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  • 08.10.2012 · IWW-Abrufnummer 123049

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 06.03.2012 – I-1 U 108/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Düsseldorf

    I-1 U 108/11

    Tenor:

    Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das am 9. Juni 2011 verkündete Urteil des Einzelrichters der 17. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal werden zurückgewiesen.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 90 % und den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 10 % auferlegt.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    G r ü n d e :

    Sowohl die zulässige Berufung des Klägers als auch die Anschlussberufung der Beklagten haben in der Sache keinen Erfolg.

    Der Kläger hat auf Grund des unfallbedingten Ausfalls seines privat genutzten Mercedes Benz mit dem amtlichen Kennzeichen XXX keinen Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Nutzungsausfalls, da es insoweit an einer fühlbaren Nutzungsbeeinträchtigung fehlte. Denn der Kläger konnte als Kfz-Händler in zumutbarer Weise auf den in seinem Gewerbebetrieb vorhandenen Fuhrpark der vorgehaltenen Verkaufsfahrzeuge zugreifen und diese im Rahmen seiner privaten Lebensführung einsetzen.

    Die Beklagten können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die vom Kläger im Rahmen seiner fiktiven Abrechnung nach dem Schadensgutachten des Sachverständigen angesetzten Ersatzteilaufschläge und Verbringungskosten mangels tatsächlichen Anfalls nicht ersatzfähig seien. Nach vorherrschender Auffassung sind die entsprechenden Kosten, soweit sie in einem Gutachten eines anerkannten Sachverständigen Berücksichtigung gefunden haben, ersatzfähig, wenn sie nach den örtlichen Gepflogenheiten auch bei einer Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt angefallen wären. Diese Voraussetzung liegt hier vor, da die Erhebung von Ersatzteilaufschlägen und Verbringungskosten im Großraum Düsseldorf senatsbekannt bei markengebundenen Kfz-Werkstätten regional üblich ist.

    Im einzelnen gilt Folgendes:

    I.

    Die Einstandspflicht der Beklagten für die Folgen des Unfalls, der sich am 03.09.2009 auf der XXXstraße in XXX ereignet hat, ist dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig. Infolgedessen sind die Beklagten dem Kläger gemäß den § 249 BGB zum Ersatz des im Zusammenhang mit der Beschädigung seines Fahrzeugs entstandenen Schadens verpflichtet.

    Danach kann der Geschädigte grundsätzlich auch Ersatz für den eingetretenen Verlust der Gebrauchsmöglichkeit verlangen, wenn er keine besonderen Aufwendungen zur Überbrückung der ausgefallenen Nutzungsmöglichkeiten - wie etwa Mietwagenkosten - getätigt hat (BGH, VersR 2008, S. 170; Senat, Urteil vom 15.11.2011, Az.: I – 1 U 50/11 und NJW 2008, 1964). Denn das Vermögen des Geschädigten beinhaltet nicht nur den reinen Sachwert des Kraftfahrzeuges, sondern auch die Möglichkeit zu dessen ständigen Gebrauch. Diese Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs stellt deshalb gegenüber dem Substanzwert einen selbständigen Vermögenswert dar, dessen Verlust ebenfalls vom Schädiger auszugleichen ist (vgl. Senat, Urteil vom 15.11.2011, Az.: I – 1 U 50/11).

    Voraussetzung für einen Anspruch auf Entschädigung eines solchen Gebrauchsverlustes ist allerdings dessen tatsächlicher Eintritt (BGH, NJW-RR 2008, 1198 und VersR 1985, 963 sowie NJW 1976, 286; Senat, Urteil vom 15.11.2011, Az.: I – 1 U 50/11). Kann der Geschädigte den Nutzungsausfall in zumutbarer Weise durch den ersatzweisen Einsatz eines ihm zur Verfügung stehenden Zweitwagens überbrücken, so fehlt es an dieser Voraussetzung und er kann keine Nutzungsausfallentschädigung verlangen (BGH, VersR 1985, 963 und NJW 1976, 286; OLG Saarbrücken, OLGR 1998, 318).

