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  • 08.06.2021 · IWW-Abrufnummer 222822

    Landessozialgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 30.03.2021 – L 11 BA 2509/20

    Bei einer GmbH & Co KG sind Kommanditisten, deren Mitarbeit in der KG auf einem (zivilrechtlichen) Dienstvertrag beruht, selbständig tätig, wenn sie als Mitunternehmer zu betrachten sind. Dies ist nur der Fall, wenn sie aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Regelungen die Stellung eines geschäftsführenden (unternehmensleitenden) Kommanditisten innehaben oder über ein Weisungsrecht gegenüber der Komplementär-GmbH verfügen. Die Darlehensgewährung eines Kommanditisten begründet kein mit seiner Tätigkeit für die KG verbundenes Unternehmerrisiko. Der Gesellschafter übernimmt damit nur ein Haftungs- oder Ausfallrisiko, wie es mit jeder Darlehensgewährung verbunden ist.


    Landessozialgericht Baden-Württemberg

    Urteil vom 30.03.2021


    Tenor:

    Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25.06.2020 wird zurückgewiesen.

    Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

    Tatbestand

    Die Kläger wenden sich gegen die Feststellung der Beklagten, dass der Kläger zu 1) als Prokurist und mitarbeitender Gesellschafter (Kommanditist) bei der Klägerin zu 2) sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.

    Die Klägerin zu 2) ist eine Personenhandelsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co KG; sie wurde im Handelsregister A des Amtsgerichts S. unter der Nummer HRA ... als Kommanditgesellschaft (KG) eingetragen. Die KG wurde ursprünglich durch Gesellschaftsvertrag vom 24.03.2006 geründet. Dieser Gesellschaftsvertrag wurde durch den Gesellschaftsvertrag vom 20.07.2017 (Bl 16 ff der Verwaltungsakte der Beklagten) ersetzt. Mit dem neuen Gesellschaftsvertrag trat R. S. als weiterer Kommanditist in die KG ein, bei den bisherigen Kommanditisten, darunter auch beim Kläger zu 1), erhöhte sich die Einlage. Die durch den neuen Gesellschaftsvertrag vom 20.07.2017 (GV 20.07.2017) erfolgten Änderungen wurden am 07.08.2017 in das Handelsregister eingetragen. Gegenstand der KG ist nach § 3 Nr 4 GV 20.07.2017 die Entwicklung von EDV-Systemen, das D. von Datenbank- und Anwendungssystemen, Consulting und Dienstleistungen sowie der Handel mit Hard- und Software und das Halten und Verwalten von eigenem Vermögen.

    Der Kläger zu 1) ist als Kommanditist mit einem Kapitalanteil von 37.000 € (= 37 % des Kommanditkapitals) an der Gesellschaft beteiligt. Weitere Kommanditisten der Klägerin zu 2) sind Herr K. und Herr W. mit einem Kapitalanteil von je 22.000 € (= 22 % des Kommanditanteils) sowie Herr S. mit einem Kapitalanteil von 19.000 € (= 19 % des Kommanditanteils). Die Kapitalanteile sind in dieser Höhe auch im Handelsregister eingetragen. Persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) der Klägerin zu 2) ist die m.z. Verwaltungs-GmbH (im Folgenden: Komplementär-GmbH). Die Komplementär-GmbH leistete keine Kapitaleinlage und erhielt keinen Kapitalanteil (§ 4 Nr 1 GV 20.07.2017). Zur Geschäftsführung und Vertretung der Klägerin zu 2) ist allein die Komplementär-GmbH berechtigt und verpflichtet (§ 6 Nr 1 GV 2017). Der Kläger zu 1) sowie Herr S. verfügen bei der Klägerin zu 2) über Einzelprokura mit der Befugnis, im Namen der Klägerin zu 2) mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen; dies wurde ebenfalls am 07.08.2017 in das Handelsregister eingetragen.

    Die Komplementär-GmbH ist mit Sitz in K. und einem Stammkapital von 25.000 € im Handelsregister des Amtsgericht M. unter der Nummer HRB 726740 eingetragen. Gegenstand der Komplementär-GmbH sind die Verwaltung eigenen und fremden Vermögens, der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen sowie die Übernahme der persönlichen Haftung und Geschäftsführung bei Handelsgesellschaften, insbesondere Beteiligung als persönlich haftende Gesellschafterin für die Klägerin zu 2). Als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH sind im Handelsregister Herr W. und Herr K. eingetragen. Einzige Gesellschafterin der Komplementär-GmbH ist die m. z. I. GmbH & Co KG (vgl Bl 132 SG-Akte, Bl 125 ff SG-Akte; im Folgenden D.-KG). Kommanditisten der D.-KG sind auch hier Herr W. sowie Herr K. (Bl 141 SG-Akte), Komplementärin und damit zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt und verpflichtet (§ 6 Nr 1 des Gesellschaftsvertrages der m.z. I. GmbH & Co KG <GV D.>, Bl 142 SG-Akte) ist wiederum die m.z. Verwaltungs GmbH (Komplementär-GmbH), wobei sich die Komplementärin verpflichtet hat, von ihrer Vertretungsbefugnis nur nach Weisung der Kommanditisten W. und K. Gebrauch zu machen (§ 7 Nr 2 GV D., Bl 143 SG-Akte).

