24.10.2019 · IWW-Abrufnummer 211855
Landgericht Berlin: Urteil vom 16.04.2019 – 35 S 20/18
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Berlin
Az.: 35 S 20/18
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
XXXX
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt XXXX
gegen
XXXX
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt XXXX
hat das Landgericht Berlin - Zivilkammer 35 - durch die Richterin am Landgericht xxx als Einzelrichterin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.04.2019 für Recht erkannt:
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Schöneberg vom 19.07.2018 (105 C 46/18) wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Auf den Tatbestand des Urteils des Amtsgerichts Schöneberg vom 19.7.2018 wird verwiesen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 2.548,50 € nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen,
2. den Beklagten weiter zu verurteilen, an ihren Rechtschutzversicherer XXXX Rechtsschutz-Leistungs-GmbH zur dortigen Schadennummer XXXX vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 334,75 € nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, etwaige Ansprüche der Klägerin auf Mängelbeseitigung seien jedenfalls verjährt, nachdem die Verjährungsfrist vertraglich wirksam auf ein Jahr begrenzt worden sei. Ein grob fahrlässiges Handeln oder eine arglistige Täuschung sei nicht festzustellen. Hinsichtlich des Ölverbrauchs sei im Übrigen schon rechnerisch fraglich, ob überhaupt ein Mangel vorliegt.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie trägt vor, der Beklagte als Inhaber eines markengebundenen Fahrzeugshandels habe Kenntnis von dem Fehlen der Kontrollleuchte haben müssen. Die ungeprüfte Übergabe der Bedienungsanleitung sei als Behauptung ins Blaue hinein zu werten. Sie habe als Kundin in besonderem Maße auf das spezifische Wissen des Beklagten zu den Fahrzeugmodellen vertraut und mit der Übergabe der Bedienungsanleitung die Erklärung verbunden, dass er für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben in dieser einstehen werde. Die Argumentation des Amtsgerichts hinsichtlich des Ölverbrauchs werde mit der Berufung nicht angegriffen.
Das Urteil ist der Klägerin am 17.9.2018 zugestellt worden. Die Klägerin beantragt mit ihrer am 17.10.2018 eingegangen und am 19.11.2018 begründeten Berufung, unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Schöneberg vom 19.7.2019 - 105 C 46/18 -
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 2.548,50 € nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen,
2. den Beklagten weiter zu verurteilen, an ihren Rechtschutzversicherer XXXX Rechtsschutz-Leistungs-GmbH zur dortigen Schadennummer XXXX vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 334,75 € nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, das Fahrzeug sei nicht mangelhaft, sondern sei an die Klägerin in dem Zustand ausgeliefert worden, wie es von Fiat hergestellt worden sei. Der Zustand sei der Klägerin bei der Übergabe über eine Stunde lang sehr ausführlich erklärt worden. Ihr sei auch erklärt worden, wie der Ölstand zu prüfen ist.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft nach § 511 ZPO und frist- und formgerecht nach §§ 517 ff. ZPO eingelegt worden. Sie ist jedoch nicht begründet.
Zwar ist die Abkürzung der Verjährungsfrist auf 1 Jahr unwirksam, so dass die gesetzliche Verjährungsfrist von 2 Jahren des § 438 Abs. 1 BGB gilt, weil die Regelung des § 476 Abs. 2 BGB nach der Entscheidung des EuGH 13. Juli 2017 (C-133/16, Rn. 46, juris) europarechtswidrig ist.
Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Minderung nach §§ 434, 437 Nr. 2, 441 BGB, weil das streitgegenständliche Fahrzeug nicht mangelhaft ist i. S. v. § 434 BGB.
Das Fehlen einer Ölkontrollleuchte ist nicht als Mangel anzusehen.
Es liegen insoweit weder eine vereinbarte Beschaffenheit i. S. v. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB noch eine öffentliche Äußerung des Herstellers i. S. v. § 434 Abs. 1 S. 3 BGB vor. Angaben des Herstellers in der Bedienungsanleitung über Eigenschaften des Fahrzeugs führen ohne weitere Umstände nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung zwischen Käufer und Verkäufer. Der Käufer kann nicht erwarten, dass der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für die Richtigkeit der Angaben in der Bedienungsanleitung übernehmen will (BGH, Urteil vom 29. Juni 2016 – VIII ZR 191/15 –, Rn. 33 - 34, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 06. September 2017 – 4 U 105/17 –, Rn. 56, juris). Dass über das Vorhandensein der Ölkontrollleuchte gesprochen worden ist, trägt die Klägerin selbst nicht vor. Die Bedienungsanleitung wird in der Kaufvertragsurkunde nicht thematisiert und kann auch nicht Gegenstand der Vertragsverhandlungen gewesen sein, da sie erst nach Vertragsschluss übergeben worden ist. Äußerungen, die nach § 434 Abs. 1 S. 3 BGB zur Bestimmung der Vertragsmäßigkeit herangezogen werden sollen, müssen öffentlich getan sein, sich also an einen unbestimmten Personenkreis wenden (MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, BGB § 434 Rn. 28). Das ist bei einer Bedienungsanleitung nicht der Fall.
Das Fahrzeug eignet sich auch ohne Ölkontrollleuchte zur vertragsmäßig vorausgesetzten Verwendung i. S. v. § 434 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
Schließlich trägt die Klägerin nunmehr vor, dass alle gleichartigen Modelle von Fiat nicht über eine Ölkontrollleuchte verfügen. Damit liegt eine Beschaffenheit vor, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann, § 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Ob andere Fahrzeugtypen oder -modelle eine andere Ausstattung aufweisen, ist hier unerheblich.
Hinsichtlich des Ölverbrauchs liegt ebenfalls kein Mangel i. S. v. § 434 BGB vor. Insoweit ist zunächst auf die Ausführungen des Amtsgerichts auf Seite 5 unter Ziffer 2 a) zu verweisen, die die Klägerin nicht angegriffen hat. Zudem trägt die Kläger auch hierzu vor, dass sämtliche Fahrzeuge dieses Typs einen derartigen Ölverbrauch aufweisen.
Allenfalls wäre hier ein Mangel der Bedienungsanleitung vorstellbar. Dieser ist jedoch unerheblich, nachdem die Klägerin ohne weiteres in der Lage ist, diesen Mangel selbst zu beseitigen, indem sie die betreffende Passage durchstreicht.
Auf die Frage der Fristsetzung nach §§ 437 Nr. 1, 441 BGB kommt es nach alledem nicht mehr an.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 3 S. 1 ZPO), bestehen nicht.