08.02.2013 · IWW-Abrufnummer 130449
Finanzgericht Münster: Urteil vom 19.12.2012 – 11 K 1785/11 F
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster
11 K 1785/11 F
Tenor:
Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns 2008 vom 23.02.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.04.2011 wird insoweit geändert, als dass die Einkünfte aus selbständiger Arbeit um 1.140,75 € gemindert und auf insgesamt xxx.xxx,xx € festgestellt werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und der Beklagte zu je ½.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist nur noch, ob für Fahrten, die zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Anschluss oder im Vorfeld zu einem Mandantenbesuch durchgeführt werden, die anhand eines Fahrtenbuchs ermittelten tatsächlichen Kosten als Betriebsausgaben berücksichtigt werden können.
Der Kläger (Kl). wohnt in C. und ist als Steuerberater im Zuständigkeitsbereich des Beklagten (Bekl.) freiberuflich tätig. Er erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
In seiner Erklärung zur gesonderten Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2008 machte der Kl. u.a. Fahrtkosten i.H.v. 15.844,68 € für die PKW CC – YY 0001 (Daimler Benz ML 400) und CC – ZZ 002 (BMW 740) und Einnahmen aus der privaten PKW-Nutzung i.H.v. 195 € geltend. Als Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gab der Kläger einen Betrag i.H.v. 2.896,20 € an.
Im Rahmen des Feststellungsverfahrens wurde das elektronische Fahrtenbuch durch den Bekl. zunächst nicht anerkannt. Der Bekl. ermittelte die private PKW-Nutzung nach der sog. 1%-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und berechnete den geldwerten Vorteil aus der Nutzung der betrieblichen Fahrzeuge für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG mit der 0,03 %-Regelung, begrenzte die private Entnahme insgesamt auf die Höhe der Betriebsausgaben und erhöhte den Gewinn aus selbständiger Tätigkeit um 15.844,68 € auf insgesamt xxx.xxx €.
Im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren erkannte der Bekl. nach umfangreichem Ermittlungen das Fahrtenbuch als ordnungsgemäß an. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Fahrten vom Büro oder von der Wohnung zu einem Mandanten und wieder zurück zum Büro oder zur Wohnung als Dienstreisen mit den tatsächlichen Kosten laut Fahrtenbuch zu berücksichtigen sind.
Allerdings ist zwischen den Beteiligten streitig geblieben, mit welchen Kosten Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu berücksichtigen sind, denen am selben Tag ein Mandantenbesuch vor- oder nachgeschaltet wurde (sog. Dreiecksfahrten). Der Kl. begehrte auch für diese Fahrten den Abzug der tatsächlichen Kosten.
Der Bekl. half mit der Einspruchsentscheidung vom 20.4.2011 dem Begehren des Kl. dahingehend ab, dass er die private Pkw-Nutzung lediglich mit 99,19 € ansetzte. Darüber hinaus wies er den Einspruch im übrigen als unbegründet zurück und berücksichtigte für Fahrten, die zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Vorlauf oder im Nachgang an einen Mandantenbesuch durchgeführt wurden, lediglich die hälftige Entfernungspauschale (0,15 €), da nach seiner Ansicht die Anwendung der Entfernungspauschale mit 0,30 € je Entfernungskilometer voraussetze, dass der Steuerpflichtige auch tatsächlich eine Hin- und Rückfahrt zwischen Wohnung und Betriebsstätte an diesem Tag absolviert habe. Insoweit sei unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 7.4.1989 IV R 176/85, BStBl II 1989, 925 sowie das Urteil des Finanzgerichts des Saarlandes vom 27.02.1996 1 K 42/95 (Juris) keine werktägliche Beurteilung für die Entfernungspauschale geboten.
