11.05.2011 · IWW-Abrufnummer 111521
Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 10.02.2011 – 3 K 1679/10
1. Der auf Erfahrungssätzen beruhende Anscheinsbeweis, dass die mögliche private Mitbenutzung eines betrieblichen Pkws auch tatsächlich erfolgt, wird entkräftet oder erschüttert, wenn ein Sachverhalt dargelegt wird, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt.
2. Zur Erschütterung des Anscheinsbeweises bedarf es nicht notwendig der Vorlage von Unterlagen, aus denen sich der betriebliche Zweck jeder Fahrt sowie der Kilometerstand ergeben.
3. Eine detaillierte in sich schlüssige Schilderung, wie Privatfahrten vorgenommen werden, kann zur Erschütterung des Anscheinsbeweises zumindest dann ausreichen, wenn ein weiterer Pkw zur Verfügung steht und die Gesamtlaufleistung des betrieblichen Pkws der durchschnittlichen betrieblichen Nutzung entspricht.
Hessisches Finanzgericht v. 10.02.2011 -
3 K 1679/10
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte (das Finanzamt) hinsichtlich des betrieblichen Pkws des Klägers zu Recht eine teilweise Privatnutzung angenommen und diese nach der 1 %–Regelung der Einkommensbesteuerung unterworfen hat. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Kläger sind Eheleute, die vom Finanzamt im Jahr 2008 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Die Klägerin ist als leitende Angestellte (EDV–Beraterin) tätig. Sie erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sowie aus Kapitalvermögen. Der Kläger, der seinen Beruf in der Steuererklärung mit „Hausmann” angibt, geht einer Beschäftigung als Hausmeister/Betreuer einer Wohnanlage mit 46 Einheiten nach und erzielte daraus im Streitjahr in geringem Umfang Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Im Jahre 2004 schaffte der Kläger für seine gewerbliche Tätigkeit einen Pkw Citroën Berlingo an. Dieser wurde von den Klägern zunächst auch privat genutzt. Die Versteuerung der privaten Nutzung erfolgte nach der 1 %–Regelung.
Zum 01.10.2004 wurde die Klägerin seitens ihres Arbeitgebers befördert, was u.a. als Gehaltsbestandteil die Gestellung eines Leasing–Fahrzeugs zur Folge hatte. Dabei werden sämtliche Kraftfahrzeugkosten, einschließlich Kraftstoff, vom Arbeitgeber getragen. Ausweislich der Nutzungsbedingungen des Arbeitgebers darf der Dienstwagen vom Mitarbeiter, dem Ehepartner und den in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen privat genutzt werden. Als Ausgleich für die private Nutzung werden pauschal monatlich 0,4 % des Neupreises vom Gehalt einbehalten. Bei dem zur Verfügung gestellten Fahrzeug handelte es sich im Streitzeitraum zunächst um einen Pkw BMW 530 DEA, ab 03.07.2008 um einen Audi A4 3.0 TDI Quattro.
Neben dem Citroën Berlingo und dem Dienstwagen der Klägerin verfügten die Kläger in 2008 über einen Honda Kraftroller sowie über einen BMW Z 3 3.0, der in der Zeit von April bis einschließlich Oktober zugelassen war.
In einem Begleitschreiben zur Einkommensteuererklärung 2005 wiesen die Kläger das Finanzamt auf die veränderte Situation hinsichtlich des Dienstwagens der Klägerin hin und zeigten an, dass der Citroen Berlingo nun nicht mehr zu Privatfahrten, sondern ausschließlich betrieblich genutzt werde. Das Finanzamt veranlagte die Kläger daraufhin in den Jahren 2005–2007 antragsgemäß, ohne eine Privatnutzung des Citroën Berlingo anzunehmen.
Mit Bescheid vom 25.11.2009 setzte das Finanzamt den Klägern gegenüber die Einkommensteuer für das Jahr 2008 fest, wobei es unter Anwendung von § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) eine gewinnerhöhende ertragsteuerliche Privatnutzung des Citroën Berlingo in Höhe von monatlich 1 % des Brutto–Listenpreises ansetzte. Mit Bescheid vom selben Datum erging der an den Kläger gerichtete Umsatzsteuerbescheid 2008, in dem hinsichtlich der Privatnutzung des oben genannten Pkws eine unentgeltliche Wertabgabe angenommen wurde.
