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  • 10.12.2012 · IWW-Abrufnummer 123752

    Landgericht Saarbrücken: Urteil vom 22.10.2012 – 3 O 356/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Aktenzeichen: 3 O 356/11

    verkündet am: 22.10.2012

    LANDGERICHT SAARBRÜCKEN

    URTEIL

    Im Namen des Volkes

    In dem Rechtsstreit XXX

    wegen Rücktritt vom Kaufvertrag

    hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2012 durch den Richter am Landgericht ... als Einzelrichter

    für R e c h t erkannt:

    I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 29.907,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz des BGB hieraus seit dem 01.09.2011 Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs BMW 125 i Coupé mit der Fahrgestell-Nr. ... zu zahlen.

    II. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs im Verzug befindet.

    III. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an den Kläger weitere 790,99 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz des BGB hieraus seit dem 13.02.2012 zu zahlen.

    IV. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.307,81 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz des BGB hieraus seit dem 21.12.2011 zu zahlen.

    V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    VI. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte 93 % zu tragen, die verbleibenden 7 % hat der Kläger zu tragen.

    VII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % der zu vollstreckenden Forderung.

    Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200,00 € abwenden, sofern die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    T a t b e s t a n d

    Der Kläger erwarb von der Beklagten das streitgegenständliche Fahrzeug der Marke BMW 125 i Coupé zum Gesamtpreis von 31.940,00 €. Gegen Zahlung des Kaufpreises wurde das Fahrzeug am 07.06.2011 übergeben. Bereits zum Übergabezeitpunkt wurde ein Kratzer an der Heckklappe des Fahrzeugs festgestellt, der nicht sofort beseitigt werden konnte. Nach Übernahme des Fahrzeugs und einer genaueren Untersuchung desselben zu Hause reklamierte der Kläger ferner Kratzer im Dachbereich. Ein vom Kläger am 09.06.2011 wahrgenommener Werkstatttermin führte nicht zur Beseitigung der Kratzer. Im Rahmen eines weiteren Werkstatttermins am 16.06.2011 äußerte ein hinzugezogener Fachmann die Auffassung, dass eine Neulackierung notwendig sei. Im Rahmen einer erneuten Begutachtung am 07.07.2011 wurde eine Einigung dahingehend erzielt, dass das Fahrzeug für einen ganzen Tag in der Werkstatt zur Nachbearbeitung vorgestellt werden sollte. Der Kläger beließ am 07.11.2011 das Fahrzeug zur Schadensbearbeitung bei der Beklagten, von der er es am 13.07.2011 zurückerhielt. Bei der erneuten Übergabe am 13.07.2011 reklamierte der Kläger weiterhin verbliebene restliche Kratzer sowie Wolken auf dem Lack, die offensichtlich vom Nachpolieren hervorgerufen worden waren. Mit Schreiben vom 15.07.2011 teilte die Beklagte mit, dass leichte Kratzer in Dach, Front und Heckklappe durch die Nachbesserung der Oberflächenbeschichtung beseitigt seien und sich das Fahrzeug nunmehr in einem technisch und optisch einwandfreien Zustand befinden würde.

    Auf eine vom Kläger selbst veranlasste Begutachtung des Fahrzeugs wurde sachverständigerseits festgehalten, dass die ursprünglichen Kratzer kaum noch zu erkennen waren, dafür aber der Lack an einzelnen Stellen bis zur Grundierung durchpoliert worden war, ferner auf der Heckklappe, dem Dach und der Motorhaube sich deutliche Hologramme vom Nachpolieren befanden. Weiterhin wurden Schrammen am Kotflügel, der Motorhaube, dem Dach und auf der gesamten Fahrerseite festgestellt.

    Der Kläger erklärte daraufhin über seinen Prozessbevollmächtigten den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs die Rückerstattung des Kaufpreises in Höhe von 31.940,00 € mit Schreiben vom 02.08.2011. Mangels Reaktion der Beklagten kündigte der Kläger mit Schreiben vom 25.08.2011 an, das Fahrzeug am 01.09.2011 um 11:00 Uhr Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises zurückgeben zu wollen. Mit Schriftsatz vom 29.08.2011 ihrer Prozessbevollmächtigten lehnte die Beklagte eine Rücknahme des Fahrzeugs ab, bestritt das Vorliegen von Mängeln und erklärte sich lediglich zu einer erneuten Inaugenscheinnahme bereit. Mit Schreiben vom 31.08.2011 wies der Kläger darauf hin, dass weitere Nachbesserungen abgelehnt werden und er eine Inaugenscheinnahme im Rahmen der Rücknahme des Fahrzeugs vorschlage. Das vom Kläger am 01.09.2011 der Beklagten zur Rücknahme angebotene Fahrzeug wurde von der Beklagten nicht angenommen. Auf Wunsch der Beklagten räumte der Kläger dieser am 20.09.2011 nochmals eine Nachbesserungsmöglichkeit ein, wobei er jedoch nicht bereit war, eine Neulackierung des Fahrzeugs zu akzeptieren.

