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  • 08.12.2015 · IWW-Abrufnummer 145971

    Amtsgericht Bochum: Urteil vom 14.08.2015 – 47 C 55/15

    Nach einem Verkehrsunfall scheidet ein Schadensersatzanspruch wegen der Beschädigung eines Kfz aus, wenn ein Sachverständiger den Wiederbeschaffungswert des an dem Unfall beteiligten Fahrzeuges aufgrund der völlig unklaren Laufleistung des Fahrzeuges nicht verlässlich ermitteln könnte.


    Amtsgericht Bochum
    Urt. v. 14.08.2015
    Az.: 47 C 55/15
    Tenor:
    Die Klage wird abgewiesen.
    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
    Tatbestand
    Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall.
    Der Kläger begehrt von den Beklagten die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 3.009,07€ (1.997,39€ Reparaturkosten netto zzgl. Wertminderung in Höhe von 350,00€, Auslagenpauschale in Höhe von 26,00€ sowie Gutachterkosten in Höhe von 635,68€) und stützt sein Begehren auf ein Verkehrsunfallereignis vom 11.10.2014, bei dem das klägerische Fahrzeug, Mercedes Benz, E 220 CDI, amtl. Kennzeichen ..., beschädigt wurde. Die grundsätzliche Haftung der Beklagten steht nicht in Streit.
    Hinsichtlich der Höhe der Reparaturkosten und der Wertminderung stützt der Kläger seine Ansprüche auf das Gutachten des Herrn Dipl. Ing. R. vom 15.10.2014. In diesem Gutachten wurde aufgrund eines Übertragungsfehlers zunächst eine Laufleistung des klägerischen Fahrzeuges von 125.916km (laut Tachostand) angegeben, welches mit Stellungnahme des Herrn Dipl. Ing vom 13.05.2015 dahingehend korrigiert wurde, dass tatsächlich aufgrund der Angaben des Klägers von einer Laufleistung von weiteren 30.000km, mithin von 155.916km ausgegangen worden sei. Auf das Gutachten vom 15.10.2014, Bl. 10 ff. d.A., wird Bezug genommen.
    Bereits vor dem streitgegenständlichen Unfallereignis wurde der Kläger von einem Vorbesitzes des klägerischen Fahrzeuges, Herrn D., darüber informiert, dass die Kilometeranzeige des Fahrzeuges manipuliert worden sei. Hierüber verhielt sich das Verfahren vor dem Landgericht Münster, Az.: 2 O 448/10, in welchem Herr D. seinen damaligen Verkäufer auf Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen der vorgenannten Manipulation in Anspruch genommen hat. In dem vorgenannten Verfahren wurde unter dem 24.06.2011 ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen Prof. K.-H. Sch. eingeholt, welches zu den -von den hiesigen Parteien nicht angegriffenen- Feststellungen gelangte, dass bei dem Fahrzeug bei einem Kilometerstand von 59.315 km ein sog. CAN-Filter zwischen dem Kombiinstrument und dem elektronischen Zündschloss eingesetzt worden sei. Nach Einbau dieses Filters sei die Kommunikation zwischen Kombiinstrument und elektronischen Zündschloss gestört worden, woraus sich ein im Steuergerät hinterlegter Kilometerstand von gleichbleibend 59.315km ergeben habe. Von diesem Zeitpunkt habe sich der Kilometerstand im elektronischen Zündschloss nicht mehr erhöhen können. Der angezeigte Kilometerstand des Kombigerätes habe hingegen auf einen beliebigen Wert zurückgedreht werden können, wobei bei einem nur einmaligen Zurückdrehen die tatsächliche Laufleistung um ca. 60.000 km zu niedrig angezeigt werden würde.
    Auf das Gutachten, Anlage B1, Bl. 69 ff. d.A., wird Bezug genommen.
    Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.10.2014 forderte der Kläger die Beklagte zu 3) zur Zahlung von 3.009,07€ auf. Hierfür wurden dem Kläger 413,64€ in Rechnung gestellt. Hinsichtlich der Zusammensetzung des Betrages wird auf die Berechnung, Bl. 3 d.A., Bezug genommen.
    Der Kläger behauptet, die Gesamtlaufleistung sei mit rund 156.000km zutreffen angegeben worden. Und das Gutachten des Herrn Dipl. Ing R. sei nicht zu beanstanden.