    Der Kläger zu 1) und Herr S. wurden im GV 20.07.2017 zu Prokuristen der Klägerin zu 2) bestellt, sie sind einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit (§ 6 Nr 5 GV 20.07.2017). Beschlüsse der Klägerin zu 2) werden grundsätzlich mit einfacher Mehrheit gefasst (§ 8 Nr 3 GV 20.07.2017), für bestimmte Beschlüsse bedarf es einer Mehrheit von 60 % der Stimmen (§ 8 Nr 4 GV 20.07.2017), und diverse Grundlagengeschäfte unterliegen dem Einstimmigkeitsprinzip (§ 8 Nr 5 GV 20.07.2017). Dem Kläger zu 1) sowie dem Gesellschafter S. ist das Recht zugewiesen, gemeinsam und jeder für sich innerhalb von 2 Wochen nach Beschlussfassung bzw Kenntnis vom Beschlussinhalt ihr Veto gegen einzelne Beschlüsse der Klägerin zu 2) einzulegen (§ 8 Nr 6 GV 20.07.2017). Bei Geschäften, die über den Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, steht den Kommanditisten kein Widerspruchsrecht zu (§ 6 Nr 4 GV 20.07.2017).

    Zwischen dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) wurde ebenfalls am 20.07.2017 mit Wirkung zum 01.07.2017 ein Dienstvertrag geschlossen, der ua die (Einzel-)Vertretung der Gesellschaft als Prokurist und die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot, eine monatliche Grundvergütung von 7.000 € (netto), die Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall für die Dauer von 6 Wochen, Spesenersatz sowie ein Nebentätigkeits- und Wettbewerbsverbot vorsieht. Ferner ist geregelt, dass der Kläger zu 1) in der Bestimmung seines Arbeitsortes und der Verteilung seiner Arbeitszeit frei ist (§ 3 Nr 8 Satz 1 des Dienstvertrages). Er ist jedoch gehalten, soweit es das Wohl der Gesellschaft erfordert, zur Dienstleistung zur Verfügung zu stehen (§ 3 Nr 8 Satz 2 des Dienstvertrages).

    Der Kläger zu 1) stellte am 12.09.2017 den Antrag auf Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Mit Schreiben vom 13.10.2017 hörte die Beklagte die Kläger über die beabsichtigte Feststellung einer abhängigen Beschäftigung des Klägers zu 1) an. Für eine abhängige Beschäftigung spreche, dass ein gesonderter Dienstvertrag bestehe, der die Mitarbeit in der Gesellschaft regele. Für seine Tätigkeit erhalte der Kläger zu 1) ein festes Monatsgehalt. Im Krankheitsfall bleibe der Gehaltsanspruch für die Dauer von 6 Wochen bestehen. Kraft seines Kommanditanteils von 37.000 € könne der Kläger zu 1) keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Klägerin zu 2) ausüben. Mit seinem eingeräumten Vetorecht könne er zwar Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zuungunsten seines Arbeitsverhältnisses verhindern. Der Kläger könne aber, da er nicht zum Geschäftsführer bestellt sei, weder den Geschäftsbetrieb bestimmen, noch einen maßgebenden gestalterischen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen. Für eine selbständige Tätigkeit spreche die Angabe, dass der Kläger zu 1) nicht dem Weisungsrecht der Gesellschaft bezüglich Zeit, Ort und Art seiner Tätigkeit unterliege. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Klägers zu 1).

    Mit Schreiben vom 24.10.2017 führte der Bevollmächtigte der Kläger aus, zutreffend sei, dass der Kläger zu 1) aufgrund seines Gesellschaftsanteils von 37 % kein maßgebliches Geschick auf die Belange der Gesellschaft ausüben und insbesondere Entscheidungen nicht alleine treffen könne. Allerdings sehe der Gesellschaftsvertrag für den Kläger zu 1) ein Vetorecht vor, mit welchem er jeglichen Beschluss verhindern könne. Dies betreffe nicht nur die Angelegenheit seines Dienstverhältnisses, sondern sämtliche Entscheidungen der Gesellschaft. Darüber hinaus sei der Kläger zu 1) zum Prokuristen bestellt und als solcher alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Der Kläger zu 1) habe im Rahmen seiner Gesellschaftsbeteiligung ein Investment von 37.000 € für seinen Gesellschaftsanteil getätigt und der Gesellschaft ein Darlehen gewährt. Ungeachtet der fixen Vergütung im Rahmen des Dienstverhältnisses partizipiere der Kläger zu 1) am Erfolg oder Misserfolg der Gesellschaft über seine Gewinn- und Verlustbeteiligung.