    Der Kläger ließ am 14.09.2011 durch den Sachverständigen ... ein Gutachten anfertigen, wofür er gegenüber dem Sachverständigen 790,99 € aufwendete.

    Im Rahmen der erneuten Nachbesserung vom 20.09.2011 konnte zwar eine Verbesserung, nicht jedoch eine Beseitigung der vorhandenen Mängel erreicht werden.

    Dies bestätigte auch eine Nachbesichtigung des Fahrzeugs durch den Sachverständigen ... vom 26.09.2011.

    Mit Schreiben vom 30.09.2011 legte die Beklagte dar, dass im Wesentlichen keine Mängel vorlägen und etwaig verbliebene Mängel jedenfalls nicht zum Rücktritt berechtigten. Mit Schreiben vom 18.10.2011 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass der Rücktritt vom 02.08.2011 aufrecht erhalten bleibe. Zu einer Rücknahme des Fahrzeugs und Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises kam es in der Folge nicht. Das Fahrzeug wies zum Schluss der mündlichen Verhandlung einen Kilometerstand von 9.500 Kilometer auf.

    Der Kläger, der aufgrund der ausbleibenden Kaufpreiserstattung durch die Beklagte am Erwerb eines Ersatzfahrzeugs gehindert war, erwarb am 15.11.2011 für das streitgegenständliche Fahrzeug eine Komplettwinterbereifung mit Stahlfelgen zu einem Preis von 199,00 € pro Rad, somit 796,00 € brutto sowie einen Reifenpilot für 15,00 € brutto. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Rechnung der Firma ... vom 15.11.2011 (Bl. 40 d. A.) verwiesen.

    Der Kläger begehrt neben der Rückzahlung des um einen Nutzungsausgleich geminderten Kaufpreises die Erstattung der für die Winterreifen aufgewendeten 811 € brutto sowie der an den Sachverständigen gezahlten 790,99 € brutto. Darüber hinaus begehrt er, ausgehend von einem Streitwert in Höhe von 31.940,00 €, die Erstattung vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, ermittelt unter Ansatz einer 1,5er Gebühr gemäß §§ 13, 14 RVG Nr. 2300 VV RVG, einer Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 € gemäß Nr. 7002 VV RVG sowie 19 % Mehrwertsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG in Höhe von 240,35 €, somit insgesamt 1.505,35 €. Ferner begehrt er die Feststellung des Vorliegens von Annahmeverzug der Beklagten hinsichtlich der Rücknahme des Fahrzeugs.

    Der Kläger behauptet:

    Bereits die ursprünglich am Fahrzeug vorhandenen Kratzer hätten zu einer Neulackierung der betroffenen Fahrzeugteile zur sach- und fachgerechten Beseitigung derselben erfordert. Durch die erfolgte Politur sei eine Wolkenbildung hervorgerufen worden, deren Beseitigung ebenfalls nur durch eine Neulackierung möglich sei. Eine solche würde dem Fahrzeug jedoch den Charakter eines Neufahrzeuges nehmen. Im Hinblick auf die gefahrenen Kilometer sei eine übliche Nutzungsentschädigung in Höhe von 0,5 % des Kaufpreises pro gefahrene 1.000 km anzurechnen. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung sei eine Strecke von 3.000 km angefallen gewesen, so dass ein Betrag von 479,10 € vom ursprünglichen Kaufpreis in Abzug zu bringen sei. Hinsichtlich der vier Stahlfelgen mit passender Winterbereifung handele es sich um nutzlose Aufwendungen. Die Erstellung des privaten Gutachtens sei im Zuge der Rechtsverfolgung notwendig gewesen.