    Der Kläger beantragt,
    1.
    die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 3.009,07€ zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen;
    2.
    die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,64e freizustellen.
    Die Beklagten beantragen,
    die Klage abzuweisen.
    Sie behaupten, die Laufleistung des klägerischen Fahrzeuges sei deutlich höher als vom Kläger angegeben und in der tatsächlichen Höhe nicht ermittelbar. Daher sei der Wiederbeschaffungswert des klägerischen Fahrzeuges ebenso wie eine Wertminderung nicht feststellbar. Das Gutachten des Sachverständigen R. sei aus diesem Grunde auch erkennbar unbrauchbar und nicht erstattungsfähig.
    Hinsichtlich des weiteren Sachvortrages wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
    Entscheidungsgründe
    Die zulässige Klage ist nicht begründet.
    Dem Kläger steht gegen die Beklagten aufgrund des Verkehrsunfallereignisses vom 11.10. 2014 kein Schadensersatzanspruch zu.
    Ein Schadensersatzanspruch scheidet aus, weil ein Sachverständiger den Wiederbeschaffungswert des an dem Unfall beteiligten Fahrzeuges aufgrund der völlig unklaren Laufleistung des Fahrzeuges nicht verlässlich ermitteln könnte. Nach den zwischen den Parteien unstreitigen Feststellungen in dem schriftliches Gutachten des Sachverständigen Prof, K.-H, Sch. 24.06.2011 kann eine Ermittlung der tatsächlichen Laufleistung nicht erfolgen. Hiernach steht lediglich fest, dass bei einer Laufleistung von 59.315 km eine Manipulation erfolgt ist, deren Höhe allerdings nicht bestimmt werden kann. Soweit der Kläger behauptet, die tatsächliche Laufleistung liege tatsächlich (lediglich) um 30.000 km über der angezeigten Laufleistung, ist dieser Vortrag schon unsubstantiiert und damit unbeachtlich. Anknüpfungstatsachen für diese Vermutung werden nicht mitgeteilt und sind auch sonst nicht ersichtlich. Die vorstehend dargelegte unklare tatsächliche Laufleistung des Fahrzeuges hat der Kläger im laufenden Rechtsstreit nicht im Ansatz nachvollziehbar aufgeklärt. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeuges bzw. zu dessen Laufleistung kam deshalb nicht in Betracht.
    Wenn aber - wie hier- der Wiederbeschaffungswert nicht ermittelt werden kann, so muss die Frage auch offen bleiben, ob überhaupt ein reparaturwürdiger Schaden am klägerischen Fahrzeug entstanden ist. Gleiches gilt für die Ermittlung einer etwaigen merkantilen Wertminderung.
    Das von dem Kläger eingeholte Schadensgutachten des Sachverständigen R. ist vor diesem Hintergrund ebenfalls unbrauchbar und dessen Kosten von den Beklagten nicht zu erstatten. Der Kläger wäre vorliegend verpflichtet gewesen, den Sachverständigen R. über die unklare Laufleistung, welche dem Kläger unstreitig bekannt war, in Kenntnis zu setzten. Selbst eine Mitteilung des Klägers an den Sachverständigen R., dass die tatsächliche Laufleistung um 30.000km höher als die angezeigte Laufleistung liegen würde, würde an der für den Kläger erkennbaren Unbrauchbarkeit des Gutachtens nichts ändern. Umstände, die zu einer solchen Einschätzung des Klägers (berechtigterweise) hätten führen können, sind -wie bereits dargestellt- nicht mitgeteilt. Dem Kläger hätte daher bewusst sein müssen, dass das Gutachten aufgrund des Fehlens einer belastbaren Laufleistung seines Fahrzeuges objektiv unbrauchbar für die Schadensregulierung sein würde.
    Die weiteren Nebenforderungen in Form der Unfallpauschale und der vorgerichtlichen Anwaltskosten teilen das Schicksal der Hauptforderung.
    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
    Der Streitwert wird auf 3.009,07 EUR festgesetzt.

    RechtsgebieteUnfallregulierung,