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  • 11.02.2015 · IWW-Abrufnummer 143801

    Landgericht Paderborn: Urteil vom 26.11.2014 – 5 S 65/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Paderborn

    5 S 65/14

    Tenor:

    Auf die Berufung der Klägerin wird das am 26.06.2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts Paderborn – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – abgeändert.

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.129,04 € sowie 155,30 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.07.2013 zu zahlen.

    Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 15% und die Beklagte zu 85%. Die Kosten der Berufungsinstanz tragen für den Zeitraum bis zum 26.11.2014 die Klägerin zu 15% und die Beklagte zu 85%. Die Kosten der Berufungsinstanz für den Zeitraum ab dem 26.11.2014 trägt die Beklagte.

    Die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin in erster Instanz tragen die Klägerin zu 15% und im Übrigen die Streithelferin selbst. Die zweitinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Streithelferin trägt für den Zeitraum bis zum 26.11.2014 die Klägerin zu 15%. Im Übrigen trägt die Streithelferin ihre außergerichtlichen zweitinstanzlichen Kosten selbst.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar

    Gründe

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    Von der Darstellung eines Tatbestandes wird nach §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

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    Die zulässige Berufung ist begründet.

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    I.

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    Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 1.129,04 € aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 631 BGB.

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    1. Die Pflichtverletzung im Sinne von § 280 Abs. 1 BGB ist bereits darin zu sehen, dass das außer Betrieb gesetzte Fahrzeug der Klägerin unstreitig in und beim Betrieb der automatischen Waschanlage der Beklagten beschädigt wurde. In Abweichung von der grundsätzlichen Beweislastverteilung ist für Schadensfälle, die sich in einer Waschstraße ereignet haben, anerkannt, dass von der Schädigung auf die Pflichtverletzung des Betreibers geschlossen werden kann, wenn der Geschädigte darlegt und beweist, dass die Schadensursache allein aus dem Verantwortungsbereich des Betreibers herrühren kann. Dieser Anscheinsbeweis kommt jedoch nur dann zum Tragen, wenn feststeht, dass der Schaden nur durch den automatisierten Waschvorgang in der Waschstraße selbst verursacht worden sein kann, also keine andere Schadensursache in Betracht kommt (LG Wuppertal, ZfSch 2013, 437). Der Betreiber der Waschanlage kann den Anscheinsbeweis hinsichtlich seiner Pflichtverletzung erschüttern, indem er nachweist, dass die von ihm betriebene Anlage den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht und er somit er seiner Verkehrssicherungspflicht genügt hat. Dies erfordert den Nachweis, dass er die Anlage so organisiert, betreibt, wartet, kontrolliert und beaufsichtigt hat, wie dies nach dem Stand der Technik möglich und zumutbar ist, um Beschädigungen der Fahrzeuge zu vermeiden (OLG Düsseldorf, NJW-RR 2004, 962).

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    Der vorliegende Schaden ist durch den automatisierten Waschvorgang bewirkt worden; die Schadensursache unterfällt bei wertungsmäßiger Betrachtung dem Verantwortungsbereich des Anlagenbetreibers. Zwar hätte sich der Unfall nicht ereignet, wenn der vorausfahrende Pkw – der bei der Streithelferin haftpflichtversichert war – nicht stehen geblieben wäre. Der Beklagten ist insofern zuzugestehen, dass die eigentliche Schadensursache von dem Führer des vorausfahrenden Fahrzeugs gesetzt wurde. Allerdings ist - zumindest im Außenverhältnis zur Klägerin - das Verhalten des vorangegangenen Fahrers der Beklagten zuzurechnen. Schließlich befinden sich die Fahrzeuge der Anlagenbenutzer während des Waschvorgangs im Leerlauf; von den fremdtransportierten Pkw geht bis zum endgültigen Abschluss des Transportvorgangs keine eigene Betriebsgefahr aus. Während des Transportvorgangs sind die fremdbewegten Pkw quasi Bestandteil der Autowaschanlage.

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    Wird in einer automatischen Autowaschanlage das Fahrzeug eines Benutzers auf das Fahrzeug eines davor befindlichen Benutzers, der die Waschstraße noch nicht verlassen hatte, aufgeschoben, greift der Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Betreibers der Waschstraße ein (so: AG Aachen, DAR 2002, 273; AG Bremen, Urteil vom 23. Januar 2014 – 9 C 439/13 –, juris; vgl. auch AG Köln NJW-RR 2013, 227).