    Eben dies ist hier der Fall. Denn bei dem Kläger fehlt es an einer fühlbaren Nutzungsbeeinträchtigung, da ihm im Rahmen des von ihm betriebenen Kfz-Handels mehrere Gebrauchtfahrzeuge aus dem Bestand seiner Firma zur Verfügung standen, auf die er in zumutbarer Weise zurückgreifen konnte (vgl. OLG Saarbrücken, OLGR 1998, 318; LG Nürnberg-Fürth, Schaden-Praxis 2005, 200; siehe auch BGH NJW 1976, 286). Die Beklagten haben aufgrund ermittelter Internetangebote des Klägers unwidersprochen vorgetragen, dass dieser zum Unfallzeitpunkt mehrere Pkws zum Verkauf vorhielt. Zu Unrecht meint der Kläger, dass er keines dieser Fahrzeuge hätte in Gebrauch nehmen dürfen.

    Der Umstand, dass diese Fahrzeuge Bestandteil des Betriebsvermögens waren, stand ihrer Nutzung durch den Betriebsinhaber nicht im Wege (vgl. OLG Saarbrücken, OLGR 1998, 318; LG Nürnberg-Fürth, Schaden-Praxis 2005, 200; siehe auch BGH NJW 1976, 286). Der Kläger beruft sich insoweit ohne Erfolg darauf, dass die Ingebrauchnahme eines der in seinem Bestand befindlichen Fahrzeuge, einen Verkauf hätte vereiteln können und er sich daher unter Umständen schadenersatzpflichtig gemacht hätte. Denn er hätte, wenn ein Dritter ein von ihm zwischenzeitlich benutztes Fahrzeug hätte erwerben wollen, ohne Weiteres auf ein anderes Bestandsfahrzeug ausweichen können, so dass ihm ein Verkauf möglich gewesen wäre. Eine Schadenersatzverpflichtung gegenüber einem potentiellen Käufer wäre ferner allenfalls dann in Betracht gekommen, wenn er das Fahrzeug nach einem Verkauf nicht mehr hätte übergeben können, was in Anbetracht der vorgenannten Ausweichmöglichkeiten nicht ersichtlich ist.

    Der zeitnahe Einsatz eines der zum Verkauf stehenden Pkws war dem Kläger dabei ohne weitere Schwierigkeiten möglich, da der Betrieb des Fahrzeugs entweder sogleich mit einer bei Kfz-Händlern üblicherweise vorhandenen Tageszulassung oder aber kurzfristig mit einer noch einzuholenden Zulassung bei der Straßenverkehrsbehörde erfolgen konnte.

    II.

    Die Beklagten wenden sich ihrerseits ohne Erfolg gegen die vom Landgericht zuerkannten UPE-Aufschläge und Verbringungskosten in Höhe von insgesamt 850,61 €.

    Denn soweit der Kläger in zulässiger Weise statt der Wiederherstellung des durch den Unfall beschädigten Fahrzeugs gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB den hierfür erforderlichen Geldbetrag auf Basis eines Sachverständigengutachtens verlangt hat, werden hiervon auch in die dem Gutachten des Sachverständigen des XXX angesetzten Ersatzteilaufschläge und Verbringungskosten erfasst.

