann bewiesen, wenn feststeht, dass versicherte Sachen abhanden gekommen sind. „Einsteigen“ erfordert, dass sich der Dieb auf ungewöhnliche, nach den üblichen Gegebenheiten des Bauwerks nicht vorgesehene Weise Zugang zu seiner Beute verschafft (vgl. BGH, Urteil vom 08.12.1993 ‒ IV ZR 233/92 -, juris Rn. 10; Urteil vom 12.06.1985 ‒ IVa ZR 17/84 -, juris Rn. 9).
aa.)
Der Kläger hat das äußere Bild eines Einsteigediebstahls bewiesen.
Dem Versicherungsnehmer einer Sachversicherung werden aus dem Leistungsversprechen des Versicherers abgeleitete Erleichterungen für den Beweis eines bedingungsgemäßen Diebstahls versicherter Sachen zugebilligt (vgl. BGH, Urteil vom 08.04.2015 ‒ IV ZR 171/13 -, juris Rn. 13). Sie beruhen auf der Überlegung, dass es wegen des für eine Entwendung typischen Bemühens des Täters, seine Tat unbeobachtet und unter Zurücklassung möglichst weniger Tatspuren zu begehen, oft nicht möglich ist, im Nachhinein den Tatverlauf konkret festzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 08.04.2015, a. a. O.). Da sich der Versicherungsnehmer gerade auch für solche Fälle mangelnder Aufklärung schützen will, kann nicht angenommen werden, der Versicherungsschutz solle schon dann nicht eintreten, wenn der Versicherungsnehmer nicht in der Lage ist, den Ablauf der Entwendung in Einzelheiten darzulegen und zu beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 08.04.2015, a. a. O.). Der Versicherungsnehmer genügt deshalb seiner Beweislast bereits dann, wenn er das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung beweist, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zulassen (vgl. BGH, Urteil vom 08.04.2015, a. a. O.). Zu dem Minimum an Tatsachen, die das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls ausmachen, gehört neben der Unauffindbarkeit der zuvor am Tatort vorhandenen, als gestohlen gemeldeten Sachen, dass - abgesehen von Fällen des Nachschlüsseldiebstahls - Einbruchspuren vorhanden sind (vgl. BGH, Urteil vom 08.04.2015, a. a. O.). Geht es um den sogenannten Einsteigediebstahl, so ist der Nachweis von Spuren erforderlich, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dafür sprechen, dass sich der Dieb auf ungewöhnliche, nach den üblichen Gegebenheiten des Bauwerks nicht vorgesehene Weise Zugang zu seiner Beute verschafft hat (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 03.04.2018 ‒ 6 U 131/16 -, juris Rn. 9). Der Nachweis des äußeren Bildes setzt nicht voraus, dass die vorgefundenen Spuren „stimmig“ in dem Sinne sind, dass sie zweifelsfrei auf einen Einbruch schließen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 08.04.2015, a. a. O., R n. 22). Insbesondere müssen nicht sämtliche, typischerweise auftretenden Spuren vorhanden sein, da der Sinn der Beweiserleichterung gerade darin liegt, dem Versicherungsnehmer, der in aller Regel keine Zeugen oder sonstigen Beweismittel für den Diebstahl beibringen kann, die Versicherungsleistung auch dann zuzuerkennen, wenn sich nach den festgestellten Umständen nur das äußere Bild eines Diebstahls darbietet, auch wenn von einem typischen Geschehensablauf nicht gesprochen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 08.04.2015, a. a. O.). Bleibt bei einem Einbruchdiebstahl die konkrete Art des Eindringens unklar, kann der Beweis des äußeren Bildes auch dadurch geführt werden, dass bei mehreren in Betracht kommenden Tatmodalitäten die nicht versicherten Möglichkeiten ausgeschlossen werden oder so unwahrscheinlich sind, dass sich daraus im Gegenschluss die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines versicherten Diebstahls ergibt (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 09.06.2015 ‒ 6 U 140/13 -, juris Rn. 13; OLG Frankfurt, Urteil vom 25.06.2009 ‒ 7 U 32/09 -, juris Rn. 18). Nur, wenn ein Einbruch auf dem Wege, wie er nach dem äußeren Spurenbild vorzuliegen scheint, aus anderen Gründen völlig auszuschließen ist, kann es trotz Vorhandenseins an sich genügender Spuren am Nachweis der erforderlichen Mindesttatsachen fehlen (vgl. BGH, Urteil vom 08.04.2015, a. a. O.; Urteil vom 20.12.2006 ‒ IV ZR 233/05 -, juris Rn. 13).