    Der Kläger beantragt mit der am 21.12.2011 zugestellten Klage sowie dem am 13.02.2012 als zugestellt entgegen genommenen Klageerweiterungsschriftsatz,

    1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 31.460,90 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 07.06.2011 Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs BMW 125 i Coupé mit der Fahrgestell-Nr. ... zu zahlen;

    2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Verzug befinde;

    3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 811,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit Klagezustellung zu zahlen;

    4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.505,35 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit Klagezustellung zu zahlen;

    5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 790,99 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit Zustellung dieses Schriftsatzes zu zahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte behauptet:

    Im Rahmen der nach Überlassung des Fahrzeugs am 11.07.2011 durchgeführten Arbeiten seien etwaig vorhandene Lackmängel vollständig beseitigt worden. Zum Zeitpunkt der Rückgabe des Fahrzeugs am 13.07.2011 sei dieses mängelfrei gewesen. Die vom Kläger gerügten Erscheinungen im Lackbild seien nicht erkennbar, sie stellten weder zum Zeitpunkt des Rücktritts noch zum Zeitpunkt 20.09.2011 einen Mangel dar. Für den Fall eines Rücktritts sei eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 0,67 % des ursprünglichen Kaufpreises pro gefahrene 1.000 km anzusetzen. Eine Erstattungsfähigkeit der nach erklärtem Rücktritt erst erworbenen Aufwendungen für Winterreifen komme nicht in Betracht.

    Das Gericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme des Fahrzeugs. Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2012 (Bl. 84 ff. d. A.) Bezug genommen. Das Gericht hat ferner Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 05.03.2012 durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Insoweit wird Bezug genommen auf das Sachverständigengutachten des Sachverständigen ... vom 06.07.2012 (Bl. 119 ff. d. A.) sowie dessen mündliche Erläuterung gemäß Beweisbeschluss vom 20.08.2012 (Bl. 181 d. A.). Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2012 (Bl. 187 ff. d. A.) verwiesen.

    Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 13.02. und 01.10.2012 verwiesen.

    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

    Die Klage ist überwiegend begründet.

    Der Kläger kann von der Beklagten aufgrund des erklärten Rücktritts vom Kaufvertrag gemäß den §§ 346 Abs. 1 und 2, 323 Abs 1 und 2 Nr. 1, 440, 437 Nr. 2, 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs BMW 125 i Coupé mit der Fahrgestell-Nr. ... Zahlung in Höhe von 29.907,00 € verlangen.

    Aufgrund der eigenen unstreitigen Einlassungen der Parteien steht für das erkennende Gericht zweifelsfrei fest, dass das Fahrzeug bereits bei der Übergabe am 07.06.2011 einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB aufwies, da es Lackkratzer an mehreren Fahrzeugteilen zeigte, die hinsichtlich eines Neuwagens eine Abweichung der Istbeschaffenheit von der vertraglich vorgesehenen Sollbeschaffenheit darstellen. Soweit in der Rechtsprechung anerkannt wird, dass allein das Vorliegen von Transportschäden noch keine Mangelhaftigkeit eines Neuwagens darstellt, gilt dies grundsätzlich nur unter der Voraussetzung, dass diese zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs sach- und fachgerecht in Werksqualität bereits behoben worden sind. Nach den Einlassungen beider Parteien ist davon auszugehen, dass es sich bei den ursprünglichen Kratzern um derartige Transportbeschädigungen handelte, nicht jedoch um Unfallbeschädigungen, die sowohl bei einem Neu- wie auch bei einem Gebrauchtfahrzeug selbst bei fachgerechter Reparatur eine Abweichung von der üblichen, vom Verkäufer berechtigterweise zu erwartenden Beschaffenheit darstellen und deshalb nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB grundsätzlich einen Sachmangel begründen (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 10.10.2007, VIII ZR 330/06; NJW 2008, Seite 53, 54). Von diesem grundsätzlich mangelbegründenden und offenbarungspflichtigen Unfallschäden sind Bagatellschäden abzugrenzen, worunter insbesondere geringfügige Lackschäden fallen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 17.11.2011, I 28 U 109/11). Vorliegend ist nicht festzustellen und sind insbesondere keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die vom Kläger ursprünglich monierten Kratzer über derartige transportbedingte Bagatellschäden hinausgegangen wären.

    Die Übergabe des Fahrzeugs mit diesen unreparierten Bagatellschäden stellt jedoch eine Übergabe eines mangelbehafteten Fahrzeugs dar.
    Der Kläger war gleichwohl aufgrund dieser Umstände noch nicht zum Rücktritt berechtigt, vielmehr hat er der Beklagten grundsätzlich die Möglichkeit der Nacherfüllung einzuräumen.

