17.03.2023 · IWW-Abrufnummer 234290
Oberlandesgericht Bremen: Urteil vom 25.01.2023 – 1 U 45/22
1. Die Ausübung eines Widerrufsrechts in einem mit einem Kaufvertrag verbundenen Verbraucher-Darlehensvertrag ist nicht schon deswegen als rechtsmissbräuchlich anzusehen, weil der Verbraucher sich in erster Linie vom Kaufvertrag lösen möchte, für den ihm kein eigenes Widerrufsrecht zusteht, oder weil der Verbraucher den finanzierten Gegenstand ungeachtet der Erklärung des Widerrufs im verbundenen Darlehensvertrag weiternutzt.
2. Die Frage des Bestehens einer Vorleistungspflicht des Verbrauchers gegenüber seinen Ansprüchen auf Rückzahlung bis zum Widerruf erbrachter Leistungen bei der Rückabwicklung eines Verbraucher-Darlehensvertrags als verbundenem Geschäft nach den §§ 357 Abs. 4, 358 Abs. 4 S. 1 BGB bedarf keiner Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof, wenn der Rückzahlungsanspruch jedenfalls aufgrund einer Aufrechnung des Darlehensgebers mit seinem Gegenanspruch auf Ersatz für den Wertverlust der finanzierten Ware erloschen ist.
3. Die Frage des Bestehens einer Vorleistungspflicht des Verbrauchers gegenüber bereicherungsrechtlichen Ansprüchen auf Rückzahlung erst nach dem Widerruf erbrachter Leistungen bei der Rückabwicklung eines Verbraucher-Darlehensvertrags als verbundenem Geschäft nach den §§ 357 Abs. 4, 358 Abs. 4 S. 1 BGB ist allein nach nationalem Recht zu beurteilen.
4. Für eine auf das Nichtbestehen von Zins- und Tilgungszahlungsverpflichtungen aufgrund des Widerrufs eines Verbraucher-Darlehensvertrags gerichtete negative Feststellungsklage ist eine örtliche Zuständigkeit der Gerichte am Wohnsitz des Darlehensnehmers begründet.
5. Ein Gerichtsstand am Wohnsitz des Verbraucher-Darlehensnehmers besteht auch für eine Klage des Verbrauchers auf Rückzahlung seiner Leistungen auf den Darlehensvertrag, wenn der Darlehensvertrag mit einem Kaufvertrag über den Erwerb einer beweglichen Sache verbunden ist, dies für sowohl vor wie auch nach dem Widerruf erbrachte Leistungen.
In dem Rechtsstreit
...,
Kläger und Berufungskläger sowie Hilfswiderbeklagter,
Prozessbevollmächtigte:
...
gegen
...,
Beklagte und Berufungsbeklagte sowie Hilfswiderklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
...
Es wird festgestellt, dass der Kläger aus dem mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag vom 15.11.2019 über EUR 27.746,20 unter Anerkennung der Wertersatzpflicht weder die Zahlung der Zinsen i.H.v. 2,96 % p.a. noch die Erbringung von Tilgungsleistungen aufgrund des Widerrufs seit dem 23.02.2021 schuldet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Auf die Hilfswiderklage wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, jeden über den Betrag von EUR 9.453,00 hinausgehenden Wertverlust des ..., sowie jeden weiteren Wertverlust bis zur tatsächlichen Rückgabe des Fahrzeugs, zu ersetzen, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war.
Weiter wird der Kläger auf die Hilfswiderklage verurteilt, den Pkw ..., einschließlich Fahrzeugschlüssel, Zulassungsbescheinigung Teil I und Bord/Wartungshandbuch an die Beklagte herauszugeben.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 27 %, die Beklagte zu 73 %.
III. Dieses Urteil sowie das Urteil des Landgerichts Bremen vom 19.05.2022 sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils gegen ihn zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Gegenstandswert für die Berufung wird auf EUR 34.556,- festgesetzt.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs eines Verbraucherdarlehensvertrages zur Finanzierung eines Gebrauchtfahrzeugs.
Die Parteien schlossen unter dem 15.11.2019 einen Darlehensvertrag mit der Beklagten als Darlehensgeberin und dem Kläger und seiner Ehefrau als Darlehensnehmer bzw. Mitdarlehensnehmerin über einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von EUR 25.103,00 (Darlehensgesamtbetrag: EUR 27.746,20) mit einem gebundenen Sollzinssatz von 2,96 Prozent p.a. (effektiver Jahreszins: 3,00 Prozent p.a.) zur Finanzierung eines Gebrauchtwagens der Marke ... mit einem Erstzulassungsdatum vom 15.06.2016 und einem Kilometerstand von 117.812 km. Die dem Kläger übergebenen fortlaufend paginierten Vertragsunterlagen enthalten neben einem Exemplar des Darlehensantrags eine "Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite", ein Dokument "Informationen zu Ihrem Darlehensvertrag", eine Selbstauskunft des Klägers nebst Datenschutzinformationen der Auskunfteien, die Allgemeinen Darlehensbedingungen (nachfolgend: "ADB") der Beklagten sowie eine Widerrufsinformation, in der es zum Widerrufsrecht auszugsweise wie folgt heißt: "Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem Sie alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten haben."
In den Dokumenten "Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite" sowie "Informationen zu Ihrem Darlehensvertrag" wurde zu den Folgen bei Zahlungsverzug jeweils angegeben, dass dem Darlehensnehmer "die gesetzlichen Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz pro Jahr" berechnet würden. Unter Ziffer 3.3 der ADB der Beklagten wird ebenfalls auf die Berechnung der gesetzlichen Verzugszinsen auf der Grundlage des Basiszinssatzes verwiesen sowie auf die Ermittlung und Bekanntgabe des Basiszinssatzes durch die Deutsche Bundesbank zum 01.01. und 01.07. eines Jahres. Das Darlehen wurde vereinbarungsgemäß direkt an den Händler ausgezahlt. Der Kläger zahlte die monatlichen Raten ab Februar 2020.
Mit Schreiben vom 23.02.2021 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, den Darlehensvertrag zu widerrufen. Mit Schriftsatz vom 18.05.2021 forderten die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 25.05.2021 zur Bestätigung des Widerrufs auf und erklärten zugleich das Angebot, den finanzierten Pkw der Beklagten an deren Geschäftssitz zu übergeben.
Der Kläger verfolgt mit seiner Klage das Ziel der Feststellung, dass er aus dem mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag aufgrund des von ihm erklärten Widerrufs weder die Zahlung von Zinsen noch die Erbringung von Tilgungsleistungen schulde, und er macht die Rückzahlung der von ihm erbrachten Darlehensraten geltend.
Der Kläger ist der Auffassung, im Februar 2021 noch zum Widerruf des Darlehensvertrags berechtigt gewesen zu sein, da die Widerrufsinformation der Beklagten fehlerhaft und die im Vertrag enthaltenen Pflichtangaben unvollständig bzw. fehlerhaft seien.
Im Einzelnen rügt der Kläger unter anderem, dass die Angaben der Beklagten zum Verzugszinssatz unzureichend seien. Der Darlehensvertrag hätte den zum Zeitpunkt seines Abschlusses geltenden Verzugszinssatz als Prozentsatz angeben müssen sowie, falls dieser Zinssatz sich ändern könne, die Formel für die Berechnung des anwendbaren Zinssatzes sowie, falls insoweit auf einen Referenzzinssatz oder Referenzwert als Variable zurückgegriffen werde, das Datum, den Ort und den Urheber von dessen Bekanntgabe. Zudem habe die Beklagte den Kläger nicht hinreichend über den Beginn der Widerrufsfrist informiert, da die Verweisung darauf, dass die Widerrufsfrist nach Erhalt der Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB zu laufen beginne (Kaskadenverweis) nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht hinreichend deutlich sei. Dass die Beklagte insoweit den Wortlaut der Musterwiderrufsinformation in Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB übernommen habe, stehe dem nicht entgegen.
