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· Fachbeitrag · Agenturvertrag

Vertreter kann sich gegen die Abmahnung des Versicherers nicht mit Feststellungsklage wehren

von Rechtsanwalt Matthias W. Kroll, Kanzlei Dr. Nietsch & Kroll Rechtsanwälte, Hamburg

| Das LG Gießen hat entschieden, dass ein Versicherungsvertreter die Unwirksamkeit einer Abmahnung nicht isoliert feststellen lassen kann. |

 

Feststellungklage gegen Abmahnung ist unzulässig

Der seit 14 Jahren beanstandungsfrei für einen Versicherer tätige Vertreter hatte es versäumt, drei Vorschäden trotz entsprechender Antragsfragen in das Antragsformular einer Geschäfts- und Gebäudeversicherung einzutragen. Diesen Fehler räumte er gegenüber dem Versicherer ein. Der Versicherer mahnte ihn ab. Dagegen klagte er. Eine solche Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Abmahnung ist unzulässig, entschied das LG Gießen (Urteil vom 24.3.2016, Az. 5 O 316/15, Abruf-Nr. 185554).

 

Eine Abmahnung sei die bloße Äußerung einer Missbilligung und drohe Sanktionen bei weiteren Verstößen an. Sie könne auch eine spätere gerichtliche Entscheidung nicht prägen bzw. präjudizieren. Daher könne die Wirksamkeit der Abmahnung nicht isoliert Gegenstand einer Klage sein.

 

Das LG geht auch davon aus, dass die arbeitsrechtlichen Sonderregeln, gegen die Unwirksamkeit einer Abmahnung mit einer Feststellungsklage vorzugehen, nicht auf den selbstständigen Vermittler übertragbar seien.

 

Behauptete Vertragsverletzung angreifbar

Dagegen kann der Vertreter die Feststellung beantragen, dass keine Vertragsverletzung der Abmahnung zugrunde liegt. Fehlt es nämlich an einer Vertragsverletzung, kann das beanstandete Verhalten nicht Grundlage einer außerordentlichen Kündigung sein. Hieraus ergibt sich das Feststellungsinteresse, weil die Abmahnung für eine mögliche spätere Kündigung und die Voraussetzungen des § 89b HGB relevant sein kann.

 

Die Klage scheitert aber daran, dass die Vertragsverletzung vorlag, die der Abmahnung zugrunde liegt. Unerheblich ist, dass der Vertreter 14 Jahre beanstandungsfrei und ohne ein Fehlverhalten für den Versicherer tätig war. Denn eine Abmahnung unterliegt keiner Verhältnismäßigkeitskontrolle.

 

PRAXISHINWEIS | Eine außerordentliche Kündigung des Agenturvertrags durch den Versicherer ist ohne Abmahnung unwirksam. Vor diesem Hintergrund sollten Sie als Vermittler, wenn Sie eine Abmahnung erhalten, sorgsam prüfen, ob die Ihnen vorgeworfenen und der Abmahnung zugrunde liegenden Sachverhalte tatsächlich zutreffen und ob Sie diese gegenüber dem Versicherer einräumen. Treffen die Sachverhalte nicht zu, sollten Sie feststellen lassen, dass eine der Abmahnung zugrunde liegende Vertragsverletzung nicht vorliegt. So kann der Sachverhalt nicht mehr Grundlage einer außerordentlichen Kündigung sein.

 
Quelle: Ausgabe 06 / 2016 | Seite 7 | ID 44005439