    Mit Bescheid vom 15.11.2017 stellte die Beklagte gegenüber den Klägern fest, dass die Tätigkeit des Klägers zu 1) als Prokurist und mitarbeitender Kommanditist bei der Klägerin zu 2) seit dem 01.07.2017 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und in diesem Beschäftigungsverhältnis Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Die Versicherungspflicht beginne am 01.07.2017. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ein mitarbeitender Gesellschafter mit einem Vetorecht, der nicht zum Geschäftsführer bestellt sei, keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen könne. Dass die Tätigkeit in hohem Maße durch eigene Verantwortlichkeit und Entscheidungsfreiheit gekennzeichnet sei, schließe das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung nicht aus. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage der Kläger zu 1) kein eine selbständige Tätigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko.

    Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Bevollmächtigten der Klägerin zu 2) mit Schreiben vom 24.11.2017 sowie des Klägers zu 1) mit Schreiben vom 26.11.2017. Dem Kläger zu 1) stehe gesellschaftsvertraglich eine Sperrminorität zu, weshalb ein maßgeblicher Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft vorliege. Mit dem Vetorecht sei der Kläger zu 1) im Innverhältnis der Gesellschaft imstande, jeden Beschluss zu verhindern. Die ihm eingeräumte Rechtsmacht als einzelvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Prokurist entspreche im Wesentlichen der Stellung eines Geschäftsführers. Ein unternehmerisches Risiko liege darin begründet, dass der Kläger zu 1) eine Kapitaleinlage von 37.000 € geleistet und ein Darlehen von 23.000 € übernommen habe, um die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft in der Anlaufphase zu unterstützen. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.06.2018 wies Widerspruchsstelle der Beklagten die Widersprüche zurück.

    Hiergegen haben die Kläger am 13.07.2018 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben mit der Begründung, für die Annahme eines unternehmerischen Risikos spreche, dass dem Kläger zu 1) die Chance eingeräumt sei, über seine Gewinnbeteiligung am Erfolg der Gesellschaft zu partizipieren. Dem stehe das Risiko gegenüber, dass es bei erwirtschafteten Verlusten zu keiner Gewinnausschüttung komme. Im Fall des Scheiterns des Unternehmens sei das eingesetzte Kapital von insgesamt 60.000 € verloren und damit einhergehend der Verlust der beruflichen Existenz verbunden. Dem Kläger zu 1) stehe nach den Regelungen im Gesellschaftsvertrag ein umfassendes Vetorecht zu, das es ihm erlaube, nach Gutdünken eine Beschlussfassung zu verhindern. Insoweit habe der Kläger zu 1) zu jeder Zeit die Möglichkeit, die Geschicke der Gesellschaft zu steuern. Der Kläger zu 1) sei alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des Selbstkontrahierungsverbots befreit. Ungeachtet hiervon sei der Kläger zu 1) unbeschränkt für die Gesellschaft handlungsfähig. Eine Abberufung als Prokurist sei nicht möglich, solange der Kläger zu 1) Gesellschafter sei (§ 6 Nr 5 GV 20.07.2017). Entgegen der Auffassung der Beklagten seien die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Angestellten der Gesellschaft nicht Sache der laufenden Geschäftsführung und daher der Gesellschafterversammlung zugewiesen. Wenngleich die Komplementärin gesetzlich zur Führung der Gesellschaft berufen sei, könne sie keine Entscheidungen gegen den Willen des Klägers zu 1) durchsetzen. Die Komplementärin sei innerhalb der Gesellschaft nicht an der Entscheidungsfindung beteiligt, da ihr kein Stimmrecht eingeräumt sei. Ihr rechtliches Können im Außenverhältnis stehe insoweit im Innenverhältnis unter dem Vorbehalt des rechtlichen Dürfens in Form von Vorgaben durch die Gesellschafterversammlung.