    Als Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht jedoch fest, dass die der Beklagten insgesamt drei gewährten Möglichkeiten der Nacherfüllung letztlich fehlgeschlagen sind.

    Die am 09.06.2011 gewährte Nacherfüllungsmöglichkeit ist nach übereinstimmender Auffassung der beteiligten Parteien erfolglos geblieben. Auch die durch Überlassung des Fahrzeugs vom 11.07.2011 bis zur Rückgabe am 13.07.2011 gewährte Nachbesserungsmöglichkeit ist fehlgeschlagen. Zwar hat die Bearbeitung der monierten Kratzer offenbar zu einer vordergründigen Beseitigung derselben geführt, kausale Folge der durchgeführten Nachbesserung und Beseitigung ist jedoch das Auftreten einer Wolkenbildung, von Hologrammen und weiteren Kratzern auf mehreren Fahrzeugteilen. Somit war auch die zweite Nachbesserungsmöglichkeit nicht erfolgreich, da die Beklagte zwar die ursprünglich gerügten Mängel im Wesentlichen zu beseitigen vermochte, dies jedoch nur um den Preis des Auftretens weiterer ebenfalls als Mangel einzustufender Folgeerscheinungen. Somit sind bereits vor der Rücktrittserklärung vom 02.08.2011 der Beklagten zwei Nachbesserungsversuche gewährt worden, die letztlich als fehlgeschlagen zu beurteilen sind.

    Zudem liegt in dem Schreiben der Beklagten vom 15.07.2011 eine ernsthafte und endgültige Verweigerung der Nacherfüllung im Sinne des § 440 BGB.

    Zu keinem anderen Ergebnis führt auch der weitere der Beklagten eingeräumte und von dieser nunmehr auch wahrgenommene Nachbesserungsversuch vom 20.09.2011, der zwar eine Verbesserung des Gesamtbildes des Fahrzeugs hervorgerufen hat, ebenfalls jedoch nicht zur Beseitigung der insgesamt gerügten Lackerscheinungen geführt hat.

    Das Fahrzeug war somit auch zum Zeitpunkt 20.09.2011 nach wie vor mangelhaft.

    Aufgrund der Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen ... steht zweifelsfrei fest, dass das streitgegenständliche Fahrzeug auch nach den drei der Beklagten gewährten Nachbesserungsmöglichkeiten Lackerscheinungen aufweist, nämlich Polierränder und Hologramme im Bereich der Motorhaube und des Daches, Lackbeschädigungen (Kratzer) oberhalb der Schlussleuchte und im C-Säulenbereich sowie Hologrammbildungen und Lackbeschädigungen in Form von Kratzern im Bereich des Kofferraumdeckels und des Heckstoßfängers. Die Beseitigung dieser Mängel ist nach den klaren, eindeutigen und widerspruchsfreien Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen nur durch die Durchführung einer Neulackierung des Kofferraumdeckels, der rechten Seitenwand des Daches des Heckstoßfängers und der Motorhaube möglich, zumal sie von den üblichen Gebrauchsspuren eines vergleichbaren Fahrzeugs erheblich abweichen. Dies hat der Sachverständige insbesondere anschaulich dadurch verdeutlicht, dass er das Auftreten der festgestellten Erscheinungen bei einer in halbjährlichen Intervallen sach- und fachgerecht durchgeführten Pflege eines Fahrzeugs über einen erheblichen Zeitraum für vermeidbar ansieht.

    Da somit trotz dreier der Beklagten gewährter Nachbesserungsversuche auch zum Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung das Fahrzeug nach wie vor als mangelhaft einzustufen ist, bleibt das Rücktrittsbegehren des Klägers vom 02.08.2011 nach wie vor berechtigt.

    Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich vorliegend auch nicht um unwesentliche Mängel. Zwar ist der Beklagten zweifelsfrei zuzustimmen, dass die gerügten Lackerscheinungen hinsichtlich ihrer Erkennbarkeit maßgeblich von den herrschenden Witterungsbedingungen abhängig sind. Dies ist insbesondere im Rahmen des vom Gericht selbst durchgeführten Inaugenscheinnahmetermins des Fahrzeugs deutlich geworden. Dieser bei bedeckten Witterungsverhältnissen stattgefundene Termin hat für das Gericht keinerlei erkennbaren Aufschlüsse über die Beschädigung im Lackbereich des streitgegenständlichen Fahrzeugs gebracht, insbesondere war ein Abgleich mit den aus dem vorliegenden Privatgutachten ersichtlichen Beschädigungsphänomen nicht möglich. Diese maßgebliche Abhängigkeit von den herrschenden Lichtverhältnissen hat auch der gerichtlich bestellte Sachverständige ... im Rahmen seiner mündlichen Erläuterung ausdrücklich bestätigt. Maßgeblich für das Vorliegen eines Mangels ist jedoch nicht, dass dieser zu jeder Zeit auch unter allen erdenklichen Gesichtspunkten erkennbar ist, ausreichend ist vielmehr, dass jedenfalls auch unter üblichen normalen Bedingungen, worunter auch üblicherweise zumindest zeitweise herrschende Witterungsbedingungen in Form von Sonnenschein gehören, die vom Kläger gerügten Lackerscheinungen sehr wohl auch für Jedermann optisch wahrnehmbar sind, ohne dass es besonderer weiterer Hilfsmittel bedürfte.

    Wie der gerichtlich bestellte Sachverständige ... weiter ausgeführt hat, ist eine Beseitigung dieser Erscheinungen nur durch eine partielle Neulackierung möglich. Die Durchführung einer solchen Neulackierung der am vorliegenden streitgegenständlichen Fahrzeug betroffenen Teile würden an demselben jedoch zu einem Verlust der Eigenschaft der Fabrikneuheit führen, womit die Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs ebenfalls weiter begründet wäre.

    Eine sach- und fachgerechte Beseitigung der gerügten Mängel wäre daher nur um den Preis des Verlustes der Eigenschaft der Fabrikneuheit möglich gewesen, so dass der Kläger berechtigterweise die Durchführung einer Neulackierung abgelehnt hat. Nach der Rechtsprechung gehört die Fabrikneuheit zu den nach § 434 Abs. 1 BGB geschuldeten Beschaffenheiten eines Neuwagens (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.1980, VIII ZR 185/79; BGH, Urteil vom 15.10.2003, VIII ZR 227/02). Fabrikneu sind danach nur solche Fahrzeuge, die aus neuen Materialien hergestellt und abgesehen von der Überführung ungenutzte Fahrzeuge sind, wenn und solange das Modell dieses Fahrzeugs unverändert weitergebaut wird, es keine durch längere Standzeiten bedingten Mängel aufweist, zwischen Herstellung und Kaufabschluss nicht mehr als 12 Monate liegen und wenn nach seiner Herstellung keine erheblichen Beschädigungen eingetreten sind, auch wenn sie vor Auslieferung an den Käufer nachgebessert wurden. Hiernach sind als Neuwagen verkaufte Pkw, die nach Verlassen des Herstellerwerks nicht ganz unerhebliche Lackschäden erlitten haben, auch dann nicht mehr fabrikneu, wenn die Schäden vor Übergabe durch Neulackierung ausgebessert worden sind (vgl. BGH, a. a. O.). anders nur, soweit es sich um geringfügige Lackschäden handelt, die fachgerecht beseitigt wurden (vgl. hierzu OLG Hamm, Urteil vom 20.04.1998, 32 U 159/97; OLG München, Urteil vom 25.03.1998, 30 U 598/97).

    Unter Berücksichtigung dieser Kriterien wäre im vorliegenden Falle durch eine Neulackierung die Grenze der Geringfügigkeit eines Lackschadens zweifelsfrei überschritten, da sowohl der Kofferraumdeckel, die rechte Seitenwand, das Dach, der Heckstoßfänger und die Motorhaube hätten neu lackiert werden müssen. Bereits die Auflistung dieser neu zu lackierenden Teilflächen verdeutlicht, dass vom Gesamtbild des Fahrzeugs ein ganz erheblicher Bereich – vorliegend mehr als die Hälfte der sichtbaren Fahrzeugfläche – von einer entsprechenden Neulackierung betroffen gewesen wäre.

    Nachdem der Kläger vorliegend der Beklagten drei Gelegenheiten zur Nachbesserung gegeben hat, war eine weitere Nacherfüllungsaufforderung mit Fristsetzung nicht mehr erforderlich, insbesondere ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte bereits nach dem zweiten Nachbesserungsversuch eine weitere Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigerte, so dass die Voraussetzungen nach § 440 Satz 1 BGB vorlagen.