Sowohl gegen den Einkommen– als auch gegen den Umsatzsteuerbescheid 2008 legte der Kläger mit Schreiben vom 14.12.2009 Einspruch ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung, die das Finanzamt gewährte. Der Einspruch wurde durch zwei separate Einspruchsentscheidungen vom 29.06.2010 als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen haben die Kläger am 15.07.2010 Klage erhoben.
Die Kläger behaupten, der Citroën Berlingo sei im Streitzeitraum nicht privat genutzt worden. Da die Kosten für die privaten Fahrten mit dem Firmenwagen der Klägerin – unabhängig von der tatsächlichen Anzahl – nur mit einer geringen Pauschale abgegolten würden, ansonsten aber alle Kosten vom Arbeitgeber getragen worden seien, sei es wirtschaftlich sinnvoll gewesen, sämtliche Privatfahrten mit dem Firmenwagen der Klägerin zu erledigen.
Da die Klägerin nicht im Außendienst beschäftigt sei und sie den Firmenwagen während ihrer Arbeitszeit nicht benötige, habe der Kläger den Wagen auch während der Woche für private Fahrten nutzen können. So habe er seine Tochter grundsätzlich mit dem Firmenwagen zur Schule gefahren. Da die Klägerin sich erst gegen 8:45 Uhr an ihre Arbeitsstelle begebe, die Schule aber regelmäßig 5 vor 8:00 Uhr beginne, sei das kein Problem gewesen (darüber hinaus habe die Tochter gelegentlich auch öffentliche Verkehrsmittel benutzt, dafür habe sie eine Jahreskarte besessen). Einmal pro Woche – meistens montags – habe der Kläger seine Frau mit deren Firmenwagen zur Arbeit gefahren und das Auto anschließend wieder mit nach Hause genommen. Die Arbeitsstelle sei 15 km von zuhause entfernt, die Fahrzeit betrage 10 Minuten (pro Strecke). Auf dem Rückweg habe er dann die Einkäufe für die laufende Woche getätigt. Nach Dienstschluss gegen 18:30 Uhr habe er seine Frau wieder von der Arbeit abgeholt. Am Ende der Arbeitswoche habe man die Einkäufe für das Wochenende gemeinsam mit dem BMW 530/ Audi A 4 erledigt.
Der klägerische Vortrag werde auch durch die Fahrleistungen der Pkws bestätigt. Im Zeitpunkt der Klageerhebung habe der Tachostand des Audi 60.000 km betragen, was einer jährlichen Gesamtfahrleistung von 30.000 km entspreche. Demgegenüber seien mit dem Berlingo jährlich nur etwa 2760 km zurückgelegt worden.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 25.11.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.06.2010 dahingehend zu ändern, dass der Ansatz einer Entnahme für die private Nutzung des Citroën Berlingo entfällt und die Einkommensteuer entsprechend herabgesetzt wird.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Finanzamt ist der Ansicht, dass der Beweis des ersten Anscheins, wonach bei betrieblichen Kraftfahrzeugen grundsätzlich auch von einer privaten Mitbenutzung auszugehen sei, im Streitfall nicht erschüttert sei. Die von den Klägern vorgebrachten Argumente stellten keinen Sachverhalt dar, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergebe. Insbesondere der von den Klägern vorgetragene Sachverhalt, wonach der Kläger die Klägerin morgens zur Arbeit gefahren habe, dann mit deren PKW private Dinge erledigt und diese abends wieder von der Arbeit abgeholt habe, widerspreche jeglicher Lebenserfahrung und müsse daher als Schutzbehauptung gewürdigt werden. Da kein Fahrtenbuch geführt wurde, sei die Privatnutzung nach der 1 %–Regelung zu versteuern.