Zwar kann anhand der Spurenlage nicht von einem hinreichend wahrscheinlichen Einsteigediebstahl ausgegangen werden.
Soweit Fingerspuren an der Außenseite des Sektionaltores zwischen dem 4. und 5. Segment von den Polizeibeamten und auf der Innenseite im linken oberen Bereich des Tores von innen gesehen in einer Höhe von 2,85 cm festgestellt worden sind, konnte der Urheber dieser Spuren ausweislich der Ermittlungsakte 44 UJs 7210/18 nicht ermittelt bzw. die Spuren nicht ausgewertet werden. Ferner befanden sich an den inneren linken Verbindungsscharnieren der Segmentteile 2-4 und 4-5 geringe Schmutzanhaftungen. Der Kläger hat zwar nunmehr gegenüber dem Senat angegeben, dass er und sein Mitarbeiter eigentlich von der Mitte aus gearbeitet hätten und er es daher ausschließen könne, dass diese Schmutzanhaftungen von ihm stammen würden, gegenüber den ermittelnden Polizeibeamten hat er jedoch zu den vorgefundenen Spuren ausweislich der Ermittlungsakte (Bl. 18 f. der Beiakte 44 UJs 7210/18) mitgeteilt, dass nicht ausgeschlossen sei, dass er selbst mit einem Mitarbeiter diese Spuren hinterlassen haben könnte.
Es steht daher insofern nicht fest, dass die vorgenannten Spuren nicht bereits vor dem angeblichen Tatzeitraum durch den Kläger bzw. dessen Mitarbeiter verursacht worden sind, so dass diese Spuren nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf einen Einsteigediebstahl hindeuten.
Nach den Feststellungen der vor Ort eingesetzten Polizeibeamten im Tatortbericht (Bl. 18 der Beiakte 44 UJs 7210/18) und den Angaben des Klägers sind die FH-Tür und das Sektionaltor die einzigen Zugänge zu der streitgegenständlichen Lagerhalle, wobei an beiden Zugängen keine Beschädigungen festgestellt werden konnten. Zwischen der oberen Führungsschiene der einzelnen Elemente und der Gebäudeverkleidung befindet sich ein ca. 30 cm breiter Freiraum. Auf der linken Innenseite des Tores von innen gesehen befand sich ausweislich des Bildberichts (Bl. 40 und 44 der Beiakte 44 UJs 7210/18) im Tatzeitraum ein Firmenfahrzeug, das nach dem äußeren Bild als Auf-bzw. Absteigehilfe genutzt werden konnte. Das Tor kann von innen mit Hilfe eines Flaschenzuges geschlossen werden. In der Halle befand sich ein Firmenfahrzeug ohne Kennzeichen.
Der Sachverständige L. hat insofern festgestellt, dass ein Überklettern des geschlossenen Sektionaltores mit Hilfe eines auf der Außenseite haltenden Fahrzeugs oder einer Leiter möglich sei und der Abstieg über die Scharniere auf der Innenseite erfolgt sein könne. Er sehe das Ganze als plausibles Tatgeschehen.
