· Fachbeitrag · Agenturvertrag
Vorsicht vor einer Aufhebungsvereinbarungmit dem Versicherer
von Rechtsanwalt Bernhard Schleicher, Kanzlei Dr. Heinicke, Eggebrecht, Ossenforth & Kollegen, München
| Außer durch Kündigung kann ein Handelsvertretervertrag auch durch eine Aufhebungsvereinbarung beendet werden. Häufig wird diese vom Versicherer vorformuliert. Hier sollten Sie auf der Hut sein, um nicht den Kürzeren zu ziehen. |
Die Abschlusssituation für Aufhebungsvereinbarung
Bei der Aufhebungsvereinbarung handelt es sich um einen Vertrag. Beide Parteien müssen der Vereinbarung zustimmen, sie also unterschreiben.
In der Regel erhält der Vertreter eine Vereinbarung vom Versicherer, die er in Ruhe durchlesen und prüfen kann. In angespannten Situationen kommt es aber durchaus häufig vor, dass mehrere Mitarbeiter des Versicherers unangekündigt in der Agentur erscheinen. Sie möchten den Agenturinhaber zum Teil unter erheblichem Druck dazu bringen, eine vorformulierte Aufhebungsvereinbarung zu unterzeichnen, oftmals verbunden mit der Durchführung einer Innenrevision.
PRAXISHINWEIS | In dieser Situation sollten Sie auf gar keinen Fall unterschreiben. Bewahren Sie einen kühlen Kopf. Fordern Sie die Mitarbeiter des Versicherers höflich, aber bestimmt auf, Ihre Agentur zu verlassen, und vereinbaren Sie mit diesen einen Termin. Sollten diese darauf nicht reagieren, verweisen Sie sie aus den Agenturräumen und erteilen ihnen ein Hausverbot. Reagieren sie immer noch nicht, rufen Sie die Polizei (Hausfriedensbruch). |
Wichtig | Haben Sie dem Druck nachgegeben und die Vereinbarung unterschrieben, haben Sie nur geringe Chancen, dies wieder rückgängig zu machen:
- Für eine Anfechtung fehlt es meist an einem Irrtum bzw. einer arglistigen Täuschung durch die Mitarbeiter.
- Ein Widerruf ist nicht möglich, auch wenn bei vielen Vertretern der Irrglaube vorherrscht, man könne die Unterschrift wie einen Versicherungsvertrag mit zweiwöchiger Kündigungsfrist widerrufen. Das ist nicht der Fall!
Der Inhalt einer Aufhebungsvereinbarung
Unbedenklich ist die Vereinbarung, wenn lediglich festgehalten wird, dass die Parteien darüber einig sind, dass das Agenturverhältnis zu einem gewissen Zeitpunkt endete oder enden wird. Dann bleiben alle übrigen Rechte der Parteien erhalten.
In der Regel werden aber umfassende Vereinbarungen getroffen, was grundsätzlich sinnvoll ist, um das Vertragsverhältnis friedvoll zu Ende zu führen. Damit dies für beide Seiten fair und ausgewogen geschieht, sollten Sie insbesondere auf folgende Punkte besonders achten:
Ausgleichsanspruch
Im Falle des Abschlusses einer Aufhebungsvereinbarung entsteht der Ausgleichsanspruch auch dann, wenn Sie die Vertragsaufhebung wünschten.
Wird die Aufhebungsvereinbarung gleichzeitig oder nach dem Beendigungsdatum wirksam - maßgeblich ist, wann die gegengezeichnete Vereinbarung dem Vertragspartner zugeht und nicht, wann die Unterschrift erfolgt ist - wirkt der Schutz des § 89b Abs. 4 Satz 1 HGB nicht mehr. Das heißt, Sie können wirksam auf Ihren Ausgleichsanspruch ganz oder teilweise verzichten.
PRAXISHINWEIS | Achten Sie unbedingt darauf, dass der Ausgleichsanspruch richtig berechnet wird und Gegenstand der Vereinbarung ist oder dass der Ausgleichsanspruch ausdrücklich vorbehalten wird. |
Provisionsforderungen/Provisionsrückforderungsansprüche
Häufig ist in Aufhebungsvereinbarungen die Klausel enthalten, dass damit sämtliche Ansprüche des Vertreters abgegolten sind, der Versicherer sich allerdings vorbehält, Provisionen rückfordern zu können.
PRAXISHINWEISE |
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Vorsicht bei Generalabgeltungsklauseln
Klauseln, nach denen sämtliche gegenseitigen Ansprüche der Vertragsparteien erledigt sind, haben den Charme, dass sich damit künftige Streitigkeiten erledigen, bergen aber auch große Gefahren. Oftmals denkt man gar nicht an den Anspruch, auf den man gerade verzichtet.
PRAXISHINWEIS | Haben Sie betriebliche Altersvorsorgeansprüche erworben, sollten Sie unbedingt regeln, dass diese Ansprüche von der Abgeltung ausgenommen sind. Gleiches gilt auch für sonstige Versicherungsverträge. Hier hilft die Formulierung, dass sämtliche Ansprüche aus dem Agenturvertragsverhältnis abgegolten werden mit Ausnahme der Ansprüche aus betrieblicher Altersvorsorge und aus Versicherungsverträgen. |
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Nachvertragliche Wettbewerbsverbote finden sich ebenfalls in Aufhebungsverträgen. Sie sollten insbesondere den Umfang des Verbots prüfen und nur dann unterzeichnen, wenn Sie damit einverstanden sind.
PRAXISHINWEIS | Achten Sie darauf, dass genau geregelt ist, welche Tätigkeit Sie für welchen Zeitraum nach Vertragsbeendigung (maximal zwei Jahre) nicht wahrnehmen dürfen und welche Entschädigung Sie hierfür erhalten. Die Entschädigung ist dann angemessen, wenn sie das ausgleicht, was Sie in der Vergangenheit mit der in Zukunft untersagten Tätigkeit verdient hatten. |
Wichtig | Enthält das Wettbewerbsverbot nicht zu allen oben aufgezählten Punkten Regelungen, so ist es in der Regel dennoch wirksam und wird in den fehlenden Punkten durch Auslegung meist (durch das Gericht) ergänzt. Es handelt sich um einen weit verbreiteten Irrtum, man könne ein solches unvollständiges Wettbewerbsverbot getrost unterzeichnen, weil es dann keine Wirkung entfalte. Das ist nicht der Fall!
FAZIT | Eine ausgeglichene Aufhebungsvereinbarung ist das beste Mittel, ein Vertragsverhältnis friedlich zu Ende zu führen. Der Teufel steckt allerdings im Detail. Zum einen müssen die enthaltenen Forderungen, etwa der Ausgleichsanspruch des Vertreters, korrekt sein, zum anderen ist genau auf die Formulierung zu achten. Sie sind daher gut beraten, in eine anwaltliche Überprüfung mit begrenztem Aufwand zu investieren, anstatt später aufwändige Streitigkeiten über Inhalt und Umfang der Vereinbarung führen zu müssen. |
Weiterführende Hinweise
- Beitrag „So prüfen Sie die Kündigung und wehren sich erfolgreich gegen den Versicherer“, WVV 9/2010, Seite 5
- Checkliste „Kündigung - was tun“ auf wvv.iww.de unter Downloads → Checklisten→ Agenturvertrag“