In der mündlichen Verhandlung am 10.02.2011 hat das Gericht das unter dem Aktenzeichen 3 K 1679/10 anhängige Verfahren wegen Einkommensteuer und Umsatzsteuer 2008 durch Beschluss in das Verfahren der Kläger wegen Einkommensteuer 2008 (3 K 1679/10) und in das Verfahren des Klägers wegen Umsatzsteuer 2008 (3 K 325/11) getrennt. Dem Gericht haben bei der Entscheidung jeweils 1 Band Einkommensteuer–, Umsatzsteuer– und EÜR–Akten vorgelegen.
Gründe
Die Klage ist begründet.
I. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2008 ist rechtswidrig. Das Finanzamt ist zu Unrecht von einer privaten Mitbenutzung des Citroën Berlingo ausgegangen. Die Kläger haben den Anscheinsbeweis der Privatnutzung des Firmenfahrzeugs zur Überzeugung des Gerichts widerlegt. Das Finanzamt durfte deshalb keine Erhöhung der gewerblichen Einkünfte des Klägers vornehmen.
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs für jeden Kalendermonat mit 1 v.H. des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer gewinnerhöhend anzusetzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vorschrift letztlich eine Regelung über die Bewertung der Privatnutzung enthält, die die tatsächliche Nutzung des betreffenden Wirtschaftsguts zu privaten Zwecken voraussetzt. Die Bestimmung kommt nicht zur Anwendung, wenn eine Privatnutzung ausscheidet (BFH–Beschluss vom 13.04.2005 VI B 59/04, BFH/NV 2005, 1300). Ob eine Privatnutzung vorliegt, ist daher in jedem einzelnen Fall vor der Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG konkret festzustellen (BFH–Beschluss vom 11.07.2005 X B 11/05, BFH/NV 2005, 1801).
Zur Beurteilung, ob ein betrieblicher Pkw auch privat mitbenutzt wird, ist es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung – der sich der Senat anschließt – geboten, im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) die Grundsätze über den Anscheinsbeweis (Beweis des ersten Anscheins oder prima–facie–Beweis) heranzuziehen (BFH–Beschlüsse vom 27.10.2005 VI B 43/05, BFH/NV 2006, 292; vom 11.07.2005 X B 11/05, BFH/NV 2005, 1801; vom 13.04.2005 VI B 59/04, BFH/NV 2005, 1300; vom 04.06.2004 VI B 256/01, BFH/NV 2004, 1416 und vom 14.05.1999 VI B 258/98, BFH/NV 1999, 1330). Ist die private Mitbenutzung eines betrieblichen Pkw möglich, so besteht ein allgemeiner Erfahrungssatz, dass eine private Mitbenutzung auch tatsächlich erfolgt; hierauf beruht u. a. die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr.4 Satz 2 EStG (vgl. BFH–Urteil vom 13.02.2003 X R 23/01, BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472; BFH–Beschluss vom 11.07.2005 X B 11/05, BFH/NV 2005, 1801).
Im Streitfall war die private Nutzung des Citroën Berlingo grundsätzlich möglich. Die Kläger waren in der Lage, auf das betriebliche Fahrzeug des Klägers zuzugreifen (vgl. BFH–Beschlüsse vom 19.12.2003 VI B 281/01 BFH/NV 2004, 488, in BFH/NV 2005, 1300 und in BFH/NV 2006, 292). Damit greift der Anscheinsbeweis ein.
Der auf Erfahrungssätzen beruhende Anscheinsbeweis kann durch den sog. Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Hierzu bedarf es – worauf der Senat an dieser Stelle ausdrücklich hinweist – nicht des Beweises des Gegenteils. Es genügt vielmehr, dass ein Sachverhalt dargelegt wird, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt (BFH–Beschlüsse in BFH/NV 2006, 292, in BFH/NV 2005, 1801, in BFH/NV 2005,1300 und in BFH/NV 2004,1416 m. w. N.).