Der Kläger hat vor dem Landgericht beantragt,
1. festzustellen, dass die Klagepartei aus dem mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag vom 15.11.2019 über EUR 27.746,20 unter Anerkennung der Wertersatzpflicht weder die Zahlung der Zinsen i.H.v. 2,96 % p.a. noch die Erbringung von Tilgungsleistungen aufgrund des Widerrufs seit dem 23.02.2021 schuldet;
2.a. die Beklagte zu verurteilen, nach Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs ... an die Klagepartei EUR 3.845,79, abzüglich EUR 1.230,72 Wertverlust, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2.b. die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs ... an die Klagepartei EUR 3.549,96 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs ... in Annahmeverzug befindet;
4. die Beklagte zu verurteilen, die Klagepartei von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von EUR 1.842,12 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hilfswiderklagend hat die Beklagte beantragt,
festzustellen, dass die Klagepartei verpflichtet ist, jeden über den vorstehend bezifferten Wertverlust i.H.v. EUR 9.453,00 hinausgehenden Wertverlust des ... sowie jeden weiteren Wertverlust bis zur tatsächlichen Rückgabe des Fahrzeugs, zu ersetzen, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war.
Der Kläger hat beantragt,
die Hilfswiderklage abzuweisen.
Die Beklagte hat vor dem Landgericht dessen örtliche Unzuständigkeit geltend gemacht und gemeint, das Landgericht München sei örtlich zuständig.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Widerrufsinformation ordnungsgemäß gewesen sei und dass auch die Pflichtangaben zutreffend erteilt worden seien. Zudem beruft sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion für die von ihr erteilte Widerrufsbelehrung. Ferner macht die Beklagte geltend, dass die Erklärung des Widerrufs durch den Kläger rechtsmissbräuchlich sei.
Für den Fall, dass von einem wirksamen Widerruf auszugehen sei, hat die Beklagte vor dem Landgericht die Aufrechnung gegenüber den Zahlungsansprüchen aus den Anträgen zu 2.a. und 2.b. in Höhe der Klageforderung mit einem (Teil-) Wertersatzanspruch wegen eines Wertverlusts des Pkw erklärt. Die Beklagte hat vor dem Landgericht die Auffassung vertreten, dass ihr ein solcher Wertersatzanspruch i.H.v. EUR 9.453,- zustehe.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 19.05.2022 die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat seine örtliche Zuständigkeit bejaht und auch das erforderliche Feststellungsinteresse angenommen, in der Sache hat es aber den Widerruf des Klägers als unwirksam angesehen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Beklagte sich auf die Gesetzlichkeitsfiktion für die Widerrufsbelehrung berufen könne, dies der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgend auch ungeachtet der Unzulässigkeit der Verwendung des sogenannten Kaskadenverweises nach den hier maßgeblichen Maßstäben des europäischen Rechts. Auch die weiteren Angriffe des Klägers gegen die Widerrufsinformation hat das Landgericht als nicht begründet erachtet. Zudem seien im Vertrag auch die erforderlichen Pflichtangaben enthalten, wobei das Landgericht angenommen hat, dass auch hinsichtlich der Angabe des Verzugszinssatzes der Hinweis auf die Methode der Berechnung in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hinreichend sei. Hinsichtlich des Tatbestandes und des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird Bezug genommen auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts Bremen vom 19.05.2022, Az. 4 O 1551/19 (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt.
Der Kläger wiederholt und bekräftigt sein Vorbringen dazu, dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei und dass der Darlehensvertrag nicht die erforderlichen Pflichtangaben enthalte, so dass sein Widerrufsrecht im Jahr 2021 noch nicht verfristet gewesen sei. Der Kläger verweist hierzu insbesondere auf die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach der Kreditvertrag hinsichtlich des Verzugszinssatzes nicht nur eine etwaige Berechnungsformel bei einem veränderlichen Zinssatz anzugeben habe, sondern auch den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Verzugszinssatz als Prozentsatz. Auch könne sich im Fall von Belehrungsfehlern die Beklagte nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs weder auf eine Verwirkung noch auf einen Rechtsmissbrauch gegenüber der Ausübung des Widerrufsrechts berufen.
Zur Frage des Wertersatzes trägt der Kläger vor, dass der aktuelle Kilometerstand des Fahrzeugs (Stand 23.06.2022) ca. 148.000 km betrage, woraus sich ein aktueller Wert des Fahrzeugs von EUR 16.700,- ergebe. Abzüglich der Mehrwertsteuer i.H.v. 19 % und der Händlermarge i.H.v. 15 % des Nettokaufpreises ergebe sich hieraus ein maximaler Wertverlust von EUR 1.230,72. Gegenüber dem von der Beklagten behaupteten höheren Wertverlust beruft sich der Kläger auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Der Kläger meint, dass der Beklagten gegenüber dem Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der sowohl vor wie nach dem Widerruf erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen kein Leistungsverweigerungsrecht zustehe. Er meint, dass es mit dem Unionsrecht unvereinbar wäre, wenn eine auf Rückzahlung der vom Verbraucher geleisteten Darlehensraten nach Widerruf gerichtete Klage allein deshalb als derzeit unbegründet abgewiesen würde, weil der Darlehensgeber nicht mit der Annahme des Kaufgegenstands aus dem verbundenen Geschäft in Verzug geraten sein sollte. Die Regelung des § 357 Abs. 4 BGB sei entsprechend europarechtskonform restriktiv auszulegen und könne auch keine Anwendung auf bereicherungsrechtliche Rückforderungsansprüche für nach dem Widerruf erbrachte Leistungen finden, hier sei vielmehr der § 273 BGB anzuwenden. Zudem sei die Frage der Vorleistungspflicht des Verbrauchers in verbundenen Geschäften Gegenstand eines Vorlageverfahrens zum Europäischen Gerichtshof und der Kläger beantragt die Aussetzung des vorliegenden Verfahrens für den Fall, dass diese Frage auch vorliegend entscheidungserheblich werden sollte.
Zudem sei auch ein Annahmeverzug der Beklagten begründet, da auf das wörtliche Angebot der Rückgabe des Pkw durch den Kläger die Beklagte den Widerruf und die Rücknahme des Pkw abgelehnt habe. Die den Widerruf ablehnende Erklärung der Beklagten könne nur so zu verstehen sein, dass sie die Leistung des Klägers nicht annehmen werde. Der Kläger hat mit der Berufungsbegründung nochmals erklärt, der Beklagten vorab anzubieten, den Pkw am Sitz der Beklagten im Rahmen einer Bringschuld zurückzugeben.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1. festzustellen, dass die Klagepartei aus dem mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag vom 15.11.2019 über EUR 27.746,20 unter Anerkennung der Wertersatzpflicht weder die Zahlung der Zinsen i.H.v. 2,96 % p.a. noch die Erbringung von Tilgungsleistungen aufgrund des Widerrufs seit dem 23.02.2021 schuldet;
2.a. die Beklagte zu verurteilen, nach Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs ... an die Klagepartei EUR 3.845,79, abzüglich EUR 1.230,72 Wertverlust, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2.b. die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs ... an die Klagepartei EUR 3.549,96 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs ... in Annahmeverzug befindet;
4. die Beklagte zu verurteilen, die Klagepartei von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von EUR 1.842,12 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hilfswiderklagend beantragt die Beklagte,
1. festzustellen, dass die Klagepartei verpflichtet ist, jeden über den vorstehend bezifferten Wertverlust i.H.v. EUR 9.453,00 hinausgehenden Wertverlust des ... sowie jeden weiteren Wertverlust bis zur tatsächlichen Rückgabe des Fahrzeugs, zu ersetzen; sowie
2. die Klagepartei zu verurteilen, den Pkw des Typs ..., einschließlich Fahrzeugschlüssel, Zulassungsbescheinigung Teil I und Bord/Wartungshandbuch an die Beklagte herauszugeben.
