05.06.2013 · IWW-Abrufnummer 131796
Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 20.02.2013 – 13 U 162/09
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 25.8.2009 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Bonn (13 O 187/08) abgeändert.
Die Beklagte wird unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an die C GmbH, I xxx, N, einen Betrag von 47.518,16 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.7.2008 zu zahlen sowie den Kläger von außergerichtlichen, nicht auf die Verfahrensgebühr des vorliegenden Prozessverfahrens anrechenbaren Kosten in Höhe von 2.139,86 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 10.7.2008 freizustellen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 10 % und die Beklagte zu 90 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
I.
Der Kläger verlangt im eigenen Namen die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein fabrikneues Kfz C2. Dieses Fahrzeug bestellte der Kläger am 18.4.2006 bei der Beklagten (GA 55 ff.). Diese bestätigte den Auftrag am 19.4.2006 (GA 59 ff.). Mit dem Abschluss des vom Kläger zur Finanzierung – wie beabsichtigt – abgeschlossenen Leasingvertrages mit der C GmbH vom 18.4.2006 trat der Leasinggeber gemäß der Vereinbarung der Kaufvertragsparteien in den zwischen ihnen geschlossenen Kaufvertrag ein. Die erwerbende Leasing-Gesellschaft zahlte an die Beklagte einen Kaufpreis von 73.431,16 €. Der Kläger seinerseits entrichtete an die Leasing-Gesellschaft bis zur vertragsgemäßen Rückgabe des im Juni 2006 erstmals zugelassenen Fahrzeugs im Juni 2009 die vereinbarten Leasingraten. In den AGB des Leasinggebers, auf die im Übrigen ergänzend Bezug genommen wird, heißt es in dem Abschnitt VIII „Ansprüche und Rechte bei mangelhaftem Fahrzeug“:
„Der Leasinggeber tritt sämtliche Ansprüche hinsichtlich Sachmängeln gegen den Lieferanten des Leasing-Fahrzeuges an den Leasingnehmer ab. Dem Leasinggeber steht aus dem mit dem Lieferanten geschlossenen Kaufvertrag nach näherer Bestimmung der §§ 437 ff. BGB in Verbindung mit den Verkaufsbedingungen, die dem Leasingnehmer zusammen mit der Fahrzeugbestellung ausgehändigt werden, das Recht zu,
- Nacherfüllung zu verlangen,
- von dem Kaufvertrag zurückzutreten oder
- den Kaufpreis zu mindern,
- Schadensersatz oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen zu verlangen.
Der Leasingnehmer nimmt die Abtretung an. Er ist berechtigt und verpflichtet, die ihm abgetretenen Ansprüche und Rechte im eigenen Namen mit der Maßgabe geltend zu machen, dass beim Rücktritt vom Kaufvertrag oder Herabsetzung des Kaufpreises etwaige Zahlungen des Verkäufers direkt an den Leasinggeber zu leisten sind.
Erklärt der Leasingnehmer aufgrund eines Sachmangels am Fahrzeug den Rücktritt und ist der Lieferant zur Rückabwicklung bereit oder wird er hierzu rechtskräftig verurteilt, entfällt die Verpflichtung des Leasingnehmers zur Zahlung von Leasingraten.“
Der Kläger, der das Fahrzeug nach Ablauf der 36-monatigen Leasingzeit mit einer Laufleistung von 123.515 km an die Beklagte zurückgegeben hat, macht Mängel geltend. Er hat behauptet, das Fahrzeug sei von Anfang an mit einer unzureichenden Batteriekapazität ausgestattet gewesen. Deshalb sei es, vermehrt im Winter und im Zusammenhang mit dem Einsatz der Standheizung, im Übrigen aber unabhängig von den wechselnden Einsatzbedingungen des Fahrzeugs und auch im Zuge von Langstreckenfahrten zu häufigen vollständigen Entleerungen der Batterie und in deren Folge zu Startschwierigkeiten und zur vollständigen Abschaltung elektrischer Systeme gekommen. Deshalb sei es unter anderem häufig erforderlich gewesen, die Uhr und das Radio immer wieder neu zu programmieren.
