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  • Ausländische Werkstattkunden

    Reparatur- und Abschleppleistungen umsatzsteuerlich richtig abrechnen

    Gerade in der Ferienzeit kommt es häufiger vor, dass ausländische Urlauber – unfreiwillig – Kunden in Ihrer Werkstatt werden. Repariert ist das Auto oft schnell. Schwierig wird es bei der Frage nach der korrekten umsatzsteuerlichen Abrechnung. Wir sagen Ihnen im folgenden Beitrag, wann und wie Sie Ihre Reparatur- und Abschleppleistungen der Umsatzsteuer unterwerfen müssen.

    Leider lässt sich keine pauschale Aussage treffen, wann eine Reparatur oder das Abschleppen umsatzsteuerpflichtig ist. Zu viele Faktoren spielen eine Rolle. Unter anderem kommt es darauf an, ob

    • Ihre Reparatur eine Werklieferung oder Werkleistung ist;
    • Ihr Kunde Unternehmer oder Privatmann ist;
    • es sich um ein Privat- oder Betriebsfahrzeug handelt;
    • Ihr Kunde aus der Europäischen Union (EU) oder einem Drittland kommt.

    Reparatur ist Werklieferung

    Eine Werklieferung erbringen Sie, wenn die zur Reparatur benötigten Materialien für den defekten Pkw ein wesentlicher Bestandteil (Hauptstoff) sind und Sie diese Materialien selbst stellen. Zu den Hauptstoffen zählen Ersatzteile, wie zum Beispiel ein Auspuff, ein Kotflügel oder ein Getriebe, nicht dagegen Nebenstoffe wie Schrauben, Farbe oder Bremsflüssigkeit. Das Finanzamt erkennt ohne weitere Nachprüfung die Reparatur an einem Fahrzeug als Werklieferung an, wenn mehr als 50 Prozent des Entgelts auf das Material entfällt.

    Eine Werklieferung gilt dort als ausgeführt, wo Sie dem Kunden das reparierte Fahrzeug übergeben, also in der Regel in Deutschland. Sie ist daher in Deutschland grundsätzlich steuerpflichtig. Steuerfrei ist sie, wenn der Kunde

    • Privatperson oder Unternehmer ist und seinen Wohnsitz bzw. Sitz im Drittland hat oder
    • Unternehmer mit Sitz in einem anderen Mitgliedsland der EU ist und das Fahrzeug sein Betriebs-Pkw ist.

    Beispiel

    Ein Franzose ist mit seinem Betriebs-Pkw in Deutschland unterwegs. Er lässt in Ihrer Werkstatt einen neuen Auspuff einbauen. Die Materialkosten betragen 300 DM, die Kosten für den Einbau 60 DM. Es liegt eine Werklieferung vor. Da der Franzose seine französiche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vorweist, ist die Reparatur in Deutschland nicht umsatzsteuerpflichtig. Ihre Rechnung müssen Sie ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis ausstellen.

    Nachweispflichten für die Steuerfreiheit

    Wenn der Kunde Sitz bzw. Wohnsitz im Drittland hat, müssen Sie als Belegnachweis (§ 9 Absatz 1 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung) für die Umsatzsteuerfreiheit vorlegen:

    • Einen Ausfuhrbeleg mit Angabe Ihres eigenen Namens und Ihrer Adresse, der Bezeichnung und das amtliche Kennzeichen des Fahrzeugs sowie Ort und Tag der Ausfuhr und
    • eine Ausfuhrbestätigung der Grenzzollstelle des entsprechenden EU-Mitgliedslands zum Wohn(sitz)land des Kunden.

    Zusätzlich müssen Sie in Ihren Buchhaltungsunterlagen festhalten

    • die Bezeichnung und Kennzeichen des Fahrzeugs sowie Art und Umfang Ihrer Reparaturleistungen,
    • den Namen und die Anschrift des Kunden,
    • das Datum der Reparatur,
    • das vereinbarte Entgelt sowie
    • die Ausfuhr durch den Kunden.

    Wenn der Kunde ein Unternehmer aus einem anderen EU-Mitgliedsland ist, müssen Sie als Belegnachweis erbringen

    • einen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt,
    • eine Kopie der Rechnung,
    • eine Empfangsbestätigung des Abnehmers,
    • eine schriftliche Versicherung des Kunden, dass er den Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert.

    Die innergemeinschaftliche Werklieferung müssen Sie in der Zusammenfassenden Meldung erfassen. Außerdem müssen Sie in Ihren Buchführungsunterlagen festhalten

    • den Namen und die Anschrift des Abnehmers,
    • seinen Gewerbezweig,
    • seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
    • die Bezeichnung und das Kennzeichen des Fahrzeugs sowie die daran vorgenommenen Reparaturen,
    • das Datum der Reparatur,
    • das Entgelt,
    • die Beförderung des Fahrzeugs ins übrige Gemeinschaftsgebiet und
    • den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet.