    Mit Urteil vom 25.06.2020 hat das SG die Klage unter Bezugnahme auf die Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden zurückgewiesen. Ergänzend hat das SG ausgeführt, die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) stelle bei der Beurteilung, ob ein mitarbeitender Gesellschafter abhängig beschäftigt sei, im Ergebnis in erster Linie darauf ab, ob der mitarbeitende Gesellschafter aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter die Rechtsmacht habe, unliebsame Weisungen in Bezug auf seine Tätigkeit zu verhindern. Aufgrund der Minderheitsbeteiligung in Höhe von 37 % sei es dem Kläger zu 1) nicht möglich, Entscheidungen auch gegen den Willen der anderen Gesellschafter durchzusetzen und einen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft zu nehmen. Soweit auf die dem Kläger zu 1) gesellschaftsvertraglich eingeräumte Sperrminorität verwiesen werde, vermöge dies das begehrte Rechtsschutzziel nicht zu begründen. Ein Gesellschafter, der von der Gesellschaft angestellt und nicht zum Geschäftsführer bestellt werde, besitze - ungeachtet seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte in der Gesellschafterversammlung - nicht regelmäßig zugleich auch die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft nach Belieben aufzuheben oder abzuschwächen. Die Rechtsmacht eines Gesellschafters mit Sperrminorität erschöpfe sich in solchen Fällen vielmehr darin, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verhindern zu können. Vorbehaltlich abweichender Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag seien die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Angestellten der Gesellschaft Sache der laufenden Geschäftsführung, nicht dagegen der Gesellschafterversammlung. Auf unmittelbar gesellschaftsvertraglich verankerter Grundlage seien vorliegend keine Regelungen getroffen worden, die es dem Kläger zu 1) ermöglichten, bei der Ausübung seiner Tätigkeit jederzeit weisungsfrei von der geschäftsführenden Komplementärin agieren zu können. Im Übrigen komme der dem Kläger zu 1) eingeräumten Sperrminorität nicht die Qualität zu, die der einer umfassenden ("echten" oder "qualifizierten"), das heißt die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassenden Sperrminorität gleichwertig sei. Die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten, wonach der Komplementärin die Ausübung ihrer Geschäftsführungsbefugnisse nur nach Weisung der Gesellschafterversammlung und damit insbesondere der Kommanditisten V. und S. möglich sei, fänden in der Satzung der Klägerin zu 2) keinen Niederschlag. Außerhalb des Gesellschaftsvertrags bestehende Vereinbarungen über die Ausübung von Stimmrechten und Befugnissen, wirtschaftliche Verflechtungen sowie tatsächliche Einflüsse kraft überlegenen Wissens ("Kopf und Seele") vermöchten die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben, weil sie nicht dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände genügten. Der Kläger zu 1) trage auch kein relevantes Unternehmerrisiko. Seine Arbeitskraft müsse der Kläger zu 1) angesichts der dienstvertraglich vereinbarten Gegenleistung in Form einer Festvergütung von monatlich 7.000 € nicht mit der Gefahr des Verlustes einsetzen. Hinzu komme, dass dem Kläger zu 1) für den Fall einer nicht zu vertretenden Arbeitsverhinderung ein Fortzahlungsanspruch für die Dauer von sechs Wochen sowie ein Anspruch auf Spesenersatz eingeräumt sei. Die dem Kläger zu 1) kraft seines Gesellschaftsanteils zustehende Gewinnbeteiligung führe zu keinem Unternehmerrisiko, denn diese sei angesichts der festen Monatsvergütung einem Wagniskapital nicht gleichzusetzen, sondern Ausdruck auch bei Arbeitnehmern verbreiteter leistungsorientierter Vergütungsbestandteile. Die Möglichkeit, dass die Klägerin zu 2) Verluste erwirtschafte, die sich über seine Beteiligung auf den Kläger zu 1) auswirkten, folge aus seiner Stellung als Gesellschafter, nicht hingegen aus seiner dienstvertraglich geschuldeten Tätigkeit. Das vom Kläger zu 1) übernommene Darlehen in Höhe von 23.000 € begründe als solches typischerweise keine unternehmerische Position, da sich hierdurch nicht die rechtlichen Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft erhöhten.

