07.10.2020 · IWW-Abrufnummer 218187
Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 17.08.2020 – I-17 U 231/18
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Hamm
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 28.09.2018 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld (Az. 8 O 10/17) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2
I.
3
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Rückabwicklung des Kaufvertrages über einen gebrauchten Pkw in Anspruch.
4
Bei dem streitgegenständlichen Pkw handelt es sich um einen C 000. Dieser ist in Deutschland hergestellt und am 00.05.2011 erstmalig zugelassen und als Leasingfahrzeug worden. Später ‒ wann genau ist nicht bekannt ‒ ist das Fahrzeug nach E überführt und dort zugelassen worden. Dort erwarb der Beklagte den streitgegenständlichen Pkw und nutzte diesen einige Zeit, wobei die Einzelheiten des Erwerbs und insbesondere die damalige Laufleistung zwischen den Parteien streitig sind.
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Schließlich verbrachte der Beklagte das Fahrzeug wieder nach Deutschland, ohne es anzumelden. Im Oktober 2016 beabsichtigte er, den streitgegenständlichen Pkw zu veräußern. Zu diesem Zweck ließ er über das Profil der N GmbH, deren Geschäftsführer er zu diesem Zeitpunkt war, bei der Internetplattform „www.n1.de“ ein Inserat erstellen, wobei die Kontaktdaten der vorgenannten Gesellschaft, welche einen gewerblichen Kfz.-Handel betrieben hat, angegeben waren. Der genaue Inhalt der Anzeige ist zwischen den Parteien streitig.
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Der Kläger wurde auf das Angebot aufmerksam und vereinbarte über die N GmbH einen Termin zur Besichtigung des Fahrzeugs.
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Am 20.10.2016 suchte der Kläger gemeinsam mit seinen drei Söhnen ‒ den Zeugen H, D und Q A ‒ die Geschäftsräume der N GmbH in F auf, um das Fahrzeug zu besichtigen. Das anschließende Verkaufsgespräch führte der Kläger zunächst mit Herrn J, einem Mitarbeiter der Gesellschaft. In Begleitung zumindest eines seiner Söhne unternahm der Kläger eine Probefahrt. Der Beklagte kam später zu dem Verkaufsgespräch hinzu, um über den Preis zu verhandeln. Der genaue Inhalt des Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig. Eine Zulassungsbescheinigung Teil II lag zu diesem Zeitpunkt nicht vor, da der Beklagte das Fahrzeug nach der Rückführung aus E nicht wieder in Deutschland zugelassen hatte.
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Schließlich entschloss sich der Kläger zum Erwerb des Fahrzeugs. Ein entsprechendes Kaufvertragsformular wurde von Herrn J handschriftlich ausgefüllt, von dem Beklagten teilweise ergänzt und schließlich von den Parteien unterzeichnet. In dem Vertragsformular ist der Beklagte als Verkäufer eingetragen (Anlage B1, Bl. 60). Außerdem beinhaltet die Vertragsurkunde den handschriftlichen Zusatz „Gekauft wie gesehen und probegefahren. Unter Ausschluss jeder Gewährleistung und Garantie aufgrund Preisreduzierung“. Darüber hinaus enthält der Kaufvertrag unter Ziff. 2.3 zu der Laufleistung des Fahrzeugs die folgende Angabe:
9
„Der Verkäufer erklärt, dass das Kfz eine Gesamtlaufleistung von 73.000 km aufweist lt. Tacho“.
10
Unter Ziff. 2.4, die nach dem verwendeten Vordruck Angaben dazu enthalten soll, ob es sich um ein Importfahrzeug handelt, findet sich keine Angabe.
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Mit Unterzeichnung des Kaufvertrages leistete der Kläger zunächst eine Anzahlung von 1.000,00 € auf den vereinbarten Kaufpreis von 28.850,00 €. Die Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger erfolgte am 22.10.2016 gegen Zahlung des Restbetrages (Bl. 161).
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Kurze Zeit später stellte der Kläger den Pkw bei einer C-Vertragswerkstatt vor, da er im Innenraum einen starken Ölgeruch wahrgenommen hatte. Dabei äußerte der mit der Untersuchung befasste Mechaniker Bedenken im Hinblick auf die Laufleistung des Fahrzeugs, so dass dem Kläger der Verdacht kam, dass diese tatsächlich höher seien könnte, als ausgewiesen. Der Kläger begann daraufhin Nachforschungen anzustellen. Am 11.11.2016 erhielt er Unterlagen des Straßenverkehrsamts F, aus denen sich ergibt, dass das Fahrzeug aus einem Drittland importiert worden ist.