Der Kläger beantragt,
die Hilfswiderklage abzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und meint, der vom Kläger erklärte Widerruf sei verfristet. Die Berufung des Klägers auf das Widerrufsrecht sei jedenfalls auch widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich. Der Kläger hege keine Vertragsreue hinsichtlich des Abschlusses des Darlehensvertrags, sondern wolle lediglich das finanzierte Fahrzeug wieder zurückgeben; die Beklagte als finanzierende Bank könnte nach den Grundsätzen von Treu und Glauben aber nicht nur deswegen einen etwaigen Wertverlust des Fahrzeugs tragen müssen, weil ein gesetzliches Widerrufsrecht nur hinsichtlich des Darlehensvertrags bestehe, nicht aber hinsichtlich des Kaufvertrags. Zwar habe der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 09.09.2021 den Einwand der Verwirkung ausgeschlossen, dabei sei es aber lediglich um eine Geltendmachung der Verwirkung allein wegen Zeitablaufs gegeben, während vorliegend der tatsächliche Umstand hinzutrete, dass der Kläger das Fahrzeug auch trotz Widerrufs nicht abgemeldet, sondern weitergenutzt habe.
Die Beklagte meint, dass der Kläger für die Geltendmachung von Rechten nach dem Widerruf grundsätzlich vorleistungspflichtig sei. Die Vorleistungspflicht könne die Beklagte auch der vom Kläger begehrten Feststellung entgegenhalten, aus den Darlehen keine Raten mehr zu schulden. Der Grundsatz der Vorleistungspflicht des Verbrauchers müsse auch dann gelten, wenn der Verbraucher den Kaufpreis noch nicht bezahlt habe, und der Kläger müsse erst das finanzierte Fahrzeug herausgeben, bevor er die Zahlung der monatlichen Raten und die Rückführung des Darlehens einstellen könne. Im Hinblick darauf, dass nach erfolgtem Widerruf die empfangene Darlehenssumme zurückzugewähren und zu verzinsen sei, bestehe zudem auch kein Interesse an der begehrten Feststellung, aus dem Darlehen keine Raten mehr zu schulden.
Die Beklagte macht weiter geltend, dass ihr für den Fall der Wirksamkeit des Widerrufs nach den §§ 358 Abs. 4 S. 1, 357 Abs. 7 BGB ein Wertersatzanspruch für den Wertverlust des finanzierten Fahrzeugs nach der Vergleichswertmethode zustehe, d.h. bemessen anhand der Differenz zwischen dem unter Heranziehung der vertraglichen Gegenleistung zu ermittelnden Verkehrswert des Fahrzeugs bei Abschluss des Darlehensvertrags und dem Verkehrswert des Fahrzeugs bei dessen Rückgabe an den Darlehensgeber. Die Beklagte meint daher, dass ihr insgesamt ein Wertersatzanspruch i.H.v. EUR 9.453,- zustehe, der sich berechne aus dem Verkehrswert des Fahrzeugs bei Übergabe an den Kläger i.H.v. EUR 25.103,- abzüglich eines Fahrzeugwerts laut aktueller Bewertung i.H.v. EUR 15.650,-. Bis zur Höhe der Klagforderung i.H.v. insgesamt EUR 7.395,75 erklärt die Beklagte mit diesem Wertersatzanspruch die Aufrechnung. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache ist die Berufung des Klägers begründet hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 1. und führt insoweit zur Abänderung des angefochtenen landgerichtlichen Urteils, da entgegen der Auffassung des Landgerichts nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von einem wirksamen Widerruf auszugehen ist (siehe unter 1.). Hinsichtlich der weiteren Klaganträge ist die Berufung dagegen nicht begründet, da die hiermit geltend gemachten Zahlungs- und Feststellungsansprüche des Klägers nicht bestehen (siehe unter 2. bis 5.) und die Klage damit abzuweisen war. Die Hilfswiderklage der Beklagten, über die wegen der Verurteilung der Beklagten auf den Feststellungsantrag zu 1. zu entscheiden war, ist begründet und führt zur begehrten Feststellung der Verpflichtung des Klägers zur Leistung von weiterem Wertersatz (siehe unter 6.) und zur Verurteilung des Klägers zur Herausgabe des finanzierten Pkw (siehe unter 7.).
1. Der Feststellungsantrag zu 1. ist zulässig und begründet und der Kläger schuldet aufgrund des wirksamen Widerrufs vom 23.02.2021 aus dem mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag vom 15.11.2019 weder die Zahlung der vereinbarten Zinsen noch die Erbringung von Tilgungsleistungen.
a. Das Landgericht hat zutreffend seine örtliche Zuständigkeit für die negative Feststellungsklage angenommen, in der über das Nichtbestehen einer Verpflichtung des Klägers zur Zahlung der vereinbarten Zinsen und zur Erbringung von Tilgungsleistungen aufgrund des Widerrufs des Darlehensvertrags vom 15.11.2019 zu entscheiden war. Der Senat hat bereits in anderer Sache festgestellt (siehe Hanseatisches OLG in Bremen, Beschluss vom 08.06.2021 - 1 U 24/21, juris Rn. 31, MDR 2021, 1120; Urteil vom 24.11.2021 - 1 U 19/21, n.v.), dass die Ansicht, dass der Gerichtsstand der negativen Feststellungsklage sich regelmäßig danach bestimmt, wo die gegenläufige Leistungsklage zu erheben wäre, nicht nur der nahezu einheitlichen Auffassung der Oberlandesgerichte entspricht, sondern auch ausdrücklich vom Bundesgerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung bestätigt worden ist (siehe BGH, Urteil vom 31.10.2018 - I ZR 224/17, juris Rn. 15, NJOZ 2019, 1265). Die Existenz von besonderen Gerichtsständen in den §§ 20 ff. ZPO bestätigt, dass gerade kein ausnahmslos zu befolgender Grundsatz zu beachten ist, wonach Klagen gegen einen Beklagten an dessen allgemeinen Gerichtsstand einzureichen wären. Auch verfängt der Vergleich zur Zwischenfeststellungsklage nicht, zumal die Feststellung hier gerade nicht - wie in der Konstellation des § 256 Abs. 2 ZPO - durch Erweiterung eines bereits anhängigen Hauptantrags beantragt wurde, sondern vielmehr als Hauptantrag selbst, dessen Zuständigkeit mithin autonom zu bestimmen ist. Da die Darlehensverbindlichkeiten des Klägers an dessen Wohnsitz zu erfüllen wären (siehe §§ 270 Abs. 4, 269 Abs. 1 BGB), ist damit auch für die auf das Nichtbestehen dieser Verbindlichkeiten gerichtete negative Feststellungsklage ein Gerichtsstand am Wohnsitz des Klägers als Schuldner begründet (§ 29 ZPO).
b. Dem Kläger stand nach § 495 Abs. 1 BGB i.d.F.v. 11.03.2016 (in Kraft seit dem 21.03.2016) ein Recht zum Widerruf des am 15.11.2019 mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrags zu und mit der wirksamen Erklärung des Widerrufs mit Schreiben vom 23.02.2021 ist der Kläger nach § 355 Abs. 1 BGB i.d.F.v. 20.09.2013 (in Kraft seit dem 13.06.2014) an seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Erklärung nicht mehr gebunden und schuldet aus dem Darlehensvertrag vom 15.11.2019 weder die Zahlung der vereinbarten Zinsen noch die Erbringung von Tilgungsleistungen.
c. Der Kläger konnte das Widerrufsrecht hinsichtlich des Darlehensvertrags vom 15.11.2019 durch sein Schreiben vom 23.02.2021 wirksam wahrnehmen, obwohl er nicht alleiniger Darlehensnehmer, sondern Mit-Darlehensnehmer dieses Vertrags neben seiner Ehefrau war, da das Widerrufsrecht des Verbrauchers nach § 495 Abs. 1 BGB jedem Verbraucher als Darlehensnehmer einzeln zusteht (siehe BGH, Urteil vom 11.10.2016 - XI ZR 482/15, juris Rn. 15 ff., BGHZ 212, 207).
d. Bei Ausübung des Widerrufsrechts des Klägers mit Schreiben vom 23.02.2021 war auch die Widerrufsfrist von zwei Wochen nach § 355 Abs. 2 BGB noch nicht abgelaufen, da der Lauf der Widerrufsfrist zuvor noch nicht in Gang gesetzt war.
Bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag beginnt nach § 356b Abs. 2 S. 1 BGB i.d.F.v. 11.03.2016 (in Kraft seit dem 21.03.2016) der Lauf der Widerrufsfrist von zwei Wochen nur mit dem Erhalt der Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB. Nach § 492 Abs. 2 BGB i.d.F.v. 11.03.2016 (in Kraft seit dem 21.03.2016) handelt es sich hierbei um die vorgeschriebenen Angaben nach Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB. Art. 247 § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EGBGB i.d.F.v. 11.03.2016 (in Kraft seit dem 21.03.2016) wiederum verweist hierzu auf die in Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 14 und Abs. 4 EGBGB genannten Angaben. Nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB i.d.F.v. 17.07.2017 (in Kraft seit dem 13.01.2018) muss bei Allgemein-Verbraucherdarlehen der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer vorvertraglich unterrichten über "den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung". Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (siehe EuGH, Urteil vom 09.09.2021 - C-33/20, C-155/20 und C-187/20, juris Rn. 93 und 95, NJW 2022, 40) zu der zugrunde liegenden Vorschrift des Art. 10 Abs. 2 Buchst. l der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (Verbraucherkreditlinie) setzt dies voraus, dass der Darlehensvertrag auch den konkreten Verzugszinssatz im Moment des Vertragsschlusses nennt. Dieser Auffassung hat sich auch für die Auslegung des Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB der Bundesgerichtshof nunmehr angeschlossen (siehe BGH, Urteil vom 12.04.2022 - XI ZR 179/21, juris Rn. 12, WM 2022, 979; Urteil vom 25.10.2022 - XI ZR 44/22, juris Rn. 25, WM 2022, 2332), die gegenteilige frühere Rechtsprechung (siehe BGH, Urteil vom 05.11.2019 - XI ZR 650/18, juris Rn. 52, BGHZ 224, 1; Beschluss vom 11.02.2020 - XI ZR 648/18, juris Rn. 24), auf die sich das Landgericht für sein Urteil gestützt hat, ist überholt.
In den Unterlagen zum Darlehensvertrag vom 15.11.2019 wird zum Verzugszins lediglich auf die Berechnungsmethode auf der Grundlage des Basiszinssatzes verwiesen, ohne den konkreten Verzugszinssatz zu benennen, so dass der Kläger mithin eine Pflichtangabe zum Darlehensvertrag nach § 492 Abs. 2 BGB nicht erhalten hat. Damit wurde der Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt und der Kläger konnte noch am 23.02.2021 den am 15.11.2019 geschlossenen Darlehensvertrag widerrufen.
Auf die weiteren von der Berufung geltend gemachten Rügen gegenüber der Widerrufsinformation der Beklagten und den mitgeteilten Pflichtangaben kommt es nicht mehr an.
e. Der Ausübung des Widerrufsrechts des Klägers steht auch nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen.
Inwieweit überhaupt der Einwand der Verwirkung gegenüber einem Widerrufsrecht auf europarechtlicher Grundlage erhoben werden kann, ist nach der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (siehe EuGH, Urteil vom 09.09.2021 - C-33/20, C-155/20 und C-187/20, juris Rn. 118 und 127, NJW 2022, 40) sehr zweifelhaft, wobei anzumerken ist, dass der Bundesgerichtshof diese Frage dem Europäischen Gerichtshof zur erneuten Vorabentscheidung vorgelegt hat (siehe BGH, Beschluss vom 31.01.2022 - XI ZR 113/21, juris Tenor, WM 2022, 420). Eine Entscheidung in diesem Verfahren (C-117/22) ist noch nicht ergangen und das Verfahren ist vom Europäischen Gerichtshof ausgesetzt worden, da zunächst eine Entscheidung in dem weiteren Vorabentscheidungsverfahren C-38/21, C-47/21 und C-232/21 ergehen soll, bei dem die Stellung der Schlussanträge des Generalanwalts für den 16.02.2023 angekündigt ist.
Im vorliegenden Fall bedarf es aber keiner Aussetzung des vorliegenden Verfahrens im Hinblick auf diese laufenden Vorabentscheidungsverfahren in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO (vgl. hierzu allgemein BGH, Beschluss vom 24.01.2012 - VIII ZR 236/10, juris Rn. 9, RIW 2012, 405), da bereits weder Zeit- und Umstandsmoment für die Annahme einer Verwirkung vorliegen und auch keine sonstigen Anhaltspunkte für eine unzulässige Rechtsausübung festzustellen sind. Das zu diesem Zeitpunkt noch nicht beendete Darlehen wurde bereits 15 Monate nach Vertragsschluss widerrufen und es sind auch keine sonstigen Umstände seitens der Beklagten geltend gemacht worden, die ein Umstandsmoment im Sinne eines Vertrauens auf die Nichtausübung des Widerrufsrechts begründen könnten wie z.B. die Aufgabe von Sicherheiten (siehe hierzu die Rechtsprechung des Senats in Hanseatisches OLG in Bremen, Beschluss vom 28.05.2018 - 1 U 8/18, juris Rn. 30 ff., WM 2018, 1453; Beschluss vom 08.09.2020 - 1 U 56/20, juris Rn. 17 ff., VuR 2021, 77). Dass der Kläger, wie die Beklagte geltend macht, das Darlehen vornehmlich deswegen widerrufe, weil er sich damit zugleich vom Kaufvertrag als dem verbundenen Geschäft lösen wolle, für den ihn kein eigenes Widerrufsrecht zustehe, kann die Annahme einer unzulässigen Rechtsausübung nicht begründen, auch wenn dies zur Folge haben sollte, dass die Beklagte als finanzierende Bank letztlich die Folgen der primär gewollten Lösung vom Kaufvertrag zu tragen hat. Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung zum verbundenen Geschäft ist es, dass der Verbraucher nicht schlechter gestellt werden soll, als wenn er die Finanzierung vom Verkäufer selbst erhalten hätte, und auch dann könnte er sich von Darlehen und Kaufvertrag lösen. Dass der Kläger das Fahrzeug nach dem Widerruf nicht abmeldete, sondern weitergenutzt hat, begründet keine Rechtsmissbräuchlichkeit, sondern folgt daraus, dass anderenfalls der Kläger das Risiko tragen müsste, bis zur gegebenenfalls erst im gerichtlichen Verfahren erfolgenden Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs über keine Pkw-Nutzungsmöglichkeit zu verfügen. Den Interessen der Beklagten wird insoweit durch die Zuerkennung von Ersatz für den laufenden Wertverlust Genüge getan. Zudem hat der Kläger den von ihm gerügten Mangel der Pflichtangaben bereits im Rechtsstreit in 1. Instanz beanstandet und sich hierauf nicht erst im Laufe des Rechtsstreits im Hinblick auf eine geänderte Rechtsprechung hin berufen und er hat auch eine Bereitschaft bekundet, den für den Fall des Widerrufs geschuldeten Wertersatz zu leisten, und diese Umstände sind vom Bundesgerichtshof als Gesichtspunkte angesehen worden, die im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Annahme einer unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen (siehe BGH, Urteil vom 27.10.2020 - XI ZR 498/19, juris Rn. 28, BGHZ 227, 253). Nach der gebotenen Gesamtabwägung der Umstände des konkreten Falles ist damit zu verneinen, dass für die Beklagte ein schutzwürdiges Vertrauen darin begründet werden konnte, dass der Darlehensvertrag vom Kläger nicht widerrufen würde, und es ist die Ausübung des Widerrufsrechts auch nicht als unzulässige Rechtsausübung anzusehen.
f. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Antrag auf Feststellung, dass wegen des erfolgten Widerrufs keine Raten mehr geschuldet seien, auch nicht deswegen als unbegründet zurückzuweisen, weil der Kläger den Pkw noch nicht zurückgegeben hat.
