· Fachbeitrag · Autokauf
Dem Fahrzeug fehlt ein Ausstattungsmerkmal: Diese Rechte hat Ihr Kunde
| Immer wieder passiert es: Nach der Übernahme seines Fahrzeugs kommt der Kunde ins Autohaus und reklamiert das Fehlen eines Ausstattungsmerkmals, zum Beispiel Navi oder Klimaanlage. Meist finden Sie mit ihm eine einverständliche Lösung. Was aber, wenn keine Seite nachgeben will? Dann sollten Sie die Rechte Ihres Kunden kennen, um die Erfolgsaussichten eines Prozesses einschätzen zu können. |
Sachmangel ja - aber geht der Kunde richtig vor?
Fehlt dem verkauften Fahrzeug ein Ausstattungsmerkmal, hat es in der Regel einen Mangel. Damit ist aber noch nicht gesagt, was Ihr Kunde verlangen kann und ob er sich nicht eventuell durch sein Vorgehen selbst um sein Recht bringt.
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Ein Kfz-Händler hatte einen NW verkauft, der laut Bestellschein mit Navi ausgerüstet sein sollte. War er aber nicht. Der Kunde reklamiert. Der Händler ist nachrüstungsbereit. Was macht der Kunde? Er tritt kurzerhand vom Kauf zurück. |
Das fehlende Navi ist - keine Frage - ein Sachmangel. Ob der Händler etwas dafür kann oder nicht, den Mangel also verschuldet hat, ist für sämtliche Mängelrechte bis auf den Schadenersatz egal. An der Spitze der Käuferrechte steht der Anspruch auf Nacherfüllung. Erst wenn diese gescheitert ist, stehen dem Käufer die übrigen Gewährleistungsansprüche zur Verfügung: Minderung, Rücktritt und Schadenersatz.
Nacherfüllung möglich oder nicht?
Bei einem NW, wie hier, ist eine Ersatzlieferung (Fahrzeug mit Navi) eine grundsätzlich mögliche Variante der Nacherfüllung. Anders liegen die Dinge beim GW-Kauf. Eine Ersatzlieferung ist hier in der Regel unmöglich.
Als zweite Alternative kommt die Nachrüstung mit einem Navi in Betracht. Rechtlich gesehen ist das ein Fall der Nachbesserung. Allerdings muss am Ende der Nachbesserung bei einem NW ein Zustand stehen, der möglichst exakt demjenigen entspricht, wie er werksseitig bei Auslieferung des Fahrzeugs im bestellten Zustand bestanden hätte. Der Kunde darf nicht schlechter gestellt sein, als er bei korrekter Erstlieferung gestanden hätte.
Wichtig | Genau hier liegt der Hase im Pfeffer, wenn das Navi, das der Händler einbauen möchte, nicht eins zu eins dem entspricht, das ursprünglich drin sein sollte. Besser darf es sein, aber nicht schlechter. Wenn der Händler ein nachrüstungstaugliches Navi in petto hat, ist er auf der sicheren Seite.
Fazit im Navi-Fall: Der Rücktritt des Kunden ist schon deshalb unwirksam, weil er das Nacherfüllungsrecht des Händlers missachtet hat.
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Im Internet war der Seat Ibiza, eine Tageszulassung, mit „ABS, 4 Airbags“ angeboten. So stand es auch auf der im Fahrzeug liegenden Ausstattungsbeschreibung. In Wirklichkeit hatte der Wagen kein ABS und nur zwei Airbags. Der Käufer bestand auf Lieferung eines Ibiza in der bestellten Ausstattung. Das Angebot des Händlers, den Wagen gegen Erstattung des Kaufpreises zurückzunehmen oder auf den Kaufpreis 200 Euro nachzulassen, lehnte er ab. Vor Gericht klagte er auf Ersatzlieferung, hilfsweise Nachrüstung. |
In diesem Fall hat der Kunde den richtigen Weg eingeschlagen: Erst Nacherfüllung, und zwar in Form der Ersatzlieferung. Doch war sie rechtlich überhaupt möglich? Einen Ibiza wie bestellt hatte der Händler nicht auf Lager und beschaffen konnte er ihn auch nicht ohne Weiteres. Zweite Frage: War eine etwa mögliche Ersatzlieferung dem Händler auch zumutbar? Immerhin hätte eine Nachrüstung, sprich Nachbesserung, nur 750 Euro gekostet. Die Antwort des OLG Braunschweig (Beschluss vom 4.2.2003, Az. 8 W 83/02; Abruf-Nr. 030549) fiel in beiden Punkten zulasten des Händlers aus.