Die Beklagte hat demgegenüber behauptet, dass die Ausfälle auf das besondere Nutzungsverhalten des Klägers zurückzuführen seien. Ein Fahrzeug mit einer solch umfangreichen Sonderausstattung und einer Reihe energieintensiver Zusatzgeräte – insbesondere der hier vorhandenen Standheizung – könne aus technischer Sicht nicht anders beschaffen sein. Es entspreche daher dem Stand der Technik zum Zeitpunkt des Kaufs und eigne sich für die gewöhnliche Verwendung.
Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachverhalts, der dort gestellten Anträge und der Begründung seiner Entscheidung verwiesen wird, hat die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens abgewiesen. Gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen U vom 12.6.2009 (GA 122 ff.) hat es ausgeführt, dass die Entleerung der Batterie nicht als Mangel des Fahrzeugs, sondern als physikalisch-chemische Gesetzmäßigkeit einzustufen sei, die unvermeidlich sei. Der Kläger habe nicht eine stets funktionsfähige Batterie auch bei extremen Einsatzbedingungen, sondern nur erwarten können, dass der Hersteller des Fahrzeugs Maßnahmen ergriffen habe, die vorzeitige Entladung der Batterie zu minimieren. Das sei aber im vorliegenden Fall mit dem gestuften Herunterfahren der Bordsysteme geschehen. Letztlich gebe es keine allgemein anerkannte Lösung des Problems, so dass davon auszugehen sei, dass das Fahrzeug und seine Batteriekapazität dem Stand der Technik entspreche und deshalb ein Mangel im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB nicht vorliege.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner in zulässiger Weise erhobenen Berufung, mit der er geltend macht, dass die Annahme des Landgerichts, der Hersteller des Fahrzeugs habe die ihm möglichen Maßnahmen zur Verhinderung einer Batterieentladung ergriffen, fehlerhaft sei. Tatsächlich sei es möglich gewesen, durch den Einbau einer stärkeren oder einer zweiten Batterie oder durch die Nutzung von Solarenergiezellen, den Einbau einer stärkeren Lichtmaschine oder durch einen wirksamen Tiefentladeschutz den Batterieausfall und die Startschwierigkeiten zu vermeiden. Die ständige, einen störungsfreien Gebrauch des Fahrzeugs verhindernde Entladung der in dem streitgegenständlichen Pkw eingebauten Batterie könne daher nicht einfach als physikalisch-chemische Gesetzmäßigkeit angesehen werden, sondern stelle einen zur Rückabwicklung berechtigenden Mangel dar. Letztlich käme es auf die Frage, ob das Fahrzeug in der ausgelieferten Form dem Stand der Technik entspreche, nicht einmal an. Die störungsfreie Nutzung des Fahrzeugs auch mit der konkreten Sonderausstattung sei konkludent Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien gewesen. Auf Einschränkungen in der Nutzung und den Nutzungsmöglichkeiten des Fahrzeugs bei Gebrauch der Standheizung hätte die Beklagte ihn zudem hinweisen müssen.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung zu verurteilen, an die C GmbH, I xxx, N, zu seinen Händen (und hilfsweise ohne diesen Zusatz) einen Betrag von 50.756,54 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.6.2006 zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 2.250,01 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.6.2006 zu zahlen,
3. den Kläger von außergerichtlichen nicht auf die Verfahrensgebühr des vorliegenden Prozessverfahrens anrechenbaren Kosten in Höhe von 3.165,40 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres Sachvortrags, hält das Fahrzeug nach wie vor für mangelfrei und stellt die Vereinbarung einer bestimmten Beschaffenheit in Abrede. Hilfsweise beruft sie sich für den Fall einer Rückabwicklung darauf, dass bei der Berechnung der Nutzungsentschädigung von einer Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von nicht mehr als 250.000 km auszugehen sei.