Daher seien als Aufwendungen für diese Fahrten lediglich folgende Beträge zu berücksichtigen:
1. CC – YY 0001 (Daimler Benz ML 400)
Anzahl der einfachen Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte: 63
einfache Entfernung in km: 45
halbe Entfernungspauschale: 0,15 €
abzugsfähige Kosten: 425,25 €
2. CC – ZZ 002 (BMW 740)
Anzahl der einfachen Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte: 106
einfache Entfernung in km: 45
halbe Entfernungspauschale: 0,15 €
abzugsfähige Kosten: 715,50 €
Mit der am 21.05.2011 erhobenen Klage verfolgt der Kl. sein Begehren weiter. Zur Begründung trägt er vor, dass insbesondere an Tagen, an denen ein Mandantenbesuch erfolge, eine Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln für ihn, den Kl. ausscheide und somit für ihn der Gesetzeszweck zur Einführung der Entfernungspauschale, nämliche die Förderung der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, nicht erreicht werden könne. Wer aber nicht auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen könne, weil eine Fahrt als Dienstreise mit dem eigenen PKW durchgeführt werden müsse, könne nicht durch Ansatz einer hälftigen Entfernungspauschale dafür bestraft werden, dass er in diesem Zusammenhang die Hin- bzw. Rückreise von bzw. zur Betriebsstätte zwangs-weise mit dem eigenen PKW durchführen müsse. Dies widerspreche der Absicht des Gesetzgebers und könne nicht unter den Begriff „Entfernungspauschale“ subsumiert werden.
Der Kl. beantragt sinngemäß,
die mit der Einspruchsentscheidung vom 20.04.2011 verbundene gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zur Einkommensteuer 2008 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn aus selbständiger Tätigkeit um 2.192,19 € gemindert wird,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Er verweist im Wesentlichen auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
In der Sache hat am 21.11.2012 im Finanzamt ... ein Erörterungstermin statt gefunden. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die Klage ist nur teilweise begründet.
Der angefochtene Verwaltungsakt ist nur teilweise rechtswidrig und verletzt den Kl. nur zum Teil in seinen Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
Sie ist insoweit begründet, wie der Bekl. lediglich eine hälftige Entfernungspauschale je Arbeitstag, an dem die Arbeitsstätte aufgesucht wurde, gewährt hat. Sie ist unbegründet, soweit der Kl. den Abzug der tatsächlichen Kosten für die sog. Dreiecksfahrten begehrt.
Gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG gilt für die Ermittlung von betrieblichen Gewinneinkünften die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG für Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entsprechend. Derartige Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, sondern nur nach Maßgabe der Entfernungspauschale mindern.
Entgegen der Ansicht des Kl. können die Fahrten, die im Vorlauf oder im Anschluss an einen Mandantenbesuch zwischen Wohnung und Betriebsstätte durchgeführt werden, nur nach den begrenzten Abzugsvoraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG bei der Festsetzung der Einkommensteuer Berücksichtigung finden. Ein vorheriger oder nachgelagerter Mandantenbesuch hebt die Eigenschaft einer Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Betriebsstätte insoweit nicht automatisch auf.
Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Einführung einer Entfernungspauschale vom 21.12.2000 (BGBl. I 2000, 1918, BStBl I 2001, 36) und dem Gesetz zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale vom 20. April 2009 (BGBl. I 2009, S. 774 , BStBl I 2009, S. 536) unter Umweltgesichtspunkten die Chancengleichheit zwischen Verkehrsträgern erhöhen und somit die Bildung von Fahrgemeinschaften oder die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel fördern wollen (vgl. BT-Drs. 14/4242, S. 5 und BT-Drs. 16/12099 S. 8). Als weiteres Motiv wird in der Rechtsprechung angeführt, dass sich ein Steuerpflichtiger bei einer auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegten (regelmäßigen) Arbeitsstätte in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen könne und so auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken könne (vgl. BFH-Urteil vom 10.4.2008 VI R 66/05, BFHE 221,35, BStBl II 2008, 825).
Zwar mag dem Kl. zuzugestehen sein, dass er sich an den Tagen, an denen er auch neben seiner Betriebsstätte einen Mandanten aufsucht, nicht auf einen regelmäßigen Weg einstellen kann. Entgegen der Ansicht des Kl. ist eine Regelung mit einer gesetzlichen Typisierung jedoch auch dann anwendbar, wenn der gesetzgeberische Zweck in einem individuellen Fall nicht erreicht werden kann. Solche Folgen sind jeder abgeltenden Typisierung immanent, da hinsichtlich der Abzugsbeträge nicht auf die Besonderheiten des jeweils verwirklichten individuellen Sachverhaltes abgestellt, sondern ein typischer Sachverhalt der Besteuerung zugrunde gelegt wird. Damit stellen sich Probleme tatsächlicher und rechtlicher Art nicht, die bei individueller Betrachtung zu lösen wären (vgl. BFH-Beschluss vom 11.9.2003 VI B 101/03, BFHE 203, 166, BStBl II 2003, 893).