    Beachten Sie: Fehlt einer dieser Nachweise, ist der Umsatz steuerpflichtig. Falls Sie später fehlende Nachweise erhalten, können Sie die Umsatzsteuer im Berichtigungsverfahren zurückfordern.

    Reparatur ist Werkleistung

    Handelt es sich bei Ihrer Reparatur nicht um eine Werklieferung, liegt eine Werkleistung vor. Bei der Werkleistung ist der Leistungsort grundsätzlich Deutschland, weil die Reparatur hier ausgeführt wird. Die Werkleistung ist grundsätzlich steuerpflichtig, mit zwei Ausnahmen:

    • Die Reparatur ist steuerfrei, wenn der Kunde Unternehmer oder Privatperson mit Sitz bzw. Wohnsitz im Drittland ist und das Fahrzeug extra zur Reparatur eingeführt hat und nach der Reparatur wieder ins Drittland zurückbefördert.
    • Sie ist nicht steuerbar in Deutschland, wenn der Kunde Unternehmer mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedsland ist und eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vorweisen kann. Leistungsort ist dann das Land, das die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ausgestellt hat.

    Nachweispflichten für die Steuerfreiheit

    Wenn der Kunde Unternehmer aus einem EU-Mitgliedsstaat ist, müssen Sie keine besonderen Nachweise erbringen. Halten Sie aber die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in Ihren Unterlagen fest.

    Bei Kunden aus dem Drittland müssen Sie dieselben Nachweise und Aufzeichnungen wie bei der Werklieferung erbringen. Zusätzlich müssen Sie nachweisen, dass das Fahrzeug zum Zweck der Reparatur nach Deutschland gelangt ist. Es dürfte ausreichen, wenn Sie die schriftliche Anmeldung des Kunden zur Reparatur vorweisen können.

    Abschleppleistung in Reparaturfällen

    Oft müssen Sie den defekten Pkw vor der Reparatur abschleppen. Für die umsatzsteuerliche Behandlung der Abschleppleistung müssen Sie unterscheiden, ob sie im Vergleich zur Reparatur in den Vorder- oder Hintergrund tritt.

    Abschleppleistung im Hintergrund

    Die Abschleppleistung steht im Hintergrund, wenn das Entgelt für die Reparatur wesentlich über dem für die Abschleppleistung liegt. Die Abschleppleistung ist dann Nebenleistung der Hauptleistung „Reparatur“ und wird umsatzsteuerlich wie diese behandelt.

    Beispiel

    Ein schweizer Urlauber bleibt mit seinem Pkw wegen eines Motorschadens liegen. Sie müssen das Fahrzeug abschleppen. Für die Reparatur berechnen Sie 1.000 DM, für das Abschleppen 300 DM. Die Reparatur ist in Deutschland als Werklieferung steuerfrei. Die Abschleppleistung als Nebenleistung ebenso.

    Abschleppleistung im Vordergrund

    Anders ist es, wenn die Abschleppleistung im Vordergrund steht. Das ist der Fall, wenn der behobene Schaden im Vergleich zum Entgelt für die Abschleppleistung gering ist. Dann müssen Sie das Abschleppen als Beförderungsleistung umsatzsteuerlich gesondert beurteilen, sprich Umsatzsteuer auf die Abschleppleistung abführen.

    Beispiel

    Ein belgischer Unternehmer bleibt in Deutschland mit seinem Pkw liegen, weil eine Sicherung ausgefallen ist. Sie müssen das Fahrzeug abschleppen. Für die Reparatur berechnen Sie 100 DM, für das Abschleppen 300 DM. Der Belgier legt seine belgische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vor. Die Reparatur unterliegt in Deutschland als Werkleistung nicht der Umsatzsteuer, die Abschleppleistung ist in Deutschland jedoch steuerpflichtig.

    Fazit: Jeder Fall ist anders, und über die Frage „Umsatzsteuer ja oder nein?“ entscheiden oft Details. Angesichts der komplizierten Regeln und wegen der umfangreichen Nachweispflichten möchte man Ihnen fast wünschen, dass kein Ausländer in Ihrer Werkstatt landet. Denn, die umsatzsteuerlichen Probleme sind oft größer als die technischen – nur wird deren Lösung nicht entlohnt.

    Quelle: Auto - Steuern - Recht - Ausgabe 08/2001, Seite 6

    Quelle: Ausgabe 08 / 2001 | Seite 6 | ID 100901