Die Beklagte stützt diese Auffassung auf eine (entsprechende) Anwendung des § 357 Abs. 4 BGB i.d.F. vom 20.09.2013 (gültig vom 13.06.2014 bis 27.05.2022) (die seither geltende Fassung des § 357 BGB i.d.F. vom 10.08.2021 ist in Abs. 4 unverändert). Nach dieser Vorschrift (anwendbar im verbundenen Vertrag nach § 358 Abs. 4 S. 1 BGB i.d.F. vom 11.03.2016 (gültig vom 21.03.2016 bis 22.05.2022) (die seither geltende Fassung des § 358 BGB i.d.F. vom 10.08.2021 ist in den maßgeblichen Passagen unverändert) kann bei einem Verbrauchsgüterkauf der Unternehmer nach dem Widerruf die Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat. Diese Vorleistungspflicht nach § 357 Abs. 4 BGB beruht auf der Umsetzung von Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (Verbraucherrechterichtlinie) und dient dem Sicherungsbedürfnis des Unternehmers (so auch BeckOGK/Mörsdorf, Ed. 01.06.2022, § 357 BGB Rn. 21): Der Unternehmer soll nach erfolgtem Widerruf nicht seine tatsächliche Position dadurch verschlechtern müssen, dass er dem Käufer den Kaufpreis zurückerstattet, bevor er die Waren zurückerhalten hat. Nach der Auffassung der Beklagten (gestützt auf Rechtsprechung des LG München, Urteil vom 27.09.2022 - 40 O 4829/22, n.v.; siehe auch den Hinweisbeschluss des OLG München, Beschluss vom 31.10.2022 - 19 U 4330/21, n.v.) soll dieser Grundsatz des Schutzes des Unternehmers aber unabhängig davon gelten, ob der Verbraucher bereits gezahlt hat. Hat der Verbraucher noch nicht gezahlt, sollte die noch nicht erfolgte Rückgabe der Ware demnach dem dann relevanten Rechtsschutzziel und damit dem Feststellungsantrag des Verbrauchers entgegengehalten werden können, aus dem Vertrag keine Raten mehr zu schulden, d.h. auch dem Feststellungsantrag wäre in analoger Anwendung des § 357 Abs. 4 BGB die Vorleistungspflicht des Verbrauchers entgegenzuhalten. Für eine solche Analogie ist aber tatsächlich kein Raum: Die hier vorgeschlagene analoge Anwendung des § 357 Abs. 4 BGB würde der eindeutigen gesetzgeberischen Entscheidung widersprechen, dass die Wirksamkeit des Widerrufs nur dessen rechtzeitige Erklärung voraussetzt, aber nicht von der Rückgabe der Ware abhängig ist. Zudem sind auch die Konstellationen inhaltlich nicht nicht vergleichbar: Bei der mit dem Feststellungsantrag allein verfolgten Feststellung, dass der Verbraucher nicht mehr die Zahlung der vereinbarten Zinsen und Tilgungsleistungen schuldet, steht anders als bei der Rückzahlung des Kaufpreises keine (weitere) Verschlechterung der tatsächlichen Position des Unternehmers im Raum, der die ihm allein geschuldete Zahlung von Wertersatz und die Rückgabe des Fahrzeugs ohnehin positiv durchsetzen muss.
g. Zudem steht der Begründetheit des Feststellungsantrags zu 1., mit der die Feststellung des Nichtbestehens einer Verpflichtung des Klägers zur Zahlung der vereinbarten Zinsen und zur Erbringung von Tilgungsleistungen aufgrund des Widerrufs des Darlehensvertrags vom 15.11.2019 begehrt wird, nicht entgegen, dass die Beklagte auch für den Zeitraum ab dem Widerruf nach § 357a Abs. 3 S. 1 BGB i.d.F.v. 11.03.2016 (gültig vom 21.03.2016 bis 27.05.2022, jetzt § 357b Abs. 3 S. 1 BGB) weiterhin den vereinbarten Sollzinsen verlangen kann (so BGH, Urteil vom 25.10.2022 - XI ZR 44/22, juris Rn. 37, WM 2022, 2332): Der Feststellungsantrag ist ausdrücklich auf die vertraglich vereinbarten Zinsen aus dem Darlehensvertrag geschuldet, nicht auf eine im Rückabwicklungsschuldverhältnis geschuldete Zinszahlung, auch wenn diese der Höhe nach den vertraglich vereinbarten Zinsen entspricht (der Fall liegt damit anders als in der Konstellation des OLG München, a.a.O., in dem die begehrte Feststellung gerichtet war auf das Nichtbestehen einer Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen gemäß dem Darlehensvertrag).
2. Der auf die Rückzahlung der bis zur Erklärung des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen gerichtete Klagantrag zu 2.a. ist dagegen nicht begründet, so dass die Berufung insoweit ohne Erfolg bleibt.
a. Es steht insoweit nicht schon der Zulässigkeit der Klage die von der Beklagten geltend gemachte örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München entgegen, da vielmehr für Ansprüche auf Rückabwicklung nach dem Widerruf eines Darlehensvertrages, welcher gemäß § 358 BGB mit einem Kaufvertrag über ein Fahrzeug verbunden ist, nach der Rechtsprechung des Senats ein gemeinsamer Erfüllungsort mit den Rückabwicklungsansprüchen in Bezug auf den Kaufvertrag am Wohnsitz des Verbrauchers besteht (siehe Hanseatisches OLG in Bremen, Urteil vom 24.11.2021 - 1 U 19/21, n.v.): Der Widerruf des Darlehensvertrages begründet gemäß den §§ 358 Abs. 2 und 4, 355 Abs. 3, 357 BGB ein Rückabwicklungsverhältnis, in dem der Darlehensgeber nach § 358 Abs. 4 S. 5 BGB hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem mit dem Darlehensvertrag verbundenen Kaufvertrag eintritt.
b. Aufgrund des - wie unter Ziff. 1 begründet - wirksamen Widerrufs ist dem Kläger nach § 355 Abs. 3 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung der bis zum Widerruf erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen entstanden, wobei diese Leistungen unstreitig sich auf einen Betrag von EUR 3.845,79 belaufen.
c. Die Parteien streiten darüber, ob diesem Rückzahlungsanspruch nach § 357 Abs. 4 BGB eine Vorleistungspflicht des Klägers in Bezug auf seine Verpflichtung nach §§ 355 Abs. 3, 358 Abs. 4 S. 5 BGB entgegenzuhalten ist, der Beklagten den finanzierten Pkw herauszugeben und zu übereignen.