Der Senat hat durch Einholung von Sachverständigengutachten Beweis erhoben. Wegen der Beweisfragen wird auf die Beweisbeschlüsse vom 19.5.2010 (GA 242 f) und vom 24.4.2012 (GA 385 f) Bezug genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gutachten des Sachverständigen T vom 27.2.2011 (GA 271 ff.), die sich darauf beziehenden ergänzenden Stellungnahmen vom 15.6.2011 (GA 323 ff.) und vom 18.8.2011 (GA 345 ff.) sowie auf das Gutachten vom 31.7.2012 (GA 398 ff) nebst ergänzender Stellungnahme vom 23.10.2012 (GA 430 f) verwiesen.
Im Übrigen wird ergänzend auf das sonstige schriftsätzliche Vorbringen der Parteien und die von ihnen zu den Akten gereichten Urkunden Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache im Wesentlichen Erfolg. Die Beklagte ist zur Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 18./19.04.2006 verpflichtet, denn das vom Kläger erworbene Fahrzeug war zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs mit einem Mangel im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB behaftet. Da auch die weiteren Rücktrittsvoraussetzungen vorliegen, ist die Beklagte gemäß §§ 346 Abs. 1, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB zur Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises unter Anrechnung der Gebrauchsvorteile verpflichtet, und zwar gemäß dem Hilfsantrag des Klägers nicht an ihn selbst oder zu seinen Händen, sondern an die C GmbH. Dabei kann offenbleiben, ob das Fahrzeug in dem verkauften Zustand zur Zeit des Vertragsschlusses dem (damaligen) Stand der Technik entsprach, denn die Parteien haben konkludent vereinbart, dass es mit der vom Kläger bestellten und an ihn gelieferten Sonderausstattung ohne Einschränkungen fahrbereit und funktionsfähig ist. Im Einzelnen:
1.
Nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. In dieser Variante der Vorschrift kommt es für das Vorliegen eines Sachmangels allein darauf an, ob eine bestimmte Beschaffenheit Gegenstand der – ausdrücklichen oder konkludenten – Vereinbarung der Parteien war. Auf den allgemeinen Qualitätsstandard, die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik oder alternativ darauf, ob die Sache sich für die gewöhnliche Verwendung (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB) eignet, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
Vereinbart ist die Beschaffenheit, wenn der Inhalt des Kaufvertrages – von vorneherein oder nachträglich – die Pflicht des Verkäufers bestimmt, die gekaufte Sache in dem Zustand zu übereignen und zu übergeben, wie ihre Beschaffenheit im Vertrag festgelegt ist (Palandt/Weidenkaff, BGB, 72. Auflage 2013, § 434 BGB, Rdn. 15). Der Begriff der Beschaffenheit umfasst die der Sache anhaftenden Eigenschaften. Um die Vereinbarung einer Beschaffenheit handelt es sich schon dann, wenn die Beschaffenheit beschrieben ist und diese Beschreibung vom Inhalt des Vertrages umfasst ist. Ob in den Fällen des Erwerbs neuer Kfz Basis-Eigenschaften wie Verkehrssicherheit, Funktionstauglichkeit und Haltbarkeit Bestandteil der Vereinbarung sind, ist durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln (zur Beschaffenheitsvereinbarung beim Kauf fabrikneuer Kfz allgemein Reinking/Eckart, Der Autokauf, 11. Auflage 2012, Rdn. 416 ff.; Münchener Kommentar/Westermann, Kommentar zum BGB, Bd. 3, 6. Auflage 2012, § 434 BGB Rdn. 16 ff.). Nicht erforderlich ist ein besonderer Einstandswille des Verkäufers, wie er für die Zusicherung nach § 463 BGB a. F. verlangt wurde; andererseits reicht eine einseitige Beschreibung seitens des Verkäufers nicht aus. Für die Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung ist es ausreichend, wenn der Käufer seine Erwartungen an die Kaufsache formuliert und der Verkäufer darauf zustimmend reagiert. Das kann auch konkludent geschehen und wird insbesondere dann der Fall sein, wenn es sich bei dem Verkäufer um einen Fachmann handelt, der die geäußerten Vorstellungen des Käufers von bestimmten Eigenschaften und Umständen widerspruchslos stehen lässt (BGH NJW 2009, 2807; OLG Karlsruhe NJW-RR 2008, 1735; Münchener Kommentar /Westermann, a. a. O., Rdn. 16).