    Hiergegen haben die Kläger am 10.08.2020 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingereicht mit der Begründung, das SG habe den vom BSG postulierten Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den vertraglichen Vereinbarungen nicht hinreichend berücksichtigt. Basierend auf dem Dienstvertrag unterliege der Kläger tatsächlich keinen Beschränkungen hinsichtlich seiner Dienstzeit, er führe in eigener Verantwortung Kundengespräche, hole Angebote ein und stelle Kalkulationen auf. Er bestimme Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort seiner Tätigkeit, wobei bestimmend für jegliche Tätigkeit gewinnorientiertes unternehmerisches Denken und Handeln als Mitgesellschafter seien und gerade nicht eine Weisungsgebundenheit. Er habe primär eine bestimmende, leitende Funktion. Unterstrichen und verstärkt werde dies durch die eingeräumte Prokura. Diese Funktion geht auch deutlich über die Funktion eines leitenden Angestellten hinaus. So habe der Kläger zu 1) gemäß § 8 Nr 6 GV 20.07.2017 ein umfassendes Vetorecht, mit welchem er jegliche Beschlüsse der Gesellschaft verhindern könne. Zwar seien Kommanditisten nach dem gesetzlichen Leitbild (§ 164 Handelsgesetzbuch <HGB>) von der Geschäftsführung ausgeschlossen und könnten Handlungen des Komplementärs grundsätzlich nicht widersprechen, so dass es nach diesem Leitbild in der Tat an maßgeblichem Einfluss auf die Geschäftstätigkeit fehle mit der Folge, dass mitarbeitende Kommanditisten in der Regel als abhängig beschäftigt anzusehen und somit Pflichtmitglied in allen Zweigen der Sozialversicherung seien. Eine abweichende Beurteilung sei jedoch geboten, wenn der Kommanditist aufgrund einer entsprechenden Regelung im Gesellschaftsvertrag oder durch Dienstvertrag an der Geschäftsführung teilnehme, wenn also eine vom Regelfall des § 164 HGB abweichende Regelung getroffen worden sei, und hinzukomme, dass der Kommanditist jeden ihm nicht genehmen Gesellschafterbeschluss verhindern könne. Das nur sehr schwach ausgeprägte Weisungsrecht zeige sich auch darin, dass die Gesellschaft von der in § 6 Nr 3 GV 20.07.2017 eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht habe, Kommanditisten mit der Geschäftsführung zu betrauen, was in Gestalt der §§ 1 und 3 Nr 1 und 3 des Dienstvertrages in Person des Klägers umgesetzt worden sei. Das Gericht führe aus, "Vorbehaltlich abweichender Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag sei die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Angestellten der Gesellschaft Sache der laufenden Geschäftsführung, nicht dagegen der Gesellschafterversammlung." Eine solche abweichende Bestimmung finde sich jedoch in § 6 Nr 3 GV 20.07.2017 und in §§ 1 und 3 Nr 1 des Dienstvertrages. Somit sei die Schlussfolgerung des Gerichts, der Kläger zu 1) unterliege in seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 2) der Weisungsbefugnis der zur Geschäftsführung berufenen Komplementärin, Kommanditisten seien von der Geschäftsführung ausgeschlossen und bei der Ausübung ihrer Geschäftsführungsbefugnisse bedürfe die Komplementär-GmbH somit auch keiner Zustimmung des Klägers zu 1), rechtsfehlerhaft. § 164 HGB sei abdingbar, die Stärkung der Rechte der Kommanditisten sei möglich bis hin zur Geschäftsführung des Kommanditisten unter Ausschluss des Komplementärs. Vorliegend sei dem Kläger zu 1) im Dienstvertrag die Geschäftsführung übertragen worden, somit unterliege er auch nicht den Weisungen des Geschäftsführers des Komplementärs. Er habe "nur Weisungen und Empfehlungen der Gesellschafterversammlung" zu beachten (§ 3 Nr 4 des Dienstvertrages in Verbindung mit § 6 Nr 3 und 5 GV 20.10.2017). Der Vollständigkeit halber sei zum Vorliegen eines unternehmerischen Risikos zu ergänzen, dass der Kläger zu 1) mit einer finanziellen Beteiligung an der Klägerin zu 2) von 37.000,00 € zuzüglich einem Darlehen durchaus ein unternehmerisches Risiko trage, das ein typischer Arbeitnehmer in dieser Form nicht habe. Der Kläger zu 1) habe im Falle einer Insolvenz als Selbständiger keinen Anspruch auf Insolvenzgeld und würde zudem sein eingesetztes Kapital verlieren. Auf der anderen Seite sei der Kläger zu 1) direkt am Gewinn der Gesellschaft beteiligt und erhalte nicht wie ein typischer Arbeitnehmer nur einen zuvor vereinbarten Anteil.

    Die Kläger beantragen,

    das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25.06.2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2018 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger zu 1) in seiner Tätigkeit als Prokurist und mitarbeitender Kommanditist bei der Klägerin zu 2) seit dem 01.07.2017 nicht der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie hat auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid verwiesen und hinzugefügt, dass der Kläger zu 1) nach dem Dienstvertrag für die Klägerin zu 2) zwar geschäftsführend tätig sein solle, es ihm aber an der rechtswirksamen Geschäftsführereigenschaft mangele. Die Geschäfte würden allein von der Komplementärin geführt. Hieran ändere auch die dem Kläger zu 1) eingeräumte Prokura nichts, denn diese gebe ihm nicht das Recht, als Geschäftsführer zu agieren. Insoweit gehe vorliegend auch das in der Berufungsbegründung vorgebrachte Argument zur tatsächlich bestehenden Rechtsmacht fehl. Für das Vorliegen der Rechtsmacht genüge zwar die Abwendung unliebsamer Weisungen des Dienstberechtigten bei Gesellschaftern, die zum Geschäftsführer bestellt seien. Der Kläger zu 1) sei jedoch nicht Geschäftsführer der Klägerin zu 2), sodass eine bloße Verhinderungsmacht hier gerade nicht ausreichend sei.

    Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

    Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

    Entscheidungsgründe

    Die Berufung bleibt ohne Erfolg.

    Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) eingelegte Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und damit zulässig, sie ist in der Sache aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 15.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2018 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Das SG hat deshalb die Klage zu Recht abgewiesen.

    Nach § 7a Abs 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV zuständigen DRV Bund (Beklagte) beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Antragsberechtigt sind die Beteiligten eines möglichen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl I, 2000, 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drucks 14/1855, 6). Materiell entscheidet die Beklagte aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in den Absätzen 3 bis 5 geregelt. § 7a Abs 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Abs 7 der Vorschrift ordnet die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch bezüglich der Fälligkeit der Beiträge an (Satz 1).

    Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 1 Satz 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch <SGB VI>; § 25 Abs 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch <SGB III>). Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die hierfür vom BSG entwickelten Abgrenzungsmaßstäbe (vgl ua BSG 04.06.2019, B 12 R 11/18R - <Honorararzt>) gelten nicht nur für Geschäftsführer einer GmbH, bei denen sich die Frage einer abhängigen Beschäftigung in erster Linie danach richtet, ob der Geschäftsführer nach der ihm zukommenden, sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmacht ihm nicht genehme Weisungen verhindern oder Beschlüsse beeinflussen kann, die sein Anstellungsverhältnis betreffen (stRspr des BSG, ua BSG 19.09.2019, B 12 R 25/18 R, BSGE 129, 95= SozR 4-2400 § 7 Nr 43 mwN, BSG 08.07.2020, B 12 R 26/18 R, juris Rn 12 f), sondern auch für mitarbeitende Kommanditisten einer GmbH & Co KG.

    Bei der Beurteilung der Tätigkeit von Gesellschaftern (einer GmbH oder einer KG) sind verschieden Fallkonstellationen zu unterscheiden. Mitarbeitende Gesellschafter, die allein aufgrund ihrer Stellung als Gesellschafter in der Gesellschaft tätig sind und die außerhalb des Gesellschaftsvertrages keine rechtsgeschäftlichen Beziehungen zur Gesellschaft haben, sind nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt, sondern Mitunternehmer (vgl hierzu LSG Baden-Württemberg 22.07.2020, L 5 BA 4158/19, juris). Insoweit fehlt es bereits an einer Beschäftigung gegen Entgelt. Die Gewinnanteile, die der Kommanditist einer GmbH & Co KG erhält, sind kein Arbeitsentgelt, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs 1 Nr 2, Abs 3 Einkommensteuergesetz).

    Mitarbeitende Gesellschafter, die - wie der Kläger zu 1) - aufgrund eines zusätzlich zum Gesellschaftsvertrag geschlossenen Vertrages gegen Entgelt für die Gesellschaft tätig sind, können sowohl abhängig beschäftigt als auch selbständig tätig sein. Bei einer GmbH & Co KG sind Kommanditisten, deren Mitarbeit in der KG auf einem (zivilrechtlichen) Dienstvertrag beruht, selbständig tätig, wenn sie als Mitunternehmer zu betrachten sind. Dies ist nur der Fall, wenn sie aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Regelungen die Stellung eines geschäftsführenden (unternehmensleitenden) Kommanditisten innehaben oder über ein Weisungsrecht gegenüber der Komplementär-GmbH verfügen. Weder das eine noch das andere ist hier anzunehmen.

    Der Kläger zu 1) hat nicht die Stellung eines geschäftsführenden Kommanditisten inne. Nach § 164 Satz 1 HGB sind die Kommanditisten von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossen. Aufgrund des Umstands, dass § 164 HGB dispositives Recht ist (vgl § 163 HGB), können die Gesellschafter allerdings bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags oder durch dessen Änderung die Kommanditisten zu geschäftsführenden Gesellschaftern machen. Dies kann zur Folge haben, dass die Beschlüsse über die Geschäftsführung auch gegen den Willen der Komplementäre gefasst werden können (Staake, NZG 2021, 95, 99). Der GV 20.07.2017 enthält derartige Regelungen nicht. Auf den Dienstvertrag, den der Kläger zu 1) mit der der Klägerin zu 2) geschlossenen hat, können sich die Kläger nicht berufen. Dort ist zwar in § 3 Nr 1 vereinbart, dass der Kläger zu 1) ausschließlich für die Klägerin zu 2) geschäftsführend tätig sein wird. Maßgebend für die Frage, ob der Kommanditist unternehmensleitend tätig sein kann und darf, sind aber nicht die Regelungen in einem mit der KG geschlossenen Anstellungsvertrag, sondern die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen.