Die Ausführungen des Sachverständigen sind für den Senat in sich schlüssig und nachvollziehbar. Der Sachverständige, der die Örtlichkeiten in Augenschein genommen und selbst an der Innenseite des Tores nur mit Hilfe der Scharniere bis zum oberen Rand aufgestiegen ist, wie die von ihm vorgelegte Fotodokumentation zeigt, hat die räumlichen Gegebenheiten vor Ort anschaulich erläutert und beschrieben, wie ein Täter von außen das Tor überwunden haben kann. Der Senat hat insofern keine Zweifel, dass die Scharniere das Gewicht eines Menschen tragen und auch ohne weitere Hilfsmittel den Auf- und Abstieg auf der Innenseite ermöglichen. Auch hat der Sachverständige anschaulich dargestellt, dass ein Täter sich zwischen dem Träger und dem Torelement ohne weiteres hätte hindurchschieben können, wie bereits den auf der Abbildung 7 zu erkennenden Größenverhältnissen zu entnehmen ist. Der Sachverständige hat zwar das Blech, das mittlerweile die Öffnung zwischen der Verkleidung und dem Torelement auf der Außenseite verschließt, nicht abgenommen und ist nicht selbst durch diese Öffnung hindurch geklettert. Der Sachverständige hat das Gebäude aber von außen und innen besichtigt, die Anordnung von Öffnung, Torelement und Träger und die Abstände zueinander anschaulich beschrieben, so dass auch insofern davon auszugehen ist, dass ein Täter durch die Öffnung ins Innere gelangt sein kann.
Soweit die Beklagte mit den innerhalb der ihr gewährten, verlängerten Stellungnahmefrist eingereichten Schriftsätzen vom 15.06.2020 und 23.06.2020 gerügt hat, dass die Angaben des Sachverständigen aufgrund des vollständigen Fehlens von Maßen und eines Überkletterns des Tores durch den Sachverständigen selbst nicht nachprüfbar seien, kann dem nicht gefolgt werden.
Bereits aus der beigezogenen Ermittlungsakte 44 UJs 7210/18, die auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, ergibt sich, dass der Freiraum zwischen der oberen Führungsschiene und Gebäudeverkleidung eine Breite von ca. 30 cm hat. Der Sachverständige hat auch angegeben, dass die Distanz zwischen dem Träger und dem Türelement mindestens 30 cm breit und die Distanz oberhalb des Tores bis zu der Halterung in der Mitte ungefähr 2 m beträgt, was angesichts einer Breite des Tores von 4,50 m auch plausibel ist.
Diese Feststellungen sind unschwer nachprüfbar, so dass insofern eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht geboten ist. Es ist auch nachvollziehbar, dass ein erfahrener Sachverständiger ‒ wie im vorliegenden Fall - Maße abschätzen und zueinander ins Verhältnis setzen kann.
Der Sachverständige war auch nicht gehalten, das Tor vollständig zu überklettern, um die Überwindbarkeit zu demonstrieren.
Denn bereits aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen und der vorgelegten Fotodokumentation ist davon auszugehen, dass ein Mensch durch die Öffnung klettern kann. Der Sachverständige hat insofern deutlich gemacht, dass er keinerlei Zweifel gehabt habe, dass er selbst durch die Öffnung passen würde, weil er sonst weitere Untersuchungen vorgenommen hätte. Dies ist aufgrund des Größenvergleichs, den der Senat anhand der Fotodokumentation auch selbst vornehmen konnte, auch einleuchtend. Der Sachverständige hat insofern weiterhin erläutert, dass die Öffnung nicht derart verschlossen worden sei, dass man die Abstände nicht mehr erkennen könne. Vielmehr sei sie durch ein von unten angebrachtes Blech verschlossen, so dass man von oben die Abstände noch erkennen könne, wovon der Sachverständige sich auch selbst ein Bild gemacht hat.
Es ist daher möglich, dass ein Täter an dem Sektionaltor hochgestiegen, durch die Öffnung geklettert und auf der anderen Seite abgestiegen ist.
Darüber hinaus sind andere, nicht versicherte Begehungsweisen im vorliegenden Fall unwahrscheinlich. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Täter mit einem Originalschlüssel oder richtigen Schlüssel in das Gebäude gelangt ist.
Der Kläger hat ausweislich den Feststellungen des LKA N. der Polizei seinen Schlüsselsatz und den Schlüsselsatz seiner Eltern bestehend aus einem Originalschlüssel und drei Nachschlüsseln übergeben (Bl. 22 der Beiakte 44 UJs 720/18).
Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts verfügten lediglich der Kläger und sein Vater, der Zeuge H. M., über Schlüssel zur Halle, wobei nach den Feststellungen des Landgerichts aufgrund der Aussage des Zeugen M. zwar davon auszugehen ist, dass der Zeuge nicht alle Schlüssel für das aus einer Mietwohnung stammende Schloss von den Mietern zurückerhalten hat. Das Landgericht ist jedoch aufgrund der weiteren Umstände zu dem Ergebnis gelangt, dass es ausgeschlossen sein dürfte, dass sich der ehemalige Mieter mit Hilfe der Schlüssel Zugang zu der Halle verschafft hat. So hat das Landgericht darauf verwiesen, dass der Umzug bereits 2012 erfolgt sei und der Mieter um seinen Schlüssel nutzen können, hätte vorhersehen müssen, dass der Vater des Klägers bei Errichtung der Halle dem Kläger mit einem gebrauchten Schloss aushelfen würde. Die Würdigung dieser Umstände ist in sich widerspruchsfrei, so dass ein Eindringen in die Halle auf nicht versichertem Wege als unwahrscheinlich anzusehen ist.
Der Kläger hat somit das äußere Bild eines Einsteigediebstahls nachgewiesen.
bb.)
Die Beklagte hat dagegen nicht den Beweis geführt, dass der Kläger den Einsteigediebstahl nur vorgetäuscht hat.
Ist dem Versicherungsnehmer der Beweis des äußeren Bildes gelungen, so ist es Sache des Versicherers zu beweisen, dass der Versicherungsfall nur vorgetäuscht ist (vgl. BGH, Urteil vom 08.04.2015 ‒ IV ZR 171/13 -, juris Rn. 14). Für diesen Gegenbeweis ist lediglich der Nachweis konkreter Tatsachen erforderlich, die nicht mit hinreichender, sondern mit erheblicher Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass der Diebstahl nur vorgetäuscht ist (vgl. BGH, Urteil vom 08.04.2015, a. a. O.). Wenn die Spurenlage z. B. nach sachverständiger Untersuchung und Einschätzung mit dem behaupteten Geschehen nicht in Einklang gebracht werden kann, kann dies für eine Vortäuschung des Einbruchdiebstahls sprechen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 02.12.2016 ‒ I-20 U 16/15 -, juris Rn. 115).
(1)
Das Fehlen eindeutiger Spuren an dem Sektionaltor spricht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch nicht für eine Vortäuschung des Einsteigediebstahls.
Der Sachverständige L. hat festgestellt, dass es bei dem Auf- und Abstieg am Sektionaltor nicht zwangsläufig zu Spuren kommen muss. insbesondere seien die Scharniere so ausgebildet, dass man dort sicher auftreten könne und es hier nicht zu Verformungen kommen müsse.
Die Feststellungen des Sachverständigen, der selbst ‒ wie den vorgelegten Fotografien zu entnehmen ist ‒ an den Scharnieren an dem Tor aufgestiegen ist, sind auch insofern für den Senat überzeugend
(2)
Soweit die Beklagte dagegen Beweis dafür angeboten hat, dass es sich bei den Fingerspuren bzw. Erdanhaftungen am Tor nicht um Spuren des Einsteigens bzw. Kletterns am Tor handele, kommt es hierauf nicht an, weil die Spuren bereits aus dem vorgenannten Gründen dem Einsteigegeschehen nicht zugeordnet werde können.
(3)
Es ist auch kein Sachverständigengutachten für die Behauptung der Beklagten einzuholen, dass für einen Dieb keine Erforderlichkeit bestanden habe, das Sektionaltor nach dem Hinausbringen der Beute wieder zu verschließen, und die Überwindung durch Klettern daher eine völlig abwegige und unwahrscheinliche Gefährdung des Diebes nach vorheriger Sicherung der Beute gewesen wäre.
Bei der Motivlage des oder der Täter handelt es sich um innere Tatsachen, zu denen ein Sachverständiger aufgrund seiner Sachkunde keine sicheren Feststellungen treffen kann, zumal ein Täter sich nicht rational verhalten muss. Ein Sachverständigengutachten stellt somit kein geeignetes Beweismittel dar.