aa. Die Beklagte beruft sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach aus § 357 Abs. 4 BGB eine nach § 358 Abs. 4 S. 1 BGB auch in verbundenen Verträgen anzuwendende Vorleistungspflicht des Verbrauchers bei der Rückabwicklung folgt, die zur Folge hat, dass eine Klage auf Rückzahlung der geleisteten Darlehensraten als derzeit unbegründet abzuweisen ist, wenn nicht der Verbraucher die im verbundenen Geschäft erworbene finanzierte Ware bereits zurückgegeben hat (siehe BGH, Urteil vom 27.10.2020 - XI ZR 498/19, juris Rn. 23, BGHZ 227, 253) oder zumindest ein Annahmeverzug des Verkäufers vorliegt (siehe BGH, a.a.O., juris Rn. 24). Insbesondere soll dem sich aus § 357 Abs. 4 BGB ergebenden Leistungsverweigerungsrecht des Unternehmers (bzw. hier der beklagten Bank bei verbundenen Geschäften) der Verbraucher auch nicht den Einwand von Treu und Glauben im Hinblick darauf entgegenhalten können, dass der Unternehmer den Widerruf als verfristet zurückgewiesen hat, denn der Darlehensnehmer kann seinen Rückgewähranspruch dann unter den Voraussetzungen des § 322 Abs. 2 BGB geltend machen, d.h. indem er den Unternehmer in Annahmeverzug versetzt (siehe BGH, Urteil vom 12.04.2022 - XI ZR 179/21, juris Rn. 14, NJW 2022, 1890; Urteil vom 25.10.2022 - XI ZR 44/22, juris Rn. 42, WM 2022, 2332).
bb. Der Kläger vertritt dagegen die Auffassung, dass die Annahme einer Vorleistungspflicht des Verbrauchers im Rahmen des § 357 Abs. 4 BGB dem europarechtlichen Grundsatze des effet utile widersprechen, weil hierdurch der Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten werden könnte. Dies entspricht auch der Auffassung des Landgerichts Ravensburg in dessen Vorlagebeschluss vom 19.03.2021 (LG Ravensburg, Beschluss vom 19.03.2021 - 2 O 282/19, 2 O 384/19, 2 O 474/20, 2 O 480/20, juris Rn. 281 ff.), welcher den laufenden Vorabentscheidungsvorfahren vor dem Europäischen Gerichtshof zu den Az. C-38/21, C-47/21 und C-232/21 zugrunde liegt. Zum Vorabentscheidungsverfahren C-232/21 hat auch die Europäische Kommission am 31.08.2021 Stellung genommen und ist in dieser Stellungnahme ebenfalls von der Europarechtswidrigkeit der Vorleistungspflicht des Verbrauchers gegenüber dem Rückzahlungsanspruch wegen der erbrachten Darlehenszins- und Tilgungsleistungen ausgegangen.
cc. Der Bundesgerichtshof hat dagegen an seiner Auffassung zur Auslegung des § 357 BGB auch nach dem vorgenannten Vorlagebeschluss des Landgerichts Ravensburg weiter festgehalten (siehe BGH, Urteil vom 26.10.2021 - XI ZR 608/21, juris Rn. 19, WM 2021, 2248; Urteil vom 25.01.2022 - XI ZR 559/20, juris Rn. 15, WM 2022, 418; Urteil vom 18.10.2022 - XI ZR 226/21, juris Rn. 15, WM 2022, 2332; Urteil vom 25.10.2022 - XI ZR 44/22, juris Rn. 42, WM 2022, 2332) und auch keine Veranlassung zur Aussetzung bei ihm geführter Verfahren bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in den Vorabentscheidungsverfahren C-38/21, C-47/21 und C-232/21 gesehen.
Diese Auffassung kann sich jedenfalls darauf stützen, dass der Wortlaut des § 357 Abs. 4 BGB unmittelbar dem Art. 13 Abs. 3 der Verbraucherrechterichtlinie entspricht: Ist bereits nach europäischem Recht eine solche Vorleistungspflicht des Käufers vorgesehen, dann spricht dies dafür, dass auch nach nationalem Recht eine entsprechende Umsetzung nicht unzulässig sein sollte. Der vom LG Ravensburg (a.a.O.) geäußerten Befürchtung, dass durch eine solche Vorleistungspflicht das Widerrufsrecht des Verbrauchers leerzulaufen drohte, weil der Verbraucher sich durch die Übergabe des Fahrzeugs an die finanzierende Bank sonst in deren Hände zu begeben fürchten müsste, ist jedenfalls entgegenzuhalten, dass der Verbraucher inzident im Rahmen einer Feststellungsklage auf Nichtbestehen einer Verpflichtung zur weiteren Ratenzahlung die Wirksamkeit des Widerrufs feststellen lassen kann und in faktischer Hinsicht wenig Anlass zur Befürchtung besteht, dass die Bank sodann die gezahlten Raten nicht bereits auf dieses Feststellungsurteil hin zurückgewährt. Gleichwohl ist zu konstatieren, dass der Umstand, dass auch die Europäische Kommission sich in ihrer oben genannten Stellungnahme der Gegenauffassung angeschlossen hat, als Argument dafür angesehen werden kann, bei dieser Frage nicht von einem "acte clair" auszugehen, bei dem es keiner Entscheidung des Europäischen Gerichtshof bedarf (siehe zu diesem Maßstab allgemein EuGH, Urteil vom 06.10.1982 - Rechtssache 283/81, juris Ls., NJW 1983, 1257; BVerfG, Beschluss vom 28.08.2014 - 2 BvR 2639/09, juris Rn. 35, NVwZ 2015, 52).
Gegen das Erfordernis einer Aussetzung wegen der hier aufgeworfenen Frage spricht allerdings angesichts der eindeutigen Formulierung des § 357 Abs. 4 BGB noch das zusätzliche Argument aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass selbst dann, wenn der nationale Gesetzgeber bei seinem Regelungskonzept zulasten des Darlehensnehmers hinter den Anforderungen der Verbraucherrechterichtlinie zurückgeblieben wäre, diese Entscheidung des Gesetzgebers von den Gerichten zu beachten wäre und nicht im Wege richterlicher Rechtsfortbildung einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn zu geben wäre (siehe BGH, Urteil vom 26.10.2021 - XI ZR 608/21, juris Rn. 20, WM 2021, 2248).
Im vorliegenden Verfahren bedarf dies aber keiner Entscheidung und es kann hier letztlich dahinstehen, ob es für die Klärung der Auslegung des § 357 Abs. 4 BGB im Hinblick auf das Bestehen einer Vorleistungspflicht des Verbrauchers auch gegenüber seinen Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehenszins- und Tilgungsleistungen im verbundenen Darlehensvertrag einer Aussetzung bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in den Vorabentscheidungsverfahren C-38/21, C-47/21 und C-232/21 bedarf, da - wie nachfolgend darzulegen sein wird - die Rückzahlungsansprüche des Klägers durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung vollständig erloschen sind. Das etwaige Bestehen einer Vorleistungspflicht des Klägers hinsichtlich seiner Verpflichtungen aus § 355 Abs. 3 BGB steht einer Aufrechnung durch die Beklagte nicht entgegen, da dies lediglich die Fälligkeit der der Beklagten obliegenden Leistung betrifft, ihre Erfüllbarkeit aber unberührt lässt (siehe § 387 BGB a.E.).
d. Rückzahlungsansprüche des Klägers wegen der bis zum Widerruf erbrachten Darlehenszins- und Tilgungsleistungen in Höhe der Klagforderung im Antrag zu 2.a. sind im vorliegenden Fall nach § 389 BGB erloschen, da die Beklagte bis zur Höhe der Klagforderung aus den Anträgen zu 2.a. und 2.b. i.H.v. insgesamt EUR 7.395,75 die Aufrechnung mit ihrem Anspruch auf Ersatz des Wertverlusts des finanzierten Pkw erklärt hat, welcher ihr auch in dieser Höhe zusteht.