    Der Kläger zu 1) besitzt auch kein Weisungsrecht gegenüber der Komplementär-GmbH. Die Stellung als Kommanditist räumt ihm keine Rechtsmacht in Bezug auf die Komplementär-GmbH ein. Kommanditisten einer GmbH & Co KG steht - anders als den Gesellschaftern einer GmbH - im Bereich der allein der Komplementär-GmbH obliegenden gewöhnlichen Geschäftsführung kein Weisungsrecht zu (vgl BGH 11.2.1980, II ZR 41/79, BGHZ 76, 160, 164 f). Sie sind vielmehr nach § 164 Satz 1 HGB von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossen und können einer Handlung der persönlich haftenden Gesellschafter nicht widersprechen, es sei denn, dass die Handlung über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgeht. Lediglich solche außergewöhnlichen Handlungen bedürfen der Zustimmung der Kommanditisten. Selbst daran fehlt es hier. Nach § 6 Nr 4 GV 20.07.2017 steht den Kommanditisten - und damit auch dem Kläger zu 1) - auch bei Geschäften, die über den Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, kein Widerspruchsrecht gegenüber der Komplementär-GmbH zu.

    Da § 164 Satz 1 HGB dispositives Recht ist, kann im Gesellschaftsvertrag einer GmbH & Co KG abweichend von § 164 HGB ein Weisungsrecht der Kommanditisten gegenüber der Komplementär-GmbH vereinbart werden (BSG 08.07.2020, B 12 R 2/19 R mwN) Von dieser Möglichkeit hat die GmbH & Co KG (Klägerin zu 2) hier keinen Gebrauch gemacht. Die Kläger berufen sich insoweit zu Unrecht auf § 8 Nr 5 des GV 20.07.2017. Diese Bestimmung lautet: "Die Kommanditisten zu 3) und 4) [Anm.: Das sind der Kläger zu 1) und Herr S.], gemeinsam und jeder für sich, haben das Recht, innerhalb von 2 Wochen nach Beschlussfassung bzw Kenntnis vom Beschlussinhalt ihr Veto gegen einzelne Beschlüsse einzulegen (Vetorecht). Das Veto ist schriftlich gegenüber der Gesellschaft und den anderen Gesellschaftern zu erklären. Wird das Vetorecht fristgerecht ausgeübt, gilt der entsprechende Beschluss als von vornherein nicht gefasst." Diese Regelung betrifft das Verhältnis der Kommanditisten, also auch des Klägers zu 1), zur KG, also der Klägerin zu 2), und nicht das Verhältnis der Kommanditisten zur Komplementär-GmbH. Aber darauf kommt es entscheidend an. Trotz dieser Bestimmung im GV 20.07.2017 bleibt der Kläger zu1) von der Geschäftsführung der Klägerin zu 2) ausgeschlossen.

    Wie das SG zutreffend dargelegt hat, ist der Kläger abhängig beschäftigt, da er trotz seiner weitreichenden Rechte in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist und den Weisungen der geschäftsführenden Komplementär-GmbH unterliegt. Der Kläger ist zwar kraft Gesellschaftsvertrages als Prokurist bestellt ist (vgl § 6 Nr 5 GV 20.07.2017) und ihm steht ein Vetorecht zu (§ 8 Nr 6 GV 20.07.2017), mit dem er sämtliche ihm nicht genehme Gesellschafterbeschlüsse (der GmbH & Co KG, nicht der Komplementär-GmbH) verhindern kann. Dies ermöglicht es ihm aber nicht, Weisungen der geschäftsführenden Komplementär-GmbH zu verhindern. Diese ist gemäß § 6 Abs 1 GV 20.07.2017 allein zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt und verpflichtet. Der Kläger zu 1) hingegen ist gemäß § 6 Abs 5 GV 20.07.2017 lediglich Prokurist und gerade kein Geschäftsführer. Anders als die Kläger meinen, bedarf es keiner Gesellschafterbeschlüsse, um dem Kläger zu 1) gegenüber Weisungen zu erteilen, weshalb ihm an dieser Stelle sein Vetorecht keinen Vorteil verschafft. Vorbehaltlich abweichender Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Angestellten einer Gesellschaft Sache der laufenden Geschäftsführung, nicht dagegen der Gesellschafterversammlung (vgl zur GmbH BSG 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R, BSGE 120, 59-69, SozR 4-2400 § 7 Nr 26; BSG 23.06.1994, 12 RK 72/92, juris Rn 15; BSG 25.01.2006, B 12 KR 30/04 R, juris Rn 23; BSG 19.08.2015, B 12 KR 9/14 R, juris Rn 28; vgl auch LSG Hessen 20.09.2018, L 8 KR 336/15, juris Rn 30 ff). Die Komplementär-GmbH leitet als alleinige Geschäftsführerin das Tagesgeschäft, nimmt für die KG die Arbeitgeber- und Unternehmerfunktion wahr, schließt mit den Arbeitern und Angestellten - also auch mit Prokuristen - Arbeitsverträge ab und übt gegenüber dem einzelnen Arbeitnehmer die Weisungsbefugnisse des Arbeitgebers aus (LSG Sachsen 05.12.2017, L 9 KR 26/12, Rn 77 - 78, juris mwN).