Im vorliegenden Fall hat der Kläger unwidersprochen vorgetragen, das Fahrzeug im Zuge der Kaufverhandlungen mit der Beklagten in Absprache mit dem für die Beklagte handelnden Verkäufer mit den Zusatzausstattungen, insbesondere der Standheizung, konfiguriert zu haben. Dass er damit konkludent die Erwartung zum Ausdruck bringen wollte und gebracht hat, dass das Fahrzeug für eine gemischte, aber auch durchaus intensive Nutzung uneingeschränkt einsatzfähig sein würde, liegt unter den gegebenen Umständen - nämlich dem Kauf eines hochpreisigen Pkw eines Premiumherstellers, der Wahl einer Vielzahl von zusätzlichen Ausstattungskomponenten mit teilweise hohem Verbrauch elektrischer Energie – nach Auffassung des Senats auf der Hand. Gerade durch die Auswahl der zahlreichen, angebotenen Zusatzkomponenten im Zuge eines ersichtlich auch auf eine fachliche Beratung über die Konfiguration gestützten Verkaufsgesprächs brachte der Kläger in einer für den zuständigen Mitarbeiter der Beklagten auch ohne Weiteres erkennbaren Weise zum Ausdruck, dass er mit Hinweisen auf Einschränkungen der Gebrauchstauglichkeit rechne (und auf diese auch angewiesen war), wenn die von ihm gewünschte Vollausstattung mit Einschränkungen der Nutzbarkeit „erkauft“ werden musste.
Mit der einverständlichen Aufnahme aller vom Kläger gewünschten Zusatzkomponenten in die Ausstattungsliste des Fahrzeugs und der damit korrespondierenden Bestätigung des Auftrags vom 19.4.2006 (GA 59 ff.) hat die Beklagte auf diese konkludent zum Ausdruck gebrachte Erwartung des Klägers in der nach der Rechtsprechung für die Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung erforderlichen Weise zustimmend reagiert.
Das gilt umso mehr, als die Beklagte – entsprechend den Vorgaben des Herstellers – offenbar selbst davon ausgegangen ist, dass eine vollständige Entleerung der Fahrzeugbatterie – allerdings auch dann nur mit der Folge des Abschaltens der Stromverbraucher, nicht aber mit der dann tatsächlich häufiger eingetretenen Folge, dass das Fahrzeug ohne fremde Hilfe nicht mehr gestartet werden konnte – nur dann auftreten konnte, wenn die Standheizung der Bedienungsanleitung zuwider ohne zwischenzeitliche Aufladung zweimal eingeschaltet wurde. Das ergibt sich aus der zum Stichwort „Standlüftung/Heizung“ von der Beklagten selbst auszugsweise zitierten Bedienungsanleitung des Fahrzeugs (S. 5 des Schriftsatzes der Beklagten vom 21.08.2008; GA 47 ff.). Daraus wiederum ergibt sich, dass die beim Kläger während der Nutzungszeit aufgetretenen Probleme von der Beklagten – auf der Grundlage der ihr vom Hersteller zur Verfügung gestellten Informationen – als ausgeschlossen angesehen wurden, auf ihrer Seite also auch keine Bedenken bestanden, auf die vom Kläger hinsichtlich der Funktionsfähigkeit mit der Wahl der Zusatzkomponenten konkludent geäußerte Erwartung zustimmend zu reagieren.