aa. Das Bestehen eines Wertersatzanspruchs der Beklagten ist zwischen den Parteien dem Grunde nach unstreitig: Nach dem wirksamen Widerruf eines mit einem im stationären Handel geschlossenen Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrags steht der finanzierenden Bank nach § 358 Abs. 4 S. 1 BGB i.V.m. § 357 Abs. 7 BGB i.d.F.v. 20.09.2013 (gültig vom 13.06.2014 bis 22.05.2022, jetzt § 357a Abs. 1 BGB) ein Anspruch auf Ersatz für den Wertverlust der finanzierten Ware zu (siehe BGH, Urteil vom 27.10.2020 - XI ZR 498/19, juris Rn. 30, BGHZ 227, 253; Urteil vom 25.10.2022 - XI ZR 44/22, juris Rn. 57, WM 2022, 2332). Dieser Anspruch setzt voraus, dass der Darlehensgeber den Darlehensnehmer über diese Wertersatzpflicht unterrichtet hat, nicht dagegen auch die Erfüllung der weitergehenden Informationspflichten nach § 357 Abs. 7 Nr. 2 BGB a.F. (jetzt § 357a Abs. 1 Nr. 2 BGB), die lediglich außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge betreffen (siehe BGH, Urteil vom 27.10.2020 - XI ZR 498/19, juris Rn. 32, BGHZ 227, 253). Im vorliegenden Fall wird auf die Wertersatzpflicht des Verbrauchers in der Widerrufsinformation unter dem Punkt "Besonderheiten bei verbundenen Verträgen" hingewiesen.
bb. Vorliegend besteht bereits wegen der Nutzung des finanzierten Pkw bis zum Widerruf ein Wertersatzanspruch der Beklagten in Höhe von mindestens EUR 8.403,-, d.h. in einer die Klaganträge zu 2.a. und 2.b. übersteigenden Höhe.
Der Anspruch auf Wertersatz für den Wertverlust des finanzierten Pkw wegen dessen Nutzung bis zum Widerruf bemisst sich nach der Vergleichswertmethode, wonach der Verbraucher die Differenz zwischen dem unter Heranziehung der vertraglichen Gegenleistung zu ermittelnden Verkehrswert des finanzierten Fahrzeugs bei Abschluss des Darlehensvertrags und dem Verkehrswert des Fahrzeugs bei dessen Rückgabe an den Darlehensgeber zu ersetzen hat (siehe BGH, Urteil vom 27.10.2020 - XI ZR 498/19, juris Rn. 40, BGHZ 227, 253; Urteil vom 25.10.2022 - XI ZR 44/22, juris Rn. 57, WM 2022, 2332). Dabei ist der Verkehrswert des Fahrzeugs bei Abschluss des Darlehensvertrags nach dem Händlerverkaufspreis zu bestimmen, d.h. unter Einschluss der Gewinnmarge des Händlers (siehe BGH, Urteil vom 25.10.2022 - XI ZR 44/22, juris Rn. 63, WM 2022, 2332) und unter Zugrundelegung des Bruttowerts unter Einschluss der Mehrwertsteuer (siehe BGH, a.a.O., juris Rn. 72). Für den Verkehrswert des Fahrzeugs bei Rückgabe ist ebenfalls der Händlerverkaufspreis maßgeblich (siehe BGH, a.a.O., juris Rn. 78).
Unter Zugrundelegung des vom Kläger behaupteten derzeitigen Verkaufspreises von EUR 16.700,- errechnet sich daraus ein Wertverlustersatzanspruch von EUR 8.403,-; unter Zugrundelegung des von der Beklagten behaupteten niedrigeren Verkaufspreises von EUR 15.650,- ein Anspruch i.H.v. EUR 9.453,-. Der vom Kläger angebotenen Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Wertverlust bedarf es daher nicht, da der Wertersatzanspruch jedenfalls den Betrag der Klaganträge zu 2.a. und 2.b. übersteigt, gegenüber denen die Beklagte die Aufrechnung erklärt hat.
3. Auch der auf die Rückzahlung der nach der Erklärung des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe eines Betrags von EUR 3.549,96 gerichtete Klagantrag zu 2.b. ist nicht begründet.
a. Auch insoweit steht der Zulässigkeit der Klage nicht schon die von der Beklagten geltend gemachte örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München entgegen, da vielmehr nach der Rechtsprechung des Senats der gemeinsame Erfüllungsort am Wohnsitz des Verbrauchers für Rückabwicklungsansprüche in Bezug auf einen Kaufvertrag und den verbundenen Darlehensvertrag kraft Sachzusammenhangs auch für bereicherungsrechtlich begründete Ansprüche auf Rückzahlung erst nach dem Widerruf erfolgter Zins- und Tilgungsleistungen gilt (siehe Hanseatisches OLG in Bremen, Urteil vom 24.11.2021 - 1 U 19/21, n.v.; so auch OLG Schleswig, Urteil vom 29.04.2021 - 5 U 131/20, juris Rn. 36, BKR 2021, 708 [BGH 14.09.2021 - XI ZR 599/20]). Nach § 17 Abs. 2 S. 1 GVG hat das Gericht des zulässigen Rechtweges einen Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden und dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann, wenn im Rahmen der Darlegung eines Anspruchs, für den ein bestimmter Gerichtsstand eröffnet ist, ein einheitlicher prozessualer Anspruch geltend gemacht wird, der auch Anteile erfasst, für die bei isolierter Betrachtung derselbe Gerichtsstand nicht bestünde (siehe BGH, Beschluss vom 10.12.2002 - X ARZ 208/02, juris Rn. 11, BGHZ 153, 173). Das Rückzahlungsverlangen des Klägers stellt ungeachtet der durch die Widerrufserklärung begründete Zäsurwirkung (vgl. BGH, Beschluss vom 21.02.2017 - XI ZR 398/16, juris Rn. 3) bei natürlicher Betrachtungsweise einen einheitlichen Lebenssachverhalt dar, der in der (fortlaufenden) Zahlung auf einen Verbraucherdarlehensvertrag bei Ungewissheit über die Wirksamkeit des Widerrufs besteht, auch wenn in rechtlicher Hinsicht die Rückforderung der vor und nach dem Widerruf erbrachten Zahlungen auf unterschiedlichen Grundlagen beruht (so die Rechtsprechung des Senats, a.a.O.; OLG Schleswig, a.a.O.). Insbesondere entspricht diese einheitliche Beachtung zudem auch der Zielsetzung der gesetzlichen Regelung des verbundenen Geschäfts, den Verbraucher vor nachteiligen Folgen einer rechtlichen Aufspaltung der Transaktion zu bewahren.
b. Hinsichtlich der nach der Erklärung des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen, deren Rückzahlung der Kläger in Höhe eines Teilbetrags von EUR 3.549,96 verlangt, ist wegen des - wie unter Ziff. 1 begründet - wirksamen Widerrufs dem Kläger ein bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB entstanden.