    Der Kläger hat daher mit Schriftsatz vom 02.08.2011 berechtigterweise den Rücktritt erklärt und diesen auch zum Schluss der mündlichen Verhandlung weiter aufrecht erhalten.

    Im Hinblick auf den Rücktritt sind die gewährten Leistungen grundsätzlich zurückzugewähren. Aufgrund der Regelung des § 346 Abs. 1 BGB hat sich der Kläger vorliegend jedoch gezogene Nutzungsvorteile aus der Weiterverwendung des Fahrzeugs anrechnen zu lassen. Entgegen der Auffassung des Klägers sind diese nicht lediglich mit 0,5 % des Kaufpreises pro gefahrene 1.000 km anzusetzen, sondern mit einem Betrag in Höhe von 0,67 % des Kaufpreises pro gefahrene 1.000 km (vgl. OLG Rostock, Urteil vom 19.02.1997, 6 U 316/96; Saarländische Oberlandesgericht, Urteil vom 22.02.2011, 4 U 557/09). Aufgrund des unstreitigen Kaufpreises von 31.940,00 € ergibt dies somit pro gefahrene 1.000 km einen Betrag in Höhe von 214,00 €. Unter Zugrundelegung des zum Schluss der mündlichen Verhandlung unstreitig vorliegenden Kilometerstandes von 9.500 km ergibt sich somit ein Betrag in Höhe von 2.033,00 €. Diesen Betrag hat sich der Käufer als gezogene Nutzungen anrechnen zu lassen, so dass vom Kaufpreis nur ein Restbetrag in Höhe von 29.907,00 € (31.940,00 – 2.033,00) zurückzuerstatten ist.

    Soweit der Kläger darüber hinaus die Erstattung aufgewendeter 811,00 € für einen Satz Winterreifen sowie einen Reifenpiloten von der Beklagten verlangt, steht ihm dieser Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu, insbesondere nicht über die §§ 994, 677 ff. BGB.
    Zunächst ist zu berücksichtigen, dass der Kläger diese Aufwendungen erst zu einem Zeitpunkt getätigt hat, als er gegenüber der Beklagten bereits den Rücktritt erklärt hatte. Allein aufgrund dieser Tatsache kommt bereits ein Anspruch unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht in Betracht, da ein entsprechender hypothetischer Wille der Beklagten nicht erkennbar ist.

    Da der Kläger die Aufwendungen auch nicht im Interesse der Beklagten getätigt hat, sondern vorwiegend im eigenen Interesse, nämlich dem Interesse der Weiternutzung des Fahrzeugs scheidet auch ein Anspruch über §§ 994, 677 BGB aus. Zwar ist dem Kläger insoweit zuzustimmen, dass er aufgrund der straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen gehalten war, das Fahrzeug in den Wintermonaten nur mit einer wintertauglichen Bereifung im Straßenverkehr zu führen. Gleichwohl ist diese Weiterbenutzung des Fahrzeugs den eigenen Interessen des Klägers geschuldet, so dass auch die Voraussetzungen der §§ 679 und 680 BGB nicht vorliegen. Da der Kläger zum Zeitpunkt des Erwerbs des Reifensatzes bereits die Rücktrittserklärung gegenüber der Beklagten ausgesprochen hatte, oblag ihm auch unter Schadensminderungsgesichtspunkten bei der entsprechenden wintertauglichen Ausstattung des Fahrzeugs, den nach seinen eigenen Vorstellungen kaum über eine Winterperiode hinausgehend verbleibenden Nutzungszeitraum des Fahrzeugs zu berücksichtigen. Insoweit war dem Kläger insbesondere die Anzeige gemäß § 681 BGB gegenüber der Beklagten abzuverlangen, um dieser die Anschaffung und Bereitstellung gebrauchter Felgen und eines kostengünstigeren Reifensatzes zu ermöglichen.

    Schließlich hat der Kläger auch nicht dargelegt, dass ihm die Weiternutzung der erworbenen Reifen auf einem Nachfolgefahrzeug nicht möglich sei oder auch eine Veräußerung derselben für ihn nicht in Betracht gezogen werden könne.

    Ein diesbezüglicher Ersatzanspruch ist dem Kläger daher unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zuzubilligen.