An Tagen, an den der Kl. Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte im Anschluss oder vor einem Mandantenbesuch vornimmt, sind Betriebsausgaben nur begrenzt auf die Höhe der sich nach Anwendung der Entfernungspauschale ergebenden Fahrtkosten abzugsfähig.
Nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG ist zur Abgeltung von Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die regelmäßige Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte von 0,30 € anzusetzen, höchstens jedoch 4.500 € im Kalenderjahr.
Diese verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale gilt unabhängig davon, ob die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu Fuß, mit dem eigenen Pkw oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden und ob dem Arbeitnehmer überhaupt Kosten für diese Wege entstanden sind. Die Entfernungspauschale entfaltet auf diese Weise bei der Bemessung der Werbungskosten bzw. der abzugsfähigen Betriebsausgaben eine gewollt generalisierende, typisierende und pauschalierende Wirkung.
Aus der Formulierung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG „zur Abgeltung ... für jeden Arbeitstag ... anzusetzen“ ergibt sich unmissverständlich, dass der Abzugsbetrag ungeachtet tatsächlich höherer oder niedrigerer Aufwendungen je Arbeitstag berücksichtigt wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom 11.09.2003 VI B 101/03, BFHE 203, 166, BStBl II 2003, 893; vom 11.9.2012 VI B 43/12, BFH/NV 2012, 2023). Dies wird durch die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG nochmals bestätigt.
Dieser Wortlaut lässt eine Ausnahme auch nicht für Fahrten zu, die durch einen zusätzlichen Arbeitseinsatz außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit oder durch eine Arbeitszeitunterbrechung von mindestens vier Stunden veranlasst sind. Denn die diesbezügliche Ausnahmevorschrift, die vor Einführung der Entfernungspauschale gegolten hat (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG bis 2000), ist mit der Begründung nicht übernommen worden, dies diene der Vereinfachung und berücksichtige, dass durch zusätzliche Fahrten nicht zwangsläufig zusätzliche Kosten anfielen, so z.B. nicht bei Zeitkarten für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel (BTDrucks 14/4242, 6).
Weiterhin lässt der Wortlaut auch keine Ausnahme für den Fall zu, dass bei einem Steuerpflichtigen nach der Eigenart seiner Tätigkeit typischer Weise keine zwei Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Betriebsstätte anfallen (vgl. BFH-Beschluss vom 11.9.2003 VI R 101/03, a.a.O.).
Diese Auslegung wird durch Sinn- und Zweck der Vorschrift bestätigt. Sie dient dadurch der Vereinfachung, dass grundsätzlich nur noch die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und die Anzahl der Arbeitstage festgestellt werden muss. Dadurch entfällt für den Steuerpflichtigen das Erfordernis, seine Aufwendungen zu belegen und für die Verwaltung eine diesbezügliche Überprüfung.
Damit ist wiederum verbunden, dass einzelne Steuerpflichtige ‑ gemessen am sonst geltenden Grundsatz, dass bei Nachweis tatsächlicher Aufwendungen diese in voller Höhe abzugsfähig sind ‑ durch die Regelung begünstigt und andere benachteiligt werden.
Nach diesen Grundsätzen ist dem Kl. auch an den Tagen, an denen eine Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und im Übrigen Dienstreisen vorliegen, die Entfernungspauschale zu berücksichtigen.
Die Gewährung einer hälftigen Entfernungspauschale für den Fall, dass – entgegen der gesetzlichen Annahme – keine Hin- und Rückfahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vorgenommen wird, findet insoweit keine Stütze im Gesetz.