c. Auch hinsichtlich der nach der Erklärung des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen streiten die Parteien um die Frage einer Vorleistungspflicht des Klägers: Der Kläger meint, dass sich die Beklagte wegen ihrer Gegenansprüche auf Rückgabe des finanzierten Objekts und auf Zahlung von Wertersatz nur auf § 273 BGB berufen könne, d.h. eine Zug-um-Zug-Verurteilung geltend machen könne. Der Bundesgerichtshof hat demgegenüber entschieden, dass die Vorschrift des § 357 Abs. 4 BGB zur Vorleistungspflicht des Verbrauchers auch auf den Anspruch auf Rückzahlung der nach erfolgtem Widerruf geleisteten Raten anzuwenden ist (siehe BGH, Urteil vom 25.01.2022 - XI ZR 559/20, juris Rn. 17, WM 2022, 418; Urteil vom 25.10.2022 - XI ZR 44/22, juris Rn. 49, WM 2022, 2332), so dass auch insoweit Rückzahlungsansprüche des Verbrauchers als derzeit unbegründet abzuweisen sind, solange der Verbraucher nicht seine Vorleistungspflicht erfüllt hat oder der Unternehmer sich im Annahmeverzug befindet. Der Bundesgerichtshof hat diese Auffassung damit begründet, dass es sich bei den Gegenansprüchen des Unternehmers auf Rückgabe des finanzierten Objekts und Wertersatz um einheitliche Ansprüche handele, so dass eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Vorleistungspflicht des Verbrauchers nicht praktikabel sei. Da die Ansprüche auf Rückzahlung nach Widerruf erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen auch nicht auf einer europarechtlichen Grundlage beruhen, kommt insoweit auch keine Aussetzung im Hinblick auf die laufenden Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH in Betracht.
d. Im Ergebnis kann die Frage einer Vorleistungspflicht des Verbrauchers aber dennoch auch in Bezug auf die mit dem Klagantrag zu 2.b. geltend gemachten Ansprüche auf Rückzahlung nach Widerruf erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen dahinstehen, da auch diese Ansprüche aufgrund der Erklärung der Aufrechnung der Beklagten mit ihren Ansprüchen auf Ersatz des Wertverlusts des finanzierten Pkw erloschen sind, siehe hierzu die Ausführungen unter 2.d.
4. Der mit dem Klagantrag zu 3. geltend gemachte Anspruch auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten hinsichtlich der Rückgabe des finanzierten Pkw ist nicht begründet, da ein Annahmeverzug der Beklagten nicht vorliegt.
Ein tatsächliches Angebot der Rückgabe des Pkw (§ 294 BGB) liegt nicht vor. Ein wörtliches Angebot (§ 295 BGB) genügt, wenn - wie hier - keine Abholung oder sonstige Handlung durch den Gläubiger erforderlich ist, nur dann, wenn der Gläubiger, d.h. die Beklagte, erklärt hat, dass sie die Leistung nicht annehmen werde. Eine solche Ablehnung bedarf aber einer bestimmten und eindeutigen Erklärung des Gläubigers. Alleine darin, dass die Beklagte vorgerichtlich und im Rechtsstreit das Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Widerrufs bestritten und die Zurückweisung der Berufung beantragt hat, liegt nicht die Erklärung, dass sie die Leistung nicht annehmen werde (siehe BGH, Urteil vom 25.10.2022 - XI ZR 44/22, juris Rn. 47, WM 2022, 2332 m.w.N.). Damit sind vorliegend die Voraussetzungen dafür, dass der Kläger mit einem wörtlichen Angebot einen Annahmeverzug hätte begründen können, nicht gegeben. Hierbei handelt es sich nach Auffassung des Senats um eine rein nach nationalem Recht zu beurteilende Frage, so dass für eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof oder für eine Aussetzung des vorliegenden Verfahrens bis zur Entscheidung in dem zu dieser Frage eingeleiteten weiteren Vorabentscheidungsverfahren (beruhend auf dem erneuten Vorlagebeschluss des LG Ravensburg, Beschluss vom 18.11.2022 - 2 O 107/22, juris Rn. 90 ff.) kein Raum besteht.
5. Der mit dem Klagantrag zu 4. geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist nicht begründet. Die Vorschriften zur Widerrufsbelehrung und zu den Pflichtangaben bezwecken nicht den Schutz des Verbrauchers vor der Entstehung von Ansprüchen und Verpflichtungen aus dem Rückgewährschuldverhältnis (siehe BGH, Urteil vom 21.02.2017 - XI ZR 467/15, juris Rn. 35, WM 2017, 906). Die Beklagte war auch bei Bestehen eines Widerrufsrechts des Klägers nicht zu einer Bestätigung des Widerrufs verpflichtet, da vielmehr noch nicht einmal die unberechtigte Zurückweisung eines Widerrufs eine Pflichtverletzung begründen würde, auf die ein Schadensersatzverlangen gestützt werden könnte (siehe BGH, Urteil vom 19.09.2017 - XI ZR 523/15, juris Rn. 22; Urteil vom 27.11.2018 - XI ZR 174/17, juris Rn. 17 f., BKR 2019, 243). Es besteht daher kein Anspruch auf Ersatz dieser Kosten gegen die Beklagte aus Gesichtspunkten einer Vertragspflichtverletzung oder des Verzugs.
6. Mit der Begründetheit des Klagantrags zu 1. ist die Bedingung der Entscheidung über die Hilfswiderklage eingetreten. Der Hilfswiderklageantrag zu 1. auf Feststellung der Verpflichtung des Klägers zum Ersatz des Wertverlusts ist zulässig, insbesondere ist auch das Feststellungsinteresse für einen solchen Antrag zu bejahen (siehe BGH, Urteil vom 25.10.2022 - XI ZR 44/22, juris Rn. 57, WM 2022, 2332) und es liegt auch keine rechtliche Identität des Streitgegenstands vor, da vielmehr ein über die Darlehensrückabwicklung hinausgehender Wertverlust geltend gemacht wird.
Der Antrag ist wegen des Bestehens des Anspruchs auf Wertersatz (siehe 2.d.) auch begründet. Da die Beklagte hinsichtlich eines Wertersatzanspruchs bis zum Betrag von EUR 9.453,- (und damit über den Betrag der Klaganträge zu 2.a. und 2.b. hinaus) die Aufrechnung gegen Ansprüche des Klägers erklärt hat, ist der Feststellungsantrag auch weiterhin dahingehend zu tenorieren, dass nur ein über diesen Betrag hinausgehender Wertverlust zu erstatten ist, sofern dieser tatsächlich eintreten sollte. Wie in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten erklärt, war der Feststellungsantrag entsprechend dem erstinstanzlich gestellten Hilfswiderklageantrag als unter Einbeziehung der Einschränkung aus § 357 Abs. 7 Nr. 1 BGB a.F. gestellt zu verstehen, dass der Anspruch nur besteht, soweit der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war.
7. Der Hilfswiderklageantrag zu 2. auf Herausgabe des finanzierten Pkw einschließlich Fahrzeugschlüssel, Zulassungsbescheinigung Teil I und Bord/Wartungshandbuch ist nach §§ 355 Abs. 3, 358 Abs. 4 S. 5 BGB begründet.
8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.
9. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
10. Der Gegenstandswert der Berufung errechnet sich aus dem Gegenstandswert des Feststellungsantrags zu 1., der bei einer auf das Nichtbestehen einer Verpflichtung zur Zahlung von Zins- und Tilgungsleistungen nach erfolgtem Widerruf gerichteten negativen Feststellungsklage dem Nettobetrag des Darlehens entspricht (siehe BGH, Beschluss vom 21.09.2020 - XI ZR 648/18, juris Rn. 3; Beschluss vom 17.05.2022 - XI ZR 359/21, juris), d.h. hier EUR 25.103,-. Hinsichtlich der weiteren Klaganträge wie auch hinsichtlich des Widerklageantrags zu 2. liegt wirtschaftliche Identität vor, streitwerterhöhend wirkt sich dagegen die Aufrechnung gegenüber den Klaganträgen zu 2.a. und 2.b. nebst dem mit Widerklage zu 1. geltend gemachten Wertersatz aus, so dass sich i.E. ein Gesamtstreitwert von EUR 34.556,- ergibt.
11. Die Revision war nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).