2.
Nach den Feststellungen des vom Landgericht beauftragten Sachverständigen Thamm und des aufgrund des Beweisbeschlusses des Senats tätig gewordenen Sachverständigen T entsprach das an den Kläger ausgelieferte Fahrzeug dieser Vereinbarung nicht. Der Sachverständige Thamm hat zunächst festgestellt, dass das Ladesystem des Fahrzeugs als solches einwandfrei arbeitete. Die Überprüfung der elektrischen Anlage habe ergeben, dass Ladestrom und Ladespannung als solche beanstandungsfrei gewesen seien; ein „unautorisierter Stromverbraucher“ sei nicht vorhanden gewesen. Diese Feststellung deckt sich mit der des Sachverständigen T, nach der die „Ladebilanz“ des Fahrzeugs des Klägers die an sie gestellten Anforderungen erfüllt habe; die Lichtmaschine sei in der Lage gewesen, schon im Leerlauf die zum Betrieb des Fahrzeugs erforderlichen Verbraucher zu versorgen. Auch nach den Untersuchungen des Sachverständigen T haben sich keine Anhaltspunkte für einen planwidrigen Abfluss elektrischer Energie ergeben.
Der Sachverständige U hat aber weiter festgestellt, dass ein ordnungsgemäßer Betrieb des Fahrzeugs nur unter ganz speziellen, den Vereinbarungen der Parteien nicht entsprechenden Bedingungen möglich war. Er hat ausgeführt, dass der hohe Stromverbrauch der Standheizung nur durch einen entsprechenden Betriebseinsatz des Fahrzeugs, also seine Benutzung nur unter ganz bestimmten Bedingungen, kompensiert werden könne. Als Faustregel hat er angegeben, dass die Standheizungsbetriebszeiten nur dann nicht zu einem Entleeren der Batterie und damit zwangsläufig zur Störung des Gebrauchs des Fahrzeugs führten, wenn die nachfolgende Fahrtzeit des Pkw der Standheizungsbetriebszeit zumindest entspreche. Sofern das nicht beachtet werde, sei mit Minderkapazitäten der elektrischen bzw. elektronischen Anlage des Pkw und damit mit Betriebsausfällen zu rechnen.
Der Sachverständige T hat auf der Grundlage einer Auswertung der von der Beklagten zur Verfügung gestellten Reparaturhistorie des Fahrzeugs bestätigt, dass die vom Kläger gerügten Probleme mit der Elektrik des Fahrzeugs tatsächlich aufgetreten seien. Es sei auch nicht auszuschließen, dass sie mit Phasen eines intensiven Kurzstreckenbetriebs im Zusammenhang stünden, auch wenn die unstreitig hohe Kilometer-Leistung Veranlassung zu der Vermutung gebe, dass selbst im Langstreckenbetrieb kein störungsfreier Betrieb möglich gewesen sei. Der Sachverständige T hat weiter festgestellt, dass es für verschiedene auf dem deutschen Markt angebotene Fahrzeugmodelle die Möglichkeit gegeben habe, eine zweite Batterie einzubauen, um den beim Kläger aufgetretenen Entladungsproblemen zu begegnen. Bei dem Fahrzeug des Klägers habe diese Möglichkeit nicht bestanden. Genauere Aussagen zu Fahrzeugen, die in jeder Hinsicht (Alter, Preisklasse, Ausstattung, Größe des Innenraums usw.) mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug vergleichbar seien, seien allerdings mit praktisch vertretbarem Aufwand nicht zu treffen.