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Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.11.2016 (Anlage K 14, Bl. 37) erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung, was er mit der vom Tachostand abweichenden tatsächlichen Laufleistung begründete. Gleichzeitig erklärte er den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte den Beklagten auf, bis zum 25.11.2016 zu bestätigen, dass er den Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs erstatte. Außerdem verlangte er den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.358,86 €.
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Der Beklagte kam den Forderungen des Klägers nicht nach.
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Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, dass der Tachostand des streitgegenständlichen Fahrzeugs durch den Beklagten manipuliert worden sei. Der Beklagte habe ihn insoweit arglistig getäuscht. Aufgrund des als Anlage K19 vorgelegten Rücknahmeprotokolls nach Beendigung des Leasingvertrages (Bl. 103) sei davon auszugehen, dass das Fahrzeug bereits am 13.11.2012 einen Kilometerstand von 128.104 km aufgewiesen habe (Bl. 90).
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Mit Schriftsatz vom 16.03.2017 hat er die Arglistanfechtung außerdem auf den Umstand gestützt, dass der Beklagte das Fahrzeug über einen längeren Zeitraum in E genutzt und dann nach Deutschland zurückgeführt hat.
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Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
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1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 26.850,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 26.11.2016, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des C Typ 000 (Fahrzeugidentifikationsnummer #####00000##00009) zu zahlen;
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2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von. 794,03 € zuzüglich Zinsen in Höhe von. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 26.11.2016 zu zahlen;
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3. festzustellen dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des C Typ 000 (Fahrzeugidentifikationsnummer #####00000##00009) in Annahmeverzug befindet.
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Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
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die Klage abzuweisen.
23
Er hat behauptet, den streitgegenständlichen C selbst am 31.08.2015 mit einem Kilometerstand von 53.000 km in E erworben und dort privat genutzt zu haben. Die ausgewiesene Laufleistung sei für ihn plausibel gewesen. Er habe keine Anhaltspunkte für eine Manipulation gehabt.
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Die Zulassungsbescheinigung Teil II habe nicht vorgelegen, da diese noch nicht ausgestellt worden sei, weil er das Fahrzeug aus E „mitgebracht“ hatte (Bl. 79). Dies habe er dem Kläger im Rahmen des Verkaufsgesprächs auch so erklärt.
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Das Landgericht hat die Parteien angehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen H, D und Q A sowie des Zeugen G. Außerdem hat das Landgericht ein mündliches Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. S eingeholt.
26
Mit dem am 28.09.2018 verkündeten Urteil hat das Landgericht Bielefeld den Beklagten ‒ unter Abweisung der Klage im Übrigen ‒ verurteilt, an den Kläger 26.121,98 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 26.11.2016, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Ferner hat es den Beklagten verurteilt, außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von. 794,03 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 26.11.2016 zu zahlen. Außerdem hat es festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
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Zur Begründung hat das Erstgericht ausgeführt, dass der Kaufvertrag infolge der von dem Kläger erklärten Anfechtung rückabzuwickeln sei. Aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. S stehe fest, dass das Fahrzeug eine tatsächliche Gesamtlaufleistung von mindestens 148.000 km aufweise. Den aus der Abweichung zum Tachostand folgenden offenbarungspflichtigen Mangel habe der Beklagte dem Kläger arglistig verschwiegen. Aufgrund des von dem Sachverständigen festgestellten Zustands des Lenkrades habe der Beklagte eine Manipulation des Lenkrades zumindest für möglich halten müssen.
28
Für die weiteren erstinstanzlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
29
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung.
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Selbst wenn die tatsächliche Laufleistung des Fahrzeugs höher liegen sollte als die Tachoanzeige, begründe dies keinen Mangel. Insoweit beinhalte der Kaufvertrag den einschränkenden Zusatz „lt. Tacho“, so dass lediglich eine Wissenserklärung vorliege (Bl. 288).
31
Überdies habe der Kläger den subjektiven Arglisttatbestand nicht bewiesen. Der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, die Historie des Fahrzeugs zu prüfen. Besondere Anhaltspunkte für eine solche Überprüfung hätten nicht vorgelegen (Bl. 289). Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beklagte das streitgegenständliche Fahrzeug als Privatperson veräußert habe (Bl. 290).
32
Darüber hinaus verfüge der Beklagte nicht über eine besondere Erfahrung mit Gebrauchtfahrzeugen. Er sei lediglich Geschäftsführer der N GmbH und kümmere sich um technische Abläufe und die Organisation des Unternehmens, untersuche jedoch keine Fahrzeuge (Bl. 292).
