· Fachbeitrag · Umgang mit dem Finanzamt
Anrufungsauskunft: Rechtssicherheit bei lohnsteuerlichen Fragen in der Agentur
von Christian Ollick, Dipl.-Finw. (FH), Herford
| Versicherungsagenturen können durch einen falschen oder unterlassenen Lohnsteuerabzug schnell in die Haftungsfalle geraten. Um diesem Risiko zu entgehen, können Sie bei Ihrem Finanzamt eine gebührenfreie Anrufungsauskunft über lohnsteuerliche (Zweifels-)Fragen einholen ( § 42e EStG ). Das BMF hat die Spielregeln für die Anrufungsauskunft überarbeitet und an die neuere Rechtsprechung angepasst. WVV gibt Ihnen Antworten auf die wichtigsten Fragen. |
Die Anrufungsauskunft
Welche Sachverhalte können Sie mit der Anrufungsauskunft klären lassen? Wo und wie müssen Sie den Antrag stellen? Antworten auf diese und weitere wichtige Fragen zur Anrufungsauskunft finden Sie nachfolgend.
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Frage | Antwort |
| Die Anrufungsauskunft klärt alle Fragen zur Lohnsteuer, zur Kirchensteuer, zur Vermögensbildung oder zum Solidaritätszuschlag. So können Sie z. B. erfahren, ob ein Mitarbeiter überhaupt einer lohnsteuerlich relevanten nichtselbstständigen Tätigkeit nachgeht oder ob bestimmte Sachbezüge lohnsteuerfrei belassen werden können. |
| Ihr Betriebsstättenfinanzamt (§ 41 Abs. 2 EStG) ist für die Erteilung der Anrufungsauskunft zuständig. |
| Antragsteller können Sie oder Ihre Mitarbeiter sein. Meinungsverschiedenheiten können so schnell und ohne arbeitsgerichtliches Verfahren geklärt werden. Auch Dritte, die Arbeitgeberpflichten erfüllen oder für eine Lohnsteuerhaftung in Betracht kommen (z. B. Vermögensverwalter), können den Antrag stellen. |
| Sie können den Antrag mündlich oder schriftlich stellen. Empfehlenswert ist aber die Schriftform, um Beweisschwierigkeiten zu entgehen. Stellen Sie eine mündliche Anfrage, sollte diese nachträglich immer schriftlich bestätigt werden. Nur so ist gewährleistet, dass die Auskunft auch zu Ihrer gewollten Anfrage erteilt wird. Beweisschwierigkeiten gehen zu Ihren lasten. |
| Sie sollten im Antrag ausdrücklich auf die Regelung des § 42e EStG verweisen, damit das Amt den Antrag richtig einordnen kann. Sie müssen in Ihrem Antrag konkrete Rechtsfragen stellen und einen konkreten Anlass zugrunde legen. Dafür reicht es, dass Sie sich auf einen bestimmten Falltyp oder eine Fallgruppe beziehen. Sie sollten den Sachverhalt so schildern, wie Sie Ihn auch umsetzen wollen. Weichen Sie davon ab, ist das Amt später, z. B. bei einer Lohnsteuer-Außenprüfung, nicht mehr daran gebunden. |
| Sie haben ein Recht darauf, dass das Finanzamt Ihren Antrag förmlich bescheidet. Es nimmt in der Regel schriftlich Stellung. Das gilt auch dann, wenn Sie lediglich eine formlose Auskunft wünschen. Wird eine Anrufungsauskunft abgelehnt oder abweichend vom Antrag erteilt, muss das Finanzamt dies schriftlich tun. |
| Ja. Sie können später nicht belangt werden, wenn Sie die Auskunft umsetzen und entsprechend keine Lohnsteuer einbehalten. Dies gilt auch, wenn die Auskunft unrichtig war. Das gilt für das gesamte Lohnsteuerabzugsverfahren (BFH, Urteil vom 17.10.2013, Az. VI R 44/12, Abruf-Nr. 140060). Sie können somit auch nicht über eine Lohnsteuerpauschalierung (§ 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG) zur Kasse gebeten werden. |
| Nein. Das Betriebsstättenfinanzamt kann die von Ihnen aufgrund einer (unrichtigen) Anrufungsauskunft nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer von Ihrem Mitarbeiter nicht nachfordern. Die Bindungswirkung erstreckt sich jedoch nicht auf das Veranlagungsverfahren. Das Finanzamt kann also zu wenig gezahlte Lohnsteuer von Ihrem Mitarbeiter über den Einkommensteuerbescheid nachfordern (BFH, Urteil vom 17.10.2013, Az. VI R 44/12, Abruf-Nr. 140060). |
| Das Finanzamt kann seine Anrufungsauskunft mit einer Befristung versehen. Dann können Sie sich nur für eine bestimmte Zeit auf die Aussagen berufen. Auch kann das Amt die Auskunft mit Wirkung für die Zukunft aufheben oder abändern (BFH, Urteil vom 02.09.2010, Az. VI R 3/09, Abruf-Nr. 103899). Die Bindungswirkung entfällt zudem, wenn der Gesetzgeber die Rechtsvorschriften ändert, auf denen die Auskunft beruht. |
| Sie können per Einspruch oder Klage die Anrufungsauskunft inhaltlich überprüfen lassen (BFH, Urteil vom 02.09.2009, Az. VI R 3/09, Abruf-Nr. 103899). |
| Die Anrufungsauskunft sagt aus, wie das Finanzamt den von Ihnen als Antragsteller dargestellten Sachverhalt gegenwärtig beurteilt. Entsprechend überprüft das Finanzgericht nur, ob das Finanzamt den dargestellten Sachverhalt richtig erfasst hat und keine evidenten Fehler in seine rechtliche Beurteilung eingebaut hat (BFH, Urteil vom 27.02.2014, Az. VI R 23/13, Abruf-Nr. 141690). |
| Widerruft das Finanzamt eine Ihnen erteilte Anrufungsauskunft, können Sie dagegen Einspruch einlegen. Die Aussetzung der Vollziehung können Sie allerdings nicht beantragen. Dasselbe gilt bei Ablehnung, Rücknahme oder Änderung einer Anrufungsauskunft. Die Anrufungsauskunft ist ein feststellender, aber nicht vollziehbarer Verwaltungsakt (BFH, Beschluss vom 15.01.2015, Az. VI B 103/14, Abruf-Nr. 175741). |
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