Damit steht fest: Das Fahrzeug des Klägers entsprach nicht dem Inhalt der – konkludent zustande gekommenen – Vereinbarung der Parteien und war damit mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB. Das betraf auch den Normalbetrieb. Schon nach dem hohen Kilometerstand (mehr als 120.000 Kilometer) bei Rückgabe des Fahrzeugs nach einer nur ca. dreijährigen Nutzung kann ausgeschlossen werden, dass die Behauptung der Beklagten zu einem vom Üblichen abweichenden Nutzungsverhalten (extrem vom üblichen Nutzungsverhalten abweichender ausschließlicher Kurzstreckenbetrieb) des Klägers zutrifft. Auch aus der vom Sachverständigen T ausgewerteten Reparaturhistorie des streitgegenständlichen Fahrzeugs, die von der Beklagten erstellt wurde, ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für die Richtigkeit der dahin gehenden Behauptung der Beklagten. Keine Anhaltspunkte ergeben sich ferner für die – im Übrigen allerdings vom Sachvortrag der Beklagten auch nicht gestützte – Annahme, dass der Kläger die Standheizung entgegen der Anweisung in der Bedienungsanleitung mehrfach hintereinander in Gang gesetzt haben könnte, ohne das Fahrzeug zwischenzeitlich mit dem Ziel des Aufladens der Batterie zu bewegen.
Auch die übrigen Voraussetzungen für die Wirksamkeit des – vom Kläger mehrfach, nämlich mit Anwaltsschreiben vom 04.06.2007 und in der Klageschrift ausdrücklich, mit dem Zug-um-Zug Antrag in der mündlichen Verhandlung vom 28.10.2008 konkludent erklärten – Rücktritts liegen vor. Insbesondere bedurfte es in Anbetracht des vorgerichtlichen und des prozessualen Bestreitens der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs, das als endgültige Erfüllungsverweigerung der Beklagten im Sinne von § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu werten ist, keiner weiteren Fristsetzung zur Nachbesserung mehr.
3.
Aufgrund des wirksamen Rücktritts hat der Kläger, Zug um Zug gegen die - bereits erfolgte – Rückgabe des Fahrzeugs an die Beklagte, einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich eines Gebrauchsvorteils für die gezogenen Nutzungen. Als Kaufpreis zu Grunde zu legen ist der Betrag von 73.431,16 €, den die Beklagte nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Parteien von der Leasinggesellschaft erhielt. Auf seine Erstattungsforderung hat sich der Kläger, wovon er selbst ausgeht, den Wert gezogener Gebrauchsvorteile anrechnen zu lassen (§ 346 BGB). Die Höhe der Nutzungsvergütung bemisst sich nach dem Umfang der tatsächlichen Nutzung im Verhältnis zur voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer des Fahrzeugs. Zu vergüten ist derjenige Teil des Fahrzeugwerts, der dem Anteil der Nutzungsdauer durch den Käufer an der voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer entspricht (lineare Teilwertabschreibung). Die tatsächliche Laufleistung des Fahrzeugs bei Rückgabe nach Ablauf der Leasingzeit lag bei 123515 km.