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Der Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bielefeld vom 28.09.2018, Az. 8 O 10/17, die Klage abzuweisen.
35
Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Aufrechterhaltung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Er meint, der Beklagte habe bereits erstinstanzlich eingestanden, dass er hinsichtlich des Kilometerstandes laut Tacho nicht sicher gewesen sei, ob dieser korrekt sei, so dass eine weitere Überprüfung veranlasst gewesen wäre (Bl. 302). Zweifel hätten bei dem Beklagten bereits deshalb bestanden, weil ihm kein Scheckheft vorgelegen habe (Bl. 304). Ungeachtet dieser Zweifel habe er jedoch ins Blaue hinein auf dem Kaufvertragsformular angegeben, dass die Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs bei 73.000 km liege (Bl. 304).
38
Der Senat hat Beweis erhoben durch mündliche Anhörung des Sachverständigen Dipl.-Ing. S. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk vom 17.08.2020 Bezug genommen.
39
II.
40
Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht zur Rückzahlung des Kaufpreises verurteilt.
1.
41
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 26.121,98 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB.
42
Der Beklagte hat die Kaufpreiszahlung des Klägers rechtsgrundlos erlangt.
43
Der Kaufvertrag ist rückabzuwickeln, weil dieser infolge der von dem Kläger erklärten Anfechtung gemäß §§ 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 BGB als von Beginn an nichtig anzusehen ist.
a.
44
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte das Fahrzeug in E erworben und dort genutzt hat, bevor er es zurück in die Bundesrepublik überführt hat. Über diesen maßgeblichen Teil der Fahrzeughistorie hat der Beklagte den Kläger gemäß § 123 Abs. 1 BGB arglistig getäuscht.
45
(1)
46
Der Beklage war verpflichtet, den Umstand, dass er das Fahrzeug in E erworben und dieses dort bereits über einen erheblichen Zeitraum hinweg genutzt wurde, gegenüber dem Kläger als Kaufinteressenten auch ungefragt zu offenbaren.
47
Zwar besteht keine allgemeine Offenbarungspflicht hinsichtlich sämtlicher Umstände, die für die Willensbildung des potentiellen Vertragspartners von Bedeutung sein können. Es liegt nämlich grundsätzlich in der Verantwortungs- und Risikosphäre jeder Partei, sich selbst über die für die eigene Willensentschließung maßgeblichen Tatsachen zu informieren (vgl. Armbrüster, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2018, § 123 Rn. 33). Ob im Einzelfall gleichwohl eine Offenbarungspflicht besteht, ist nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung hinsichtlich des jeweiligen Geschäftsbereichs danach zu bestimmen, ob der andere Teil unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung redlicherweise eine Aufklärung erwarten durfte (vgl. Ellenberger, in: Palandt, BGB, 78. Aufl. 2019, § 123 Rn. 5), wobei besonders wichtige Umstände, die für die Willensbildung offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind, ungefragt offenbart werden müssen (vgl. Ellenberger, in: Palandt, a.a.O. Rn. 5b). Dies ist vorliegend der Fall.
48
Zunächst handelt es sich bei Rückführung eines hochpreisigen Fahrzeugs aus E um einen außerordentlichen Umstand, der sich auf das dem Fahrzeug durch interessierte Verkehrskriese entgegengebrachte Vertrauen und damit zwangsläufig auch auf dessen Wert auswirkt. Dies hat auch der Sachverständige Dipl.-Ing. S bestätigt und insoweit nachvollziehbar ausgeführt, dass diese Art einer Zurückführung eines Fahrzeugs äußerst ungewöhnlich sei. Insoweit lasse sich ein konkreter Minderwert zwar nicht ohne weiteres beziffern, ein solches Fahrzeug werde in Händlerkreisen jedoch anders betrachtet, woraus auch eine andere Bewertung folgt. Unabhängig davon sei das Fahrzeug insbesondere aufgrund der in E vorherrschenden klimatischen Bedingungen ‒ insbesondere der Sonneneinstrahlung ‒ besonderen Belastungen für den Lack und sämtliche Dichtungen ausgesetzt. Darüber hinaus könne das extreme Klima sowie die sonstigen Umweltbedingungen in E zu weiteren Beeinträchtigen führen, wie sie etwa an den verkratzten Scheinwerfern des streitgegenständlichen Fahrzeugs festzustellen seien, die einen für mitteleuropäische Verhältnisse unerklärlichen Zustand aufwiesen. Daraus folgt, dass sich aus der Rückführung eines Fahrzeug nach einer längeren Nutzung ‒ nach den Angaben des Beklagten ca. 20.000 km ‒ in E auch technische Vorbehalte ergeben, die im Hinblick auf die von dem Sachverständigen beschriebene Beeinträchtigung von Lack, Dichtungen und anderer Bauteile auch nachvollziehbar sind.
