· Fachbeitrag · Autokauf
Müssen Kfz-Verkäufer den Käufer wirklich vor Diesel warnen?
| „Autobild“ hat in der Ausgabe vom 3. Juni 2016 getitelt: „Aufreger: Verkäufer müssen vor Diesel warnen“. Es ist aber allenfalls die halbe Wahrheit. Thema war nicht ein Diesel mit „Schummelsoftware“. Vielmehr ging es um das altbekannte Problem „verstopfter Partikelfilter“. Anlass für die Berichterstattung in „Autobild“ ist eine Entscheidung des LG Düsseldorf. Das hat einen Kfz-Händler wegen fehlender Aufklärung zur Rückzahlung des Kaufpreises verurteilt. Erfahren Sie, wie Sie einen solchen Fall in Ihrem Autohaus mit geringem Aufwand verhindern. |
Kein Hinweis auf „Freibrennfahrten“ im Handbuch
Ein Minderjähriger, vertreten durch seine Eltern, kauft bei einem Renault-Händler einen gebrauchten Grand Scenic 2.0 dCi, also keinen Neuen und auch keinen Grand Scenic 1.9 dCi.
Ein wichtiger Unterschied. Denn im Bedienhandbuch für den 1.9er stehen detaillierte Informationen über die Notwendigkeit von Freibrennfahrten bei Auftreten der Meldung „Katalysator regenerieren“. Im Handbuch für den 2.0, den der Minderjährige gekauft hat, fehlen derartige Hinweise.
Beratungspflicht schuldhaft verletzt
Das LG Düsseldorf hat den Händler zur Rückzahlung des Kaufpreises verurteilt, weil er seine Hinweis- und Beratungspflicht schuldhaft verletzt habe (LG Düsseldorf, Urteil vom 9.5.2016, Az. 23 O 195/15, Abruf-Nr. 186453).
Das Fahrzeug, wie gesagt ein GW, sei zwar als solches mangelfrei. Es sei auch nicht so, dass der Verkäufer den Kunden in jedem Einzelfall über die Notwendigkeit von Freibrennfahrten gesondert aufklären müsse.
Darauf könne verzichtet werden, wenn sich die erforderliche Information mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Bedienhandbuch ergebe. So war es in dem Fall mit dem Grand Scenic 1.9, den das OLG Hamm zugunsten des Händlers entschieden hat (OLG Hamm, Urteil vom 14.11.2013, Az. I-28 U 33/13. Abruf-Nr. 140416; ASR 3/2014, Seite 4).
Gegenbeweis missglückt
Da in dem Handbuch des Düsseldorfer Käufers kein Hinweis auf die Kurzstreckenproblematik stand und auch in der Internetpräsentation und im Prospekt wie auch im Kaufvertrag nichts zu finden war, kam es dem LG Düsseldorf entscheidend darauf an, ob der Käufer bzw. sein Vater (er sollte mit dem Wagen fahren) bei den Verkaufsverhandlungen aufgeklärt worden ist.
Hier stand Aussage gegen Aussage. Das Gericht glaubte dem Vater des Käufers. Die diametral anderslautende Aussage des Autohausmitarbeiters wurde als unglaubhaft abqualifiziert. Gegen diese Beweiswürdigung lässt sich rechtlich nichts einwenden. Wenngleich es ungewöhnlich ist, einem nahen Angehörigen des Käufers Glauben zu schenken und den Gegenzeugen des Autohauses als Lügner hinzustellen.
Wichtig | Überwiegend sehen die Gerichte in solchen Fällen ein Patt und entscheiden nach Beweislastgrundsätzen. Dann hätte hier das Autohaus gewonnen.
PRAXISHINWEISE |
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Annex: Rechtsprechung zum VW-Abgasskandal
Zum Thema „Schummel-Software und Rückabwicklung des Kaufvertrags von Fahrzeugen mit EA 189 Dieselmotor“ sind der ASR-Redaktion derzeit acht Urteile bekannt: Sieben, die eine Rückabwicklung ablehnen, und das Urteil des LG München I, das der Klage auf Rückabwicklung in erster Instanz stattgegeben hat.
Weiterführende Hinweise
- Musterformulierung „Diesel-Partikelfilter bei ‚Kurzstreckenautos‘“ auf asr.iww.de → Abruf-Nr. 43983319
- Beitrag „Beratungspflicht des Händlers in Bezug auf Dieselpartikelfilter“, ASR 3/2014, Seite 4 → Abruf-Nr. 42521320
- Übersicht „VW-Abgasskandal: Die Rechtsprechung zu Fahrzeugen mit Schummel-Software im Überblick“ auf asr.iww.de → Abruf-Nr. 44042812.