Die Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs ist nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme mit 350000 km zu veranschlagen. In der Rechtsprechung hat sich zwar in der Vergangenheit ein Satz von 0,67% des Kaufpreises je gefahrener 1000 km verfestigt. Die dem zu Grunde liegende Annahme einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung von 150000 km entspricht jedoch je nach Fahrzeugtyp nicht mehr der wirklichen Lebensdauer eines Fahrzeugs, wie das Gutachten des Sachverständigen T nebst ergänzender Stellungnahme ergeben hat. Danach haben vom Sachverständigen durchgeführte und nach seiner eigenen, mit Fachkollegen abgeglichenen Erfahrung und Bewertung zu plausiblen Ergebnissen führende Marktbeobachtungen ergeben, dass Fahrzeuge mit einer Laufleistung von mehr als 280000 km „nicht selten“ vorkommen (wie der Sachverständige mit Verweis auf die Schwackeliste festgestellt hat; S. 5 seines Gutachtens vom 31.7.2012 – GA 402) und auch solche von 400.000 km „nicht ausgeschlossen“ sind (S. 8 seines Gutachtens vom 31.7.2012 - GA 405). Der Senat nimmt eine maßgebliche Laufleistung von 350000 km an (§ 287 ZPO), die in etwa im mittleren Bereich der vom Sachverständigen angegebenen, soeben angeführten Grundwerte liegt. Sie stellt nach den Angaben des Sachverständigen keine absolute Ausnahme mehr dar und ist daher als Schätzungswert trotz der - in Ermangelung eines markengebundenen Händlermarktes jenseits von 200.000 km – eingeschränkten Beurteilungsgrundlage geeignet. Das ergibt nach der der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zugrunde liegenden Formel (Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer dividiert durch die erwartete Gesamtlaufleistung; vgl. zur Berechnungsmethodik im Übrigen Palandt, Kommentar zum BGB, 72. Auflage 2013, § 346 BGB Rdn. 10) eine zu berücksichtigende Nutzungsentschädigung von 25.913 € und damit einen Zahlungsanspruch in Höhe von noch 47.518,16 € (ausgehend von dem Bruttopreis von 73.431,16 €), der von der Beklagten durch Zahlung nicht an den Kläger, sondern mit Rücksicht auf die vertraglichen Vereinbarungen (vgl. Ziffer 2 des Beschlusses des Senats vom 24.4.2012) an die C GmbH zu erfüllen ist.
Daneben hat der Kläger - in gleicher Weise - einen Anspruch auf Rechtsh ängigkeitszinsen (ab dem 10.7.2008) auf die Hauptforderung in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes. Für einen weitergehenden Anspruch (aus Verzug) fehlt es an ausreichendem Sachvortrag.
Außerdem hat der Kläger gemäß § 249 BGB Anspruch auf Freistellung von der Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten für einen Streitwert in Höhe des begründeten Zahlungsanspruchs. Der Anspruch ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes statt der Leistung gemäß §§ 437 Nr. 3, 280, 281 Abs. 1 BGB. Die Inanspruchnahme eines Anwalts war angesichts der Komplexität der Angelegenheit in sachlicher und rechtlicher Hinsicht erforderlich, zweckmäßig und damit erstattungsfähig nach § 249 BGB. Der Anspruch besteht jedoch nur in einer Höhe von 2.139,86 € nebst Prozesszinsen gemäß §§ 288, 291 BGB ab dem 10.7.2008 nach der nachfolgenden Berechnung. Dieser liegt eine vom Senat unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles für angemessen erachtete Gebühr von 1,7 zugrunde (unter Zugrundelegung eines nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dem Rechtsanwalt zustehenden Ermessensspielraums von 0,2). Der Einholung eines Gutachtens der Rechtsanwaltskammer über die Angemessenheit der Vergütung bedarf es hier nicht, weil es sich nicht um einen Streit zwischen Mandant und Anwalt handelt (BFH RVGreport 2006, 20; BVerwG RVGreport 2006, 21; BSG RVGreport 2009, 180; Gerold/Schmidt/Mayer § 14 Rdn. 35; Hartmann § 14 Rdn. 28).
1,7 Geschäftsgebühr §§ 13, 14, Nr. 2300 VV RVG: 1778,20 €
Postpauschale: 20,00 €
Zwischensumme netto: 1.798,20 €
Summe brutto: 2.139,86 €.
4.
Zu Unrecht macht der Kläger einen Anspruch auf Zahlung weiterer 2.250,01 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.6.2006 geltend. Die Aufwendungen, deren Ausgleich der Kläger mit diesem Anspruch verlangt (Zulassungskosten und Kosten für die Anschaffung neuer Winterreifen) sind in Anbetracht der langen Nutzungsdauer nicht als „vergeblich“ einzustufen.
5.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 Satz 2, 711 ZPO.
Ein Grund, die Revision zuzulassen besteht nicht. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO), weil es sich ersichtlich um eine von den Umständen des konkreten Falles abhängige Einzelfallentscheidung handelt.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 53.006,55 €.