Der Auffassung des Finanzamts, wonach der Anscheinsbeweis nur dann erschüttert ist, wenn Unterlagen vorgelegt werden, aus denen sich der betriebliche Zweck jeder Fahrt sowie der Kilometerstand ergibt, schließt sich das Gericht nicht an. Faktisch würde die Aufzeichnung der vorgenannten Daten auf die Führung eines Fahrtenbuchs hinauslaufen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann das Fehlen einer Privatnutzung auch anders als durch die Führung eines Fahrtenbuchs bewiesen werden (vgl. BFH–Urteil vom 10.04.2008 VI R 38/06, BStBl II 2008, 768). Diese Sichtweise wird vom erkennenden Senat geteilt.
Die Kläger haben einen Sachverhalt dargelegt, bei dem die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs besteht. Sie haben nachvollziehbar ausgeführt, dass der Citroën nicht für Privatfahrten genutzt wurde. In diesem Kontext haben sie bis in die Einzelheiten dargelegt, wie private Erledigungen vorgenommen wurden. So hat der Kläger vorgetragen, dass er die gemeinsame Tochter in der Regel morgens um kurz vor 8:00 Uhr mit dem Firmenwagen seiner Frau zur Schule gebracht hat. Die Klägerin tritt ihren Dienst erst gegen 8:45 Uhr an, so dass ihr der Wagen bis dahin wieder zur Verfügung stand. Einmal pro Woche, in der Regel montags, hat der Kläger die Klägerin mit ihrem Firmenwagen zur Arbeit gefahren und diesen dann wieder mit nachhause genommen. Auf dem Rückweg wurden von ihm die Einkäufe für die laufende Arbeitswoche getätigt. In diesem Zusammenhang hat er eine detailreiche Sachverhaltsschilderung vorgenommen (z.B. das Anfahren mehrerer Einkaufsmärkte zwecks Einkaufs von Sonderangeboten, die in Angebots–Prospekten in der Zeitung vom Wochenende angepriesen wurden), die schlüssig erscheint.
Zwar ist dem Finanzamt darin Recht zu geben, dass der vorgenannte Sachverhalt nicht der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht. Es ist aber zu berücksichtigen, dass die Aufgabenverteilung in der Familie der Kläger nicht ohne weiteres mit allgemeinen Erfahrungssätzen korrespondiert. So hat der Kläger bereits vor vielen Jahren seine (leitende) Stelle in der Rechtsabteilung einer Brauerei aufgegeben, um sich fortan in erster Linie als „Hausmann” zu betätigen und sich um die Erziehung der Kinder zu kümmern. Als ihm später von einem Bekannten eine Hausmeisterstelle angetragen wurde, hat er diese (quasi nebenberuflich) übernommen. Dem Senat erscheint der Sachvortrag hinsichtlich der Erledigung der Privatfahrten zwar atypisch, vor dem Hintergrund der vorgenannten Umstände und der oben zum Anscheinsbeweis ausgeführten Rechtsgrundsätze aber plausibel.
Hinzu kommt, dass die Kläger, in der mündlichen Verhandlung vom Beklagtenvertreter auf verschiedene – nicht alltägliche – Situationen angesprochen, in denen die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs erforderlich ist, durchgehend nachvollziehbare Erklärungen abgegeben haben. So ist unter anderem danach gefragt worden, wie verfahren wird, wenn eines der Kinder plötzlich erkrankt und sich die Klägerin mit dem Firmenwagen an der Arbeit befindet. Darauf hat die Klägerin entgegnet, dass bei ihr keine Dienstreisen anfielen und sie im Notfall auch eine Besprechung verlassen und sofort nachhause fahren könne, soweit es das Wohl ihrer Kinder zwingend erfordere. Weiter wurde danach gefragt, wie größere Gegenstände, z.B. Möbel, transportiert werden. Darauf haben die Kläger geantwortet, dass sie nicht mehr bei Ikea einkauften und sie im Möbelhaus gekaufte Möbel angeliefert bekämen. Auf die Entsorgung von Grünabfällen angesprochen, erklärten die Kläger, dass diese vom Abfall–Entsorger bei ihnen zuhause abgeholt würden.