    Der gemäß § 249 Abs. 2 BGB ersatzfähige Schaden umfasst die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH, NJW 1989, 3009). Für das, was zur Schadensbeseitigung nach der letztgenannten Vorschrift erforderlich ist, ist ein objektivierender, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten typisierender Maßstab anzulegen. Die Festlegung des für die Reparatur erforderlichen Geldbetrages kann dabei im Wege einer fiktiven Abrechnung sachgerecht auf der Grundlage des Gutachtens eines anerkannten Kfz-Sachverständigen erfolgen (Senat, DAR 2008, 523). Hierbei muss der Sachverständige eine Prognose darüber erstellen, welche Kosten bei einer Reparatur in einer Fachwerkstatt anfallen. Zu dem Ersatzanspruch gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gehören dabei auch die Kosten der Verbringung des geschädigten Gegenstandes zum Ort der Reparatur, wenn und soweit diese erforderlich sind (LG Hildesheim, NZV 2007, 575 m.w.N.). Nichts anderes gilt dabei hinsichtlich der branchenüblich erhobene Ersatzteilaufschläge (sog. UPE-Aufschläge), die aufgrund der Lagerhaltung von Originalersatzteilen auf die unverbindliche Preisempfehlung des Ersatzteilherstellers aufgeschlagen werden und den Aufwand abgelten sollen, der mit der ständigen Vorhaltung dieser Teile zum Zwecke der Verkürzung der Reparaturdauer verbunden ist. Soweit daher entsprechende Kosten in die Kalkulation aufgenommen und in dem Gutachten ausgewiesen werden, handelt es sich lediglich um unselbstständige Rechnungspositionen im Rahmen der Reparaturkostenermittlung, deren Beurteilung durch den Sachverständigen nicht anders zu behandeln ist als seine hinsichtlich der Arbeitszeit oder des benötigten Materials erfolgte Einschätzung (vgl. LG Aachen, NZV 2005, 649; LG Bochum, Urteil vom 19.10.2007, Az.: 5 S 168/07; Fischer, 2003, 262, 265).

    Bei einer Abrechnung auf Gutachtensbasis ist daher dann von einer Ersatzfähigkeit der entsprechenden Position auszugehen, wenn ein öffentlich bestellter vereidigter (anerkannter) Kfz-Sachverständiger unter Berücksichtigung der örtlichen Gepflogenheiten zu dem Ergebnis gelangt, dass im Falle einer Reparatur in der Region bei markengebundenen Fachwerkstätten typischerweise UPE-Aufschläge und Verbringungskosten erhoben werden (vgl. Senat, DAR 2008, 523; KG Berlin, Urteil vom 10.09.2007, Az.: 22 U 224/06). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

    Allerdings begegnet das vorliegende Gutachten des XXX insoweit Bedenken, als dort für die Frage des Anfalls der Ersatzteilaufschläge und der Verbringungskosten nicht auf Verhältnisse einer markengebundenen Fachwerkstatt am Reparaturort (vgl. OLG Düsseldorf, DAR 2008, 523; KG Berlin NZV 2008, 610) sondern auf die von dem Kläger selbst betriebene Werkstatt abgestellt worden ist. Gleichwohl sieht sich der Senat sich wegen des ihm bei der Ermittlung des Schadensumfangs nach § 287 ZPO im besonderen Maße freigestellten Ermessens nicht an einer eigenen Einschätzung bezüglich des Anfalls dieser Kosten gehindert. Denn es ist senatsbekannt, dass die markengebundenen Kfz-Werkstätten im Großraum XXX sowohl den sogenannten UPE-Aufschlag auf Ersatzteilpreise erheben als auch typischerweise über keine eigene Kfz-Lackiererei verfügen, so dass weitere Fahrzeugverbringungskosten anfallen (vgl. Senat, DAR 2008, 523).

    Diese Einschätzung gilt auch hinsichtlich der im Zusammenhang mit dem Ein- und Ausbau des Gastanks verbundenen Verbringungskosten, da in den Fachwerkstätten des Großraums XXX üblicherweise derartige Arbeiten nicht selbst, sondern durch eine auf die Montage derartiger Gasanlagen spezialisierte Fachwerkstatt vorgenommen werden.

    Das Landgericht ist daher zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die in dem Gutachten angesetzten Beträge für die Verbringungskosten und Ersatzteile Aufschläge in Höhe von insgesamt 850,61 € von den Beklagten zu ersetzen sind.

    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 ZPO.

    Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

    Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

    Gebührenstreitwert für die Berufung: 9.656,61 € (8.806,00 € für die Berufung; 850,61 € für die Anschlussberufung).