Entgegen der Ansicht des Bekl. ist das im Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg (vom 20.06.2012, Az. 7 K 4440/10, juris) zitierte Urteil des BFH vom 26.07.1978 (Az. VI R 16/76, BFHE 125, 561, BStBl II 1978, 661) aufgrund der aktuellen Gesetzeslage und Rechtsprechung des BFH nicht mehr einschlägig. In dem benannten Urteil hat der BFH entschieden, dass bei Eheleuten, die gemeinsam zu ihren Arbeitsstätten fahren, die Pauschbeträge nur ein Mal gewährt werden können, da den Ehegatten auch nur ein Mal Kosten anfallen. Angesichts der Einführung der Entfernungspauschale in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung ist ein solches Verständnis der Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nicht mehr geboten.
Darüber hinaus ist der Sachverhalt in dem Urteil des FG Baden-Württemberg vom 20.6.2012 nicht mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar, da in dem dort entschiedenen Fall die Hin- und Rückfahrt von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück an unterschiedlichen Tagen vorgenommen worden sind. Vorliegend führt der Kl. jeweils eine Hin- und Rückfahrt an einem Arbeitstag zwischen seiner Wohnung und dem Büro (ggfs. unterbrochen durch einen Mandantenbesuch) durch, auch wenn als Aufwendungen für eine der beiden Fahrten aufgrund des Dienstreisecharakters die tatsächlichen Kosten berücksichtigt werden können. Eine Einschränkung derart, dass in solchen Fällen die Entfernungspauschale lediglich mit 0,15 € anzusetzen sei, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen.
Der BFH hat bereits entschieden, dass für jeden Arbeitstag, an dem die Arbeitsstätte aufgesucht wird, der sich aus der Entfernung zur Wohnung ergebende Betrag anzusetzen ist, und zwar unabhängig davon, wie oft die Strecke je Arbeitstag zurückgelegt wird, welches Verkehrsmittel benutzt wird und welche Kosten tatsächlich angefallen sind (BFH-Beschlüsse vom 11.09.2003 VI B 101/03, a.a.O.; vom 11.9.2012 VI B 43/12, a.a.O.).
Auch nach der Gesetzesbegründung steht insbesondere auch bei Fahrgemeinschaften jedem Teilnehmer die Entfernungspauschale zu, auch wenn ein Mitfahrer keinen eigenen Aufwand zu tragen hat (vgl. BT-Drs. 14/4242, S. 5). Darüber hinaus hat der Gesetzgeber es bewusst unterlassen, die bis dahin gesetzlich geregelte Ausnahme des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung, dass bei Arbeitszeitunterbrechungen von mindestens 4 Stunden oder bei einem zusätzlichen Arbeitseinsatz außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit zusätzliche Aufwendungen als Werbungskosten abgezogen werden konnten, auch bezüglich der neuen Entfernungspauschale zu übernehmen.
Insbesondere die Einführung der Abgeltungswirkung des § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG sollte nach den gesetzgeberischen Motiven der Steuervereinfachung dienen und zukünftig Rechtsstreitigkeiten zwischen Steuerpflichtigen und dem Finanzamt über die Berücksichtigung besonderer Kosten (z.B. Kosten für Abholfahrten) und außergewöhnlicher Kosten (z. B. Unfallkosten) bei den Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vermeiden (vgl. BT-Drs. 14/4242, S. 6).
Wenn jedoch eine derartige Typisierung zur Verwaltungsvereinfachung vorgenommen wird, sind auch Unschärfen und von dem typischen Geschehensverlauf abweichende Konstellationen hinzunehmen.
Damit ist verbunden, dass einzelne Steuerpflichtige – gemessen am sonst geltenden Grundsatz des Nachweises tatsächlicher Aufwendungen – durch die Regelung begünstigt und andere benachteiligt werden. Solche Folgen sind jeder abgeltenden Typisierung immanent, da hinsichtlich der Abzugsbeträge nicht auf die Besonderheiten des jeweils verwirklichten individuellen Sachverhalts abgestellt, sondern ein typischer Sachverhalt der Besteuerung zugrunde gelegt wird (BFH-Beschluss vom 11.9.2003 VI B 101/03, a.a.O.).
Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind für das Streitjahr 2008 wie folgt festzustellen:
bisher lt. EE xxx.xxx,xx €
mehr Betriebsausgaben (425,25 € + 715,50 €, siehe S. 5) ./. 1.140,75 €
Einkünfte neu xxx.xxx,xx €
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision wird gemäß § 155 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.