    Dem Kläger ist jedoch gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 433 BGB ein Schadenersatzanspruch in Höhe von 790,99 € zuzusprechen. Der Kläger durfte insbesondere im Hinblick auf das Verhalten der Beklagten im Zuge der durchgeführten Nachbesserungstermine sich sachverständiger Hilfe bedienen. Der insoweit unstreitig aufgewandte Betrag ist dem Kläger daher seitens der Beklagten zu erstatten.

    Der Kläger hat darüber hinaus gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 433 BGB Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich aufgewendeter Rechtsanwaltskosten. Der Schadenersatzanspruch ist jedoch insoweit der Höhe nach gemäß § 249 BGB durch die notwendigen Kosten begrenzt. Vorliegend ist im Rahmen der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten vom Kläger weder dargelegt noch aus dem geschilderten Sachverhalt auch nur vom Ansatz her ersichtlich, dass eine von der Mittelgebühr in Höhe von 1,3 gemäß den §§ 13, 14 RVG Nr. 2300 VV RVG abweichender Gebührenansatz gerechtfertigt sein könnte. Dem Kläger sind daher vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten aus einem Streitwert bis 35.000,00 € unter Ansatz einer 1,3er Gebühr gemäß §§ 13, 14 RVG Nr. 2300 VV RVG sowie dem Ansatz einer Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 € nach Nr. 7002 VV RVG und der Gewährung einer 19 %igen Mehrwertsteuer nach Nr. 7008 VV RVG zuzusprechen. Dies ergibt insgesamt einen Betrag in Höhe von 1.307,80 €. Darüber hinausgehende Ansprüche auf vorgerichtlich aufgewendete Rechtsanwaltskosten stehen dem Kläger hingegen nicht zu.

    Der Kläger hat schließlich gemäß § 256 ZPO in Verbindung mit § 294 BGB einen Anspruch auf Feststellung des Vorliegens des Annahmeverzugs der Beklagten. Der Kläger hat der Beklagten das streitgegenständliche Fahrzeug tatsächlich zur Rücknahme angeboten, dieses Angebot hat die Beklagte unberechtigterweise abgelehnt. Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs sind damit seit dem tatsächlichen Angebot am 01.09.2011 gegeben.

    Die Nebenentscheidungen folgen aus dem Gesichtspunkt des Verzugs (§§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 2, 288, 291 i.V.m. 247 BGB).

    Hinsichtlich der Rückzahlung des Kaufpreises besteht Verzug der Beklagten seit dem tatsächlichen Angebot des streitgegenständlichen Fahrzeugs am 01.09.2011. Ein früherer Verzugszeitpunkt ist seitens des Klägers nicht dargelegt.

    Hinsichtlich der geltend gemachten Sachverständigenkosten ist nach der Entgegennahme des Klageerweiterungsschriftsatzes am 13.02.2012 als zugestellt seit diesem Tag eine Verzinsung auszusprechen. Prozesszinsen bezüglich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind aufgrund der Klagezustellung am 21.12.2011 ab diesem Tag von der Beklagten geschuldet.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Hiernach waren die Kosten entsprechend des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens von den Parteien zu tragen. Die eigene Kostenquote des Klägers resultiert daher aus dem Teilunterliegen hinsichtlich des anzurechnenden Betrags hinsichtlich der gezogenen Gebrauchsvorteile durch die Nutzung des Pkws sowie der Klageabweisung bezüglich der für den Winterreifensatz aufgewendeten Kosten.

    Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO. Hiernach war das Urteil für den Kläger gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, wo hingegen dem Kläger hinsichtlich der Vollstreckung der Beklagten eine Abwendungsmöglichkeit einzuräumen war.

    Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 39 ff. Gerichtskostengesetz in Verbindung mit § 3 ZPO bis zum 08. Februar 2012 auf 32.371,90 € und ab dem 09. Februar 2012 auf 33.062,89 € festgesetzt.

    Neben den bezifferten Klageanträgen zu 1), 3) und 5) war für den Klageantrag zu 2) ein Betrag in Höhe von 100,00 € zu berücksichtigen, der den durch die Feststellung des Annahmeverzugs ersparten Aufwendungen entspricht. Die im Klageantrag zu 4) geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten waren demgegenüber bei der Streitwertbemessung nicht zu berücksichtigen, da es sich insoweit um nicht streiterhöhende Nebenforderung handelt.

    Nach alledem war – wie geschehen – zu entscheiden.