Auch in wirtschaftlicher Hinsicht ist der klägerische Vortrag nachvollziehbar. Die Klägerin bekommt von ihrem Arbeitgeber einen gehobenen Firmenwagen zur Verfügung gestellt, den nicht nur sie selbst, sondern auch die mit ihr in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen privat nutzen dürfen. Sämtliche Kosten für den Pkw, einschließlich der Kosten für Benzin, werden vom Arbeitgeber der Klägerin getragen. Zur Abgeltung der Privatnutzung werden monatlich 0,4 % des Fahrzeug(neu)preises von ihrem Gehalt einbehalten. Dabei handelt es sich um eine Pauschale, die unabhängig vom tatsächlichen Umfang der Privatnutzung in Rechnung gestellt wird. In Anbetracht dessen ist es wirtschaftlich sinnvoll, sämtliche privaten Fahrten mit dem Firmenwagen der Klägerin durchzuführen und den Citroën Berlingo nicht privat zu nutzen. Privatfahrten mit dem Citroën würden zu einer wirtschaftlichen Schlechterstellung der Kläger führen. Denn es käme zu einer Besteuerung nach der 1 %–Regelung, was eine jährliche Mehrsteuer von mehreren hundert Euro nach sich ziehen würde. Selbst bei Außerachtlassung dieser steuerlichen Komponente wäre die private Nutzung des Citroën für die Kläger von Nachteil. Zum einen würde diese zu einer schnelleren Abnutzung und damit zu einem höheren Wertverzehr des Autos führen, zum anderen müssten die Kraftstoffkosten – soweit sie auf Privatfahrten entfallen – vorfinanziert werden.
Ferner haben die Kläger noch weitere Anhaltspunkte vorgetragen, die die Annahme einer Privatnutzung erschüttern:
1) Ausweislich der vorgelegten Unterlagen wurden mit dem Citroën im Zeitraum 16.04.2007 bis 29.04.2009 5302 km zurückgelegt. Das entspricht einer durchschnittlichen monatlichen Laufleistung von ca. 216 km. Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Fahrtenbuch–Auszüge aus dem Jahr 2002 (nur in der Anfangszeit seiner gewerblichen Tätigkeit hat er ein Fahrtenbuch geführt) betrug die durchschnittliche monatliche betriebliche Fahrleistung in keinem Fall weniger als 216 km, teilweise sogar deutlich mehr. Auch das spricht dafür, dass der Citroën im Streitzeitraum ausschließlich betrieblich genutzt wurde.
2) Der Firmenwagen der Klägerin übertrifft den Citroën des Klägers in den Kategorien Status, Ausstattung, Fahrsicherheit und Alter bei weitem. Bei dem Audi (Neupreis ca. 52.000 €) handelt es sich um ein sehr gut motorisiertes und ausgestattetes Fahrzeug der gehobenen Mittelklasse. Der Citroën (Neupreis 12.590 €), 4 Jahre älter als der Audi, ist ein mäßig ausgestatteter Kastenwagen mit Heckklappenschaden. In Anbetracht der vorgenannten Tatsachen und der damit verbundenen höheren Wertigkeit des Audis erscheint es durchaus nachvollziehbar, dass die Kläger von einer Privatnutzung des Citroën abgesehen haben.
3) Die Kläger verfügten im Streitzeitraum noch über einen Pkw BMW Z 3 (Cabrio) sowie einen Honda–Kraftroller mit 102 cm³. Zwar ist der BMW in der Zeit von November bis März jeden Jahres nicht zugelassen. Die restlichen 7 Monate steht er aber für Privatfahrten zur Verfügung. Der Roller kann grundsätzlich das ganze Jahr genutzt werden. Er wird sicherlich nicht bei Eis, Schnee und bei extremen Minus–Graden gefahren. Das Gericht geht jedoch davon aus, dass der Roller 10–11 Monate jährlich genutzt werden kann. Für die meiste Zeit des Jahres stehen den Klägern somit neben dem Firmenwagen der Klägerin noch weitere Fahrzeuge für Privatfahrten zur Verfügung.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO), die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10 und 711 der Zivilprozessordnung.