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Darüber hinaus hat der Beklagte durch die von ihm gewählten äußeren Umstände des Verkaufs ein besonderes Vertrauen für sich in Anspruch genommen. Er hat das Fahrzeug über die Fa. N GmbH im Internet angeboten und die Verkaufsverhandlungen in deren Geschäftsräumen durch einen spezialisierten Mitarbeiter führen lassen. Unabhängig von der Frage, ob er selbst dadurch als gewerblicher Verkäufer anzusehen ist, hat er dadurch jedenfalls in zurechenbarer Art und Weise den Eindruck vermittelt, dass der Verkauf zumindest unter Beteiligung der Fa. N GmbH erfolgte. Dies war durchaus geeignet, einen potentiellen Interessenten von weiteren Nachfragen über die Fahrzeughistorie abzuhalten. Dies gilt insbesondere für den Umstand, dass das Fahrzeug überhaupt nicht zugelassen war, was bei einem Privatverkauf zumindest ungewöhnlich erscheint und durchaus Anlass für weitere Nachfragen gewesen wäre.
50
Angesichts dieser Gesamtumstände durfte der Kläger nach Treu und Glauben einen Hinweis auf die nicht unerhebliche Nutzung des Pkw in E und die Rückführung in die Bundesrepublik erwarten, die für ihn unter keinen Umständen erkennbar war.
51
(2)
52
Der für die tatsächlichen Voraussetzungen der Anfechtbarkeit beweisbelastete Kläger hat den ihm obliegenden Beweis einer unterbliebenen Aufklärung erbracht. Der Beklagte hat zwar behauptet, mit dem Kläger über diesen Aspekt der Fahrzeughistorie gesprochen zu haben. Aus dem Kaufvertrag ergibt sich ein entsprechender Hinweis jedoch nicht. Dort ist das entsprechende Formularfeld nicht ausgefüllt worden. Soweit der Beklagte eine mündliche Aufklärung behauptet hat, steht das Gegenteil durch die Aussagen der Zeugen H, D und Q A fest. Von diesen Zeugen, die bei der Besichtigung des Fahrzeugs und dem in diesem Zusammenhang geführten Verkaufsgespräch zugegen waren, konnte keiner bestätigen, dass eine Rückführung des Fahrzeugs aus E erwähnt worden ist. Dies korrespondiert auch mit dem Inhalt des schriftlichen Kaufvertrages, der eine Importeigenschaft ebenfalls nicht erwähnt. Da es sich insoweit um einen erheblich außergewöhnlichen Umstand handelt, liegt es fern, dass die Zeugen sich an einen entsprechenden Hinweis einfach nicht mehr erinnern konnten. Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen hat der Senat vor diesem Hintergrund nicht. Die Aussage des von dem Beklagten gegenbeweislich benannten Zeugen G steht dem nicht entgegen. Diese war unergiebig, da er das Verkaufsgespräch nur am Rande mitbekommen hat und insbesondere zu einem etwaigen Hinweis auf die Rückführung des Fahrzeugs aus E keine Angaben machen konnte. Weitere Zeugen ‒ insbesondere den Mitarbeiter der N GmbH, Herrn J, der das Verkaufsgespräch geführt hat ‒ hat der Beklagte nicht benannt.
53
(3)
54
Der Beklagte hat insoweit auch arglistig gehandelt. Er hat zumindest billigend in Kauf genommen, dass der Beklagte durch die unterlassene Aufklärung zum Vertragsschluss veranlasst wird. Er rechnete damit, dass es sich bei der Rückführung des Fahrzeugs aus E um einen die Kaufentscheidung beeinflussenden Umstand handelte. Aufgrund seiner Branchenerfahrung als Geschäftsführer einer gewerblichen Autohändlerin wusste er, dass Fahrzeuge mit einer derart ungewöhnlichen Historie ‒ wie durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. S auch festgestellt ‒ zu einem niedrigeren Marktwert gehandelt werden. Als Beleg hierfür sieht der Senat u.a. den Umstand an, dass der Beklagte in der Vertragsurkunde in der Rubrik „Importfahrzeug keine Angabe gemacht hat. Bezüglich dieser Einschätzung waren auch keine technischen Kenntnisse erforderlich, so dass es auf die Ausbildung des Beklagten und die im Rahmen des langjährigen Kfz-Handel erworbenen technischen Kenntnisse nicht ankommt.