PRAXISHINWEIS I Fehlt dem Fahrzeug tatsächlich etwas, worauf Ihr Kunde einen Anspruch hat, sollten Sie wie folgt vorgehen:
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Problem falsche Annonce
Anklicken statt schreiben bringt es mit sich, dass in der Internetbeschreibung Ausstattungsmerkmale stehen, die tatsächlich nicht vorhanden sind.
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Bei mobile de. ist das Fahrzeug mit Klimaanlage angegeben. Variante 1: Im Kaufvertrag steht gleichfalls „Klimaanlage“. Variante 2: Im Kaufvertrag fehlt die Eintragung „Klima“. |
Die Variante 1 (Doppelfehler) ist juristisch einfach. Die Klimaanlage gehört zum Leistungs-Soll. Ihr Fehlen macht das Auto mangelhaft. Alles weitere läuft rechtlich wie oben im „Navi-Fall“.
Problematisch ist die Variante 2. Gilt das, was im GW-Bestellschein steht? Oder ist der Inhalt der Annonce maßgeblich? Antwort: „Jein“. Der Text der Annonce wird weder ganz noch teilweise automatisch Inhalt des im Autohaus abgeschlossenen Kaufvertrags. Andererseits ist das, was zur Beschaffenheit des Fahrzeugs in der Annonce steht, nicht völlig irrelevant.
- Was im Kaufvertrag nicht wiederholt wird, wie hier die Angabe „Klimaanlageo“, kann der Richter quasi in den Vertrag hineinlesen. Dann wird er von einer „Beschaffenheitsvereinbarung“ ausgehen, nur in Ausnahmefällen von einer „Beschaffenheitsgarantie“.
- Als Alternative greifen manche Richter auf folgende Konstruktion zurück: Sie bewerten die Annonce als „öffentliche Äußerung“ (§ 434 Abs. 1 Satz 3 BGB), die dazu dient, die übliche und zu erwartende Beschaffenheit zu bestimmen. Übrigens: Eine „öffentliche Äußerung“ ist auch das, was auf einem Verkaufsschild am Fahrzeug steht.
Der Unterschied zwischen den beiden Lösungsansätzen kann im wahrsten Sinne des Wortes „erheblich“ sein. Denn der Bruch einer Beschaffenheitsvereinbarung wiegt deutlich schwerer als eine Abweichung vom objektiven Soll. Er indiziert die „Erheblichkeit“, die der Käufer braucht, um (nach erfolgloser Nachbesserung) vom Vertrag zurücktreten zu können. Weiterer Nachteil: Beim Bruch einer Beschaffenheitsvereinbarung verliert der Verkäufer den Schutz eines allgemein formulierten Gewährleistungsausschlusses (zum Beispiel „unter Ausschluss der Gewährleistung“). Beim Verkauf an einen Verbraucher steht die Verkürzung der Verjährung von 24 auf 12 Monate, auch eine Art Gewährleistungsausschluss, auf dem Spiel.
Berichtigung der Annonce
Hinfällig ist die „öffentliche Äußerung“, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt worden ist oder wenn sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte. Da für deutsche Fahrzeugkäufer nichts unwichtig ist, kann selbst eine Lappalie die Kaufentscheidung irgendwie beeinflussen. Zielführender ist eine „Berichtigung“.
Dem Käufer muss im Zeitpunkt, in dem er den Bestellschein unterschreibt, klar und deutlich vor Augen stehen, dass die Anzeige punktuell falsch ist. Sofern der Irrtum erst nach Unterzeichnung des Bestellscheins aufgedeckt worden ist, muss der Kunde spätestens bei Auslieferung ins Bild gesetzt werden, beispielsweise durch einen Hinweis in der Übernahmebestätigung. Die Gerichte stellen an eine Berichtigung hohe Anforderungen.
PRAXISHINWEISE |
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Und so haben andere Gerichte in vergleichbaren Fällen entschieden:
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