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    2. Das Verschulden der Beklagten wird gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet. Eine Exkulpation der Beklagten, für die sie beweisbelastet ist, gelingt nicht. Bei automatisierten Waschanlagen muss der Betreiber sicher stellen, dass im Falle einer offenkundig gefahrträchtigen Situation die Abschaltung des Laufbands der Anlage sofort erfolgt. Wird also wie im vorliegenden Fall die Ausfahrt durch ein Fahrzeug blockiert, so dass nachfolgende Fahrzeuge die Waschanlage nicht verlassen können, muss die Beklagte ein schnelles Reagieren mittels geeigneter Maßnahmen sicherstellen. Gleiches gilt, sofern ein Fahrzeug in der Waschstraße unverschuldet den Kontakt zur Schleppvorrichtung verliert und also als gefahrenträchtiges Hindernis in der Waschstraße stehen bleibt. An sich wäre zu erwarten, dass eine hochkomplexe technische Anlage über geeignete Sensoren bzw. Lichtschranken verfügt, die bei entsprechenden Impulsen einen Autostopp bewirken. Es kann jedoch dahinstehen, ob derartige Sicherheitsvorkehrungen tatsächlich - wie die Beklagte behauptet - von keinem Hersteller angeboten werden. Sollte ein automatisches Abschalten nach dem Stand der Technik nicht möglich sein, wäre der Betreiber einer automatischen Waschstraße nämlich gehalten den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage fortlaufend per Videoüberwachung oder mittels eines eigens hierfür abgestellten Hilfsmitarbeiters zu überwachen (so: OLG Düsseldorf, NJW-RR 2004, 962). Die entgegen stehende Rechtsprechung des OLG Saarbrücken, NJW-RR 2013, 660, bezieht sich auf Portalwaschanlagen und die Untersuchungspflicht hinsichtlich etwaiger Fremdkörper in den Waschbürsten und ist daher nicht einschlägig.

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    3. Der Höhe nach beläuft sich der Schaden auf Netto-Reparaturkosten von 1.099,04 Euro und 30,00 Euro pauschalen Auslagenersatz.

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    4. Die Klägerin trifft an der Schadensentstehung kein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB). Dieses kann nicht damit begründet werden, dass sie bzw. ihr Ehemann ihren PKW in der Waschanlage nicht abgebremst hat. An der Einfahrt in die Waschanlage ist ein Schild mit dem Gebot "Nicht bremsen" angebracht. Hieran hatte sich die Klägerin zu halten. Zudem ist das Bremsen in der Waschanlage der Beklagten gefahrenträchtig; die hier in Rede stehende Kollision ist gerade dadurch ausgelöst worden, dass der B seinen PKW in der Waschanlage abgebremst hat.

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    Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 BGB.

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    II.

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    Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind gem. §§ 280 Abs. 1, 249 BGB als Aufwendungen erstattungsfähig. Die vorgerichtliche Inanspruchnahme des Klägervertreters war zweckdienlich und erforderlich. Der der Berechnung zugrunde zu legende Streitwert richtet sich allerdings nach der Höhe der tatsächlich bestehenden Forderung, mithin nach einem Streitwert von bis zu 1.200,- €, so dass lediglich ein Betrag von 155,30 € zuzusprechen ist.

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    III.

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    Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist sie zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Entscheidung der Kammer beruht auf der eindeutigen aber gerichtlichen Rechtsprechung betreffend die Haftung von Waschanlagenbetreibern und Betreibern vergleichbarer technischen Anlagen.

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    IV.

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    Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 101, 269 III S. 2 ZPO. Hinsichtlich des noch rechtshängigen Teils waren der Beklagten die Kosten des Rechtstreits als unterlegene Partei gemäß § 91 Abs. 1 ZPO aufzuerlegen. Soweit die Klägerin im Termin vom 26.11.2014 die Klage teilweise zurückgenommen hat und die Beklagte der teilweisen Rücknahme zugestimmt hat, waren der Klägerin die Kosten nach Maßstäben des § 269 III S. 2 ZPO aufzuerlegen. Der ursprünglich weitergehende Antrag war von Anfang an unbegründet, da nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB bei der Beschädigung einer Sache Umsatzsteuer nur dann zu ersetzen sind, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Die Klägerin hat die Reparatur jedoch bis heute nicht durchgeführt.

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    V.

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    Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.

    21

    Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird bis zum 26.11.2014 auf 1.337,86 € und ab dem 26.11.2014 auf 1.129,04 € festgesetzt.