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(4)
56
Das treuwidrige Unterlassen einer Aufklärung über diesen Teil der Fahrzeughistorie war für den Kaufabschluss des Klägers zumindest mitursächlich. Denn nach allgemeiner Lebenserfahrung kann ohne weiteres angenommen werden, dass das Verschweigen eines wertmindernden Umstandes die Kaufentscheidung zumindest beeinflusst.
57
bb.
58
Es liegt auch eine wirksame Anfechtungserklärung gemäß § 143 Abs. 1 BGB vor.
59
Zwar hat der Kläger die Rückführung des Fahrzeugs im Rahmen seiner ursprünglichen Anfechtungserklärung vom 15.11.2016 nicht erwähnt. Allerdings hat er die Anfechtung mit Schriftsatz vom 16.03.2017 ausdrücklich auch auf diesen Umstand gestützt.
60
Diese Anfechtung ist auch nicht verfristet. Gemäß § 124 Abs. 1 BGB kann die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nur binnen Jahresfrist erfolgen, wobei diese Frist gemäß § 124 Abs. 2 BGB mit dem Zeitpunkt beginnt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt. Der Kläger hat unwidersprochen angegeben, durch ein Schreiben des Straßenverkehrsamtes F vom 11.11.2016 erstmals die Information erhalten habe, dass das Fahrzeug aus einem Drittland importiert worden sei. Nachdem der Behauptung des Beklagten, er habe den Beklagten bereits bei Vertragsschluss über diesen Umstand aufgeklärt, nicht gefolgt werden kann, ist eine frühere Kenntnis des Klägers nicht ersichtlich, so dass die Anfechtungsfrist am 16.03.2017 nicht abgelaufen war.
b.
61
Als Rechtsfolge der Anfechtung ist der Kaufvertrag gemäß § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen und die empfangenen Leistungen sind zurückzugewähren.
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Für die Berechnung der von dem gezahlten Kaufpreis in Höhe von 28.850,00 € in Abzug zu bringenden Nutzungsentschädigung in Höhe von 728,02 € wird auf die in jeder Hinsicht überzeugenden Ausführungen des Landgerichts im Rahmen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Aus der Differenz ergibt sich die Höhe des dem Kläger zustehenden Zahlungsanspruchs. Dieser steht dem Kläger entsprechend seines Klageantrages Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des streitgegenständlichen Pkw zu.
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Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzugs (§§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB). Zinsbeginn ist der 26.11.2016, da die mit anwaltlichem Schreiben vom 15.11.2016 gesetzte Frist am 25.11.2016 abgelaufen ist.
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Der Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus § 280 Abs. 1 BGB.
4.
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Darüber hinaus war gemäß § 293 BGB auch der Annahmeverzug des Beklagten im Hinblick auf die Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs festzustellen. Der Gläubiger kommt nach dieser Vorschrift in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Erforderlich ist gemäß § 294 BGB grundsätzlich ein tatsächliches Angebot, welches vorliegend ersichtlich nicht gegeben ist. Gemäß § 295 BGB genügt jedoch ein wörtliches Angebot, wenn der Gläubiger erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Letzteres ist vorliegend der Fall. Nach der ständigen Rechtsprechung ist einheitlicher Erfüllungsort für die Rückabwicklung des Kaufvertrags der Ort, an dem sich die Kaufsache bestimmungsgemäß befindet (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 206, 177, 178, Tz. 25 m.w.N.), so dass die Beklagte das Fahrzeug am Wohnort des Klägers abzuholen hätte. Zwar verweist der Kläger im Rahmen des vorgenannten Anwaltsschreibens lediglich auf die Rückabwicklung Zug-um-Zug. Allerdings erschöpft sich ein wörtliches Angebot regelmäßig auch in der Mitteilung der Bereitschaft des Schuldners an den Gläubiger, die vertragsgemäße Leistung zu erbringen (vgl. Stadler, in: Jauernig, BGB 17. Aufl. 2018, § 295 Rn. 4). Dies ist vorliegend der Fall, da der Kläger seine Bereitschaft zur Rückgabe des Fahrzeugs klar zum Ausdruck gebracht hat.
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III.
67
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zulassung der Revision ist auch nicht gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.