    Die Argumentation des Klägers zu 1), er sei frei in der Ausübung seiner Tätigkeit in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und auch Arbeitsinhalt (§ 3 Nr 2 und Nr 8 des Dienstvertrages), so dass er keinen Weisungen unterliege, trifft zum einen nicht zu. Nach § 3 Nr 8 Satz 1 des Dienstvertrages ist der Kläger zu1) lediglich in der Bestimmung seines Arbeitsortes und der Verteilung seiner Arbeitszeit, nicht aber hinsichtlich des Arbeitsinhalts und dem Umfang seiner Arbeitszeit (siehe § 3 Nr 2 Satz 1 des Dienstvertrages: Er wird in der Regel in Vollzeit tätig sein) frei. Zum anderen besteht selbst diese Freiheit nicht uneingeschränkt. Nach §3 Nr 8 Satz 2 des Dienstvertrages ist der Kläger zu 1) gehalten, soweit es das Wohl der Gesellschaft erfordert, zur Dienstleistung zur Verfügung zu stehen. Der Dienstvertrag räumt dem Kläger zu 1) keine Rechte gegenüber der Komplementär-GmbH ein, sondern belegt vielmehr, dass er von seiner vertraglichen Geschäftsführungsbefugnis nur im Rahmen der von der Komplementär-GmbH gemachten Vorgaben Gebrauch machen kann.

    Es kommt auch nicht darauf an, worauf auch das SG zutreffend hingewiesen hat, ob es tatsächlich jemals zu Weisungen durch die Komplementär-GmbH gekommen ist. Nach der Rechtsprechung des BSG ist nur eine im Gesellschaftsvertrag selbst und unmittelbar angelegte Regelung in der Lage, eine sozialversicherungsrechtlich beachtliche Weisungsfreiheit zu gewährleisten (BSG 14.03.2018, B 12 KR 13/17 R, juris Rn 18; BSG 08.07.2020, B 12 R 2/19 R, juris Rn 20). Die Maßgeblichkeit des rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhaltens der Beteiligten ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren. Eine "Schönwetter-Selbstständigkeit" lediglich in harmonischen Zeiten, während im Fall eines Zerwürfnisses die rechtlich bestehende Weisungsgebundenheit zum Tragen käme, ist nicht anzuerkennen (BSG 08.07.2020, B 12 R 2/19 R, juris Rn 17; BSG 19.09.2019, B 12 R 25/18 R, BSGE 129, 95 = SozR 4-2400 § 7 Nr 43, Rn 15, 23 mwN).

    Die Darlehensgewährung eines Kommanditisten begründet kein mit seiner Tätigkeit für die KG verbundenes Unternehmerrisiko. Der Gesellschafter übernimmt damit vielmehr nur ein Haftungs- oder Ausfallrisiko, wie es mit jeder Darlehensgewährung verbunden ist. In Bezug auf die Tätigkeit Klägers zu 1) für die Klägerin zu 2) ergeben sich aus der Darlehensgewährung keine erkennbaren finanziellen Auswirkungen, vielmehr erhält er insoweit als Gegenleistung nach wie vor und weiterhin eine feste monatliche Vergütung (vgl BSG 19.08.2015, B 12 KR 9/14 R, Die Beiträge Beilage 2016, 59 zu einer bei der GmbH angestellten Minderheitsgesellschafterin). Dass der Kläger zu 1) am Gewinn der Gesellschaft beteiligt ist, folgt nicht aus seinem Dienstvertrag, sondern aus seiner Stellung als Anteilseigner an der Klägerin zu 2). Gleiches gilt für das Verlustrisiko in Bezug auf das von ihm eingesetzte Kapital.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, da bei einer subjektiven Klagehäufung im Falle eines einheitlichen Streitgegenstandes die sich zugunsten des einen Klägers gem § 183 Satz 1 SGG bestehende Kostenfreiheit auf den anderen, nicht privilegierten Kläger erstreckt (vgl hierzu BSG 29.05.2006, B 2 U 391/05 B, SozR 4-1500 § 193 Nr 3).

    Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

    RechtsgebieteSGB IV, HGB, EStGVorschriften§ 7 Abs. 1 S. 1-2 SGB IV, § 7a Abs. 1 S. 1 SGB IV, § 163 HGB, § 164 S. 1 HGB, § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, § 15 Abs. 3 EStG