Im Übrigen ist es das für eine Entwendung typische Bemühen des Täters, seine Tat unbeobachtet und unter Zurücklassung möglichst weniger Tatspuren zu begehen (vgl. BGH, Urteil vom 20.12.2006 ‒ IV ZR 233/04 -, juris Rn. 9). Vor diesem Hintergrund erscheint es jedenfalls nicht abwegig, dass der oder die Täter das Sektionaltor wieder verschlossen haben, weil ein 4,5 m breites und 4 m hohes offenes Tor mit Ausrichtung zur Straße hin mehr Aufmerksamkeit erregt als ein verschlossenes Tor.
Gegen das Vortäuschen des Versicherungsfalls spricht im Übrigen, wie bereits vom Landgericht aufgezeigt, dass es in diesem Fall nähergelegen hätte, eindeutigere Einbruchspuren zu hinterlassen. Stattdessen hat der Kläger gegenüber der Polizei angegeben, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass er selbst mit einem Mitarbeiter bei dem Einbau des Tores die Spuren hinterlassen habe.
c.)
De Beklagte ist auch nicht infolge einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Kläger als Versicherungsnehmer leistungsfrei geworden.
Führt der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbei, ist der Versicherer gem. A 17.1.2 AFBS 2012 berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen.
Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt voraus (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 15.01.1997 ‒ 20 U 199/96 -, juris Rn. 23). Diese muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt sein und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 15.01.1997, a. a. O.).
In dem Belassen des 30 cm hohen Spaltes zwischen der oberen Führungsschiene und der Gebäudeverkleidung oberhalb des 4 m hohen Tores ist kein grob fahrlässiges Verhalten des Klägers zu sehen. Denn angesichts der mit dem Einsteigen über eine derart kleine Öffnung in dieser Höhe verbundenen Mühen durfte der Kläger den durch diese Öffnung gesetzten Diebstahlsanreiz unter Zugrundelegung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt als derart geringfügig erachten, dass insofern keine weiteren Sicherheitsvorkehrungen erforderlich waren.
d.)
Der Kläger kann daher eine Entschädigung in Höhe von 29.015,34 EUR verlangen.
Die von dem Kläger geltend gemachte Entschädigung ist von der Beklagten erstinstanzlich der Höhe nach nicht bestritten worden.
Soweit die Beklagtenseite nunmehr erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht hat, dass zur Schlüssigkeit des Vortrags weiterer Vortrag zu dem Leasingfahrzeug gehöre, das erst nach dem Versicherungsfall abgelöst worden sei, kann dem nicht gefolgt werden.
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich die Darstellung ist, und ob sie auf eigenem Wissen oder einer Schlussfolgerung aus Indizien besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 09.02.2009 ‒ II ZR 77/08 -, juris Rn. 4).
Der Kläger hat daher seiner Darlegungslast genügt, als er die abhanden gekommenen Gegenstände bezeichnet und die hierfür geltend gemachte Entschädigungssumme beziffert hat.
Insoweit kommt es auch nicht darauf an, dass der Versicherungsnehmer für eine ohne Kaufoption geleaste Sache nur den Zeitwert gem. B 17.4.2 ABFS 2012 i. V. m. B 17.1.2 verlangen kann. Der Zeitwert ergibt sich aus dem Neuwert der Betriebseinrichtung durch einen Abzug entsprechend ihrem insbesondere durch den Abnutzungsgrad bestimmten Zustand.
Hier ist von der Beklagten nicht geltend gemacht worden, dass der Zeitwert im konkreten Fall unter dem von dem Kläger geltend gemachten Betrag liegt.
2.
Der Kläger kann auch Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. A 15.3.1 i. V. m. A 15.3.3 ABFS 2012 seit dem 19.05.2018 auf 29.015,34 EUR beanspruchen.
Gem. A 15.3.1 ABFS 2012 ist die Entschädigung, soweit sie nicht innerhalb eines Monats nach Meldung des Schadens geleistet wird, seit Anzeige des Schadens zu verzinsen. Der Zinssatz liegt bei fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. §§ 247, 288 BGB (A 15.3.3 ABFS 2012).
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (vgl. § 543 Abs. 2 ZPO).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren war gem. §§ 47, 48 GKG i. V. m. § 3 ZPO auf eine Wertstufe bis 30.000,- EUR festzusetzen, weil sich die Beklagte gegen die Verurteilung zur Zahlung einer Hauptforderung in Höhe von 29.015,34 EUR wendet.